Hier geht was Vol. III

Wie ein Unternehmen und eine Gemeinde Bürokratie einsparen

90 Stunden war bisher eine Mitarbeiterin im Rathaus Alleshausen im Landkreis Biberach jedes Jahr damit beschäftigt, die Anmeldungen der Grundschüler für die Betreuung vor und nach dem Unterricht zu bearbeiten. Das sind etwa zweieinhalb Wochen Arbeitszeit. Ein Unding für den dortigen Bürgermeister Patrick Hepp.
Weil Hepp von seiner Zeit bei einem Mittelständler den IT-Dienstleister itomatics aus Ulm kannte, nahm er Kontakt auf – und rannte offene Türen ein. „Für uns ist die Digitalisierung eine Herzensangelegenheit“, erklärt Oliver Specht, der gemeinsam mit Carlos Schmidt die Firma leitet. Darum habe man die Plattform für die 550-Seelen-Gemeinde auch pro bono entwickelt – also kostenlos.
Konkret ist es seit dem aktuellen Schuljahr möglich, die Grundschüler für die Betreuung vor und nach dem Unterricht über ein eigens dafür eingerichtetes Portal anzumelden. Es muss kein mehrseitiges Formular mehr ausgedruckt, ausgefüllt und abgeschickt werden. Auch die Änderung von Betreuungszeiten ist über das Portal möglich. Genauso wie das Abmelden der Kinder, sollten sie einmal krank sein. Den Bescheid bekommen die Eltern per E-Mail, eingezogen wird das Geld per Lastschriftmandat. Die Mitarbeiterin, die An- und Abmeldungen bearbeitet, benötigt dafür nun nur noch 10 Stunden im Jahr, anstatt 90 – und die Eltern sind die lästigen Formulare los. Dies ist nur ein Beispiel von weiteren automatisierten Prozessen, die mit der Plattform in der Gemeinde eingeführt wurde. „Ein echter Bürokratieabbau in der Praxis und ein Gewinn für alle Seiten“, wie Hepp meint.
„Am Anfang holpert es auch mal“
Aber natürlich gebe es anfangs noch ein paar Stolperfallen. So hätten sich ein paar Eltern gemeldet, die sich nicht imstande sehen, den Antrag digital auszufüllen. Vor allem Sprachprobleme würden hier als Argument angeführt. Darum werde man eine Sprechstunde einrichten, bei der das System erklärt wird.
Das sieht Hepp auch als zentralen Faktor: alle Menschen auf dem Weg in die Digitalisierung mitzunehmen. „Aber bei so einem Projekt muss man erst mal anfangen. Dann holpert es auch mal. Aber langfristig wird es uns stark entlasten“, ist Hepp überzeugt. Dann hätten die Mitarbeiter seiner Verwaltung mehr Zeit für andere wichtige Projekte.
Für die betreuenden Personen sehr praktisch: Sie sehen auf einen Blick, welche Kinder da sind, welche krankgemeldet sind, ob beim Mittagessen Vegetarier dabei sind, und wann welches Kind auf welchem Weg nach Hause kommt.
Nicht jeder Sonderfall kann abgebildet werden
„Es liegt ja in unserer Verantwortung, dass die Kinder gut auf den Weg kommen“, erklärt Hepp. Doch das ist gar nicht so einfach: Manche Kinder werden geholt, andere dürfen selbst laufen oder mit dem Fahrrad fahren, wieder andere nehmen den Bus - wobei die Abfahrtszeiten aber nicht ganz zu den Betreuungszeiten passen, sodass manche Kinder schon ein wenig früher losmüssen.
„Wir haben also viele Variablen, die wir in ein Raster bringen müssen“, erklärt Specht. Wenn man Prozesse standardisiert, ist es aber nicht mehr möglich, jeden Einzelfall abzubilden. Bislang habe man aber den Eindruck, die wichtigsten Punkte gut abzubilden.
Ganz uneigennützig ist das Engagement der Firma mit 33 Mitarbeitern und einem siebenstelligen Jahresumsatz nicht: Man möchte Kommunen gerne verstärkt als Kundenkreis gewinnen, Bürokratie aktiv abbauen und Bürger deutlich entlasten. Das scheint zu funktionieren – es gebe bereits Gespräche mit kleinen, aber auch größeren Gemeinden, so Specht. Ein Vorteil für beide Seiten: Die bereits geleistete Arbeit für das System der Gemeinde Alleshausen lässt sich – wenn es um ähnliche Aufgaben geht – als Grundgerüst nehmen und entsprechend anpassen oder erweitern, sodass man innerhalb kurzer Zeit eine Lösung anbieten könne. Das System sei von Anfang an bewusst als Plattform mit einer „Plug-and-Play-Lösung“ konzipiert worden, um es zu einer niederschwelligen und kostengünstigen Chance für weitere Gemeinden zu machen, die lähmende Bürokratie abbauen möchten.
Und auch in Alleshausen denkt man schon über weitere Anwendungsfelder nach. So könnte der Belegungsplan für das Lehrschwimmbecken über dasselbe Portal geführt werden. Dort könnte man auch Sicherheitsunterweisungen anbieten und die erforderlichen Nachweise hinterlegen. Dafür ist aber nicht immer die Unterstützung durch den IT-Dienstleister notwendig, denn die Plattform wurde auch konzipiert, auch hierfür die Bürokratie gleich mit abzubauen.
Simone Dürmuth, SWP