21.03.2025

Lebendige Zentren gelingen nur miteinander

Mit einem Themenabend widmeten sich die IHK-Gremien Kulmbach und Kronach den Herausforderungen der oberfränkischen Innenstädte und diskutierten Strategien, wie Einzelhandel und Gastronomie unterstützt werden können. Das Fazit: Innenstädte und Ortszentren lebendig, attraktiv und zukunftsfähig zu halten, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die weder die Wirtschaft noch die Kommunen allein bewältigen können.

IHK-Vizepräsident Harry Weiß eröffnete den Themenabend in der Sparkasse Kulmbach-Kronach. Der Einzelhandel sei eine wichtige wirtschaftliche Größe in Oberfranken, betonte er: So waren im Jahr 2023 in Oberfranken 36.792 Personen im Einzelhandel beschäftigt. Ein Patentrezept zur Belebung der Innenstädte gibt es freilich nicht, aber einen Instrumentenkasten, aus dem sich die Verantwortlichen bedienen können, so Harry Weiß. Trotz der Herausforderungen zeigten nach wie vor viele erfolgreiche Händler und Gastronomen, wie es funktionieren kann.

Was eine Innenstadt attraktiv macht, dazu hatte Prof. Dr. Daniel Baier Erkenntnisse aus der Wissenschaft mitgebracht. Der Lehrstuhlinhaber für Marketing & Innovation an der Universität Bayreuth präsentierte die Ergebnisse der Studie „Vitale Innenstädte“ des Instituts für Handelsforschung in Köln. Kostensteigerungen, der Onlinehandel und ein verändertes Konsumentenverhalten stellen den Einzelhandel vor Herausforderungen: „Einkaufen ist nicht mehr ausreichender Grund, eine Innenstadt zu besuchen. Gesucht wird ein hoher Zusatznutzen zum Einkaufen“, so Baier. Als attraktiv werde eine Innenstadt vor allem dann wahrgenommen, wenn sie eine hohe Aufenthaltsqualität und die Möglichkeit, Neues zu entdecken und Spaß zu haben, bietet. Leerstand hingegen sorge für Tristesse; ihn zu beseitigen, sei eine der wichtigsten Maßnahmen für attraktive, lebendige Zentren.

Ein Erfolgsbeispiel aus der Praxis hatte der Innenstadtkoordinator der Stadt Marktredwitz, Thomas Hecht, mitgebracht. Die Wirtschaftsförderung, die Stadtentwicklungs- und Wohnungsbau GmbH (STEWOG), der Stadtmarketingverein MAKnetisch und die Gewerbetreibenden der Stadt würden alle ihren Teil zu Erfolg beitragen. „Manchmal muss man auch mutig sein und etwas ausprobieren“, sagte Hecht. Die Ausstellung „Alltagsmenschen“ sei eine solche Aktion gewesen: Rund 40 Skulpturen verweilten vergangenes Jahr, auch dank der Unterstützung der Städtebauförderung im Rahmen des Programms „Innenstädte beleben“, an verschiedenen Standorten in der Marktredwitzer Innenstadt und hätten sich binnen kürzester Zeit zu „Selfie-Hotspots“ entwickelt, so Thomas Hecht. Die wichtigste Säule seien jedoch die „engagierten Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich immerzu neu erfinden. Das versuchen wir als Stadt zu unterstützen“.

Eine solche Unternehmerin eröffnete die sich anschließende, von Anja-Maria Meister moderierte Diskussionsrunde: Christine Friedlein, Inhaberin der Buchhandlung Friedrich und Vorsitzende von „Unser Kulmbach e. V.“, berichtet von einer Aktion, die kürzlich die Innenstadt von Kulmbach weiter aufgewertet habe: „Wir haben Fassaden mit wunderbarer Kunst bestückt und damit einen Wanderweg durch die Stadt geschaffen.“ Auch sie findet, dass die Vernetzung der verschiedenen Akteure und das Miteinanderreden das A und O sind. Das erfordere manchmal Ausdauer, „aber bisher habe ich immer ein offenes Ohr bei der Stadt gefunden.“ Eva Vetter (Autohaus Vetter GmbH & Co KG) nahm den Ball auf und berichtet aus Kronach. „Es wird viel auf die Beine gestellt, ein Event wie ,Kronach leuchtet‘ etwa sucht seinesgleichen – aber in der Vernetzung untereinander besteht noch Potenzial.“ Der Einzelhandel in der Innenstadt müsse sich auf seine Stärken besinnen, zur „Marke“ werden – und zeigen, welchen Mehrwert er gegenüber dem Onlinehandel bietet.

Prof. Dr. Janin Henkel-Oberländer lenkte den Blick auf die Gastronomie. Die Dekanin der Fakultät für Lebensmittelwissenschaften der Universität Bayreuth am Campus Kulmbach betonte, dass die Studierenden in Kulmbach mittlerweile ein wichtiger Faktor für die Innenstadt seien. Für sie sei das gastronomische Angebot wichtig: „Unsere Studierenden möchten mal ins Café gehen, ein Eis essen.“ Auch Kronach ist mit dem Lucas-Cranach-Campus Hochschulstandort. Eva Vetter, die auch Wirtschaftsjuniorin ist, sieht auch dort noch gastronomisches Potenzial: „Abends nach 22 Uhr etwas trinken zu gehen, ist bei uns extrem schwierig.“

Angesichts der zahlreichen Herausforderungen brauchen Einzelhändlerinnen und -händler Know-how und Herzblut, sagte Christine Friedlein. Für eine lebendige Innenstadt können jedoch auch die Kundinnen und Kunden etwas tun – indem sie etwa nicht schnell zur Onlinebestellung greifen, sondern die Innenstadt besuchen. „Wir Einzelhändler vor Ort können vieles möglich machen“, so Friedlein.

Das sieht auch Hans Rebhan, IHK-Vizepräsident aus Kronach, so: „Es geht um Eigeninitiative und Ideen, neue Geschäftsmodelle und Mehrwert für die Kundinnen und Kunden. Jedes Unternehmen muss sich hierzu Gedanken machen, mutig sein und bereit, neue Wege zu gehen.“