Rechtsinformation

Schiedsverfahren als Alternative zur staatlichen Gerichtsbarkeit

Durch eine Schiedsvereinbarung (Schiedsvertrag oder Schiedsklausel) schließen Parteien für Rechtsstreitigkeiten die staatliche Gerichtsbarkeit aus und einigen sich auf eine verbindliche und abschließende Entscheidung durch das (private) Schiedsgericht.

Vereinbarung

Die Schiedsvereinbarung muss nach deutschem Recht erfolgen und kann bereits bei Vertragsabschluss, nachträglich zu einem bestimmten Vertrag oder auch erst für einen bereits entstandenen Konflikt geschlossen werden. Das Schiedsverfahren richtet sich nach den §§ 1025 – 1066 Zivilprozessordnung (ZPO), soweit die Parteien keine anderen Regelungen( zum Beispiel durch Wahl einer sogenannten Schiedsordnung) treffen oder es sich nicht um einen Schiedsvertrag in Arbeitsstreitigkeiten handelt (vergleiche Paragraf 101 ff. ArbGG). Verfahrensgarantien sind allerdings das Recht auf rechtliches Gehör und die Gleichbehandlung der Parteien (Paragraf 1042 Zivilprozessordnung). Nimmt man Bezug auf eine Verfahrensordnung einer Institution für Schiedsgerichtsbarkeit, so gilt diese als vereinbart.
Die Schiedsvereinbarung gilt jedoch als formal freier und individuell gestaltbarer als die Zuständigkeitsregelungen der ordentlichen Gerichte gemäß der Zivilprozessordnung.
In einer Schiedsvereinbarung kann dann auf die Regelung von Einzelheiten des Schiedsverfahrens verzichtet werden. Unternehmer können eine Schiedsvereinbarung auch als Allgemeine Geschäftsbedingung in ihren Vertrag aufnehmen.

Vorzüge, Eigenschaften und Folge einer Schiedsvereinbarung

Die Parteien können sich die Schiedsrichter selbst aussuchen. Hier besteht die Möglichkeit, Schiedsrichter zu wählen, welche eine besondere Sachkenntnis, Fach- und/oder Sprachkenntnisse, sowie sonstige relevante Erfahrungen für den Konflikt, besitzen. Dies können beispielsweise Rechtsanwälte, Sachverständige oder Wirtschaftsfachleute sein.  Ein weiterer Vorzug der Schiedsgerichtsbarkeit ist die Möglichkeit einer individuellen Gestaltung des Verfahrensablaufs, welche sich nicht an den engen Vorgaben der staatlichen Gerichte orientieren müssen. So können die Parteien beispielsweise auch die Verfahrenssprache(n) und den Verhandlungsort des Verfahrens festlegen. 
Die Verhandlungen finden in der Regel unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und sind vertraulich. Dies führt bei den Parteien häufig zu einer höheren Vergleichsbereitschaft und deutlich kooperativeren Zusammenarbeit als in einem staatlichen Gerichtsverfahren, welches unter den Augen der Öffentlichkeit abgehalten wird.
Der Instanzenzug der Schiedsgerichtsbarkeit ist nach nur einer Instanz beendet. Dieser Umstand bringt erhebliche Kostenvorteile mit sich und führt häufig zu einem schnelleren Abschluss des Verfahrens bzw. Konflikts, da keine weitere Rechtsverfolgung mehr möglich ist.
Mit Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens setzt wie bei der Erhebung einer Klage die Hemmung der Verjährung der Ansprüche ein (§ 204 Abs. 1 Nr. 11 Bürgerliches Gesetzbuch). Die Hemmung beendet nicht die Verjährungsfrist, sondern bringt ihren Lauf lediglich zeitweise zum Stillstand oder verzögert ihren Beginn.
Gemäß § 1055 ZPO hat der Schiedsspruch unter den Parteien die Wirkungen eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils. Die Zwangsvollstreckung inländischer Schiedssprüche findet statt, wenn der Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt wird (§ 1060 Abs. 1 ZPO). 

International

Da das Schiedsgericht nicht in ein bestimmtes nationales Recht eingebunden ist, gilt eine Schiedsvereinbarung als neutrale Alternative, die dennoch eher konsensfähig ist als die der staatlichen Gerichte des einen oder des anderen Staates. Schiedssprüche werden international in einem deutlich weiteren Umfang anerkannt als die Urteile staatlicher Gerichte (beispielsweise die Anerkennung von ausländischen Schiedssprüchen auch in China und Russland – im Gegensatz zu Urteilen staatlicher Gerichte).
Der sogenannte "Schiedsspruch mit vereinbarten Wortlaut" eröffnet die Möglichkeit, auch Vergleiche international durchzusetzen, wohingegen vor staatlichen Gerichten abgeschlossene Vergleiche außerhalb Europas praktisch gar nicht anerkannt werden. Die Vollstreckbarkeit von den in Handelssachen ergangenen Schiedsurteilen ist in mehr als 100 Staaten völkervertraglich gesichert.

Sachverhalte auf regionaler Ebene

Wenn Vertragsparteien in einer Region sitzen, ist die Verwendung einer Schiedsklausel einer örtlichen Industrie- und Handelskammer sinnvoll.

Formulierungsvorschlag:

"Alle Streitigkeiten, die sich im Zusammenhang mit dem Vertrag ... (Bezeichnung des Vertrages) oder über seine Gültigkeit ergeben, werden nach der Schiedsgerichtsordnung der IHK ... (Name der IHK angeben) unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges endgültig entschieden."
Im Hinblick auf die Form ist gemäß Paragraf 1031 Zivilprozessordnung zu beachten: Bei Beteiligung eines Verbrauchers muss die Schiedsklausel in einer separaten Vereinbarung unterzeichnet werden, die keine weiteren Regelungen enthalten darf, mit Ausnahme von notariellen Urkunden.

Sachverhalte auf bundesweiter Ebene

Auch hier bietet sich die Klausel der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS) e. V., Bonn an:  

Formulierungsvorschlag:

"Alle Streitigkeiten, die sich im Zusammenhang mit dem Vertrag ... (Bezeichnung des Vertrages) oder über seien Gültigkeit ergeben, werden nach der Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V. (DIS) unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges endgültig entschieden.
Der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens ist ...
Die Anzahl der Schiedsrichter beträgt ...
Das anwendbare materielle Recht ist ...
Die Sprache des schiedsrichterlichen Verfahrens ist ..."
"All disputes arising in connection with the contract ... (description of the contract) or its validity shall be finally settled in accordance with the Arbitration Rules of the German Institution of Arbitration (DIS) without recourse to the ordinary courts of law.
The place of arbitration is ...
The number of arbitrators is ...
The language of the arbitral proceedings is ...
The applicable substantive law is ..."

Sachverhalte auf internationaler Ebene

Hier empfiehlt sich die Internationale Handelskammer (ICC) in Paris, deren Einsatz sich jedoch erst bei eher größeren Streitwerten als sinnvoll erweist.

Formulierungsvorschlag: ICC Standardklausel

"All disputes arising out of or in connection with the present contract shall be finally settled under the Rules of Arbitration of the International Chamber of Commerce by one or more arbitrators appointed in accordance with the said Rules."

Präferenz einer Entscheidung in einem neutralen Land

Dafür kommt die Züricher Handelskammer in Betracht:

Formulierungsvorschlag:

“Alle Streitigkeiten, Meinungsverschiedenheiten oder Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag, einschließlich dessen Gültigkeit, Ungültigkeit, Verletzung oder Auflösung, sind durch ein Schiedsverfahren gemäß der Internationalen Schweizerischen Schiedsordnung der Swiss Schambers‘ Arbitration Institution zu entscheiden. Es gilt die zur Zeit der Zustellung der Einleitungsanzeige in Kraft stehende Fassung der Schiedsordnung.
Das Schiedsgericht soll aus … [“einem“, “drei“, “einem oder drei“] Mitglieder(n) bestehen.
Der Sitz des Schiedsverfahrens ist … [Ort in der Schweiz, es sei denn, die Parteien einigen sich auf einen Sitz in einem anderen Land].
Die Sprache des Schiedsverfahrens ist… [gewünschte Sprache einfügen].”
"Any dispute, controversy or claim arising out of, or in relation to, this contract, including the validity, invalidity, breach, or termination thereof, shall be resolved by arbitration in accordance with the Swiss Rules of International Arbitration of the Swiss Chambers' Arbitration Institution in force on the date on which the Notice of Arbitration is submitted in accordance with these Rules.
The number of arbitrators shall be ... ["one"," three", "one or three"];
The seat of the arbitration shall be ... [name of city in Switzerland, unless the parties agree on a city in another country];
The arbitral proceedings shall be conducted in ... [insert desired language]."

Bei der Beteiligung osteuropäischer Länder

Hierbei ist gegebenenfalls noch die Vereinbarung des Schiedsgerichts der Wirtschaftskammer Wien oder Handelskammer Stockholm sinnvoll.
"Any dispute, controversy or claim arising out of or in connection with this contract, or the breach, termination or invalidity thereof, shall be finally settled by arbitration in accordance with the Rules of the Arbitration Institute of the Stockholm Chamber of Commerce."

Muster einer Schiedsvereinbarung (institutionelles Schiedsgericht)

"1. All disputes arising out of or in connection with _____ present contract shall be finally settled under the Rules of Arbitration of the _____ Court of Arbitration.
2. The Arbitral Tribunal shall consist of the Arbitrators. The chairman must be a lawyer admitted to the bar of _____ having command of the Language of Arbitration.
3. Place of Arbitration is _____.
4. Language of Arbitration is _____.
5. The Arbitral Tribunal shall apply _____ substantive law. Regarding the procedure, specially with respect to take evidence, the Arbitral Tribunal shall apply _____ law.
6. A dissenting opinion shall not be permissible.
_____, the _____ (signature)"

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Stand: August 2024
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