20. Juli 2023

IHK-Projekt „Chancenreich“: Fachveranstaltung zur Qualität frühkindlicher Bildung stellt Ergebnisse wissenschaftlicher Erhebung im Sozialraum Ehingen vor

Frühe Förderung ist der Schlüssel für mehr Chancengerechtigkeit. Die Studie hebt die Bedeutung von Elternarbeit hervor sowie die Notwendigkeit von alltagsintegrierter Förderung, gerade mit Blick auf Bildungsbereiche wie Literacy und die Förderung mathematischer Kompetenz. Datenbasierte Qualitätsentwicklung in den Einrichtungen stärkt Bildungskompetenzen der Fachkräfte nachhaltig.
Am 19. Juli 2023 fand im Konferenzzentrum BED im Businesspark Ehingen eine Fachveranstaltung zur Qualität frühkindlicher Bildung statt. Als Grundlage dienten die Ergebnisse einer Studie der pädquis Stiftung Berlin. Die Studie ist Teil des IHK-Projekts „Chancenreich“, das darauf abzielt, die Bedingungen des Aufwachsens von Kindern in Kindertageseinrichtungen, Grundschulen und im Sozialraum zu verbessern und damit die Potenziale frühkindlicher Bildung zu nutzen. Die Ergebnisse wurden im Rahmen der Veranstaltung diskutiert, an der neben dem IHK-Präsidenten Dr. Jan Stefan Roell und Ehingens Bürgermeister Tobias Huber, auch Anette Krause, Leiterin des Referats Frühkindliche Bildung im Kultusministerium, die Bereichsleiterin Bildung und Erziehung der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius Dr. Tatiana Matthiesen sowie weitere Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Bildungsadministration teilnahmen.
Dass Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen in Deutschland in besonderer Weise von sozialen und ökonomischen Faktoren abhängen, ist hinreichend bekannt. Wo Kinder aufwachsen, welche Bildungsanregungen sie bekommen, ob sie von Migration und/oder sozialer Benachteiligung betroffen sind, nimmt Einfluss auf ihren Bildungserfolg und spätere Karrierewege. Deshalb ist es notwendig, die Bildungsbedingungen von Kindern und Familien vor Ort genauer in den Blick zu nehmen und diese zu stärken. Dabei rücken insbesondere Kindertageseinrichtungen und Grundschulen als wichtige Bildungsorte für Kinder in den Fokus. Denn eine gute frühkindliche Bildung, insbesondere im Bereich der Sprache, fördert Chancengerechtigkeit für alle Kinder. Darüber hinaus ist Bildung der entscheidende Erfolgsfaktor für die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit. Sie ist der Schlüssel für individuellen und wirtschaftlichen Wohlstand. Diese Perspektive war Ausgangspunkt des Projekts „Chancenreich“, das die IHK Ulm und die Stadt Ehingen gemeinsam auf den Weg gebracht haben.
„Nur durch ein leistungsstarkes Bildungssystem wird es gelingen, unseren Wirtschaftsstandort wettbewerbsfähig zu halten und den Fachkräftebedarf für die Zukunft zu sichern“, betonte IHK-Präsident Dr. Jan Stefan Roell.
Inhalt der Studie
Die Ausgangserhebung fokussierte sich auf drei Schwerpunkte: die sprachliche Bildung und Förderung in Kindertageseinrichtungen, die Elternkooperation und Elternbildung sowie die Zusammenarbeit von Kita und Grundschule.
Insgesamt waren sieben städtische Kindertageseinrichtungen und drei Grundschulen in Trägerschaft der Stadt Ehingen beteiligt. Im Mittelpunkt der Untersuchung, die die pädquis Stiftung durchführte, standen Fragen zur Qualität frühkindlicher Bildung, zum Familienbezug von Kitas, zur Elternzufriedenheit und zu anderen Angeboten im Sozialraum. Zusätzlich wurde betrachtet, welche weiteren Unterstützungen für die Fachkräfte in der Entwicklung von zusätzlichen Kompetenzen in der Sprachförderung hilfreich wären.
Zentrale Ergebnisse der Studie
Die Ergebnisse zeigen, dass die Ehinger Kindertageseinrichtungen in vielen Bereichen schon auf einem guten Weg und die Eltern mehrheitlich mit dem Angebot zufrieden sind. Gerade mit Blick auf spezifische Aspekte der Schulvorbereitung oder die Berücksichtigung von Mehrsprachigkeit bestehen aber auch noch Entwicklungspotentiale. Diese Bildungsbereiche sind nun in der Evaluation stärker in den Fokus gerückt und werden reflektiert. Zum Teil sind sie schon in Angriff genommen worden oder sollen in den nächsten Monaten verstärkt im Mittelpunkt der Qualitätsentwicklung stehen.
„Frühkindliche Bildung ist in Ehingen gut aufgestellt: Die Stärke der Ehinger Einrichtungen liegt in der Förderung von sozialen Kompetenzen und von Autonomie, indem den Kindern viele Möglichkeiten geboten werden, ihre Aktivitäten frei zu wählen; aufgrund von Evaluation und Ergebnisworkshop kommen nun Bildungsbereiche wie Literacy und mathematische Kompetenzen verstärkt in den Blick“, sagte Bürgermeister Tobias Huber.
Insbesondere Alltagssituationen in Kindertageseinrichtungen sollen noch mehr und gezielter für die Förderung der Kinder genutzt werden, z.B. im Kontext sprachlicher Förderung oder der Förderung mathematischer Kompetenzen. Einzelprojekte zur Sprachförderung oder die Projekte im Rahmen des IHK-Projekts „Faszination Technik“ sollen in den Alltag der Kinder integriert werden, um nachhaltig wirken zu können.
Darüber hinaus ist die Bedeutung der Elternarbeit noch einmal hervorgehoben worden und hat zu neuen Ideen in den Kitas geführt, die bereits teilweise umgesetzt wurden. Diese Zusammenarbeit mit den Eltern ist für die Kitas Bereicherung und Chance. Deshalb werden Hospitationen in mehreren Einrichtungen verstärkt angeboten.
Ebenso soll die Kooperation zwischen Kindergarten und Grundschule ausgebaut werden. Denn Chancengerechtigkeit erreicht man durch eine Kombination aus guter allgemeiner Bildungsqualität, zielgerichteter individueller Förderung von Kindern, die besondere Bedarfe haben, die Stärkung von Familien und die Vernetzung der verantwortlichen Akteure im Sozialraum. Dies setzt spezifische Kompeten-zen der Fachkräfte voraus, gerade auch im Umgang mit Mehrsprachigkeit.
Professor Dr. Stefan Faas, der die Ausgangserhebung durchgeführt hat, empfiehlt darüber hinaus eine regelmäßige Erfassung der pädagogischen Prozessqualität. Wichtig sei dabei auch die Qualifizierung der Leitungen zu einer datenbasierten Qualitätsentwicklung. Denn „Leitungsqualität ist ganz eng an die Qualität der Einrichtung gekoppelt“, so Faas. Auch diese Empfehlung wurde bereits aufgegriffen: Die Kindergartenfachberatung hat mit den Leitungskräften eine Strategie zur Qualitätsentwicklung entworfen, die ab Herbst 2023 umgesetzt wird.
„Ich freue mich über das Projekt und bin stolz auf Ehingen! Wir wollen nun verstärkt auch die Wirtschaft ansprechen und in den Unternehmen für mehr Sensibilität auch für die frühkindliche Bildung werben“, hob Dr. Jan Stefan Roell hervor.
Mit einem Policy Brief sollen Vertreterinnen und Vertreter pädagogischer Einrichtungen, aber auch Politik und Verwaltung über Gelingensfaktoren frühkindlicher Bildung informiert werden.