„Deutsche“ Limited – was nun?
Ob und wie und wann das Vereinigte Königreich aus der EU aussteigt, bleibt weiterhin rätselhaft. Aber was passiert beim Austritt mit den „deutschen“ Ltds?
- Was ist eine „deutsche“ Limited?
- Was passiert mit der Limited bei einem harten Brexit?
- Volle persönliche Haftung
- Handlungsoption - Neugründung in deutscher Rechtsform
- Welche Handlungsoptionen bestehen sonst noch?
- Umwandlung in eine Societas Europaea (SE) und spätere Sitzverlegung
- Weitere Diskussionspunkte
Was ist eine „deutsche“ Limited?
Unter deutscher Limited versteht man, eine englische Limited, die ausschließlich über ihre Zweigniederlassung bzw. ihren Verwaltungssitz in Deutschland tätig ist. Eine andere Bezeichnung ist auch Non-Residents-Limited, weil diese englische Limited in England nur auf dem Papier besteht, tatsächlich aber ausschließlich in Deutschland tätig ist.
Was passiert mit der Limited bei einem harten Brexit?
Diese Limited verlieren nach dem Brexit ihren haftungsbeschränkten Status. Tatsache ist, dass diese britischen Non-Residents-Limited (Ltd.) bei einem harten Brexit nicht mehr als Rechtsform anerkannt wird. Mit dem Austritt verliert Großbritannien seine Niederlassungsfreiheit, auf die sich auch britische Gesellschaften berufen konnten. Nur wegen dieser Niederlassungsfreiheit ist Deutschland nämlich bisher verpflichtet, eine Ltd., die nur in Deutschland geschäftlich aktiv ist, als solche anzuerkennen. Denn das deutsche Gesellschaftsrecht spricht solchen „Scheingesellschaften“ die Existenz ab. Ohne Überlagerung durch das EU-Gemeinschaftsrecht gilt allein deutsches Gesellschaftsrecht.
Volle persönliche Haftung
Wenn der Brexit kommt, wird die Ltd. deshalb je nach Gesellschafterstruktur und Größe als OHG, GbR oder Einzelunternehmen angesehen. In diesem Falle werden die Gesellschafter direkt und persönlich in voller Höhe für das Unternehmen haften - bei einer OHG oder GbR sogar als gesamtschuldnerisch. Für manch kleineres Unternehmen kann dies durchaus eine akzeptable Entwicklung sein. Gegebenenfalls sollten dann die Haftungsmodalitäten geklärt und eventuell mit einer Betriebshaftpflichtversicherung gekoppelt werden.
Will das Unternehmen diese Haftungsrisiken vermeiden, müssen betroffene Unternehmen handeln.
Handlungsoption - Neugründung in deutscher Rechtsform
Ein Weg könnte sein, alle Vermögensgegenstände und Rechtsverhältnisse im Wege eines Asset Deals auf eine deutsche Kapitalgesellschaft, zum Beispiel eine GmbH, zu übertragen. Dabei würden jedoch mögliche stille Reserven der Ltd. aufgedeckt. Außerdem müssten die jeweiligen Vertragspartner der Ldt. der Übertragung zustimmen. Zusätzlich muss die Ltd. nach britischem Recht liquidiert werden. Spielen Haftungsfragen, Steuerlast oder die Übertragung von Vertragsverhältnissen keine Rolle, ist die Einstellung des Geschäftsbetriebs der Ltd. und die Neugründung einer deutschen Rechtsform denkbar.
Welche Handlungsoptionen bestehen sonst noch?
Neben der Einzelübertragung bestehen noch die schwierigen „Möglichkeiten“ der grenzüberschreitenden Umwandlung oder Verschmelzung.
Umwandlung in eine GmbH
Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eröffnet die – eher theoretische - Möglichkeit, die Ltd. mit einem grenzüberschreitenden Formwechsel in eine deutsche Rechtsform umzuwandeln, beispielsweise zur GmbH. Diese muss dann aber den deutschen Vorschriften entsprechen. Da der Formwechsel identitätswahrend ist, verbleiben alle Rechtspositionen und Vermögenswerte der Ltd. bei der GmbH. Die Gesellschaft ändert lediglich ihre Rechtsform. Außerdem ist der Formwechsel grundsätzlich steuerneutral möglich. Da gesetzliche Regelungen für den Formwechsel jedoch fehlen, ist diese Gestaltung wegen der komplexen Rechtsfragen eine schwierige und keine echte Option. Auch die Umwandlung in eine UG (haftungsbeschränkt) wäre wegen des Sacheinlageverbots keine mögliche Alternative.
Verschmelzung als Lösung, aber…
Möglich und gesetzlich geregelt ist dagegen die grenzüberschreitende Verschmelzung der Ltd. auf eine deutsche Kapitalgesellschaft. Auf diese Weise ist auch eine Verschmelzung auf eine UG (haftungsbeschränkt) erlaubt. Alle Verträge und Vermögenswerte der Ltd. gehen bei einer „Hereinverschmelzung“ auf die Zielgesellschaft über. Eine Aufdeckung und Besteuerung stiller Reserven kann grundsätzlich vermieden werden. Die Ltd. kann auch auf eine deutsche Personenhandelsgesellschaft verschmelzen. Seit dem 19. Dezember 2018 steht diese neue Option im Umwandlungsgesetz wegen des Brexits zur Verfügung. Insbesondere die Verschmelzung auf eine KG, die als GmbH & Co. KG oder UG (haftungsbeschränkt) und Co. KG ausgestaltet werden kann, ist interessant.
Die Neuregelung reduziert zwar für die Betroffenen den zeitlichen Druck: Allerdings muss der Verschmelzungsplan noch vor Ausscheiden des Vereinigten Königreichs beziehungsweise vor Ablauf eines vereinbarten Übergangszeitraums notariell beurkundet werden. Dann bleibt eine Frist bis zu zwei Jahren, um die Verschmelzung zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Problematisch ist jedoch, dass die deutsche Regelung nur den deutschen Teil des Verfahrens regeln kann, nicht jedoch den britischen Part. Ob die Behörden in Großbritannien bereit sind, deutsche Unternehmen bei dem Verfahren zu unterstützen, ist ungewiss.
Umwandlung in eine Societas Europaea (SE) und spätere Sitzverlegung
Diese Umwandlung in eine „britische“ SE würde sich nur für größere Unternehmen und in bestimmten Konstellationen eignen. Allerdings ist eine Sitzverlegung anlässlich der Umwandlung von der SE-Verordnung nicht vorgesehen und daher keine echte Handlungsoption.
Weitere Diskussionspunkte
In die individuelle Prüfung und Überlegung einzubeziehen, sind die Zahl der Gesellschafter, etwaige Gläubiger, Vertragspartner und ggf. mitbestimmungsrechtliche Konstellationen. Geprüft werden muss auch, ob gewerberechtliche Erlaubnisse etc. übergehen können oder neu beantragt werden müssen.