Säumige Schuldner - Mahnung und Verzug


Vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen gehen säumige Schuldner an die Substanz. Viele Schuldner zahlen ihre Schulden erst lange Zeit nach Fälligkeit oder lassen sich verklagen. Sie kalkulieren dies sogar in ihre Finanzplanung mit ein. Dieses Merkblatt soll eine Hilfestellung bieten, was man gegen säumige Schuldner tun kann.

I. Mahnung

1. Mahnung, was ist das?
Unter einer Mahnung versteht man eine bestimmte und eindeutige Aufforderung des Gläubigers an seinen Schuldner, die geschuldete Leistung zu erbringen.

2. Ziel der Mahnung
Ziel des Mahnwesens ist es, die dem Unternehmen zustehenden Gelder möglichst termingerecht ein­zutreiben. Der Schuldner wird an die ausstehende Forderung erinnert. Seine Zahlungspflicht besteht aber auch ohne dass er gemahnt wird.
Rechtliche Bedeutung hat die Mahnung insbesondere im Hinblick auf den sogenannten Verzug des Schuldners: „Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug.“ (§ 286 Absatz 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Zu den Voraussetzungen und den Rechtsfolgen des Verzuges siehe unter II.

3. Form
Die Mahnung ist an keine Form gebunden. Sie kann schriftlich, mündlich oder auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Da den Gläubiger vor Gericht die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des Verzuges trifft, ist eine schriftliche Mahnung zu empfehlen.

4. Inhalt eines Mahnschreibens und Beispiele
Gesetzlich erforderlich für den Verzugseintritt ist nur eine einzige Mahnung. Bis zu drei Mah­nungen entsprechen jedoch der kaufmännischen Gepflogenheit. Je mehr Mahnungen Sie verschicken, desto mehr Zeit verstreicht, bevor Sie weitere Maßnahmen ergreifen können. Es kann daher auch angebracht sein, nur eine einzige, deutlich formulierte Mahnung zu versenden.
Allgemein gilt zu beachten, dass die Mahnung die Angabe von Datum und Nummer der Rechnung und des Lieferscheins sowie der Fälligkeit beinhalten sollte. Dies dient der Eindeutigkeit und schafft dem Schuldner Klarheit darüber, welcher Rechnungsposten vom Gläubiger angemahnt wird.
Entscheiden Sie sich für die Variante „mehrere Mahnungen“, so könnte dies wie folgt aussehen:

Erste Mahnung:
Im Allgemeinen wird die erste Mahnung zwar unmittelbar nach der Feststellung der Nichtzahlung, gleichwohl aber in der höflichen Form einer „Zahlungserinnerung“ erfolgen. Eine Fristsetzung ist nicht nötig, ebenso wenig die Andro­hung bestimmter Folgen. Es genügt, wenn der Gläubiger unzweideutig zum Ausdruck bringt, dass er die geschuldete Leistung verlangt.

Zweite Mahnung:
Ist innerhalb von 14 Tagen nach der ersten Mahnung keine Zahlung einge­gangen, so könnte eine zweite Mahnung erfolgen. Inhaltlich kann auch diese als „Zahlungserinnerung“ formuliert werden, al­lerdings mit der ausdrücklichen Bitte, nunmehr der Leistungspflicht innerhalb einer bestimmten Frist nachzukommen.

Dritte Mahnung:
Nach weiteren 14 Tagen ohne Zahlungseingang kann dann eine dritte und letzte Mahnung erfolgen. Sie wird in unmissverständlicher Weise eine letzte Frist zur Zahlung setzen und die gerichtliche Ver­folgung der Forderung in Aussicht stellen.

5. Bei Erfolglosigkeit: Gerichtliches Mahnverfahren nach §§ 688 ff. ZPO
Reagiert der Schuldner auf die Mahnung(en) nicht, so kann der Gläubiger gerichtliche Hilfe in An­spruch nehmen und einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids stellen.


II. Verzug

1. Eintritt des Verzuges
Kurz gesagt: Verzug liegt nur bei von dem Schuldner zu vertretendem „Nichtleisten“ trotz Fälligkeit und Mahnung vor.
Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstandes unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat, § 286 Absatz 4 BGB (kein Verzug ohne Ver­schulden). Dabei wird das Verschulden vermutet, der Schuldner muss sich also entlasten.
Um eine Forderung geltend machen zu können, muss diese fällig sein. Die Fälligkeit ergibt sich aus den zwi­schen Gläubiger und Schuldner getroffenen Ab­sprachen oder aus dem Gesetz. Sind keine besonderen Absprachen oder gesetzliche Regelungen vorhanden, so ist die Leistung nach § 271 Abs. 1 BGB sofort fällig.
Sobald eine Forderung fällig ist, kann der Gläubiger Zahlung verlangen.

2. Verzug ohne Mahnung
Eine Mahnung ist nicht erforderlich,
- wenn „für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist“ (§ 286
Absatz 2 Nr. 1 BGB). Als Leis­tungszeit muss unmittelbar oder mittelbar ein
bestimmter Kalendertag festgelegt sein. Es genügt die Bestimmung „8.
Kalenderwoche“, „3 Wochen nach Ostern“. Die Leistungszeit muss vertraglich
vereinbart sein; eine einseitige Bestimmung durch den Gläubiger genügt
regelmäßig nicht.

- wenn „der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene
Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem
Ereignis an nach dem Kalender be­rechnen lässt.“ (§ 286 Absatz 2 Nr. 2 BGB).
Somit ist auch die bloße Berechenbarkeit (zum Beispiel „Bezahlung zwei
Wochen nach Lieferung“, „Lieferung drei Wochen nach Abruf“, „60 Tage nach
Rechnungsstellung“, „Ein Jahr nach Baubeginn“) ausreichend. Wird dabei
keine angemessene Zeit bestimmt, so tritt an die bestimmte Zeit eine
angemessene.

- wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert (§ 286
Absatz 2 Nr. 3 BGB)

- wenn aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen
Interessen der sofortige Ein­tritt des Verzuges gerechtfertigt ist (§ 286 Absatz 2
Nr. 4 BGB). Darunter können besonders eilbedürftige Leistungspflichten (zum
Beispiel Reparatur eines Wasserrohrbruches) fallen, bei denen das
förmliche Mahnen des Schuldners sinnlos und kontraproduktiv ist. Ferner
sind darunter auch die Fälle zu fassen, in denen der Schuldner von sich aus
zu verstehen gibt, dass er zu einem bestimmten Termin leisten will und dies
aber letztlich doch nicht tut (sogenannte Selbstmahnung des Schuldners).

- wenn der Schuldner einer Entgeltforderung 30 Tage nach Fälligkeit und
Zugang einer Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufforderung
nicht leistet (§ 286 Absatz 3 Satz 1 BGB). Zu beachten ist jedoch, dass diese
Regelung für Geschäfte mit Verbrauchern (Privatpersonen) nur dann gilt,
wenn der Verbraucher in der Rechnung oder Zahlungsaufforderung
besonders auf den Eintritt des Verzuges hingewiesen worden ist (§ 286
Absatz 3 Satz 1, 2.Hs BGB).

Den Zugang der Rechnung hat im Streitfall der Gläubiger zu beweisen. Ist jedoch der Zugang der Rechnung unsicher, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Ge­genleistung in Verzug (§ 286 Absatz 3 Satz 2 BGB).

3. Rechtsfolgen des Verzugs
Ab Verzugseintritt muss der Schuldner den gesamten Ver­zugsschaden ersetzen, der in erster Linie aus den späteren Anwaltskosten (Rechtsverfolgungskosten) und den Zinsen besteht.

Der Gläubiger kann während des Verzugs Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem aktuellen Basiszinssatz in Rechnung stellen (§ 288 BGB). Den jeweils gültigen Zinssatz finden Sie im Internet unter http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Standardartikel/Bundesbank/Zinssaetze/basiszinssatz.html?searchArchive=0&submit=Suchen&searchIssued=0&templateQueryString=basiszinssatz.

Für den Geschäftsverkehr unter Unternehmern beträgt der Zinssatz neun Prozentpunkte über dem Basiszins­satz. Ein Verbraucher (eine Privatperson) darf bei Zugrundelegung dieses erhöhten Zinssatzes nicht an den Rechtsgeschäften beteiligt sein. Zudem ist zu beachten, dass diese Vorschrift auf Entgeltfor­derungen beschränkt ist.

Außerdem kann der Gläubiger von einem Schuldner einer Entgeltforderung, der kein Verbraucher ist, eine Schadensersatzpauschale in Höhe von 40 Euro verlangen.

Der Gläubiger kann auch den Ersatz seines weiteren Verzugsschadens verlangen (beispielsweise einen höheren Zinsschaden, wenn er sich bei seiner Bank mit entsprechend hohen Zinsen zwischenfinanzieren musste).

III. Besonderheit unter Kaufleuten
Kaufleute sind untereinander berechtigt, für ihre Forderungen aus beiderseitigen Handelsgeschäften vom Tage der Fälligkeit an Zinsen zu fordern (§ 353 Satz 1 Handelsgesetzbuch, HGB).

IV. Besonderheiten im Werkvertragsrecht

1. Anspruch auf Abschlagszahlungen
Der Unternehmer kann unter Umständen verlangen, dass in sich abgeschlossene Leistungen bereits abgerechnet werden, auch wenn noch nicht sämtliche vertraglich vereinbarten Arbeiten beendet sind. Dieser Anspruch umfasst auch die erforderlichen Stoffe oder Bauteile, die eigens dafür angefertigt oder angeliefert sind. Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist, dass dem Besteller an den Tei­len des Werks, den Stoffen oder den Bauteilen das Eigentum übertragen oder dafür Sicherheit ge­leistet wird (§ 632a BGB).

2. Abnahme
Mit der Abnahme nimmt der Besteller das Werk als vertragsgemäß ab, mit ihr wird die Vergütung fällig. Die Verweigerung der Abnahme wegen unwesentlicher Mängel ist nicht zulässig. Der Abnahme steht es gleich, wenn der Besteller das Werk nicht innerhalb einer ihm vom Unternehmer bestimmten angemessenen Frist abnimmt, obwohl er dazu verpflichtet gewesen wäre (§ 640 BGB).

3. Einbehalt eines „Druckzuschlags“
Kann der Besteller die Beseitigung eines Mangels verlangen, so kann er nach der Fälligkeit die Zahlung eines angemessenen Teils der Vergütung verweigern, angemessen ist in der Regel das Doppelte der für die Beseitigung der Mängel erforderlichen Kosten (§ 641 Absatz 3 BGB).

V. Tipps für das Forderungsmanagement
Mehr als Gesetze hilft Ihrem Unternehmen in den meisten Fällen ein funktionierendes Forderungsmanagement. Folgende Punkte können dabei als Anhaltspunkte dienen:
- Liefern Sie nicht „blind“! Klären Sie, wer genau Ihr Vertragspartner ist (handelt
zum Beispiel eine natürliche Person in Vertretung einer Gesellschaft?) und
überprüfen Sie die Bonität Ihrer Kunden.
- Definieren Sie individuell Kreditlimits. Liefern Sie im Zweifel nur gegen
Anzahlung, Vorauskasse oder Barzahlung.
- Möglicherweise sind Skonti ein Anreiz für eine kurzfristige Zahlung.
- Sorgen Sie für eine funktionierende Buchhaltung: Versenden Sie
Rechnungen zügig unter Angabe eines klar definierten Zahlungsziels und
kontrollieren Sie die Zahlungseingänge regelmäßig. So können Sie bei
Zahlungsverzögerungen sofort reagieren.
- Beantragen Sie einen Mahnbescheid, wenn der Kunde auch nach
wiederholter Aufforderung nicht zahlt und die Forderung unstreitig besteht.
(siehe oben).
- Warenlieferungen an Firmenkunden können Sie durch einen verlängerten
Eigentumsvorbehalt mit Verarbeitungsklausel absichern. Gelieferte und
bereits weiterverarbeitete Teile gehen dann erst mit Bezahlung in das
Eigentum des Kunden über. Der Vorteil: Im Falle der Zahlungsunfähigkeit des
Kunden sichern Sie sich den Zugriff, weil die Ware nicht in die
Insolvenzmasse fällt.
- Möglicherweise kann es sich für Sie rentieren, einen Inkasso-Dienstleister zu
beauftragen. In­kasso-Büros treten als „Vermittler“ zwischen Gläubigern und
Schuldnern auf. Die Kosten können, wenn er sich in Verzug befindet, dem
Schuldner in Rechnung gestellt werden, allerdings maximal bis zu der Höhe,
die ein Rechtsanwalt hätte verlangen dürfen. Nicht erstattungsfähig sind die
Kosten, wenn von vornherein erkennbar war, dass auch das
Inkassounternehmen den Schuldner nicht zur Zahlung würde bewegen
können. Die Erfolgsprovision zahlen Sie selbst. Allerdings ist bei der Auswahl
des Inkasso-Unternehmens Vorsicht geboten. Hilfe bietet der Bundesverband
Inkasso, der entsprechende Qualitätsstandards definiert hat (www.bdiu.de).
- Fallen Forderungen im großen Umfang an, können Sie prüfen, ob sich
Factoring für Sie lohnt. Der Factor kauft dem Gläubiger nach Prüfung der
Bonität die Forderung ab. Die Rechnungssumme wird dann abzüglich eines
Sicherheitspuffers für Skontoabzüge oder Mängelrügen sofort gut
geschrieben, so dass die Liquidität gesichert ist.
Hinweis: Dieses Merkblatt soll - als Service Ihrer IHK - nur erste Hinweise geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.

Stand: Juni 2018