BW 06/2021 – Branchen

Kieze mit Visionen

Drei Gewinner-Konzepte – drei innovative und beispielgebende Lösungen, wie ein Kiez mit nachhaltigen Ansätzen belebt werden kann: Das Rheingauviertel in Wilmersdorf zeigt, wie plastikfreies Einkaufen bereits heute Realität werden kann. In Pankow- Wilhelmsruh setzt man auf die Qualität regionaler Angebote. Und das Ortszentrum Frohnau entwickelt Ideen für bessere Erreichbarkeit und Bürgerinformation.
Bereits 2019 fiel der Startschuss für die jetzt beendete Runde des Wettbewerbs „MittendrIn Berlin!“. Mit dem Wettbewerb rufen das Land Berlin, die IHK Berlin und private Partner bereits seit 2005 Geschäftsstraßeninitiativen dazu auf, sich mit Ideen und Projekten für ihr Quartier zu beteiligen. Neu war, dass als Gewinn kein Preisgeld für eine Umsetzung winkte, sondern die Erarbeitung eines professionellen Standortkonzepts durch ein Fachbüro im Wert von je 30.000 Euro plus 10.000 Euro für erste sichtbare Maßnahmen vor Ort.
Insgesamt 28 Berliner Standortgemeinschaften haben sich beworben, die drei genannten haben sich durchgesetzt. Auf der Homepage von MittendrIn ist jetzt in rund fünfminütigen You- Tube-Filmen zu sehen, welche beeindruckenden Konzepte in den Kiezen – jeweils in einem breiten Diskussions- und Beteiligungsprozess vor Ort – entstanden sind. Hier lohnt sich ein Blick, denn die Ergebnisse sind nicht nur sehenswert, sondern vor allem auch empfehlenswerte Best Practices für andere Kieze, die sich ebenfalls gut für die Zukunft aufstellen wollen, zum Beispiel klimafreundlich und nachhaltig wie das Netzwerk Süd-West Berlin. Der Verein macht sich unter dem Label „Gemeinsam in die Zukunft im Rheingauviertel“ für Müllvermeidung und mehr Nachhaltigkeit stark. Ein neuer Einkaufs-Wegweiser vermittelt Informationen zu Aktivitäten der Gewerbetreibenden und zu Mehrwegsystemen, wie etwa einer Shampoo-Abfüllstation im Friseursalon oder einem System von Mehrweggeschirr für das To-go-Geschäft der lokalen Gastronomie.
Die Arbeitsgemeinschaft Frohnauer Vereine und Organisationen (ArGe Frohnau) hat standortspezifische Entwicklungsziele in den Themenfeldern Einzelhandel, Mobilität und Aufenthaltsqualität erarbeitet und diese in einem „Integrierten Gesamtkonzept zur Weiterentwicklung der Ortsmitte Frohnau“ zusammengefasst. Informationsstelen informieren über die geschichtliche Entwicklung Frohnaus und die denkmalgeschützte Doppelplatzanlage am S-Bahnhof Frohnau.
In Wilhelmsruh wurden von der Initiative „Wilhelm gibt keine Ruh“ die Grundlagen für einen samstäglichen Wochenmarkt geschaffen, der mit Produkten aus der Region und kulturellen Angeboten voraussichtlich ab Sommer zum Wochenendeinkauf einlädt. Seit November 2020 betreibt die Initiative bereits einen Pop-up- Store mit vielen regionalen Angeboten in einem leer stehenden Ladengeschäft.
Dr. Beatrice Kramm, Präsidentin der IHK Berlin, nimmt in ihrer Bewertung auch die aktuelle Situation vor dem Hintergrund der Pandemie mit in den Blick: „Die drei Gewinnerinitiativen sind besonders Mut machende Beispiele für ein lokales Engagement, das trotz oder gerade wegen der Herausforderungen der vergangenen Monate die Visionen für eine nachhaltige Entwicklung ihrer Kieze weiterverfolgt“, so Kramm. „Damit geben sie den Gewerbetreibenden vor Ort eine Perspektive und Zuversicht.“
Denn aufgrund der Corona-Pandemie ist derzeit auch in den vielen Berliner Geschäftsquartieren alles andere als business as usual angesagt. Die Initiatoren von MittendrIn haben darauf reagiert und bieten jetzt ein neues Service-Angebot in Form einer digitalen Handreichung für Berliner Zentren an. Unter dem Titel „Engagement für den Standort – Leitfaden für engagierte Gruppen“ können – basierend auf den Erfahrungen der MittendrIn-Projekte – Informationen und Hilfestellungen zu vielen Themen der Zusammenarbeit in Netzwerken abgerufen werden: Öffentlichkeitsarbeit, Finanzierung, Förderung, Netzwerkerweiterung und vieles mehr.
von Christof Deitmar