Recht und Steuern

Sachverständige und ihre Organisationen

Sachverständige und ihre Organisationen

Wer kann beurteilen, ob ein Computerprogramm richtig funktioniert, wie der technische Mangel an einer Maschine abgestellt werden kann, welchen Wert ein Grundstück, ein Fahrzeug oder ein Schmuckstück hat, wodurch ein Unfall verursacht wurde?

Die Antwort lautet stets: ein Sachverständiger. Technische und fachliche Probleme, Bewertungen und wirtschaftliche Berechnungen können in der hochtechnisierten Zeit oft nicht ohne die Inanspruchnahme von Fachleuten beurteilt werden. Dabei spielen Sachverständige eine besondere Rolle. Sie müssen nicht nur fachkundig, sondern auch unabhängig und glaubwürdig sein. Gerichte, Behörden, Versicherungen, aber auch Unternehmer und Bürger müssen sich zur Aufklärung von schwierigen Sachverhalten und zur Lösung von fachlichen Problemen auf ihr Urteil verlassen können.

Darüber hinaus werden Sachverständige gebraucht, wenn gefährliche und überwachungsbedürftige Anlagen, sicherheitsrelevante Einrichtungen oder gesundheitsgefährdende Produkte in periodischen Zeitabständen zu überprüfen sind oder wenn in Schiedsgerichts- oder Schiedsgutachtenverfahren abschließend und verbindlich Tatsachenentscheidungen getroffen werden müssen.
Sachverständige nehmen aufgrund ihrer Sachkunde und Erfahrung zu tatsächlichen Sachverhalten Stellung und erteilen fachlichen Rat, beantworten aber keine Rechtsfragen. Sie haben die Aufgabe, den vorgegebenen Sachverhalt fachlich zu beurteilen. Mit Hilfe eines Gutachtens können gerichtliche Streitigkeiten vermieden oder, falls es dazu kommen sollte, richtige und gerechte Entscheidungen getroffen werden.
Kein gesetzlicher Bezeichnungsschutz
Die Bezeichnung "Sachverständiger" ist gesetzlich nicht geschützt, so dass sich grundsätzlich jeder, der auf einem bestimmten Sachgebiet über Sachverstand verfügt, diesen "Titel" selbst verleihen kann, ohne dass es einer Erlaubnis oder Anerkennung bedarf. Allerdings darf dabei nicht der Eindruck erweckt werden, dass der selbsternannte Sachverständige von einer dazu berufenen Stelle zugelassen wurde. Auch darf sich niemand mit diesem Titel schmücken, der nur über eine durchschnittliche Kompetenz verfügt; denn - dies hat die Rechtsprechung festgestellt - der Begriff "Sachverständiger" ruft beim angesprochenen Publikum die Vorstellung hervor, dass der so Bezeichnete besonders sachkundig ist.
Arten von Sachverständigen und Sachverständigenorganisationen
Es gibt mehrere verschiedene Arten von Sachverständigenorganisationen, wobei Sachverständige ohne Weiteres mehreren Organisationen zugleich angehören können:
Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige
Bestimmte Bestellungskörperschaften sind dazu berufen, aufgrund besonderer gesetzlicher Bestimmung fähige und geeignete Personen als Sachverständige öffentlich zu bestellen und zu vereidigen. Zu diesen Stellen gehören insbesondere die Industrie- und Handelskammern, Ingenieur- und Architekten-, Handwerks- und Landwirtschaftskammern. Die von ihnen bestellten Sachverständigen zeichnen sich durch besondere Sachkunde, Objektivität und Vertrauenswürdigkeit aus. Ihre Gutachten genießen eine hohe Glaubwürdigkeit. Vor allem Straf- und Zivilgerichte sind verpflichtet, sie in Beweisfragen bevorzugt heranzuziehen.
Die öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen müssen einen Eid ablegen, dass sie ihre Gutachten und sonstigen Aufgaben unparteiisch, weisungsfrei, unabhängig, gewissenhaft und persönlich erstatten. Sie werden nur dann öffentlich bestellt, wenn sie zuvor besondere Sachkunde nachweisen und wenn keine Bedenken gegen ihre persönliche Integrität bestehen. Während der Zeit ihrer öffentlichen Bestellung unterliegen sie einem umfangreichen Pflichtenkatalog und der Aufsicht ihrer Bestellungskörperschaft. Bei wiederholten Verstößen gegen den Pflichtenkatalog können sie ihre Bestellung verlieren.
Die Voraussetzungen der öffentlichen Bestellung und Vereidigung können Sie hier nachlesen. Listen der öffentlich bestellten Sachverständigen sind bei der jeweiligen Bestellungskörperschaft, also vor allem bei den Kammern, erhältlich. Das Gesamtverzeichnis der deutschen Industrie- und Handelskammern finden Sie unter "Weitere Informationen".
Zertifizierte Sachverständige
Eine weitere Anerkennung von Sachverständigen ist die Zertifizierung durch eine anerkannte Zertifizierungsstelle.
Zertifizierte Sachverständige müssen ihre persönlichen und fachlichen Voraussetzungen nachweisen. Sie werden zertifiziert, wenn sie überdurchschnittliche Kenntnisse und Erfahrungen haben und diese besondere Sachkunde persönlich, unabhängig, unparteiisch, weisungsfrei und gewissenhaft zur Verfügung stellen; es dürfen keine Bedenken gegen ihre persönliche Eignung bestehen. Sie unterliegen während der Zeit ihrer Zertifizierung einem umfangreichen Pflichtenkatalog mit entsprechender Überwachung durch die Zertifizierungsstelle und verlieren ihre Zertifizierung durch Widerruf, wenn sie gegen den Pflichtenkatalog verstoßen oder die erforderlichen aktuellen Kenntnisse nicht kontinuierlich nachweisen. Durch eine Akkreditierung der Zertifizierungsstelle wird durch eine unabhängige Stelle auch die Arbeit der Zertifizierungsstelle kontinuierlich überwacht. Damit ist sichergestellt, dass auch die Zertifizierung den vorgegebenen Standards entspricht. Entsprechend der Norm EN 45013 haben die Zertifizierungsstellen ein aktuelles Verzeichnis der zertifizierten Sachverständigen vorzuhalten.
Eine Aufstellung der Organisationen, die das Recht besitzen, Sachverständige zu zertifizieren, finden Sie auf der Internet-Seite der Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH (DAkkS), der nationalen Akkreditierungsstelle der Bundesrepublik Deutschland.
Staatlich anerkannte Sachverständige
Zur Prüfung von Schall- und Wärmeschutz, baulichem Brandschutz und Standsicherheit werden Sachverständige von den beauftragten Architekten- und Ingenieurkammern staatlich anerkannt. Sie müssen die notwendigen persönlichen und fachlichen Voraussetzungen erfüllen und zuverlässig sein. Die Sachverständigen werden von den zuständigen Anerkennungsstellen entsprechend eines festgelegten Pflichtenkataloges bei ihrer Tätigkeit überwacht. Die Anerkennung kann widerrufen werden, wenn gegen den Pflichtenkatalog verstoßen wird. Listen der staatlich anerkannten Sachverständigen werden von den Anerkennungsstellen geführt.
Sachverständige amtlich anerkannter Prüforganisationen
In bestimmten Bereichen werden aufgrund besonderer gesetzlicher Bestimmungen bestimmte Prüforganisationen hoheitlich tätig, z. B. bei der Überprüfung von Kraftfahrzeugen, Aufzügen, Druckbehältern oder medizinisch-technischen Geräten. Die Sachverständigen sind Angestellte oder Vertragspartner von staatlich beliehenen Organisationen (z.B. DEKRA, GTÜ, TÜV). Die Organisationen sowie deren Sachverständige werden von den zuständigen Landesbehörden entsprechend einem gesetzlich festgelegten Pflichtenkatalog bei ihrer Tätigkeit überwacht.
Sonstige Sachverständige
Viele Sachverständige schließlich sind nicht an eine bestimmte Organisation gebunden. Andere haben sich in privatrechtlichen - meist branchenbezogenen - Verbänden zusammengeschlossen, die oft Zulassungskriterien für die Aufnahme oder Anerkennung entwickelt haben.