Fachkräftenachwuchs

Recruiting von Auszubildenden

Einführung

Unternehmen konkurrieren immer stärker um Auszubildende. Wichtig ist es, ein zielgruppengerechtes und professionelles Ausbildungsmarketing durchzuführen, das über konventionelle Suchmethoden wie Stellenanzeigen und Einträge in die IHK-Lehrstellenbörse hinausgeht. Es umfasst alle Mittel, mit denen sich Unternehmen als attraktiver Ausbildungsbetrieb präsentieren. Dazu müssen sie sich wie beim Arbeitgebermarketing zunächst damit auseinandersetzen, was sie für die Zielgruppe attraktiv macht. Wichtig ist vor allem, was sie von Wettbewerbern unterscheidet: etwa starke Produkte, wichtige Zulieferbeziehungen, Karriereperspektiven, Weiterbildungsmöglichkeiten, aber auch die Unternehmenskultur und Freizeitmöglichkeiten am Standort.
Personalleiter können nicht mehr davon ausgehen, nach einer lokalen Stellenanzeige aus einem riesigen Pool von Bewerbern auswählen zu können. Das bedeutet, schon jetzt nach neuen Wegen, Zielgruppen und Blickwinkeln zu suchen. Schien es früher durchaus sinnvoll, auf möglichst leistungsstarke Schulabgänger zuzugreifen, muss die Zukunft durch eine umfassendere Strategie bestimmt werden. Unternehmen müssen verstärkt auf die Bewerber zugehen und über sich und die Ausbildungsmöglichkeiten informieren.
Wem bewusst ist, dass Auszubildende genauso intensiv wie die eigenen Kunden umworben werden müssen, dem drängen sich die notwendigen Ansätze förmlich auf. Größeren Unternehmen fällt es dabei vielleicht leichter, sich mit ausgefeilten Strategien erfolgversprechend zu positionieren. Doch auch alle anderen Betriebe sollten über ihre Möglichkeiten und Strategien nachdenken. Wer einen Kunden gewinnen will, sollte schneller sein als die Konkurrenz. Der Kunde oder hier der Schüler muss so früh wie möglich das eigene Produkt – den Ausbildungsbetrieb – kennenlernen. Dazu bieten sich viele Möglichkeiten. Wichtig ist, früh genug über solche Maßnahmen nachzudenken. Denn wie alle Strategien braucht es auch hier eine gewisse Anlauf- und Probezeit.

Recruiting-Webseite des Unternehmens

Eine Rubrik „Ausbildung“ auf der Unternehmenswebsite ist eher Pflicht als Kür und gehört zu den absoluten „must haves“. Neben den üblichen Ausbildungsplatzangeboten können hier auch Erfahrungsberichte von Auszubildenden und Ausbildern (Blogs) und Unternehmens- und Aufgabenbeschreibungen in zielgruppenspezifischer Ansprache hinterlegt werden.
Wichtig: Die Seite sollte ohne langwierige Suche „auf einen Klick“ von der Startseite aus erreichbar sein und die Zielgruppe nicht mit trockenen Zahlen, Daten, Fakten über das Unternehmen oder mit umfangreichen Anforderungsprofilen der gesuchten Bewerber „erschlagen“. Aufmerksamkeit erregt alles, was witzig oder anders ist: zum Beispiel, wie viele Flaschen Mineralwasser der Betrieb jedes Jahr seinen Mitarbeitern zur Verfügung stellt, aus welchen Ländern diese kommen oder wie lange sie durchschnittlich im Betrieb arbeiten.
Auch interessant für Bewerber: Welche Anzahl ehemaliger Azubis wurde übernommen bzw. arbeitet heute noch im Unternehmen? Welchen Altersdurchschnitt hat das Unternehmen? Welche Wettbewerbe hat die Betriebssportmannschaft gewonnen?
Ziel jeder Karriereseite sollte es sein, dass Unternehmen auch von der menschlichen Seite darzustellen, so dass ein Bewerber eine Vorstellung davon bekommt, wo er sich bewirbt, wie man dort „tickt“ und was ihn auf der zwischenmenschlichen Ebene erwartet.
Nicht vergessen werden sollten die sozialen Medien. Jugendliche sind bei Youtube, Instagram und TikTok unterwegs, Eltern eher bei Facebook. Vielleicht haben die Azubis im Unternehmen Interesse, dort aus ihrem Ausbildungsalltag zu posten? Kurze Videoclips aus dem Azubi-Alltag müssen nicht professionell gedreht werden. Sie sollten eine positive Botschaft (z. B. „super interessantes Projekt: wir organisieren gerade den nächsten ...) authentisch an die Zielgruppe bringen. Auch ein Azubi-Blog, der regelmäßig gefüllt wird, kann einen anschaulichen Einblick in den Ausbildungsalltag geben.

Stellenausschreibungen: 
von „Auswahl“ auf „gewinnen“ umschalten

Jugendliche der Generation Z (und künftig der Generazion Alpha) wollen nicht irgendeinen Beruf sondern etwas tun, was sie als sinnvoll erleben. Stellenausschreibungen sollten dies berücksichtigen, in dem sie nicht nur das Tätigkeitsfeld beschreiben, sondern auch begründen, warum dieser Beruf reizvoll ist.
Wichtig sind ihnen auch eine gute Ausbildung, Wertschätzung im Unternehmen und die Zukunftsaussichten: die Übernahmewahrscheinlichkeit bzw. Berufschancen nach der Ausbildung, die Rolle der Digitalisierung und Chancen für die individuelle Zukunftsplanung, z. B. die Förderung von Weiterbildung nach der Ausbildung.
Punkten kann bei der „Fridays-for-future“-Generation auch, wer unternehmerische Verantwortung übernimmt (sozial, ökologisch) und über ein positives Betriebsklima verfügt und dies nach außen kommuniziert.

Was kann außerdem genutzt werden?

  • Ausbildungsqualität (z. B. IHK-Qualitätssiegel „TOP Ausbildung“; strukturierte Ausbildung kommunizieren, z. B. über einen Muster-Ausbildungsplan auf der Webseite mit sinnvollen Tätigkeiten und Azubi-Projekten)
  • Zuschüsse für Fahrten zur Berufsschule bzw. Übernahme von eventuell notwendigen Übernachtungskosten
  • Teilnahmemöglichkeit an Berufswettbewerben
  • positives Unternehmensimage kommunizieren 
  • Ausbildungsunterstützung durch Paten/Mentoren im Betrieb
  • intensive Prüfungsvorbereitung
  • Weiterbildungsangebote / Zusatzqualifikationen schon während der Ausbildung
  • Förderungsmöglichkeiten der Weiterbildung im Anschluss an die Ausbildung (Kosten, Freistellung u. ä.)
  • Auslandsaufenthalte im Rahmen der Ausbildung
  • Prämien für gute Leistungen
  • überdurchschnittliche Ausbildungsvergütungen und / oder Büchergeld
  • Unterstützung beim Erwerb des Führerscheins
  • Azubi-Mobile als Dienstfahrzeug für (gute?) Auszubildende
  • Übernahme der Smartphonekosten für die Kommunikation mit Ausbilder und Mit-Azubis in Whatsapp-Gruppen o. ä.
  • Aussagen zu „Work-Life-Balance“
  • Karrierechancen nach der Ausbildung bieten („Karriere mit Lehre“)
Tipp: Lassen Sie Ihre Azubis eine Ausschreibung für die eigenen Nachfolger entwerfen – sie sind am dichtesten an der Zielgruppe dran und können sich am besten in sie hineinversetzen! Und vielleicht zahlen Sie Ihren Azubis sogar eine Prämie, wenn diese erfolgreich neue Azubis anwerben und diese auch nach der Probezeit noch an Bord sind?

Schulschwache Azubis in den Fokus nehmen

Viele Betriebe stellen am liebsten Schulabgänger mit höherwertigen Schulabschlüssen und guten Noten ein. Doch ist hier die Gefahr am größten, dass sie nach der Ausbildung in ein Studium streben und dem Betrieb wieder verloren gehen. Die Investition in ihre Ausbildung hat sich dann nicht gerechnet.
Deshalb ist es eine Überlegung wert, schulschwächere Bewerber in den Fokus zu nehmen. Sie schaffen vielleicht die Ausbildung nicht immer, aber doch in den meisten Fällen – und danach bleiben sie dem Betrieb länger erhalten. Wenn von 20 schulschwachen Azubis einer die Ausbildung nicht schafft, von 20 schulstarken Azubis aber 15 nach der Ausbildung wieder weg sind – wie hoch ist dann die Fehlinvestition? Würden Unternehmen mehr Schulschwache einstellen und sie intensiv betreuen, würden sie das Ergebnis der Ausbildung verbessern.

Partnerschaften Schule - Betrieb

Je näher die Berufsorientierung in den Schulen an der Wirklichkeit der Arbeitswelt dran ist, umso besser ist es für die jungen Menschen, die sich einen reibungslosen Berufsstart wünschen. Besser ist es auch für die Unternehmen, die gut vorbereitete Auszubildende für die Fachkräftesicherung brauchen.
  • Sie lernen künftige Auszubildende kennen.
  • Sie präsentieren sich als attraktive Arbeitgeber.
  • Sie verbessern die Ausbildungsreife künftiger Bewerber.
So gut wie alle Schulen sind offen für Partnerschaften mit nahe gelegenen Betrieben. Projekte, die gemeinsam mit Schülern durchgeführt werden, bringen das Unternehmen positiv ins Gespräch. Schülerpraktika und Berufsfelderkundungen sind hervorragende Möglichkeiten, das eigene Unternehmen zu präsentieren und potenzielle Bewerber frühzeitig kennenzulernen.
Das sind mögliche Projekte:
  • Unterstützung von Unterrichtsreihen (z. B. zur Werbung und zum Marketing) und Schulprojekten
  • Bewerbungstrainings
  • Vorstellung von Ausbildungsberufen und Ausbildungsalltag durch Auszubildende
  • Praxisseminare für Lehrer
  • Betriebserkundungen für Schulklassen
  • Technikunterricht in der Lehrwerkstatt
  • Betriebspraktika für Schüler
  • Lernbausteine zu naturwissenschaftlichen Themen
  • Vorstellung des Berufs „Unternehmer“

Berufs(feld)erkundung am „Zukunftstag“

Der Start ins Arbeits- und Berufsleben muss vorbereitet werden. Dafür sind praktische Erfahrung und die Chance, etwas selber zu machen, die erfolgreichste Berufsorientierung. Die Erkundung von Berufsfeldern steht am Anfang einer jeden Berufsorientierung und bedeutet vor allem „Selbermachen“ und „Ausprobieren“. Das kann die Dateneingabe am Computer, die Erstellung kleiner Werkstücke in der Werkstatt oder die Durchführung von Messungen sein. Hauptsache, das Berufsfeld wird unterhaltsam vermitteln. Die Berufsfelderkundungen sollen Einblicke in die Berufswelt geben, die bei der Wahl für den beruflichen Weg und der Entdeckung eigener Fähigkeiten und Wünsche helfen.
Die Berufsfelderkundung ist zugleich ein wichtiger Schritt in Richtung Praktikum, das ebenso ein Teil der Berufsorientierung ist wie die Analyse der Fähigkeiten, Interessen und Potenziale von Schülern. Die Berufsfelderkundung wird im Unterricht vor- und nachbereitet und von Lehrkräften begleitet. Die Jugendlichen werten ihre Erfahrungen in der Schule aus und können so realistische Berufswünsche entwickeln.
Unternehmen, die Berufsfelderkundungen durchführen, lernen künftige Fachkräfte kennen und können über Leistungen und Produkte des Unternehmens ebenso wie über Praktikumsplätze und Ausbildungsmöglichkeiten informieren. Die Berufsfelderkundung ist damit ein wirksames Instrument der betrieblichen Zukunftssicherung. Oft entstehen dabei anhaltende Verbindungen, vielleicht ein Ausbildungsverhältnis und damit der eigene Nachwuchs an Fach- und Führungskräften. Ein guter Übergang von der Schule in den Beruf nutzt Unternehmen ihren Fachkräftenachwuchs zu finden, und es spart jungen Menschen überflüssige Umwege auf dem Weg in ein erfolgreiches Berufsleben.
Wichtig ist, dass die Jugendlichen an dem Tag gut betreut werden, am besten durch das Ausbildungspersonal und gegebenenfalls Auszubildende aus dem Unternehmen. Die Jugendlichen erhalten so einen Einblick in typische Tätigkeiten des jeweiligen Berufsfeldes.
Möglich ist, die Erkundung sowohl für einen Schüler anzubieten als auch für eine Gruppe. Dies richtet sich nach den Möglichkeiten des Betriebs.
Angebote zur Berufsfelderkundung können z. B. im Rahmen des jährlich von den allgemeinbildenden Schulen organisierten „Zukunftstages“ gemacht werden.
Das Kennenlernen von Betrieben und Berufen im Rahmen von Aktionstagen oder Praktika ist ein wesentliches Element der Berufsorientierung. Wenn Sie Jugendlichen diese Möglichkeit bieten, dann lassen Sie Ihr Angebot kostenlos in unseren Praktikumsatlas eintragen.

Als Ausbildungsbotschafter auf sich aufmerksam machen

Ausbildungsbotschafter rücken die betriebliche Ausbildung in den Blick von Schülerinnen und Schülern. Sie präsentieren ihre Unternehmen als attraktive Ausbildungsbetriebe und unterstützen sie damit, Fachkräfte zu gewinnen. Mit ihren Einsätzen zeigen sie zudem Lehrkräften und Eltern auf, welche Ausbildungschancen die regionale Wirtschaft bietet.

Eltern als Influencer gewinnen

Wichtige Beeinflusser im Azubi-Marketing sind Eltern und Lehrer, aber auch das nähere soziale Umfeld der Jugendlichen.
Nachmittag oder Abende der „offenen Tür“, an denen Eltern mit ihren Kids einen Blick in das Unternehmen werfen können, machen vieles anschaulicher als jede Hochglanzbroschüre oder jeder Internetauftritt. Schüler-Eltern-Abende, zu denen auch ruhig die Lehrkräfte abgebender Schulen eingeladen werden sollten, sind daher ein wichtiges Instrument der Nachwuchsrekrutierung.
„Azubi-Menüs“ in der Gastronomie locken nicht nur die Verwandtschaft ins Restaurant, wenn der eigene Nachwuchs kocht; sie können auch für die Darstellung der beruflichen Möglichkeiten genutzt werden. Von der „Küchenparty“ bis zur „Kitchen Battle“, wo Azubis gegen „alte Hasen“ im Kochwettstreit antreten und Gäste die Jury bilden, ist vieles denkbar.

Jugend-Events anbieten

Ein Schuhmaschinenhersteller aus der Region hatte die Idee, Jugendliche einzuladen, ihren eigenen Sneaker zu designen. Der Erfolg war überwältigend, obwohl die Veranstaltung sogar kostenpflichtig war.
Das Beispiel zeigt: Jugendliche lassen sich begeistern, wenn der Grundsatz „What’s in it for me?“ Berücksichtigung findet und gleichzeitig Spaß verspricht.
Unternehmen sollten daher überlegen, womit sie sich unter diesem Gesichtspunkt präsentieren können, was aus der Sicht von Jugendlichen „sexy“ wirkt und zu passenden Events einladen.
Der Aufwand dafür muss nicht einmal immer extrem groß sein, wenn man sich mit dem eigenen Angebot in eine existierende Veranstaltungsreihe, wie z. B. das MINT-Projekt der IHK Stade, einklinkt, bei dem Schüler der Vorabgangsklassen über mehrere Monate hinweg jeden Monat einen Tag in einem anderen Betrieb schnuppern können und unmittelbar durch eigenes praktisches Tun mehr eine Ausbildung in MINT-Berufen erfahren.

Werbeplattformen nutzen

„Tue Gutes und rede darüber“ gilt immer noch! In diesem Sinne ist eine systematische Presse- und Öffentlichkeitsarbeit wichtiger Bestandteil im Rekrutierungsprozess.
Und natürlich sollten Sie mit Ihrem Angebot überall präsent sein: