Forschung und Entwicklung
Automobilwirtschaft durch Technologiewandel unter Druck
Die bayerische Autoindustrie steht wegen immer strengerer Emissionsziele in ihren Hauptmärkten und den dadurch ausgelösten Wettlauf um Alternativen zum Verbrennungsmotor vor einem tiefgreifenden strukturellen Wandel. Eine Studie des Münchner ifo Instituts im Auftrag des Bayerischen Industrie- und Handelskammertag (BIHK) ergibt, dass rund 137.000 Arbeitsplätze und damit mehr als jeder dritte Beschäftigte in der Autoindustrie im Freistaat grundsätzlich vom anstehenden Technologiewandel betroffen sind. Je stärker Unternehmen vom konventionellen Antriebsstrang abhängig sind, umso größer sei die Gefährdung. Allein bei den Zulieferern stünden in Bayern demnach bis zu 55.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel.
Die Prognosen sind laut ifo Institut allerdings mit hoher Unsicherheit verbunden, da sich der tatsächliche Erfolg von Elektroautos am Markt noch nicht absehen lasse. Alternative Antriebsformen sind für die Autohersteller aber unerlässlich, um beispielsweise die künftigen Emissionsgrenzwerte in der EU oder in China einzuhalten. Die zulässigen EU Emissionen für die Neuwagenflotten der Hersteller werden schrittweise bis 2030 mehr als halbiert. Die Vorgaben bedeuten, dass Neuwagen ab 2030 im Durchschnitt nicht mehr als 59 Gramm Kohlendioxid je 100 Kilometer Fahrleistung ausstoßen dürfen. Dies entspricht einem Verbrauch von 2,6 Liter Benzin oder 2,2 Liter Diesel auf 100 Kilometer.
Nach Expertenmeinung sind diese Ziele ausschließlich mit konventionellen Motoren wohl unerreichbar. Hersteller dürfen zwar weiter Verbrennungsmotoren mit höheren als den geforderten Durchschnittswerten anbieten, müssen aber gleichzeitig einen entsprechenden Anteil von Fahrzeugen mit niedrigen oder ohne Emissionen verkaufen. Rein batteriebetriebene Fahrzeuge gehen mit null CO2-Emissionen in die Flottenbilanz ein.
Außerdem kommt die bayerische Autobranche laut Studie durch die anstehende Revolution im autonomen und vernetzten Fahren unter Druck, die derzeit vornehmlich durch US-amerikanische Anbieter getrieben werde. Es entstehe zwar ein beträchtliches Marktpotenzial, etwa für Künstliche-Intelligenz-Systeme, Dienstleistungen und Hardware wie Sensoren. Andererseits drohe die Gefahr, dass die derzeitigen, mitunter bislang branchenfremden Technologieführer aufgrund von Skalen- und Netzwerkeffekten eine dominante Marktstellung erreichen.