Recht und Steuern

Das Versicherungsvertragsgesetz seit 2008

Das neue Versicherungsvertragsrecht seit 2008 – die wichtigsten Neuerungen im Versicherungsvertragsgesetz (VVG)
Das am 5. Juli 2007 vom Deutschen Bundestag verabschiedete Gesetz zur Reform das Versicherungsvertragsrechts, das das Gesetz über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz - VVG) novelliert, trat zeitgleich mit der Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen (VVG-InfoV) am 1. Januar 2008 in Kraft. Mit der umfassenden Novellierung des Versicherungsvertragsrechts kamen auf Versicherer weitgehende Neuerungen und Pflichten zu.
Beratungs- und Informationspflicht
Der Versicherer hat seitdem den Versicherungsnehmer im Vorfeld des Vertragsabschlusses umfassend zu informieren und zu beraten. Nach § 7 VVG ist der Versicherer verpflichtet, sämtliche Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Versicherungsbedingungen in Textform vorzulegen. Darüber hinaus sieht die VVG-Informationspflichten-Verordnung (VVG-InfoV) noch eine Reihe von detaillierten Informationspflichten über den Versicherer, die vertraglichen Leistungen sowie den Rechtsweg vor. Zudem ist die obligatorische Aushändigung eines Produktinformationsblattes geplant, die dem Versicherungsnehmer anhand einer kurzen und verständlichen Darstellung eine Übersicht über die wichtigsten Vertragsbestandteile geben soll.
Neben diesen Pflichten hat der Versicherer den Versicherungsnehmer nach § 6 VVG nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und zu beraten. Dabei hat der Versicherer die Gründe für jeden erteilten Rat anzugeben und zu dokumentieren. Vor Vertragsschluss sind dem Versicherungsnehmer der erteilte Rat sowie die hierfür bestehende Begründung klar und verständlich in Textform zu übermitteln.
Unbeachtlich für die Informations- und Beratungspflicht des Versicherers ist es, ob der Versicherungsnehmer Verbraucher oder Unternehmer ist. Daher sind auch gegenüber sachkundigen Unternehmern sämtliche Auskünfte zu erteilen mit der Verpflichtung, eine vollständige Beratung durchzuführen.
Einschränkung der Anzeigepflicht
Der Versicherungsnehmer muss nicht mehr bei der Schließung des Vertrages von sich aus alle ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, dem Versicherer anzeigen. Nach § 19 Abs. 1 VVG hat der Versicherungsnehmer nur noch solche Gefahrenumstände anzuzeigen, nach denen der Versicherer ihn in Textform gefragt hat. Alle anderen Umstände werden von der Anzeigepflicht nicht mehr erfasst.
Widerrufsrecht
Das VVG räumt dem Versicherungsnehmer nun in § 8 ein Widerrufsrecht ein. Dieses aus dem Verbrauchervertragsrecht bekannte Gestaltungsrecht gilt im Versicherungsrecht jedoch unabhängig davon, ob es sich bei dem Versicherungsnehmer um einen Verbraucher oder um einen Unternehmer handelt. Das Widerrufsrecht berechtigt den Versicherungsnehmer, sich ohne Angabe von Gründen von dem geschlossenen Versicherungsvertrag zu lösen. Die Widerrufsfrist beträgt bei Lebensversicherungen 30 Tage, bei allen übrigen Versicherungsformen zwei Wochen.
Wegfall des Alles-oder-Nichts-Prinzips
In Fällen der mitverschuldeten Herbeiführung des Versicherungsfalls galt bislang das "Alles-oder-Nichts-Prinzip". Hiernach waren sämtliche Ansprüche des Versicherten ausgeschlossen, sobald ihn ein Mitverschulden traf. Diese pauschale Regelung wird mit dem Reformgesetz abgeschafft. Versicherungsansprüche können danach bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls nicht mehr vollständig verweigert werden. Stattdessen ist nach §§ 81, 82 VVG im Fall grober Fahrlässigkeit der Anspruch des Versicherten in einem der Schwere des Mitverschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Der Versicherte trägt die Beweislast dafür, dass er nicht grob fahrlässig gehandelt hat.
Direktanspruch bei Pflicht- und Haftpflichtversicherungen
Ein Direktanspruch des Geschädigten gegen den Versicherer bestand bislang allein im Rahmen der Kfz-Haftpflichtversicherung. Der Anwendungsbereich des Direktanspruchs wird nunmehr auf die Pflicht- und Haftpflichtversicherung ausgedehnt. Im Gegensatz zur Kfz-Haftpflichtversicherung ist der Direktanspruch bei Pflicht- und Haftpflichtversicherungen an bestimmte Voraussetzungen gebunden. So kann sich der Geschädigte erst dann unmittelbar an den Versicherer wenden, wenn der Schädiger insolvent ist oder sich an einem unbekannten Ort aufhält.
Teilbarkeit der Prämie
Beendet der Versicherungsnehmer vorzeitig das Versicherungsverhältnis, so hat er die Versicherungsprämie nach § 39 Abs. 1 VVG nur bis zu dem Zeitpunkt seiner Kündigung zu leisten. Die früher geltende Regelung, die im Falle einer vorzeitigen Kündigung eine Prämienzahlung bis zum Ende der Versicherungsperiode vorsah, ist entfallen.
Den Gesetzestext finden Sie unter "Weitere Informationen".