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Neue EU-Maschinenverordnung nimmt immer mehr Gestalt an

Die Verhandlungsführer des Rates der Europäischen Union und des Europäischen Parlaments haben eine vorläufige Einigung über eine neue Verordnung für Maschinenprodukte erzielt. Die neue Maschinenverordnung soll das Vertrauen in digitale Technologien wie KI, Mensch-Roboter-Kollaboration, vernetzte und selbstlernende Maschinen stärken und damit deren Verbreitung fördern. Dies wird dazu beitragen sicherzustellen, dass die europäische Industrie weiterhin innovativ bleibt und weltweite Standards in diesem Bereich setzen kann. Ein starker Maschinenbausektor ist unerlässlich, um den digitalen und grünen Wandel in der europäischen Industrie zu bewältigen.

Ziel und Hintergrund

Um die Gesundheit und Sicherheit der Benutzer und Verbraucher von Maschinen zu gewährleisten, soll die geplante Maschinenverordnung der EU die aktuelle Maschinenrichtlinie 2006/42/EG ersetzen.
Die aktuellen Rechtsvorschriften zur Produktsicherheit in der Maschinenrichtlinie weisen eine Reihe von Mängeln und Unstimmigkeiten bezüglich der Anwendungsbereiche und Konformitätsbewertungsverfahren auf, welche zu Rechtsunsicherheiten führen. Die Kommission stellte in einem Weissbuch vom Februar 2020 zur Sicherheit von künstlicher Intelligenz betreffend fest, dass die momentane Richtlinie neue Risiken nicht genügend abdeckt. Dies war dann der finale Auslöser für die EU-Kommission, eine Aktualisierung der Maschinenrichtlinie in Angriff zu nehmen.
Zur einheitlichen Umsetzung und Anwendung der Bestimmungen wird es sich bei der Neuregelung um eine Verordnung handeln. Nach der Verabschiedung werden die Bestimmungen der Verordnungen unmittelbares Recht in den Mitgliedstaaten und müssen nicht erst noch - wie bei einer Richtlinie - in den einzelnen Mitgliedstaaten durch rechtliche Vorschriften wirksam gemacht werden. Die Harmonisierungen sollen dadurch auch den EU-Binnenmarkt weiter stärken.

Wann tritt die neue Maschinenverordnung in Kraft?

Am 15. Dezember 2022 erzielten die Verhandlungsführer des EU-Rates und des EU-Parlaments eine vorläufige politische Einigung über eine neue Maschinenverordnung. Am 25.01.2023 informierte der Vorsitzende des Ausschusses der Ständigen Vertreter die Vorsitzenden des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz über die oben genannte politische Einigung.
Die bisherigen Verhandlungen fanden als so genannte "informelle Triloge" statt. Das bedeutet, dass die offiziellen Entscheidungen, insbesondere im EU-Parlament, noch ausstehen. Bis die neue Verordnung tatsächlich im «Official Journal of the European Union
» (Amtsblatt der Europäischen Union (ABl) veröffentlicht wird, wird allerdings noch einige Zeit vergehen.
Es kann davon ausgegangen werden, dass die offizielle Abstimmung im April oder Mai 2023 stattfinden wird. Eine endgültige Fassung der Verordnung wird höchstwahrscheinlich vor der Abstimmung vorliegen.

Gibt es eine Übergangsfrist?

Der Entwurf der Maschinenverordnung sieht eine Stichtagsregelung vor, d. h., dass bis zu einem bestimmten Datum die aktuelle Maschinenrichtlinie 2006/42/EG und danach die neue Maschinenverordnung anzuwenden ist. Die Hersteller haben also Zeit, sich auf die neuen Anforderungen vorzubereiten, müssen aber die neuen Anforderungen bis zum Stichtag erfüllen. Es ist davon auszugehen, dass sich an der Stichtagsregelung nichts ändern wird, obwohl viele Beobachter gehofft haben, dass eine Übergangsfrist eingeführt wird.

Ab welchem Zeitpunkt muss die neue Maschinenverordnung angewendet werden?

Das genaue Datum hängt von der offiziellen Veröffentlichung der Verordnung im Amtsblatt der EU ab, so dass zu dem jetzigen Zeitpunkt kein genaues Datum genannt werden kann. Es ist jedoch bekannt, dass sich die Verhandlungsführer darauf geeinigt haben, dass die neue Verordnung 42 Monate nach ihrem Inkrafttreten (= in der Regel 20 Tage nach Veröffentlichung im Amtsblatt der EU) anzuwenden ist. Das bedeutet, dass die neuen Anforderungen ab Mitte/Ende 2026 umgesetzt werden müssen. Die Unternehmen müssen sich jedoch bereits vor dem Inkrafttreten der Verordnung mit den neuen Anforderungen befassen, da ab dem Inkrafttreten die Konformitätserklärung, z.B. die technische Dokumentation bereits gemäss der neuen Verordnung verpflichtend erstellt worden sind.

Welche Änderungen kommen mit der neuen Maschinenverordnung?

Mittels stringenterer Definitionen und Harmonisierungen der Anwendungsbereiche und Konformitätsbewertungsverfahren soll die Maschinenverordnung mehr Klarheit schaffen. Es wurde die Struktur der Liste der Maschinen und Produkte in Anhang I des Kommissionsvorschlags geändert. Die Liste der Hochrisiko-Maschinen wurde angepasst und neu soll eine Konformitätsbewertung durch unabhängige Drittstellen für diese Maschinen verpflichtend werden. Bei den meisten Produkten bleibt allerdings weiter die Möglichkeit einer Selbstbewertung der Konformität erhalten.
Die Europäische Kommission wird die Möglichkeit haben, die Liste der Produkte, welche als möglicherweise risikoreich gelten, durch delegierte Rechtsakte zu aktualisieren. Dies gewährleistet eine Balance zwischen der Garantie eines hohen Sicherheitsniveaus und der Intention, die Industrie nicht unverhältnismäßig zu belasten. Darüber hinaus haben die Kommission und der Rat auch die Inhalte der technischen Unterlagen angepasst und die Liste der Sicherheitsbauteile ergänzt. Für die Unternehmen soll es möglich werden, papierlose Dokumente wie eine digitale Betriebsanleitung und digitale Konformitätserklärung herauszugeben, um monetäre und ökologische Kosten zu reduzieren.
Angeglichen an den Rechtsrahmen für die technische Gesetzgebung «New Legislative Framework» (NLF, Nr. 768/2008/EG) muss neben dem Hersteller auch der Einführer und der Händler gewissen Pflichten nachkommen, die der Kommission zufolge in einem angemessenen Verhältnis zu den Verantwortlichkeiten der Wirtschaftsakteure stehen. Bei der wesentlichen Modifizierung einer Maschine gemäß der Begriffsbestimmung wird außerdem derjenige, der die Maschine modifiziert, zum Hersteller und muss die entsprechenden Verpflichtungen einhalten. Da die Komplexität der Maschinenlieferkette zunimmt, besteht eine allgemeine Verpflichtung zur Mitwirkung von Dritten, die an der Maschinenlieferkette beteiligt sind und bei denen es sich nicht um Wirtschaftsakteure handelt.
Im Allgemeinen ist zu erwarten, dass die rechtliche Sicherheit sich vor allem positiv auf die KMUs auswirkt, die 98 % im Maschinenbausektor ausmachen. KMUs haben normalerweise weniger Ressourcen, um die rechtliche Lage zu prüfen. Klare, harmonisierte Standards vereinfachen es die Sicherheitsanforderungen zu erfüllen.
Die relevanteste Informationen wurden für Sie im obigen Text zusammengefasst.
Hier finden Sie den ganzen Artikel auf der AHK- Seite Schweiz.
Quelle: AHK Schweiz
Stand: 13. Mär 2023