Zukunft des Außenhandels – Die strategische Rolle deutscher Seehäfen
Die Bedeutung der deutschen Seehäfen für die deutsche Wirtschaft: Die IHK Nord präsentiert in einer exklusiven Sonderauswertung der Seeverkehrsprognose 2040 des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr eine fundierte Analyse der zukünftigen Rolle deutscher Seehäfen im internationalen Warenverkehr.
Vor dem Hintergrund wachsender geopolitischer Spannungen, transformierender Lieferketten und ambitionierter Infrastrukturziele wird deutlich: Die deutschen Seehäfen sind weit mehr als logistische Drehscheiben – sie sind strategische Knotenpunkte für Wohlstand, Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftliche Resilienz.
Die Untersuchung liefert erstmals eine tiefergehende Bewertung der maritimen Umschlagsströme nicht nur in Mengen, sondern auch in Handelswerten – bis hinunter auf Ebene der Landkreise. Damit eröffnet sie eine neue, datenbasierte
Grundlage für industrie- und verkehrspolitische Weichenstellungen auf Bundes- und Landesebene. Ergebnisse der IHK Nord-Sonderauswertung der Seeverkehrsprognose 2040 werden auf dieser Seite vorgestellt und widmet sich diesen Fragen:
- Wie entwickeln sich die Anteile des seewärtigen Außenhandels der Bundesrepublik und der Bundesländer über deutsche Seehäfen?
- Welchen prognostizierten Anteil haben die Verkehrsträger am Gütertransport von und zu den Seehäfen?
- Wie muss die Infrastruktur für die zukünftigen Transportmengen fit gemacht werden?
Die wichtigsten Ergebnisse der Sonderauswertung
Der gesamte seewärtige Außenhandel Deutschlands wird sich von 374 Mio. t im Jahr 2019 bis 2040 auf 331 Mio. t im Jahr 2040 gemäß Seeverkehrsprognose reduzieren. Wertmäßig wird das deutsche seewärtige Handelsaufkommen jedoch bis 2040 deutlich von 830 Mrd. Euro in 2019 um insgesamt 47 Prozent bzw. um durchschnittlich 4,2 Prozent p.a. auf 1.224 Mrd. Euro im Jahr 2040 wachsen.
Über deutsche Seehäfen werden davon seewärtige Außenhandelsvolumina in Höhe von 212 Mio. t in 2019 und 195 Mio. t im Jahr 2040 bzw. von 508 Mrd. Euro in 2019 und 764 Mrd. Euro in 2040 umgeschlagen (Der seewärtige Außenhandel Deutschlands über deutsche Seehäfen ergibt sich aus dem Umschlag deutscher Seehäfen abzüglich Transhipment und Transitaufkommen).
Einordnung: Der wertmäßige Anstieg des deutschen seewärtigen Außenhandels über deutsche Seehäfen ist im Wesentlichen auf Güterstruktureffekte und Wertsteigerungen bei bestimmten Gütergruppen zurückzuführen. Der mengenmäßige Rückgang ist insbesondere eine Folge abnehmender Importe fossiler Energieträger in Verbindung mit der Energiewende. Der Anteil von Massengütern wird demzufolge beim seewärtigen Außenhandel Deutschlands auch über deutsche Seehäfen abnehmen, während der Handel mit hochwertigen Gütern wie Fahrzeugen, Maschinen und Anlagen etc. voraussichtlich weiterwächst. Insgesamt wird laut Prognose der seewärtige Außenhandel Deutschlands über deutsche Häfen im Prognosezeitraum wertmäßig in Euro um ca. 50 Prozent steigen, während er in Tonnen um 8 Prozent abnimmt.
Gütergruppen und Modal Split
Werthaltigkeit und Wachstum der transportierten Gütergruppen werden sich laut Prognose unterschiedlich entwickeln. Das stärkste Wachstum wird bei chemischen Erzeugnissen und Düngemitteln, bei den klassischen Exportprodukten der deutschen Wirtschaft aus dem Anlagen- und Maschinenbau sowie bei „nicht identifizierbaren Gütern“ erwartet. Letztere werden zu einem großen Teil per Container transportiert und sind wesentlicher Treiber für das Wachstum.
Auffallend ist der hohe Anteil der Bahn bei deren Transport. Die Transportvolumen der Bahn werden bezogen auf Euro und Tonnage beim seewärtigen Handel über deutsche Häfen zunehmen. Bei Schiene und Straße sind die Wertanteile am Modal Split höher als die Tonnageanteile. Dies ist bedingt durch die höheren Anteile an höherwertigen Gütern. Die Binnenschifffahrt ist besonders bei Massengütern stark.
Der deutsche Außenhandel
Mehr als 90 Prozent der weltweit gehandelten Güter werden über den Seeweg transportiert. Die Bundesrepublik Deutschland zählt zu den führenden Exportnationen der Welt. Jeder dritte Arbeitsplatz der deutschen Wirtschaft hängt vom Außenhandel ab. Ein bedeutender Faktor für diesen wirtschaftlichen Erfolg sind die deutschen Seehäfen. Sie spielen eine zentrale Rolle im internationalen Warenverkehr und sind ein unverzichtbarer Bestandteil der nationalen und globalen Lieferketten.
Als Exportnation ist Deutschland auf zuverlässige und leistungsfähige Seehäfen angewiesen, um global wettbewerbsfähig zu bleiben.
Die Häfen dienen als Schnittstelle zwischen deutschen Unternehmen und den Märkten in Asien, Amerika und Afrika. Besonders der Containerverkehr und der Handel mit Rohstoffen wie Erz oder Getreide laufen über diese Umschlagplätze.
Notwendige Voraussetzung ist eine leistungsfähige Transportinfrastruktur, die eine dauerhaft ausreichende, effiziente und kostengünstige Anbindung der Seehäfen an die Industriezentren ermöglicht.
Die Sonderauswertung der IHK Nord soll zeigen, wie sich der deutsche Außenhandel laut Prognose in den Jahren von 2019 bis 2040 sowohl im Hinblick auf Tonnagen aber vor allem im Hinblick auf die gehandelten Werte (in Euro) über deutsche Seehäfen entwickelt.
Schlussfolgerungen für die Infrastruktur
Obwohl sich die Transportmengen laut derzeitiger Prognose leicht verringern sollen, belaufen sich die zu transportierenden Mengen des deutschen seewärtigen Außenhandels im Jahr 2040 insgesamt immer noch auf 331 Mio. Tonnen, davon über deutsche Seehäfen 195 Mio. Tonnen. Deutlich wachsen wird der Wert der über unsere Seehäfen transportierten Güter für die deutsche Volkswirtschaft.
Sowohl unsere Seehäfen als auch die norddeutschen Unternehmen benötigen eine leistungsfähige Infrastruktur für den zukünftigen wirtschaftlichen Erfolg. Zur Aufrechterhaltung der Liefer- und Versorgungsketten, für zivile und militärische Transporte sowie Großraum- und Schwertransporte müssen Häfen und Verkehrswege - ob Wasser, Schiene oder Straße - sowie Brücken deutschlandweit saniert bzw. ertüchtigt werden.
Die Infrastrukturkapazitäten für die Erreichbarkeit der Häfen (Anbindung an das Hinterland über alle Verkehrsträger hinweg, insb. per Bahn) sowie die Digitalisierung der Logistikketten müssen nachhaltig und langfristig sichergestellt werden.
Die norddeutsche Wirtschaft fordert seit Jahren die Finanzierung und Umsetzung strategisch relevanter und vordringlich zu realisierender Verkehrsinfrastrukturprojekte sowie – mit Blick auf die systemische Bedeutung der Seehäfen – eine Erhöhung des jährlichen Hafenlastenausgleichs durch den Bund auf 500 Mio. Euro inklusive Inflationsanpassung.
Eine deutliche Beschleunigung von Planfeststellungs- und Genehmigungsverfahren sowie die dauerhafte Bereitstellung der notwendigen finanziellen Mittel sind für die rasche Umsetzung der notwendigen Infrastrukturprojekte unabdingbar.
Hintergrund zur Seeverkehrsprognose
Die IHK Nord hat eine Sonderauswertung der Seeverkehrsprognose 2040 des Bundesministeriums für Verkehr (BMV) anfertigen lassen. Diese ist Teil der Langfrist-Verkehrsprognosen, die das BMV als Grundlage für die Aufstellung und für die Überprüfung der Bundesverkehrswegepläne regelmäßig erstellen lässt. In der Sonderauswertung wurden die Verkehre über 19 Seehäfen der Bundesrepublik berücksichtigt, die als Start- oder Zielort Deutschland haben.
Mit Hilfe von Wertdichteschlüsseln (Euro pro Tonne) werden die Ergebnisse der Seeverkehrsprognose für die Bundesländer sowie für alle deutschen Landkreise zusätzlich neben Gewichtsmengen in Tonnen auch in Eurowerten angegeben. Zusätzlich erfolgt eine Darstellung der Anteile der Verkehrsträger Schiene, Straße und Wasserstraße sowie deren prognostizierte Entwicklung.
Die Ergebnisse dieser Sonderauswertung der Seeverkehrsprognose wurden am 25. Juni 2025 in Berlin auf einem Parlamentarischen Abend vorgestellt.
Ergebnisse der Seeverkehrsprognose für einzelne Städte und Landkreise
Sind Sie an weiteren Details und Ergebnissen für einzelne Städte und Landkreise sowie einem dazu gehörenden Flyer interessiert? Die kompakten Infos sind abrubar im IHK Nord-Artikel.