Konjunkturumfrage

Die Wirtschaftszweige im Detail

  • Energiekrise mit Abstand größter Sorgentreiber
  • Geschäftserwartungen stürzen branchenübergreifend ab
  • Auftragslage verschlechtert sich
  • Investitionsbereitschaft geht zurück
  • Preisniveau zieht weiter an
”Aktuell spüren wir noch keinen Rückgang im Auftragsbuch. Manche Kunden sind nach wie vor durch Lieferengpässe eingeschränkt, was auch uns die Produktionssteuerung erschwert. Was uns aber derzeit größere Sorgen bereitet, ist die massive Kostensteigerung im Energiesektor. Diese Kostensteigerung kann zu einem schwerwiegenden Wettbewerbsnachteil werden, da wir diese ausschließlich in Deutschland sehen und andere Standorte in Amerika und Asien davon nicht betroffen sind. Hier muss die Politik Rahmenbedingungen schaffen, die eine Abwanderung von Arbeitsinhalten und damit Arbeitsplätzen verhindert.”
Klaus Wienand, Vice President Human Ressources, Linde Hydraulics GmbH & Co. KG, Aschaffenburg

Industrie

In der Industrie verschlechtert sich die Geschäftslage gegenüber dem Frühjahr. Der Auftragseingang aus dem In- und Ausland ist zwar per Saldo zuletzt zurückgegangen, mit Blick auf den vorhandenen Auftragsbestand wird die aktuelle Geschäftslage aber noch von 37 Prozent der Befragten mit gut bewertet, 50 Prozent stufen diese mit befriedigend ein und 13 Prozent sehen sich mit einer schlechten Lage konfrontiert. Die im Durchschnitt noch vergleichsweise gute Lageeinschätzung überdeckt, dass mit Blick auf die Energiekrise insbesondere die energieintensiven Industriezweige auch heute schon vor existenziellen Herausforderungen stehen. Die Energie- und Rohstoffpreise werden von 84 Prozent der Industriebetriebe als Risiko für die eigene Geschäftstätigkeit gesehen. Neben bezahlbaren Energiepreisen ist aber auch eine unterbrechungsfreie Energieversorgung für zahlreiche Industrieunternehmen unabdingbar. So gibt rund ein Drittel der Befragten an, dass der Geschäftsbetrieb auf eine vollumfängliche Gasversorgung angewiesen ist und Absicherungsmaßnahmen nicht möglich sind. Für den Fall einer möglichen Drosselung hat hingegen etwa die Hälfte der Umfrageteilnehmer Maßnahmen geplant oder bereits umgesetzt. Hier steht insbesondere der Wechsel auf andere Energieträger im Fokus.  Die Investitionsbereitschaft der Unternehmen geht aber insgesamt in Anbetracht der immensen Risiken zurück. Neben den hohen Kosten für Energie und Rohstoffe wird auch mit einem weiteren Rückgang des Auftragsvolumens gerechnet. Daher erwarten 53 Prozent der Industrieunternehmen eine Verschlechterung der Geschäftslage, 40 Prozent keine Veränderung und nur 7 Prozent eine Verbesserung. Die Personalpläne bleiben noch stabil.
“Auch die grüne Branche profitierte in den vergangenen Monaten vom allgemeinen Cocooning-Trend. Aktuell bewegen sich unsere Umsätze schwankend auf einen guten “Vor-Corona-Niveau”. Hohe und unsichere Energiepreise sowie teils extrem gestiegene Materialpreise sind die großen Herausforderungen der kommenden Monate.”
Andreas Löwer, Geschäftsführer, Löwer GmbH, Mömlingen

Handel

Die Beurteilung der aktuellen Geschäftslage bleibt im Handel konstant. 37 Prozent bewerten diese mit gut, 44 Prozent mit befriedigend und 19 Prozent mit schlecht. Dabei blicken die Einzelhändler aber noch deutlich optimistischer auf die aktuelle Lage als der Großhandel und die Handelsvermittlung. Die auf breiter Front massiv gestiegen Einkaufspreise spiegeln sich naturgemäß bei den Verkaufspreisen des Handels wider. Folglich planen 87 Prozent der Händler eine Anhebung der Verkaufspreise in den kommenden Monaten. Stockende Lieferketten sind zwar weiterhin ein Thema für viele Umfrageteilnehmer. Allerdings hat der Anteil der Betriebe, die sich dadurch erheblich beeinträchtigt sehen gegenüber dem Frühjahr spürbar abgenommen. Drei Viertel der Händler begegnen den unplanbaren Lieferschwierigkeiten inzwischen mit einer erhöhten Lagerhaltung. Etwas über ein Drittel der Händler musste wegen andauernder Lieferengpässe aber auch die Angebotsvielfalt reduzieren. Als weitere Gegenmaßnahme setzt die Hälfte der Betriebe auch auf eine stärkere Diversifikation der Lieferanten. Neben den Energie- und Rohstoffpreisen ist die weitere Entwicklung der Inlandsnachfrage der derzeit größte Sorgentreiber im Handel. Auch die Haushalte müssen inzwischen deutlich mehr Geld für Energiekosten ausgeben beziehungsweise zurücklegen. Diese finanziellen Mittel stehen an anderer Stelle nicht mehr zur Verfügung und das Konsumklima bricht folglich ein. 68 Prozent der Händler erwarten daher eine Verschlechterung der Geschäftslage in den nächsten Monaten, hingegen rechnen nur 3 Prozent mit einer Verbesserung. Die Personalpläne trüben sich ein, 3 Prozent planen mit einer steigenden Beschäftigtenzahl, hingegen 16 Prozent mit sinkenden Zahlen.

Dienstleistungen

Die laufenden Geschäfte werden im Dienstleistungssektor etwas schlechter bewertet. 43 Prozent sprechen von einer guten Geschäftslage, 48 Prozent bewerten diese mit befriedigend und 9 Prozent mit schlecht. Die Unternehmen hatten auch weiterhin gut zu tun. 49 Prozent der Dienstleister waren im vergangenen halben Jahr sogar voll ausgelastet, 44 Prozent waren mit der Auslastung zufrieden und nur 7 Prozent unzufrieden. Etwas unter dem Durchschnitt der anderen Branchen, aber ebenfalls an erster Stelle des Rankings der Risikofaktoren, werden von 69 Prozent der Befragten die Energiekosten als Geschäftsrisiko genannt. Beim Ausblick auf die künftige Geschäftslage ist der Anteil der Pessimisten im Dienstleistungssektor derzeit nicht so hoch wie in den anderen Branchen, dennoch brechen auch hier die Geschäftserwartungen deutlich ein. 34 Prozent der Dienstleister erwarten eine Verschlechterung der Geschäftslage, hingegen nur 11 Prozent eine Verbesserung und die Übrigen keine Veränderung. Bei den personenbezogenen Dienstleistungen spiegelt sich darin die Sorge vor einer zunehmenden Konsumzurückhaltung wider, bei den unternehmensnahen Dienstleistern machen sich die Sorgen vor einem Wirtschaftsabschwung bemerkbar. Die Personalpläne bleiben noch weitgehend stabil.

Bau

Das inzwischen langjährige Stimmungshoch des Baugewerbes setzt sich mit Blick auf die laufenden Geschäfte auch in der Herbstumfrage noch fort. 55 Prozent sprechen von einer guten und die Übrigen von einer befriedigenden Geschäftslage. Es mehren sich aber die Anzeichen, dass dieses Stimmungshoch ein Ende finden könnte. In der Folge von gestiegenen Bauzinsen, Lieferengpässen und der Kostenexplosion bei Rohstoffen, ist per Saldo das Volumen der Bauaufträge zurückgegangen, wobei sich die Entwicklung sowohl im Wirtschaftsbau, als auch im Wohnungsbau und im öffentlichen Bau abzeichnet. Die Betriebe waren in den vergangenen Monaten zwar noch sehr gut ausgelastet, beim Ausblick wird aber mit einem Rückgang der Auslastung gerechnet. Die Hälfte der Umfrageteilnehmer rechnet mit einer Verschlechterung der Geschäftslage in den kommenden Monaten, wohingegen die andere Hälfte mit keiner Veränderung rechnet. Eine Verbesserung wird nicht erwartet. Die Investitionsbereitschaft geht spürbar zurück. Die Energie- und Rohstoffpreise sind für 86 Prozent der Befragten ein Geschäftsrisiko und damit ebenfalls der größte Sorgentreiber. Annähernd ebenso hoch und damit deutlich über dem Durchschnitt der anderen Branchen wird aber im Bau auch der Fachkräftemangel als Geschäftsrisiko gesehen. 

Tourismus

Der Extremsommer 2022 hat zu einem kräftigen Erholungskurs im Tourismussektor beigetragen. Erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie überwiegen bei der Beurteilung der aktuellen Geschäftslage wieder die positiven Einschätzungen. Demnach werden die laufenden Geschäfte von 41 Prozent der Umfrageteilnehmer mit gut bewertet, 43 Prozent sind zufrieden und nur noch 16 Prozent unzufrieden. Der Umsatz mit Urlaubsreisenden hat per Saldo am stärksten zugelegt, gefolgt von den Tagestouristen. Die Umsätze mit Geschäftsreisenden sind hingegen etwas zurückgegangen. Die Auslastung hat sich in den vergangenen Monaten ebenfalls kräftig erholt, 36 Prozent waren dabei sogar wieder voll ausgelastet. Die Investitionsbereitschaft hat sich etwas gebessert, wobei hier primär der Investitionsstau der Corona-Jahre angegangen wird. Folglich hat der Ersatzbedarf als wesentliches Investitionsmotiv ein deutlich höheres Gewicht als in vorherigen Umfragen. Gefolgt von Investitionen in Umweltschutzmaßnahmen. Diese haben auch an Bedeutung zugelegt, worin sich auch Gegenmaßnahmen in Hinblick auf die massiv gestiegenen Energiekosten widerspiegeln. Während die Geschäftserwartungen im Frühjahr noch von Zuversicht geprägt waren, kehrt mit Blick auf die Wintermonate hingegen der Pessimismus zurück. 55 Prozent erwarten eine Verschlechterung und nur 4 Prozent eine Verbesserung. Darin spiegelt sich einerseits betriebsintern die Kostenexplosion bei Energie und Waren wider, andererseits erwartet eine Mehrheit auch, dass in der Folge leere Geldbeutel bei den Haushalten auch die Reiseaktivität einbrechen lassen. Die Personalpläne trüben sich etwas ein.