Wettbewerbsnachteile durch hohe Gewerbesteuern: NRW an der Spitze
In keinem anderen Bundesland zahlen Unternehmen im Schnitt so hohe Gewerbesteuern wie in Nordrhein-Westfalen. Mit einem durchschnittlich gewogenen Gewerbesteuerhebesatz von 472 Prozent liegt NRW deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 437 Prozent im Jahr 2024. Das geht aus einer Erhebung der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) hervor. "Die Entwicklung ist ein Alarmsignal für den Wirtschaftsstandort NRW", betont Michael F. Bayer, Hauptgeschäftsführer der IHK Aachen. "Wenn wir Unternehmen halten und neue ansiedeln wollen, müssen die steuerlichen Rahmenbedingungen wettbewerbsfähig sein."
Michael F. Bayer, Hauptgeschäftsführer der IHK Aachen
Die Finanzlage vieler NRW-Kommunen ist kritisch und absehbar den zukünftigen Aufgaben nicht mehr gewachsen. Immer mehr Kommunen sind schon heute überfordert und greifen zum letzten Mittel – der Erhöhung der Hebesätze. Damit verschlechtern sie ihre Wettbewerbsposition und schwächen langfristig ihre Einnahmeseite weiter. "Statt Unternehmen durch hohe Steuersätze zu belasten, sollten Kommunen zukunftsorientierte Wege gehen", sagt Bayer. "Es braucht dringend nachhaltige Finanzierungsmodelle, die Wirtschafts- und Innovationskraft nicht ausbremsen, sondern fördern."
Zum Vergleich: Ein Gewerbesteuer-Hebesatz von 400 Prozent (wie durchschnittlich gewogen in Baden-Württemberg) entspricht einem Effektivsteuersatz von 14,0 Prozent auf den Gewerbeertrag. Ein Gewerbesteuer-Hebesatz von 500 Prozent entspricht einem Effektivsteuersatz von 17,5 Prozent auf den Gewerbeertrag. Eine Vielzahl der Städte und Gemeinden in NRW liegt mit ihren festgelegten Hebesätzen nahe an der 500 Prozent-Marke. Da die Gewerbesteuer rund die Hälfte der Gesamtsteuerbelastung ausmacht, liegt die Steuerbelastung für viele Unternehmen in NRW damit deutlich über 30 Prozent.
Insgesamt hatten im Jahr 2025 273 Städte und Gemeinden in NRW einen höheren Gewerbesteuerhebesatz als der Bundesdurchschnitt (437) von 2024. Zu den Spitzenreitern bei den Hebesätzen gehört die Gemeinde Inden (700) im Kreis Düren.
Damit die Gewerbesteuer langfristig wirtschaftsverträglich bleibt, fordert IHK NRW als Landesarbeitsgemeinschaft der nordrhein-westfälischen IHKs, die steuerliche Belastung im Rahmen zu halten, substanzbesteuernde Elemente abzuschaffen und das Steueraufkommen gezielt zur Verbesserung wirtschaftsrelevanter Standortfaktoren einzusetzen. Landes- und bundesseitige finanzielle Entlastungen der Kommunen sind notwendig, um in den meisten Städten und Gemeinden erst wieder wirtschafts- und standortfördernde Hebesätze bei der Gewerbesteuer zu ermöglichen.
Dafür sind aus Sicht von IHK NRW, die auch die Position der IHK Aachen widerspiegelt, folgende Schritte notwendig: Die beschlossene Teilentlastung der Kommunen von ihren Altschulden auf Landesebene muss zügig in gleicher Höhe durch den Bund noch in diesem Jahr auf den Weg gebracht werden. Die Entlastungen dürfen hierbei nicht zulasten pauschalierter Zuweisungen an die Kommunen erfolgen. Zusätzlich sollte für mehr kommunale Handlungsfähigkeit eine Reduktion aller spezifischer Förderprogramme für Kommunen zugunsten einer Erhöhung der Verbundquote und der Investitionskostenpauschale erfolgen. Im Gegenzug gilt es, die Städte und Gemeinden dazu zu verpflichten, die langfristige Tragfähigkeit ihrer Haushalte durch eine investitionsfreundliche kommunale Schuldenbremse abzusichern.
Eine Anhebung des Mindesthebesatzes für die Gewerbesteuer, wie im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung vorgesehen, lehnt IHK NRW ab, da er gut wirtschaftende Kommunen bestraft.
Bei der weiteren Ausgestaltung des Zukunftspakt für die Kommunen sollten Bund und Länder vereinbaren, mittelfristig die Gewerbesteuer durch eine gewinnabhängige Kommunalsteuer zu ersetzen. Die Bemessungsgrundlage sollte der Einkommens- beziehungsweise der Körperschaftssteuer entsprechen. Eine gerechtere Ertragssteuerstruktur ohne starke Belastungssprünge und die Abschaffung des Solidaritätszuschlags sollte folgen, um Investitionen zu fördern.
IHK-Presseinformation vom 14. August 2025