Statement zum Wiesbadener Haushalt 2026
Am 27. November verabschiedet die Stadtverordnetenversammlung den Wiesbadener Haushalt für 2026. Mit Blick auf ausgebliebene Reformen und das dritte Rezessionsjahr in Folge fordert die IHK Wiesbaden die Stadtpolitik auf, wirtschaftliches Wachstum zu priorisieren. Gleichzeitig müssen Land und Bund die Finanzierung der Kommunen reformieren.
14. November 2025 - Am 27. November beschließt die Stadtverordnetenversammlung Wiesbadens Haushalt. „Auf der Einnahmeseite könnte eigentlich Grund zur Freude bestehen: Die Gewerbesteuereinnahmen waren in Wiesbaden wie auch in Hessen generell nie höher“, erklärt IHK-Präsident Jörg Brömer. Sie lagen im 3. Quartal 2025 mit 2 Milliarden Euro um 180 Millionen Euro höher als im Vorjahresquartal - ein Hinweis auf das Leistungspotenzial der hessischen Wirtschaft.
Wiesbaden: Vom finanziellen Polster zur Defizitlage
Planungsspielräume konnte sich die Stadt damit aber nicht erarbeiten. Nach Einschätzung der IHK Wiesbaden sind keine echten Sparanstrengungen oder klare Prioritäten erkennbar. Die Ausgaben - auch für freiwillige Leistungen - steigen im Gegenteil weiter an.
Finanziert werden sollen vor allem Themen abseits der wirtschaftlichen Kernfragen, die ohne Wachstum aber keine nachhaltige Wirkung entfalten können. Gleichzeitig fehlt es an echten Investitionen in Infrastruktur und Wirtschaft, zum Beispiel für Innenstadtprojekte, Citymanagement, Infrastruktur-, Mobilitäts- und Digitalisierungsprojekte. Positiv hervorzuheben ist die Aufrechterhaltung des ÖPNV-Angebots.
Wiesbadens Defizit liegt vor diesem Hintergrund im laufenden Jahr bei 106 Millionen Euro - obwohl die Stadt vor vier Jahren noch über kommunale Rücklagen von 300 Millionen Euro verfügte. Diese sind nun restlos aufgebraucht.
„Dass die finanzielle Situation innerhalb kürzester Zeit so gekippt ist, zeigt den akuten Handlungsbedarf. Die Kommunen können sich kein Fortschreiten der Rezession leisten“, mahnt IHK-Präsident Brömer. „Wir fordern von der Stadtpolitik deshalb ein klares Bekenntnis zur regionalen Wirtschaft, das sich in gezielten Einsparungen für den Standort und einer zukunftsorientierten Haushaltspolitik äußern muss.“
Konjunkturflaute: Das Problem hinter dem Problem
Die Situation in Wiesbaden ist symptomatisch - ebenso wie im Rheingau-Taunus-Kreis, dessen Haushalt für 2026 am 2. Dezember beschlossen werden soll. Während keine konjunkturelle Belebung in Sicht ist, drücken insbesondere die hohen Sozialausgaben auf die Finanzen. Sie haben sich seit 2009 durch Bundesgesetze mehr als verdoppelt, während die Kommunen chronisch unterfinanziert bleiben. „Eine Reform, wie sie der aktuelle Koalitionsvertrag der Bundesregierung vorsieht, muss dringender denn je umgesetzt werden“, unterstreicht Brömer.
Entsprechend lag das bundesweite Gesamtdefizit der Kommunen 2024 insgesamt bei fast 25 Milliarden Euro - eine Vervierfachung in nur 12 Monaten. 2025 wird es die Marke von 30 Milliarden Euro überschreiten. Der Haushalt des Rheingau-Taunus-Kreises verzeichnet aktuell ein Defizit von fast 37,5 Millionen Euro. Am Beispiel von Taunusstein wird die Tragweite des Problems sichtbar: Hier müsste die Gewerbesteuer rechnerisch verdreifacht werden, um das Defizit von 11,3 Millionen Euro auszugleichen.
Nur 6% der Kommunen schaffen eine ausgeglichene Finanzierung, ohne auf Rücklagen zurückzugreifen. Würde Wiesbaden seine aktuelle Haushaltsplanung umsetzen, drohten spätestens 2027 drastische Steuer- und Abgabenerhöhungen, vor allem der Grundsteuer B.
Maßnahmen zur Verbesserung der Lage
Sabine Meder, Hauptgeschäftsführerin der IHK Wiesbaden, fordert für die laufende Debatte: „Die regionale Wirtschaft muss durch den Wiesbadener Haushalt 2026 priorisiert und gezielt gefördert werden. Wir brauchen echte Investitionen - darunter die Umsetzung anstelle der bisherigen Absichtserklärung zur Ausweitung der Gewerbeflächen, um den Bedarf bestehender Unternehmen bedienen und auch neue Unternehmen ansiedeln zu können. Auch auf Landes- und Bundesebene muss durch Entbürokratisierung, Energiepreise, Steuerreformen und eine Kostenbremse bei den Sozialausgaben alles für eine konjunkturelle Belebung getan werden. Nur so können Wirtschaft und Stadtgesellschaft gemeinsam die Herausforderungen der Zukunft bewältigen.“
Meder richtet zuletzt den Blick auf die Kommunalwahlen, die im März 2026 anstehen: „Auch Folgeregierungen müssen handlungsfähig bleiben. Umso wichtiger ist jetzt ein realistisch geplanter, transparent kommunizierter und nachhaltig aufgestellter Haushalt für Wiesbaden.“
