Landesverkehrskonferenz
Wirtschaft braucht Wege. Und diese Wege brauchen Pflege. Doch genau daran hapert es immer häufiger – in MecklenburgVorpommern wie bundesweit. Der Substanzverzehr unserer Infrastruktur ist kein Randthema mehr, sondern rückt zunehmend ins Zentrum wirtschaftlicher Sorge. Was hilft ein gut gefüllter Auftragsbestand, wenn der Lkw im Stau der Dauerbaustelle steht, der Pendlerzug nicht fährt oder das Material wochenlang irgendwo zwischen Berlin und Hamburg strandet?
Auf der Landesverkehrskonferenz 2025 in Linstow haben die IHKs in Mecklenburg-Vorpommern deshalb deutlich Position bezogen. Mit dem neuen gemeinsamen verkehrspolitischen Papier, das an die Landesregierung überreicht wurde, legen die IHKs die Finger in die Wunden – und liefern gleichzeitig konkrete Lösungsvorschläge. Finanzierung, Erhalt, Koordination: Die Infrastrukturpolitik braucht mehr als gute Absicht. Sie braucht Mut zur Entscheidung und Lust auf Umsetzung.
Infrastruktur Schwerin - bevor sie bröckelt
Ob Bundesautobahn oder Gemeindestraße: Instandhaltungsrückstände, gesperrte Brücken und Flickenteppiche kosten Zeit, Geld und Vertrauen. Ein landeseigenes Brückensanierungsprogramm ist überfällig. Viele Brücken – vor allem ältere Spannbetonbauwerke – sind in kritischem Zustand. Das Ergebnis: Tonnagebegrenzungen, Umwege, Einschränkungen für ganze Regionen. Die Wirtschaft fordert: eine systematische Zustandserfassung, transparente Prioritäten und konkrete Zeitpläne. Schnell. Planbar. Finanzierbar.
Finanzierung mit System - Kein Stop-and-Go
Mittel, die aus der Nutzung der Straßeninfrastruktur stammen – etwa aus der Lkw-Maut – müssen vollständig und zweckgebunden in den Erhalt und Ausbau der Straßen fließen. Punkt. Nur so lässt sich der Sanierungsbedarf wirklich decken. Ergänzend braucht es überjährige Budgets oder Fondslösungen, um Investitionen planbar zu gestalten – auch für Bauwirtschaft und Planungsbüros, die Kapazitäten nicht im Wochentakt hoch- und runterfahren können.
Bahn sanieren - ja - aber bitte mit Plan
Die geplante neunmonatige Vollsperrung der Strecke Hamburg–Berlin im Rahmen der Generalsanierung des Hochleistungsnetzes mag aus Sicht der Infrastruktur logisch erscheinen. Doch für MV bedeutet sie einen verkehrlichen Einschnitt von historischem Ausmaß. Tägliche Pendlerverkehre, touristische Erreichbarkeit, Geschäftsreisen – all das wird massiv eingeschränkt. Wer von Schwerin oder Ludwigslust nach Hamburg muss, kann künftig viel Zeit mitbringen – oder umsteigen aufs Auto, mit bekannten Nebenwirkungen. Wir sagen: Sanieren ja – aber nicht auf dem Rücken der Region. Die Bahn muss liefern: verlässliche Kommunikation, abgestimmte Ersatzverkehre, transparente Baukoordination. Und vor allem: Die übrige Schieneninfrastruktur darf nicht vernachlässigt werden. Mecklenburg-Vorpommern darf nicht zur verkehrspolitischen Randnotiz im Fernverkehr werden. Die angekündigte Streichung von Frühverbindungen auf der ICE-Linie Rostock-SchwerinHamburg ist nicht akzeptabel.
Transport und Logistik - Rückgrat ohne Rückrad
Die Transport- und Logistikbranche hat, neben der bröckelnden Infrastruktur weiter wichtige Baustellen. Hohe Mautkosten, doppelte CO2 -Bepreisung, über bordende Dokumentationspflichten und ein zunehmend akuter Fahrermangel setzen die Betriebe unter Druck – besonders die vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen in MV. Dabei sichern sie tagtäglich Versorgung, Produktion, Export – und damit unseren wirtschaftlichen Alltag. Die Forderungen der IHKs sind klar: Bürokratieabbau, faire Rahmenbedingungen, steuerliche Entlastung alternativer Antriebe, gezielte Förderungen – und ein Stück mehr gesellschaftliche Wertschätzung für eine Branche, ohne die in diesem Land buchstäblich nichts rollt.
Kommunikation ist Gold - vorallem bei Baustellen
Ein letzter Punkt – aber einer mit großer Wirkung: Wenn gebaut wird, muss gesprochen werden. Denn Baustellen sind keine Überraschungseier. Ob Vollsperrung oder halbseitige Blockade: Unternehmen brauchen frühzeitige Information, verständliche Umleitungen und planbare Abläufe. Gute Baustellenkommunikation ist keine Kür, sondern Pflicht – und spart am Ende mehr, als sie kostet.
- Meinungsbeitrag aus der Praxis
Sebastian Mundt, Holztransporte Mundt, Besitz:
"Wir brauchen keine Schlagzeilen. Wir brauchen Lösungen.“ – Ein Appell aus dem Mittelstand zur Realität der Verkehrswende von Sebastian Mundt, Unternehmer und Co-Vorsitzender des IHK-Verkehrsausschusses.Und trotzdem heißt es aus Politik und Industrie immer wieder: Ihr müsst liefern. Ihr müsst investieren. Ihr müsst umstellen. Aber womit eigentlich? Von welchem Geld? Wir reden nicht über börsennotierte Konzerne, sondern über Familienbetriebe – oft mit jahrzehntelanger Geschichte. Über Unternehmen, die schon jetzt mit steigenden Anforderungen, wachsender Bürokratie und enormem wirtschaftlichem Druck zu kämpfen haben. Für mich zeigen die Aussagen aus der Industrie vor allem eines: Es fehlt an Plan, Führung und Verantwortung. Die Ziele sind hochgesteckt, aber statt ehrlich zu benennen, dass viele davon derzeit nicht erreichbar sind, wird der Druck einfach weitergereicht – auf uns im Mittelstand.Dabei sind wir keine Randerscheinung – wir sind das Rückgrat der Wirtschaft! Wir sollen uns "anpassen“ – aber womit? Ich erwarte keine Sonderbehandlung, aber verlässliche, faire Rahmenbedingungen:- Förderprogramme, die ihren Namen verdienen
- E-Lkw, die nicht nur auf Messen, sondern auf Straßen funktionieren – zu Preisen, die Betriebe wie meiner auch bezahlen können
- Eine Infrastrukturstrategie, die nicht nur auf Brüssel schaut – sondern auch nach Schwerin, Rostock oder Boizenburg.
Ich bin bereit für Veränderung. Aber ich will eine, die machbar ist – nicht nur auf dem Papier, sondern in der Praxis. Wir brauchen keine Schlagzeilen. Wir brauchen Lösungen. Jetzt!
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Hannes Schubert
Aufgabenbereich:
Fachberatung
Geschäftsbereich: Standortpolitik, International