Konjunkturbarometer Rheinland, Jahresbeginn 2024
Schwacher Start der Konjunktur im Rheinland ins neue Jahr - Trendwende lässt auf sich warten
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"Die Wirtschaft in der Region der IHK-Initiative Rheinland ist schwach ins Jahr 2024 gestartet. Sie tritt weiter auf der Stelle", fasst Michael F. Bayer, Hauptgeschäftsführer der IHK Aachen die Umfrageergebnisse zusammen. Etwa jeweils ein Viertel aller Betriebe beurteilt die aktuelle Geschäftslage als gut beziehungsweise als schlecht, die Hälfte als befriedigend. Immerhin haben sich damit Befürchtungen einer seit letztem Herbst verschlechterten Wirtschaftslage bislang nicht bewahrheitet, die angesichts der Vielzahl an wirtschaftlichen Risiken und eines sinkenden Vertrauens in die politische Gestaltungsfähigkeit geäußert worden waren.
"Da sich die ohnehin bereits pessimistischen Geschäftserwartungen nochmals verdüstert haben, dürfte eine Trendwende auch im gerade begonnenen Jahr weiter auf sich warten lassen", sorgt sich Bayer, zumal der Pessimismus fast alle Branchen erfasst hat. Was die Geschäftslage zu Jahresbeginn 2024 betrifft, wechseln sich allerdings Licht und Schatten deutlich ab: Sowohl in der Industrie als auch unter den Dienstleistern gibt es gleichzeitig Branchen mit überwiegend guter als auch solche in kritischer Lage. Nur von den Handelssparten beurteilt keine ihre derzeitige Geschäftslage als mehrheitlich gut, wohl aber der Einzelhandel und Teile des Großhandels als schlecht.
Strukturprobleme belasten Wirtschaftsperspektiven
"Diese kritische Situation ist nicht nur auf eine zeitweilige konjunkturelle Nachfrageschwäche zurückzuführen, sondern ist auch durch tiefergreifende Strukturprobleme hervorgerufen", beschreibt der IHK-Hauptgeschäftsführer die aktuelle Lage. Kurzfristig belastet die Unternehmen eine erheblich stockende Nachfrage – und zwar sowohl im Inland als aus dem Ausland. Fast jeder zweite Industriebetrieb hat weniger neue Aufträge als zuvor verbucht, nur etwa jeder sechste Betrieb immerhin gestiegene Aufträge. Dis Auslastung der Kapazitäten in der Industrie (ohne Bauwirtschaft) liegt erneut bei knapp 73 Prozent, liegt aber fast 4 Punkte unter dem langjährigen Durchschnitt. Zudem geht für mehr als jeden zweiten Industriebetrieb von der Inlandsnachfrage ein besonderes Geschäftsrisiko aus. Und gut jeder Dritte sorgt sich auch um die Auslandsnachfrage. Das weltwirtschaftliche Wachstum ist derzeit zu moderat für kräftige Impulse, weil die Betriebe auch ohne weitere Belastungen bereits traditionell nur unterproportional davon profitieren.
"Auch von den mehr oder ausschließlich auf die privaten Verbraucher ausgerichteten Branchen ist aktuell kaum ein Beitrag zu erwarten", so Bayer weiter. Das Konsumklima ist trotz rückläufiger Inflation, einem noch stabilen Arbeitsmarkt und steigenden Einkommen weiter gedrückt. Das belastet den Einzelhandel erheblich. Im Gastgewerbe ist die zuvor positive Aufwärtsstimmung wieder verflogen, zumal Restaurants unter der Rückkehr zu den normalen Mehrwertsteuersätzen leiden.
Zu dieser Nachfrageschwäche treten strukturelle Faktoren hinzu, die die Wirtschaftsentwicklung im Rheinland bremsen. Geschäftsrisiko Nummer 1 bleiben die Energie- und Rohstoffpreise. Sie rangieren zwar in etwa wieder auf oder sogar unter Vorkrisenniveau, sind damit im internationalen Vergleich aber immer noch hoch. Und sie dürften kaum weiter sinken. Zudem bestehen ernste Versorgungsrisiken, sei es auf den Transportwegen durch mögliche internationale Angebotsverknappungen oder durch den steigenden Hunger auf nachhaltige Energie bei fortschreitender Dekarbonisierung von Energiewirtschaft und Energienutzern.
Wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen immer mehr ein Problemfall
Eine mindestens genauso große Belastung geht mittlerweile von der Politik selbst aus. "56 Prozent aller Betriebe empfinden die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als besonderes Risiko für ihre Geschäfte. Das ist ein neues Rekordhoch im Rheinland in den letzten gut zehn Jahren", stellt Bayer fest. Die bundesdeutsche Politik habe in den vergangenen Monaten viel Vertrauen in der Wirtschaft verspielt. Im Gegenteil, Sorgen vor künftig steigenden Abgaben- und Steuerbelastungen haben zugenommen. "Darum ist es umso wichtiger, das gegenseitige Vertrauen wieder zu stärken", sagt Bayer.
Energieintensive Industrien fallen weiter zurück
Besonders getroffen von der Unsicherheit an den Energiemärkten und von internationalen Kostennachteilen sind die energieintensiven Industriebranchen. Sie schätzen ihre jeweilige Geschäftslage und weiteren Perspektiven negativ ein – jeweils deutlicher als die übrigen Industriebranchen.
Sorgen bereitet zudem, dass mittlerweile die Investitionspläne in den energieintensiven Industriebranchen noch restriktiver als in den übrigen Industrien sind. "Dabei wären eigentlich mehr und nicht weniger Investitionen notwendig – jedenfalls dann, wenn die Produktion an den bisherigen Standort erhalten und zukunftssicher umgestellt werden soll", erklärt Bayer. Die aktuell restriktiven Investitionsbudgets müssen zwar noch keine Standortaufgaben ankündigen. Sie sind aber deutliche Warnzeichen und Beleg für die große und verbreitete Verunsicherung. In die gleiche Richtung weisen die geplanten Auslandsinvestitionen beider Industriegruppen. In den energieintensiven Industriezweigen beabsichtigen bereits 47 Prozent der Betriebe diese, in den übrigen Industriebranchen sind es nur 33 Prozent. Dabei haben die energieintensiven Betriebe mit einem Saldo von 4 Punkten ein leicht expansives Budget, während die übrigen Industriebetriebe ihre Auslandsinvestitionen tendenziell zurückfahren wollen (Saldo: minus 8 Punkte).
Die IHK-Initiative Rheinland hat ihr Konjunkturbarometer zum Jahresbeginn 2024 vorgestellt. Die Aussagen basieren auf gut 2.300 Unternehmens-Antworten zu den aktuellen Umfragen aller sechs beteiligten rheinischen IHKs. Der IHK-Initiative Rheinland gehören folgende Industrie- und Handelskammern an: Aachen, Bonn/Rhein-Sieg, Düsseldorf, Mittlerer Niederrhein (seit Herbst 2011). die Bergische IHK Wuppertal-Solingen-Remscheid (seit Herbst 2011) sowie die Niederrheinische Industrie- und Handelskammer Duisburg-Wesel-Kleve zu Duisburg (seit 2016). Die IHK Köln war seit Gründung bis Ende 2023 Mitglied.