Belgien

Wirtschaft und Außenhandel

Wirtschaft und Außenhandel

Belgiens Bruttoinlandsprodukt soll 2021 um real 6 Prozent, 2022 um 2,6 Prozent wachsen. Damit erreicht die Wirtschaftskraft nach dem Einbruch 2020 ein neues Rekordniveau.

Wirtschaftsentwicklung: Gute Konjunktur scheint breit abgefedert

Die reale Inlandsnachfrage steigt 2021 um 5,8 Prozent und 2022 um 3,2 Prozent, nachdem es 2020 einen pandemiebedingten Einbruch von 5,7 Prozent gegeben hatte. Dies erwartet die Europäische Kommission. Damit bieten sich auch deutschen Anbietern gute Geschäftschancen, denn der Import von Waren und Dienstleistungen soll preisbereinigt um 9,5 Prozent (2021) und 4,5 Prozent (2022) anziehen. Das Jahr 2020 hatte einen Rückgang um 5,9 Prozent gebracht. Der Export von Waren und Dienstleistungen nimmt 2021 ebenfalls um 9,9 Prozent und 2022 um 3,7 Prozent zu. Der anhaltende Aufschwung setzt aber voraus, dass es nicht erneut zu gravierenden Einschränkungen des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens wegen der Coronapandemie kommt.
Auch die Ausfuhr war 2020 um 5,5 Prozent gesunken. Der Außenhandel hat große Bedeutung, denn das Land ist dank seiner günstigen geographischen Lage und guten Verkehrswege eine Logistikdrehscheibe in Nordwesteuropa und eine äußerst offene Volkswirtschaft. Im Jahr 2020 hatten der Warenimport 76,2 Prozent und der Güterexport sogar 80,9 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) entsprochen. Dabei gibt es allerdings auch viele Transitwaren beziehungsweise Reexporte. So schlägt allein Europas zweitgrößter Hafen Antwerpen mehr um als Hamburg und Bremen zusammen. Etwa 30 Prozent des Antwerpener Güterdurchlaufs geschieht dabei für Kunden in Deutschland.
Insgesamt erwirtschaftet Belgien jedes Jahr hohe strukturelle Außenhandelsüberschüsse. Selbst im Krisenjahr 2020 hat dieser 4,7 Prozent des BIP ausgemacht. Wegen Defiziten beim Dienstleistungshandel und bei den laufenden Übertragungen weist die Leistungsbilanz insgesamt aber ein geringeres Plus aus.
Problematisch sind in Belgien aber die großen regionalen Unterschiede bei der Wirtschaftskraft. Im Jahr 2019 lag das BIP pro Kopf in der Hauptstadtregion Brüssel um 72 Prozent über dem landesweiten Durchschnitt. Zudem war das Niveau im niederländisch sprachigen Flandern um 40 Prozent höher als im frankophonen Wallonien.

Investitionen: Bau- und Industrieaufschwung sorgen für Aufträge

Preisbereinigt weiten sich die Beschaffungen von Ausrüstungen in Belgien in der Erwartung der Europäischen Kommission 2021 um 10,3 Prozent und 2022 um 2,1 Prozent aus. Dies kompensiert den pandemiebedingten Einbruch in 2020 (-5,4 Prozent) bei Weitem. Hinter den Bestellungen steht die gute Industriekonjunktur. Die Kapazitätsauslastung im verarbeitenden Gewerbe war im Oktober 2021 mit 79 Prozent höher als vor dem Pandemieausbruch Anfang 2020. Auch die Auftragserwartungen der Industrie lagen im Oktober 2021 deutlich über dem langjährigen Mittel. Es gibt auch Großprojekte in der Chemie- und Stahlindustrie.
Die realen Bauinvestitionen waren 2020 um 6,4 Prozent eingebrochen, steigen aber 2021 (+10,5 Prozent) und 2022 (+1,8 Prozent) laut Europäischer Kommission ebenfalls wieder. Besondere Auftragschancen auch für deutsche Anbieter eröffnen Investitionen in die Verkehrswege, die Energienetze oder in Klinikbauten.

Konsum: Kräftige Erholung der Nachfrage

Im Jahr 2020 waren die Konsumausgaben der Haushalte wegen pandemiebedingten Schließungen von Geschäften und Einkommenseinbußen aufgrund von Kurzarbeit preisbereinigt um 8,2 Prozent eingebrochen. Für 2021 und 2022 erwartet die Europäische Kommission jedoch wieder Zuwächse von 5,1 beziehungsweise 5,3 Prozent. Die Reallöhne, die 2020 um 2,1 Prozent gesunken sind, sollen wieder um 1,5 Prozent (2021) und 2,8 Prozent (2022) steigen. In Belgien sind die Lohnentwicklungen gesetzlich an die Inflation gekoppelt. Auch die 2020 stagnierende Beschäftigung soll 2021 um 0,9 Prozent und 2022 um 0,4 Prozent zunehmen.
In der Krise kaufen die Haushalte weniger auf Kredit. Im Oktober 2021 existierten 7,2 Millionen Konsumdarlehen, das waren 3,3 Prozent weniger als vor Jahresfrist. Davon waren 398.000 Verträge in Zahlungsverzug, was sogar einem Minus von 8,3 Prozent entspricht.

Außenhandel: 2021 hat starkes Wachstum eingesetzt

Im 1. Halbjahr 2021 war der Warenimport wieder um 17 Prozent und der Güterexport sogar um 18,6 Prozent höher als im selben Vorjahreszeitraum. Im Jahr 2020 war der belgische Außenhandel wegen der Coronakrise um 8,3 Prozent gesunken. Auch Ende 2021 funktionierten einige Lieferketten aber immer noch nicht reibungslos. Sollte es im Winter in vielen Ländern zu nachhaltig gestiegenen Coronainfektionen kommen, so könnte sich dieses Problem verschärfen.
Deutschland ist traditionell Belgiens wichtigster Handelspartner, auf den 2020 etwa 13,8 Prozent aller Ein- und 17,5 Prozent aller Ausfuhren entfielen. Führendes Lieferland sind jedoch die Niederlande, die 2020 circa 16,7 Prozent aller Importe stellten. Besonders bedeutend sind ferner Frankreich (9,8 Prozent) und die USA (7 Prozent). Als Absatzmarkt lag Deutschland 2020 allerdings an erster Stelle, gefolgt von Frankreich (13,8 Prozent), den Niederlanden (11,6 Prozent) und dem Vereinigten Königreich (7,6 Prozent).
Quelle: GTAI 2022