BW 03/2022 - AGENDA

Im Namen der Wirtschaft

Ab 25. April wird gewählt: Die IHK-Vollversammlung vertritt die Interessen des Standorts, etwa mit Unternehmensservices und Ausbildungsförderung
Bis zum 21. Februar konnten sich Berliner IHK-Unternehmer und -Unternehmerinnen als Kandidaten zur IHK-Vollversammlungswahl aufstellen lassen. Der Wahlzeitraum läuft vom 25. April bis zum 23. Mai. Am 24. Mai wird es dann spannend: Die Stimmen werden ausgezählt. Am 5. Juli schließlich findet sich die neue Vollversammlung zur „Konstituierenden Sitzung“ zusammen. Und manche Berliner Unternehmer mögen sich vielleicht fragen: Was passiert eigentlich in einer Vollversammlung, um was geht es dort?
Die Vollversammlung (VV) wird in den IHKs oft als Unternehmerparlament bezeichnet. Tatsächlich sind die gewählten Mitglieder, ähnlich wie Abgeordnete in politischen Parlamenten, in ihrem Mandat frei und unabhängig von Einzel-interessen. Weil sie aber nur von ihrer jeweiligen Branche oder ihrem Cluster gewählt werden können, haben sie den Auftrag, deren Interessen einzubringen, um gemeinsam mit den anderen Wahlgruppen das „Gesamtinteresse des Wirtschaftsstandorts Berlin“ zu ermitteln.
Insgesamt umfasst die Vollversammlung 99 Sitze. Die Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich dafür zur Wahl stellen, werden von der IHK Berlin bei ihrer Kandidatur mit Hilfsmitteln für ihre Präsentation unterstützt. Die Mitgliedschaft in der Vollversammlung ist ein unentgeltliches Ehrenamt, das Gremium tagt üblicherweise viermal pro Jahr. Es gibt auch die Möglichkeit, zusätzlich in verschiedenen Ausschüssen und Arbeitskreisen mitzuwirken. In jedem Fall bietet die VV die Gelegenheit, aktiv etwas für die Berliner Wirtschaft zu bewegen. Darüber hinaus sind die Vollversammlungssitzungen gute Informationsquellen, die Mitglieder können hier vieles erfahren – auch zu Themen, die nicht nur ihre eigene Branche betreffen und eine gesamtwirtschaftliche Bedeutung haben.

Vollversammlung legt fest, wo’s langgeht

Auch die Richtlinien der IHK-Arbeit werden von der Vollversammlung bestimmt, sie legt die Höhe der Beiträge fest und beschließt den Haushalt. Außerdem wählen die Mitglieder der VV das Präsidium einschließlich der Präsidentin beziehungsweise des Präsidenten. Die verschiedenen hoheitlichen Aufgaben der IHK gehören ebenfalls zum Themenspektrum von Vollversammlung und Ausschüssen.
Der Kauf des Ludwig Erhard Hauses fiel in die Amtszeit der jetzt bald scheidenden Vollversammlung, die dem zustimmen musste. Dr. ­Beatrice Kramm, seinerzeit IHK-Präsidentin, lobte die gefällte Entscheidung mit den Worten „Die Wirtschaft hat ein Zuhause, wir sind das Zuhause – und es gehört uns sogar.“ Eine solide Haushaltsführung der IHK hatte dies möglich gemacht. Außerdem senkte die IHK damals, im Januar 2018, laut Beschluss der VV die Mitgliedsbeiträge dauerhaft um rund 20 Prozent. Möglich wurde die Beitragssenkung durch den Kauf des Ludwig Erhard Hauses, da im Gegenzug die hohen Leasingraten wegfielen. Der IHK-Haushalt wurde so jährlich um rund 7,3 Mio. Euro entlastet, und diese Entlastung wurde an die IHK-Beitragszahler weitergegeben. Ein Erfolg, den die IHK-Vollversammlung mitbestimmt hat.

Große Ausbildungsoffensive

Danach sollte das markante Gebäude ein neues, frisches Erscheinungsbild erhalten: Die IHK ­Berlin ließ den Eingangsbereich sanieren: Rund 13 Mio. Euro waren für Umbau und Modernisierung des Foyers eingeplant. Und die VV gab dafür ihre Einwilligung. Seit Kurzem ist das neue Business Welcome Center (BWC) im Erdgeschoss geöffnet: eine erste Anlaufstelle für alle Fragen rund um das Unternehmertum in Berlin – die zugleich Flexibilität und Raum für ganz unterschiedliche Szenarien bietet, wie etwa Veranstaltungen, Ausstellungen oder Prüfungen.
Für eine frühe wie auch nachhaltige Berufsorientierung setzte die IHK Berlin im Spätsommer 2021 mit dem „Talente Check Berlin“ ein klares Signal – nachdem die Vollversammlung grünes Licht gegeben hatte. Ergänzend zum Talente Check entwickelten die IHK Berlin und die Handwerkskammer Berlin noch den „Showroom Duale Ausbildung“. Unter Einsatz von Virtual Reality können potenzielle Auszubildende dort nun Berufsbilder entdecken.
Mit einer breit aufgestellten Ausbildungsoffensive wird die IHK Berlin ab dem Frühsommer – geplant ist Mai – bei Jugendlichen und Unternehmen für die duale Ausbildung werben. Dafür stellen die IHK-Mitgliedsunternehmen 2,8 Mio. Euro zur Verfügung. Konzept und Finanzierung hat die Vollversammlung der IHK am 14. Januar dieses Jahres beschlossen. Ziel der Offensive ist es unter anderem, zusätzliche Ausbildungsbetriebe dafür zu gewinnen, Jugendliche für eine Ausbildung zu begeistern, und das Matching von Betrieben und potenziellen Azubis durch neue Formate zu verbessern.


von Christine Nadler