BW 03/2021 – Agenda

Die Lasten sind ungleich verteilt

Konjunktur in Berlin und Brandenburg: Einige Branchen und auch kleine Unternehmen sind von der Corona-Krise in besonderem Maße betroffen
Das Konjunkturbild fragmentiert in der Corona-Krise zunehmend. In einzelnen Branchen laufen die Geschäfte auf Hochtouren, in anderen sind die Unternehmen nach intensiver Anpassung an die neuen Gegebenheiten beinahe zum Normalbetrieb zurückgekehrt. Zugleich gibt es Wirtschaftszweige, in denen zahlreiche Unternehmen um ihr Überleben bangen. Darüber hinaus zeigt sich in der aktuellen Konjunkturumfrage der Berliner und Brandenburger IHKs, dass kleine Unternehmen tendenziell stärker unter dem Krisendruck leiden als größere Betriebe.
So beläuft sich der Konjunkturklimaindex, der sich aus Einschätzungen der Lage und der Erwartungen errechnet, auf 106 Punkte, einen Zähler mehr als im Herbst und 47 Punkte mehr als im Frühsommer des vergangenen Jahres. Doch erweist sich dieses auf den ersten Blick optimistisch stimmende Bild bei genauerer Betrachtung als fadenscheinig, denn es verbirgt nur schlecht die dahinter gelagerten Entwicklungen, die ausgesprochen disparat aussehen.
So beträgt der Klimaindex für Betriebe mit bis zu 49 Beschäftigten lediglich 96 Punkte – der Index der größeren Unternehmen gibt hingegen 117 Zähler an. Während der Index im Dienstleistungsgewerbe seit dem Herbst um fünf auf 110 Punkte gestiegen ist, sank er im Verkehrsgewerbe von 106 auf 96 Zähler, im Handel von 105 auf 91 Punkte, und im Baugewerbe ging er von 114 auf 106 Punkte zurück. In der Industrie steigt der Wert zwar auf 109 Zähler, doch verdankt sich dies allein dem besseren Geschäftsklima in der Brandenburger Industrie, während es sich in Berlin wieder eintrübt. Im Gastgewerbe erreicht der Index – was nicht überraschend ist, aber dennoch erschreckend – nur noch 37 Punkte, nach 75 im Herbst.
Die Unternehmen sehen sich immer noch gefangen in einem Netz von Unwägbarkeiten – kurz- und mittelfristige Planungen sind in dieser Situation kaum möglich, die Finanzierungslage bleibt weiterhin angespannt; viele Betriebe sind auf die staatlichen Hilfen angewiesen. Dennoch – ein Hauch von Optimismus lässt sich erahnen. Anders als in den Vorumfragen fassen jetzt wieder mehr Unternehmen Vertrauen in die Entwicklung der in- und ausländischen Nachfrage. In den weltweit an Fahrt gewinnenden Impfkampagnen sehen sie einen belastbaren Weg aus der konjunkturellen Stagnation und Konfusion.
von Christian Nestler