Wasserstoff – Baustein der Energiewende

In den kommenden Jahren werden die Wei­chen für eine CO2-freie Energieversorgung basierend auf Wind- und Sonnenenergie gestellt. Aus grünem Strom gewonnenem grünem Wasserstoff und emissionsfreien Brennstoffzellentechnologien fallen bedeu­tende Schlüsselrollen zu.
Wasserstoff wird dann insbesondere die fluktuie­rende und wetterabhängige Erzeugung von grü­nem Strom mit dem tages- beziehungsweise jah­reszeitlich wechselnden Bedarf ausgleichen. Dafür ist Wasserstoff optimal geeignet, denn er ist Energieträger und Speichermedium zugleich. Abhängig von seiner Herstellungsform und der hieraus resultierenden CO2-Bilanz, wird Wasser­stoff wahlweise als grau, blau, türkis oder grün bezeichnet. Heute wird Wasserstoff zu 90 Prozent aus fossilen Energieträgern, meist aus Erdgas, hergestellt und als grauer Wasserstoff bezeich­net. Wird das dabei entstehende CO2 abgeschie­den und beispielsweise unter der Erde gespei­chert, spricht man von blauem Wasserstoff. Türkiser Wasserstoff wird ebenfalls als Alterna­tive gehandelt: Er wird etwa aus Methan erzeugt und es entsteht kein CO2, sondern fester Kohlen­stoff, der vielseitig einsetzbar ist, zum Beispiel in Lithiumionenbatterien. Eine nachhaltige und kli­maschützende Eigenschaft hat nur grüner Was­serstoff aus erneuerbaren Energiequellen: Er wird durch die Spaltung von Wasser via Öko­strom erzeugt und ist der Baustein zur Energie­wende.
Grüner Wasserstoff kann in der Chemie-, Stahl­oder Zementindustrie eingesetzt werden, kann Häuser heizen, in Gaskraftwerken verstromt werden oder über Brennstoffzellen Fahrzeuge antreiben. Mithilfe von grünem Wasserstoff kön­nen wir die Energiewende schaffen und dabei Wohlstand und Arbeitsplätze in Deutschland si­chern. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft müs­sen nun an einem Strang ziehen.

Mobilität mit Wasserstoff und Brennstoffzelle

Mit grünem Wasserstoff betriebene Brennstoff-zellenfahrzeuge (Fuel Cell Electric Vehicles, FCEVs) sind eine der umwelt- und klimafreund­lichsten Lösungen im Verkehr – insbesondere dann, wenn lange Reichweiten von über 700 Kilo­metern und kurze Betankungszeiten von maxi­mal 15 Minuten gefordert sind. Die Brennstoff­zelle hat tor. Dieser liegt je nach Betrieb bei bis zu 65 Pro­zent. FCEVs werden über einen Elektromotor an­getrieben, die Technik unterscheidet sich aber deutlich vom Batteriefahrzeug (BEVs), denn der Strom wird direkt an Bord aus Wasserstoff (H2) und Umgebungsluft erzeugt. Die als Nebenpro­dukt anfallende Wärme kann – wie bei heutigen Pkws – zur Beheizung des Innenraums genutzt werden.
Eine Batterie unterstützt das Brennstoffzellen-system während der Beschleunigung und beim regenerativen Bremsen. Der Vorteil von FCEVs gegenüber Batteriefahrzeugen (BEVs) liegt vor al­lem in der deutlich schnelleren Betankung und der großen Reichweite. Brennstoffzellenantriebe eignen sich somit für den Schwerlastverkehr, für Busse sowie für Züge und Schiffe. Langfristig kann grüner Wasserstoff wichtige Einsatzberei­che von Dieselmotoren übernehmen.

Brennstoffzellenzentrum Süddeutschland

Das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasser­stoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) in Ulm forscht seit über 30 Jahren kontinuierlich an Brennstoffzellen. Und auch industrieseitig hat der Süden viel zu bieten: Fast alle wichtigen Pro­duzenten von Brennstoffzellen und deren Kom­ponenten liegen in den Bundesländern Baden-Württemberg und Bayern. Die Herstellung von Brennstoffzellensystemen passt ideal zur mittel­ständischen und durch das Automobil geprägten Industrie in diesen Bundesländern und bietet so­mit eine ideale Perspektive für die Zeit nach dem Verbrennungsmotor.
Die ersten brennstoffzellenbetriebenen Lkws aus Deutschland werden ab dem Jahr 2024 verfügbar sein. Es ist nun Aufgabe der Politik, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass sich die notwendige Tankstelleninfrastruktur schnell und parallel zur Auslieferung dieser klimafreundlichen Lkws entwickelt. Damit Brennstoffzellen diesen bedeutenden Beitrag für die Verkehrswende leisten können, müssen sie nun schnell von der heute üblichen Hand-fertigung in eine Serienproduktion überführt werden. Mit den Fragestellungen der Massenfertigung von Brennstoffzellen wird sich die Forschungsfabrik für Wasserstoff und Brennstoffzellen (HyFaB) beschäftigen, die am ZSW in Ulm entsteht.

Prof. Dr. Markus Hölzle, Mitglied des ZSW-Vorstands und Leiter des Geschäftsbereichs Elektrochemische Energietechnologien in Ulm