WI-ederbelebung

Wie sieht die Innenstadt der Zukunft aus? – darum geht es in dieser Serie. Zweiter Teil: Wie ist die Innenstadt der Zukunft gestaltet?

Leerstehende Geschäftsräume, kaum Grünflächen, begrenzte Parkmöglichkeiten – die Wiesbadener Innenstadt lädt nicht gerade zum Verweilen ein. Bestes Beispiel dafür ist die City Passage die seit vielen Jahren leer steht und zu einer regelrechten Hängepartie geworden ist. Nach den erfolglosen Verhandlungen mit einem Projektentwickler hat die Stadt Wiesbaden nun ein neues europaweites Vergabeverfahren gestartet. Das hier zeitnah ein Nachfolgeprojekt an den Start gehen kann, sei ein zentrales Kernelement zur Erhöhung der Attraktivität und Belebung der Wiesbadener Fußgängerzone, hieß es zuletzt von Seiten des Oberbürgermeisters. Mit dem Sommermarkt steht eine weitere Möglichkeit zur Revitalisierung der Innenstadt in den Startlöchern. Auf dem Mauritiusplatz soll ab dem kommenden Jahr von Anfang Juni bis Ende August buntes Treiben herrschen – analog zu der seit einigen Jahren existierenden Winterstubb. Mit einem „abwechslungsreichen Programm rund um Kultur, Unterhaltung und Gatronomie“, erhofft sich die Stadt weitere Akzente zu setzen und neue Zielgruppen anzusprechen.
Innenstadt der Zukunft aus Sicht der Gewerbetreibenden
„Farben bringen Leichtigkeit in den grauen Alltag. Umgesetzt werden könnte dies wie auf der Insel La Palma. Dort findet man viele Häuser nebeneinander in unterschiedlichen Farben“, schlägt Sabine Schaefer vor. Die farbigen Hauswände könnten dann passend zur jeweiligen Branche gestaltet werden – zum Beispiel Gastronomie in Gelb und Einzelhandel in Rot. „Dies gäbe den Passanten zudem noch eine einfachere Orientierung“, sagt die Inhaberin des Traditionsgeschäfts SchuhSchaefer. Außerdem seien kostengünstige Parkmöglichkeiten eine weitere Möglichkeit, die den Aufenthalt und das Einkaufserlebnis attraktiver gestalten könnten. Ebenso würde sich die Einzelhändlerin über ein Gemeinschaftsprojekt von Bürgern, Anwohnern und Gewerbetreibenden freuen, das sich mit der Begrünung der Innenstadt befasst. „Dieses oder andere Projekte könnten das Resultat einer Abstimmung über ein Internetportal sein, in dem jeder Bürger Ideen für die Steigerung der Attraktivität der Innenstadt nennen kann“, schlägt Schaefer vor. Welche Vorschläge die größte Zustimmung finden, könnte über ein RankingSystem dargestellt werden. Ein Gremium aus Politikern, Anwohnern, Immobilienbesitzern und Gewerbetreibenden könne dann entscheiden, welche Projekte umgesetzt werden sollen.
Ganz ähnlich sieht es Jens Kaufmann, Inhaber von KAUFMANNS Kaffeerösterei: „Die Innenstadt sollte meines Erachtens so gestaltet sein, dass sie zum Verweilen einlädt. Ich denke da zum Beispiel an mehr Grünflächen und Bäume für ein besseres Mikroklima, Sitzmöglichkeiten und neben frequentierten Treffpunkten auch an kleine Ruheoasen.“ Durch die Integration von Gastronomie und Einzelhandel entstehe so ein Mehrwert im Vergleich zum Einkauf im Internet, so Kaufmann.
Innenstadt-Gipfel als Impulsgeber
Sabine Elberfeld vom Stadtplanungsamt Wiesbaden stellt die Funktion der Innenstadt als geschäftliche und gesellschaftliche Mitte in den Vordergrund. Dazu brauche es eine klimagerechte Gestaltung, attraktive öffentliche Räume und eine gute Erreichbarkeit zu Fuß, auf dem Rad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln. „Die Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs, ein interessantes Angebot an kulturellen Veranstaltungen, gesellschaftspolitischem Austausch, Konsumgütern und Gastronomie, aber auch ein sensibler Umgang bei der ‚Privatisierung‘ von öffentlichen Freiflächen“ seien ebenfalls wichtige Aspekte, die zu einer höheren Aufenthaltsqualität und zu einem belebteren sowie beliebteren Zentrum der Stadt führten.
Dies ist auch das Ziel der Taskforce Innenstadt der IHK Wiesbaden. In diesem Netzwerk tauschen sich alle Akteure der Wiesbadener Innenstadt aus – vom Einzelhändler über Filialisten bis zu Café-Betreibern und Galeristen. Zuletzt diskutierte die IHKTaskforce, wie man mehr Passanten in die Innenstadt locken könnte, zum Beispiel durch mehr Grün, weniger Müll und mehr Beleuchtung. Mit am Tisch sitzen auch immer Vertreter der Landeshauptstadt Wiesbaden.
Diese hat Sabine Schaefers Idee einer digitalen Beteiligungsplattform bereits aufgegriffen: Im Vorfeld des Innenstadt-Gipfels „#RevivalCity Wiesbaden“ am 1. und 2. Juli ruft die Landeshauptstadt dazu auf, Best-Practice-Beispiele über ein OnlineFormular einzureichen. Die Vorschläge fließen dann in die Programmgestaltung der Konferenz ein. Das Konzept sieht eine globale Sicht auf das Thema „Lebenswerte Innenstadt“ mit den lokalen Bedürfnissen der Wiesbadener Bevölkerung und Wirtschaft vor. Die Wirtschaftsförderung will den Innenstadt-Gipfel nutzen, um sich mit den Akteuren aus Kultur, Handel und Dienstleistungen auszutauschen, Beispiele aus anderen Städten zu beleuchten und Unterstützungsmaßnahmen auszuloten.
Text: Christoph Jung und Tobias Quoika, IHK Wiesbaden