30. November 2023

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Kandidatenvorstellung beim Regional Forum Wirtschaft – Drei Themenblöcke mit Fragen und 90 Sekunden Antwortzeit zeigen klare Profile
Die Handwerkskammer Ulm, die IHK Ulm sowie die IHK Schwaben, Südwestmetall und der Club der Industrie pflegen ein gemeinsames Veranstaltungsformat, das zweimal im Jahr aktuelle Themen diskutiert. Anlässlich der am 3. Dezember stattfindenden OB Wahl in Ulm bot das Regional Forum Wirtschaft 2023 den fünf Kandidaten ein Podium.
IHK-Geschäftsführerin Petra Engstler-Karrasch als Gastgeberin und Christian Harder, geschäftsführendes Vorstandsmitglied vom Club der Industrie, moderierten die Fragerunde der fünf OB-Kandidaten. Zu drei Themenblöcken stellten sie den Kandidaten in wechselnder Reihenfolge jeweils drei Fragen. Die Zeit für die Antworten war auf 90 Sekunden begrenzt. Für das Amt des Oberbürgermeisters bewerben sich Amtsinhaber Gunther Czisch, Lena Schwelling (Grüne), Martin Ansbacher (SPD), Thomas Treutler und Dr. Daniel Langhans. In ihren Antworten setzten sie unterschiedliche Schwerpunkte,. Petra Engstler Karrasch startete als Moderatorin des ersten Themenblocks Leben in Ulm mit Fragen zu Wohnraum, Flächennutzung und Verkehr. Infrastrukturprojekte und Wirtschaftsförderung standen im Mittelpunkt des zweiten Themenblocks, moderiert von Christian Harder, und im dritten Teil ging es um die Themen Verwaltung und Dialog. 
Mit dem Wissen des Amtsinhabers konnte OB Gunther Czisch auf Bauprojekte in der Warteschleife verweisen, deren Umsetzung künftig schneller und unbürokratischer werden muss. Die weitere Erschließung von Flächen hat aus seiner Sicht Priorität vor der Erhaltung von Grünflächen. Er sprach sich für begleitende Investitionen bei der Ansiedlung von Gewerbe und Industrie aus, forderte dafür aber auch Eigeninitiative und Eigenverantwortung. 50 Mio. Fahrgäste bis 2030 sind sein Ziel für die Mobilität in der Stadt, die für alle auf unterschiedliche Art gut erreichbar sein muss. Mit der Regio S-Bahn, mit dem Auto und mit innovativen und unkomplizierten Ticketsystemen für den ÖPNV in der Region. Für Infrastrukturmaßnahmen sei ein Budget von 1,2 Mrd. vorgesehen, und Investitionen in Bildung und Betreuung als weiche Standortfaktoren sind ebenfalls geplant. Czisch sprach sich für einen regelmäßigen Dialog mit den Unternehmen aus, und für einen runden Tisch bei aktuellen Themen, die eine problemorientierte Lösung erfordern. Er setzte sich für die Aufwertung von Handwerksberufen ein, denn entgegen dem lange Zeit vorherrschenden Trend zu einer akademischen Ausbildung biete die Duale Ausbildung unzählige Chancen.  
Lena Schwelling sieht den Wohnraumbedarf in engem Zusammenhang zum Fachkräftebedarf und plädierte für Nachverdichtung, Aufstockung und Sanierung bestehender Gebäude. Beim Thema Flächenbedarf sprach sie sich dafür aus, die Region als Teil der Stadt zu verstehen und Gewerbeflächen außerhalb der Stadt als Alternative anzubieten. In Sachen Verkehr und Mobilität setzt sie auf den Bau einer Straßenbahnlinie 3 und „on demand Taxis“ für die Außenbezirke mit schlechter ÖPNV- Anbindung. Sie priorisiert die Konsolidierung und Zentralisierung der Unikliniken an einem Standort, und die Ertüchtigung der Stromnetze für eine dezentrale Versorgung als die wesentlichen Infrastrukturprojekte. Das direkte Gespräch zieht sie einer Ausschusssitzung vor und Schulden sind aus Ihrer Sicht kein Tabu, wenn es um notwendige Investitionen geht. Für mehr Bürgernähe und Transparenz muss die Verwaltung „aus einem Guss“ sein und zur Wirtschaftsförderung gehört auch, die Einstellung ausländischer Fachkräfte weniger bürokratisch zu handhaben. Berufliche Bildung ist auch Wirtschaftsförderung, so Schwelling, und man muss früh anfangen für das Handwerk zu begeistern.
Martin Ansbacher sieht in der Steuerung der Bodenpolitik und der Vereinfachung von Genehmigungsverfahren einen guten Ansatz zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Flächen müssten perspektivisch entwickelt werden und PV-Anlagen sind auf den Dächern von Industriegebäuden sinnvoller als in der Fläche. Bei den Infrastrukturmaßnahmen ist die Tieferlegung der B10, aus seiner Sicht, neben der Schaffung von Bildungs- und Betreuungsmöglichkeiten, die größte Herausforderung. Wirtschaftsförderung ist ein Thema, über das man mit der Wirtschaft reden muss, nicht über sie. Ansbacher forderte mehr Personal in der Abteilung Wirtschaftsförderung und einen Chancenbeteiligungsfond für Start-ups. Im Rathaus wären ihm ein gutes Arbeitsklima und eine Nachsteuerung beim Personal wichtige Anliegen. Im Bereich Bildung gehe es darum, den Jugendlichen Perspektiven aufzuzeigen.
Für Bürokratieabbau (nicht nur) im Bauwesen plädierte Thomas Treutler und forderte parallel dazu die Umsiedlung von innerstädtischem Gewerbe und Industrie in die Außenbereiche, wodurch Raum für Wohnbebauung frei würde. Die Frage nach einem Verkehrskonzept beantwortete Treutler mit mehr Park & Ride als beste Lösung, vorausgesetzt die Taktung stimmt. Infrastrukturprojekte konnte er nicht nennen, allerdings möchte er sich für ein besseres Baustellenmanagement einsetzen um unnötige Verzögerungen zu vermeiden. Zum Dialog mit der Wirtschaft gehört für ihn sowohl der Dialog mit den großen Playern, als auch mit kleinen Betrieben und dem Handel. Ein Jour Fixe zum allgemeinen Stimmungsbild sei da ein guter Ansatz. Mit der Einführung einer Ulm App würde er Dienstleistungen der Stadt digitalisieren und auf einem Ulm Campus die Mitarbeiter entsprechend schulen. Beim Thema Bildung sprach er aus Sicht des Ausbilders und forderte weniger Bürokratie in der Ausbildung.  
Dr. Daniel Langhans setzt beim Thema Wohnraum auf vernünftige Lösungen und eine Begrenzung der Migration als eine Ursache der Verknappung. Die Erschließung weiterer Flächen gehe nur, indem man die Bürger ins Boot hole und Demokratie lebe. Investitionen in innovative Mobilitätskonzepte müssten ohne weitere Schulden finanzierbar sein. Bevor neue Infrastrukturprojekte begonnen werden, müssen, aus seiner Sicht, die Ursachen für die inkonsequente Fertigstellung vieler Projekte ermittelt werden. Im Dialog mit Unternehmen plädierte Langhans für weniger Gängelei und das Klimanarrativ hat für ihn definitiv ausgedient. Ein Oberbürgermeister hat aus seiner Sicht die Aufgabe, anders als die Medien, objektiv zu informieren und mit kreativen Formaten Transparenz zu schaffen. Das Thema Bürokratie beantwortete er mit der Forderung nach einem Migrationsstopp und der Entfernung der Flaggen fremder Länder am Rathaus.
Trotz aller Unterschiede in den Antworten waren sich alle fünf Kandidaten in einer Frage einig: Es wird keine Erhöhung der Gewerbesteuer geben.  Auch in der Publikumsfrage nach Sicherheit und Ordnung in der Stadt und dem Umgang mit der Poserszene, hatten die Kandidaten weitgehend dieselben Ansätze: mehr Kontrollen, unmittelbare Strafen, Videoüberwachung, aber auch eine verstärkte Sozialarbeit. Nach den Antworten auf die Frage „Was sagt die Wirtschaft 2030 über ihre Amtszeit“ und einem Schlussstatement, verabschiedete Handwerkskammer Präsident Joachim Krimmer die Kandidaten und die Gäste des Regional Forums in den Abend.