Rechtsinformation

Vertrieb im Marktverkehr

Einführung: Arten der Ausübung eines Gewerbes

Ein Gewerbe kann
  • stationär, also in der Regel von einer gewerblichen Niederlassung aus,
  • im Reisegewerbe oder
  • im Marktverkehr
ausgeübt werden. Ob und wann eine gewerbliche Tätigkeit insgesamt oder nur im Einzelfall einem dieser Bereiche zuzuordnen ist, hängt davon ab, in welcher Form der Gewerbetreibende Geschäftskontakt mit seinen Kunden aufnimmt oder aufnehmen will.
Für den Gewerbetreibenden selbst ist es allein deshalb wichtig zu wissen, in welchem Bereich er sich bewegt, weil dann unterschiedliche und im Einzelfall gegebenenfalls auch zusätzliche Vorschriften zu beachten sind. Denn die Gewerbeordnung (GewO) regelt die einzelnen Bereiche in verschiedenen Titeln (Titel II = stationäres Gewerbe; Titel III = Reisegewerbe; Titel IV = Marktverkehr), die auch kumulativ zur Anwendung kommen können.
Auch stationäre Gewerbetreibende haben daher zusätzlich immer die Vorschriften über das Reisegewerbe oder den Marktverkehr zu beachten, wenn sie (im Einzelfall) in diesen Vertriebsformen tätig werden wollen. Und wer als Selbständiger ausschließlich im Reisegewerbe oder im Marktverkehr Waren oder Leistungen vertreibt oder ankauft, unterliegt zusätzlich den Erlaubnispflichten, die auch der stationäre Handel zu beachten hat.

Marktverkehr

Den Vertrieb über Messen, Ausstellungen, Großmärkte, Wochenmärkte, sowie Jahr- und Spezialmärkte fasst man unter dem Begriff Marktverkehr zusammen. Der Gesetzgeber hat die einzelnen Veranstaltungstypen in Titel IV der Gewerbeordnung sowohl begrifflich definiert, als auch weitgehend festgelegt, welche Tätigkeiten dort jeweils in welcher Form ausgeübt werden dürfen.

Volksfeste

Das gilt auch für behördlich festgesetzte Volksfeste, die zwar nicht direkt unter Titel IV der Gewerbeordnung fallen, aber den dort geregelten Veranstaltungen teilweise gleichgestellt sind.

Marktbeschicker

In der Regel wird der Vertrieb im Marktverkehr nur in Ergänzung des stationären Gewerbes und/oder des Reisegewerbes ausgeübt. Marktbeschicker, das heißt Anbieter / Aussteller bei derartigen Veranstaltungen können aber auch andere Berufsgruppen sein, zum Beispiel Landwirte, Freiberufler oder sogar Privatpersonen, die einmalig oder nur ganz selten Waren aus ihrem Privatbesitz anbieten. Die Marktbeschicker müssen die Teilnahme an der Veranstaltung bei dem Veranstalter beantragen, der für die Organisation und Durchführung, einschließlich der Festsetzungsvoraussetzungen, verantwortlich ist.

Veranstalter

Veranstalter einer Messe, einer Ausstellung, eines Marktes oder auch eines Volksfestes kann jede natürliche oder juristische Person sein, auch eine Kommune, Stadt oder Gemeinde.
Messen und Ausstellungen sowie Jahr- und Spezialmärkte werden meist von privaten Veranstaltern organisiert und durchgeführt; Wochenmärkte und Volksfeste in der Regel von der jeweiligen Stadt bzw. Gemeinde.

Gewerbeanzeige

Private Veranstalter, die gewerbsmäßig Veranstaltungen nach Titel IV Gewerbeordnung organisieren und durchführen, üben insoweit ein stationäres Gewerbe aus. Die Tätigkeit ist dann nach § 14 Gewerbeordnung bei der für den Betriebssitz des Veranstalters zuständigen Behörde anzuzeigen (Stadt-, Verbandsgemeinde oder in Rheinland-Pfalz auch bei der zuständigen IHK).

Genehmigung und Festsetzung jeder einzelnen Veranstaltung

Unabhängig davon muss der Veranstalter die erforderliche Genehmigung und Festsetzung jeder einzelnen Veranstaltung bei der für den Veranstaltungsort zuständigen Behörde beantragen. In Rheinland-Pfalz sind dies ab 1. Januar 2011 die Gemeindeverwaltungen der verbandsfreien Gemeinden, die Verbandsgemeindeverwaltungen sowie in kreisfreien und großen kreisangehörigen Städten die Stadtverwaltungen.
Abgesehen von der erforderlichen Sondernutzungsgenehmigung für den Veranstaltungsplatz bzw. dem Einverständnis der Grundstückseigentümer bei privatem Gelände, sind folgende Genehmigungs- und Festsetzungsvoraussetzungen zu beachten:
  • die für den jeweils beantragten Veranstaltungstyp aufgestellten Voraussetzungen müssen erfüllt sein (zum Beispiel die je nach Veranstaltungstyp erforderliche Vielzahl gewerblicher Aussteller),
  • der Veranstalter oder die mit der Leitung der Veranstaltung beauftragten Personen müssen zuverlässig sein,
  • die Durchführung der Veranstaltung darf nicht dem öffentlichen Interesse widersprechen und
  • Jahr- und Spezialmärkte dürfen nicht (auch nicht teilweise) in Ladengeschäften durchgeführt werden.
Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, hat die zuständige Behörde die Veranstaltung entsprechend dem Antrag des Veranstalters nach Gegenstand, Zeit, Öffnungszeiten und Platz festzusetzen.

Bedeutung und Festsetzung

Diese Festsetzung – die der Veranstalter in Form eines gebührenpflichtigen Genehmigungs- und Festsetzungsbescheides erhält – ist Voraussetzung dafür, dass die Marktbeschicker im Rahmen der Veranstaltung die so genannten Marktprivilegien für sich in Anspruch nehmen können.
Denn nur durch die Festsetzung finden bestimmte Vorschriften, die für das stationäre Gewerbe oder auch das Reisegewerbe gelten, keine Anwendung, zum Beispiel
  • das Ladenöffnungs- und das Sonn- und Feiertagsgesetz (*) in Rheinland-Pfalz (ausgenommen bei Wochenmärkten und bei Großmärkten in den Zeiten, in denen Letztverbraucher zum Kauf zugelassen werden);
  • die Reisegewerbekartenpflicht (ausgenommen für Schausteller);
  • die Höchstarbeitszeit und die Nachtarbeit für Frauen;
  • das Verbot, Jugendliche an Samstagen zu beschäftigen;
  • das Verbot der Beschäftigung von Arbeitnehmern im Handelsgewerbe an Sonn- und Feiertagen.
(*) Die Festsetzungsbehörden haben aber in jedem Einzelfall zu prüfen, ob das grundsätzlich zu beachtende Arbeitsverbot an Sonn- und Feiertagen einer Festsetzung entgegensteht.

Privatmärkte

Diese Marktprivilegien und damit die Befreiung von den genannten Vorschriften können die Teilnehmer (Anbieter/Aussteller) von so genannten Privatmärkten nicht in Anspruch nehmen. Privatmärkte sind marktähnliche Veranstaltungen, für die entweder eine Festsetzung nach Titel IV Gewerbeordnung nicht beantragt wurde, oder die aufgrund fehlender Voraussetzungen nicht festgesetzt werden konnten. Damit unterliegen derartige Veranstaltungen den Vorschriften des Reisegewerbes. Auch finden auf diese “marktähnlichen Veranstaltungen” in allen Bundesländern die Ladenöffnungs- und die Sonn- und Feiertagsgesetze Anwendung.
Wer sich als Aussteller an einer Marktveranstaltung beteiligen will, sollte sich deshalb bei dem Veranstalter vergewissern, ob die Veranstaltung nach Titel IV Gewerbeordnung behördlich festgesetzt ist, denn nur dann kommen die “Marktprivilegien” zum Tragen.
Stand: April 2023
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