"Planen Sie rechtzeitig"

Wie kann Unternehmensnachfolge gelingen? Diesem Thema war die „Zukunftswerkstatt Nachfolge“ gewidmet, die am 19. Mai in der EBS Universität in Oestrich-Winkel stattfand. Der Abend wurde vom BVMW, der Gründungsfabrik Rheingau, der IHK Wiesbaden und vom WINK e.V. gemeinsam organisiert. Zu Beiträgen und zur Diskussion waren namhafte Expert:innen geladen.

Nachfolge ist ein brisantes Thema, denn laut dem Institut für Mittelstandsforschung sind rund 11.000 mittelständische Unternehmen in Hessen in den kommenden vier Jahren übergabereif; ein Fünftel der Unternehmer:innen ist 55 Jahre oder älter. Doch aufgrund des demographischen Wandels sind geeignete Kandidat:innen oft rar. In seiner Eröffnungsrede sprach IHK-Präsident Dr. Christian Gastl das Kernthema an und erläuterte die Ergebnisse einer aktuellen Nachfolgestudie, die die Wirtschaftskammern aus der Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main in Auftrag gegeben hatten: „Knapp die Hälfte hat sich mit dem Thema ‚Nachfolge‘ noch nicht beschäftigt. Nur 20 Prozent der befragten Unternehmer:innen haben ihre Nachfolge bereits konkret geplant.“ Dabei reiche es nicht, ein Unternehmen lediglich zu übergeben: „Es bedarf einer Zukunftsvision“, so der IHK-Präsident. Denn schließlich gehe es auch um die Zukunft von Inhaber:innen, Mitarbeiter:innen und Familien. Felix Pohl, Leiter Nachhaltigkeit und Unternehmensförderung der IHK Wiesbaden, betonte ebenfalls, wie essenziell es ist, die Übergabe rechtzeitig zu planen und anzugehen: „Nachfolge ist ein Thema für heute, nicht für morgen.“
Erfolgsgeschichte Nachfolge
Dr. Dominik Benner, Geschäftsführer der Platform Group GmbH & Co. KG. erörterte in seinem Beitrag, wie Nachfolge zur Erfolgsgeschichte werden kann. Er selbst stieg 2021 nach dem plötzlichen Tod seines Vaters sehr spontan ins elterliche Schuhgeschäft ein und baute es zu einer großen Online-Plattform aus, die heute Unternehmen aus 20 Branchen umfasst. Profitiert hat er von seiner Risikobereitschaft, dem konsequenten Ausbau des E-Commerces und der Bereitschaft, nicht vorhandenes Knowhow von außen einzukaufen. Familienunternehmer:innen gab er den Rat: „Halten Sie das Vermögen und das Unternehmen zusammen. Das Unternehmen muss an erste Stelle stehen – noch vor individuellen Interessen in der Familie.“ Bei unterschiedlichen Ansichten oder speziellen Fragen riet er zur Berufung eines unabhängigen Beirates, der Fachwissen mitbringt und Lösungen, auch zur Nachfolge, erarbeitet. Falls es in einer Unternehmerfamilie mehrere Kinder gibt, sollte die Nachfolge die Person übernehmen, die am besten geeignet ist – nach objektiven Kriterien.
Planung und Kommunikation
In der anschließenden Gesprächsrunde erläuterte Angelika Thiedemann (WINK e.V.), wie wichtig es für Unternehmer:innen ist, Nachfolge rechtzeitig zu klären und auch die Wechselfälle des Lebens miteinzuplanen. Denn schließlich könnten Krankheit oder Tod die Nachfolge plötzlich machen. Professor Dr. Jon Hanf (Hochschule Geisenheim) legte dar, dass schon vor der Nachfolge eine gute Kommunikation innerhalb der Familie notwendig ist und ein konstruktiver Umgang miteinander vorherrschen sollte. Ähnlich argumentierte Dr. Matthias Waldkirch (EBS Universität für Wirtschaft und Recht). Er riet zu realistischen Diskursen, wenn die Nachfolge thematisiert wird. David Bothur (IHK Wiesbaden), wies auf den Fachkräftemangel hin und die damit verbundenen Notwendigkeit, frühzeitig nach geeigneten Kandidat:innen zu suchen, falls ein Unternehmen nicht innerhalb der Familie übergeben werden kann.
Hineinwachsen
Nach der Pause berichteten Dina Reit (SK Laser GmbH), Victoria Oschatz (OSCHATZ Visuelle Medien GmbH & Co.KG) sowie Markus Bonsels (Weingut Bibo Runge) von ihren Erfahrungen. Reit, die ins väterliche Unternehmen einsteigt, erzählte, wie wichtig das Kennenlernen aller Zusammenhänge und wie herausfordernd die Zusammenarbeit mit dem Vater ist. Es sei nicht immer einfach, der „junge Hüpfer“ zu sein. Auch für Oschatz erfolgte der Einstieg schrittweise. Sie sieht es als Herausforderung an, sich den Respekt und das Vertrauen der Mitarbeitenden zu erarbeiten und klarzumachen, dass sie Chefin ist – auch wenn manche der Mitarbeiter:innen sie  damals als kleines Kind kennengelernt haben. Bei der Übergabe lässt sich die Familie von einem Coach unterstützen.
Bonsels, der das Weingut Bibo Runge von dessen vorherigen Inhaber übernommen hat, erzählte von der Gratwanderung zwischen dem Traditionellen und dem Neuen. „Was gut läuft, nehme ich natürlich gerne an.“ Dennoch reizen ihn Innovationen und so macht er mittlerweile den Großteil seines Umsatzes mit völlig neuen Produkten.
Fazit: Nachfolge, ob innerhalb der Familie oder extern, sollte gut und rechtzeitig geplant werden. Gespräche und enge Zusammenarbeit sind unablässig, damit das Unternehmen erfolgreich weitergeführt werden kann. Hilfestellungen geben die IHK, WINK e.V. und der BVMW.