02.06.2025

Oberfränkische Automobilzulieferer massiv unter Druck

Vor allem Exporte nach China brechen dramatisch ein

Die bayerischen Exporte von Kfz-Teilen nach China sind im ersten Quartal 2025 um mehr als die Hälfte eingebrochen. Noch drastischer ist der Rückgang bei Pkw: Hier gingen die Exporte sogar um über drei Viertel zurück. Bei der IHK für Oberfranken Bayreuth schrillen deshalb die Alarmglocken. IHK-Präsident Dr. Michael Waasner: "Aus der Transformation droht längst ein massiver Strukturwandel zu werden!"

Die deutschen Autobauer produzierten 2024 knapp 13 Prozent weniger Pkw als 2019, dem Vor-Corona-Jahr. Entsprechend stand der wichtigste Arbeitgeber Oberfrankens, die Automobilzulieferer mit über 200 Unternehmen und rund 35.000 Beschäftigten, in den vergangenen Jahren enorm unter Druck. Besonders betroffen sind Branchen mit hoher Wertschöpfung im Automobilbau, wie Hersteller von Kunststoffwaren, Metallerzeugnissen, Textilien und Hersteller von Kfz-Teilen im engeren Sinne. Allein in diesen Branchen gingen in fünf Jahren fast 9.500 Arbeitsplätze verloren. "Die Lage ist ernst", macht Dr. Waasner deutlich. “Der Beschäftigungszuwachs in Oberfranken seit 2019 ist fast ausschließlich auf die öffentliche Verwaltung zurückzuführen. Die Industrie dagegen hat spürbar Mitarbeitende abgebaut.”

China gibt den Takt vor

Dass die Automobilzulieferer enorm unter Druck stehen, ist nichts Neues, aber jetzt kommt eine neue Dimension dazu, eine ausgeprägte Exportschwäche.

Die Exportquote der oberfränkischen Industrie lag im 1. Quartal 2025 bei 55 Prozent. "Hält man sich vor Augen, dass drei von vier in Deutschland produzierten Pkw in den Export gehen, liegt die Exportquote unserer Unternehmen noch ein ganzes Stück höher", macht IHK-Pressesprecher Peter Belina deutlich.

Deutlicher Rückgang bei Export von Pkws und Pkw-Teilen

"Zahlen für Oberfranken zum Export aufgeschlüsselt nach Produkten veröffentlicht das Bayerische Landesamt für Statistik leider nicht. Die Ergebnisse für Oberfranken dürften sich aber nicht maßgeblich von den bayerischen Ergebnissen unterscheiden", ist sich Belina sicher. Um 11,4 Prozent sank der Export von Fahrgestellen, Motoren und anderen Teilen im ersten Quartal 2025 im Vergleich zu 2024, der Exportrückgang bei den Pkw lag bei 6,6 Prozent. "Wir sprechen für Oberfranken mit Ausnahme von Stadt und Landkreis Coburg, die von der IHK zu Coburg vertreten werden", macht Belina deutlich.

"Die Nachricht hinter der Nachricht ist der Blick auf die Exportentwicklung nach Ländern", macht Dr. Waasner deutlich. Nicht die USA sind primär Auslöser für die jüngste Negativentwicklung, sondern vor allem China. Um 140,1 Millionen Euro oder 53,1 Prozent auf 123,6 Millionen Euro ging der Wert der nach China exportierten Kfz-Teile im 1. Quartal zurück. China ist durch die jüngste Entwicklung bei den Abnehmerländern von Platz 2 auf Platz 5 zurückgefallen. Deutliche Einbrüche gab es auch beim Export nach Belgien (-23,7 Millionen Euro), Frankreich (-21,7 Millionen Euro), Österreich (−18,7 Millionen Euro). Unter den zehn wichtigsten Abnehmerländern bayerischer Pkw-Teile verzeichnet lediglich der Export in die Slowakei und nach Ungarn eine positive Entwicklung.

Exporteinbruch bei Pkw nach China um über drei Viertel

Mit 6,6 Prozent fiel der Exportrückgang bei den Pkw im 1. Quartal etwas schwächer aus als bei den Pkw-Teilen, dass gilt aber nicht für alle Zielländer. So sank der Wert der nach China exportierten Waren im Vergleich zum Vorjahr um 773 Millionen Euro oder 77,6 Prozent auf 222,8 Millionen Euro. China fiel von Platz 3 der wichtigsten Abnehmer auf Platz 14 zurück. Aber auch in die USA, nach Belarus, Australien, Frankreich und Taiwan ging der Export um dreistellige Millionenbeträge zurück. Trotz des Rückgangs der Exporte in die USA um 177 Millionen Euro oder 7,9 Prozent auf 2,05 Milliarden Euro bleiben die USA wichtigster Abnehmer bayerischer Pkw.

Nicht Deutschland, sondern China gibt den Takt im Autobau vor

"Die europäische und die japanische Automobilindustrie wurde bei der Transformation hin zum E-Auto regelrecht abgehängt", macht Dr. Waasner deutlich. Dies sei allerdings auch auf die unglaubliche Dynamik des chinesischen Marktes zurückzuführen. "Mittlerweile hat fast jedes zweite in China neu zugelassene Fahrzeug einen E-Antrieb." Längst ist China mit Abstand der wichtigste Abnehmer für Pkw geworden. Eine Abwrackprämie, Steuervorteile beim Erwerb eines Stromers, massive Investitionen in Ladestationen und batterietausch-Netzwerke, aber auch erhebliche Subventionen tun ein Übriges. Ein E-Auto kostet in China mittlerweile nur noch halb so viel wie etwa in Europa. "Dieser erbarmungslose Wettbewerb führt bei vielen chinesischen Herstellern zu Überkapazitäten und immer mehr Insolvenzen", macht. Dr. Waasner deutlich. "Leidtragende sind nicht nur chinesische Hersteller, sondern auch deutsche Autobauer." Bei der Verbrenner-Technologie hatten chinesische Hersteller keine Chance. Zu groß war der Vorsprung der etablierten Marken. "Bei der E-Technologie heißt es aber: Neues Spiel, neues Glück", so Dr. Waasner. "Jetzt kommt auch noch das Hickhack um die US-amerikanischen Zöllen dazu.

Damit es nicht zu einem Flächenbrand mit spürbar mehr Personalabbau kommt, müssen zum einen die europäischen und vor allem deutschen Pkw-Hersteller wieder zu ihrer alten Stärke zurückfinden. Ebenso sind die Zulieferer gefordert und müssen sich neue Abnehmer in anderen Branchen suchen, etwa der Medizintechnik, der Luft- und Raumfahrt oder der Verteidigungswirtschaft. "Das kann alleine aufgrund der Vielzahl an Zulieferern aber gar nicht allen Kfz-Zulieferern gelingen", macht Dr. Waasner deutlich. Es gehe auch um die Erschließung neuer Absatzmärkte. Bei der Erschließung neuer ausländischer Absatzmärkte unterstützen auch die Außenhandelsexpertinnen der IHK für Oberfranken Bayreuth. Immer wichtiger wird auch die Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen und Hochschulen.

Hier kommt auch Initiativen wie der geplanten Zukunftsagentur der Metropolregion Nürnberg eine wichtige Rolle zu, die das Ziel hat, Unternehmen bei ihrer Transformation zu unterstützen, etwa durch einen niederschwelligen Zugang zu Forschungseinrichtungen und Hochschulen, aber auch zu Fördermitteln. Dr. Waasner: "Wollen wir einen Strukturwandel verhindern wie in den 1990er und 2000er Jahren in der Textil-, Bekleidungs- und Keramikindustrie, sind jetzt alle gefordert. Ich kann nur hoffen, dass auch die Politik den Ernst der Lage erkannt hat."