Schweriner Wissenschaftswoche: Nachlese

Die Schweriner Wissenschaftswoche im November 2025 hat eindrucksvoll gezeigt, wie Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft gemeinsam Antworten auf die großen Fragen unserer Zeit suchen. Unter dem Leitmotiv „Zukunftsenergie“ wurde fünf Tage lang diskutiert, Forschung vermittelt und vernetzt.

Forum für Wissenschaft und Gesellschaft

Insgesamt folgten rund 500 Interessierte der Veranstaltungsreihe - ein starkes Zeichen für die Bedeutung des Formats als offenes Forum für die Öffentlichkeit.

Auftaktveranstaltung

Die feierliche Eröffnung im Ludwig-Bölkow-Haus Schwerin setzte mit der Verleihung des Innovationspreises Schwerin 2025 ein starkes Zeichen für regionale Innovationskraft.
Ausgezeichnet wurden u. a. Arbeiten zu Smart-City-Parkleitsystemen, zur Umnutzung historischer Architektur, zu nachhaltigem Bauen im Moor sowie zur geothermischen Nutzung von Horizontalfilterbrunnen.
Der Eröffnungsvortrag „Generation Z - sie zu finden und zu binden“ von Prof. Dr. Antje-Britta Mörstedt (PFH Private Hochschule Göttingen) beleuchtete die Folgen des demografischen Wandels für Organisationen. Sie zeigte, dass die Erwerbsbevölkerung künftig kleiner, älter, weiblicher und vielfältiger wird.
Ein Überblick über die Generationen verdeutlicht Unterschiede in Werten, Kommunikationsformen und Arbeitspräferenzen. Generation Z wird als technologieaffin, sozialmedienorientiert und sinnorientiert beschrieben, zugleich aber auch unsicher und orientierungslos. Für die Rekrutierung sind Employer Branding, kreative Ansprache über Social Media und Active Sourcing entscheidend. Führung muss generationensensibel sein und Vertrauen, Feedback sowie Dialog fördern. Die Vielfalt der Generationen ist eine Chance für zukunftsfähige Unternehmenskultur.

Forschung trifft Energie

Am MSH Campus Schwerin standen die Energiefragen der Zukunft im Mittelpunkt. Beiträge zu Laboren der Zukunft, zur thermischen Nutzung von Oberflächengewässern und zur Rolle von Wasserstoff als Schlüsseltechnologie machten deutlich, wie vielfältig die Ansätze für eine nachhaltige Energiewende sind.
Der Vortrag von Heiko Böhringer (Landkreis Ludwigslust-Parchim) zeigte das große Potenzial Westmecklenburgs im Bereich erneuerbarer Energien und Wasserstoff. Mit der Einrichtung einer Koordinierungsstelle Wasserstoff wird die Region systematisch auf die Zukunft vorbereitet. Bis 2050 könnten hier bis zu 16,1 TWh grüner Wasserstoff erzeugt werden – ein Zwölftel des prognostizierten deutschen Gesamtbedarfs. Damit positioniert sich Westmecklenburg als wichtiger Baustein der nationalen Energiewende.
Das Projekt „Energiezukunft-LUP“ verfolgt die regionale Nutzung und Veredelung erneuerbarer Energien, insbesondere durch PPAs für Gewerbegebiete und die Modernisierung von Biogasanlagen. Innovative Ansätze wie CO₂-negative Müllverbrennung oder die Transformation des Gasnetzes hin zu klimaneutralen Gasen unterstreichen die Zukunftsorientierung. Zudem wird Westmecklenburg als Standort für Backup-Kraftwerke diskutiert, gestützt durch seine Vorrangflächen für Wind- und Solarenergie sowie die Nähe zu Netzknoten.
Die strategische Entwicklung grüner Gewerbegebiete soll die regionale Wirtschaft stärken und neue Industrieansiedlungen ermöglichen. Gleichzeitig wird die Rolle von Biogas als Regelenergie betont, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Insgesamt liefert das Projekt nicht nur einen Beitrag zur Energiesicherheit, sondern schafft hochwertige Arbeitsplätze und regionale Wertschöpfung.

Mensch und Technik im Wandel

In der ISBA Schwerin wurde die Schnittstelle von Technologie und Humanressourcen beleuchtet.
Themen wie Robotik im OP, Radiologie im Wandel und KI zur Talentförderung zeigten, wie stark technologische Innovationen das Arbeits- und Gesundheitswesen prägen.
Im Rahmen ihres Vortrags beleuchteten Dr. Beate Gierschner und Marc Schmidt, M.A. von der ISBA die Chancen und Herausforderungen beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Gesundheits- und Pflegebereich. KI kann Routineaufgaben erleichtern und die Qualität von Diagnosen und Betreuung verbessern. Gleichzeitig wurde auf kritische Aspekte hingewiesen: etwa die Gefahr der Entmenschlichung in sozialen Berufen, mangelnde Transparenz von Algorithmen sowie Risiken für Datenschutz und Datensicherheit. Der Vortrag regte zur Reflexion über den verantwortungsvollen Umgang mit KI und die Gestaltung einer ethisch fundierten digitalen Zukunft im Gesundheitswesen an.
In seinem Vortrag beleuchtete Dr. med. Michael Karg, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der MSH Medical School Hamburg und Facharzt in den Helios Kliniken Schwerin, die Rolle moderner OP-Technik und Robotik im DRG-System. Am Beispiel der Sigmaresektion wurde deutlich, dass innovative Verfahren wie die robotergestützte Chirurgie medizinisch sinnvoll sind, jedoch im aktuellen Finanzierungssystem nicht ausreichend abgebildet werden. Trotz identischer Fallpauschalen entstehen deutliche Unterschiede in der Wirtschaftlichkeit.
Der Vortrag regte zur Diskussion über die Weiterentwicklung der Krankenhausfinanzierung an, um moderne Technik angemessen zu berücksichtigen und zukunftsfähige Versorgung zu ermöglichen.
Prof. Dr. med. Gabriel Broocks, Professor für Radiologie/Neuroradiologie an der MSH Medical School Hamburg und Oberarzt in den Helios Kliniken Schwerin, präsentierte spannende Einblicke in die Zukunft der Neurotechnologie am Beispiel von Brain-Computer Interfaces. Er erläuterte, wie Hirnsignale über Elektroden-Chips erfasst, drahtlos übertragen und softwaregestützt in Steuerimpulse für Prothesen oder Computer umgesetzt werden. Besonders hervorgehoben wurden die Potenziale für gelähmte Menschen sowie die Visionen von „Gedanken-Tippen“ und AR/VR-Steuerung.

Fotoimpressionen vom Eröffnungstag

Transformation im öffentlichen Sektor

Die HdBA Schwerin stellte die Frage nach der digitalen und energetischen Transformation in Verwaltung und Politik.
Neben Fachimpulsen und Projektpräsentationen der Studierenden wurde deutlich, dass die öffentliche Hand eine zentrale Rolle bei der Umsetzung nachhaltiger Strategien spielt.
In den Fachvorträgen gab Benjamin Friedländer, Professor für Public Management an der HdBA Campus Schwerin, einen Fachimpuls zu den zentralen Herausforderungen der Transformation im öffentlichen Sektor. Anschließend präsentierten Studierende des Moduls „Public Controlling“ ihre interdisziplinären Projektarbeiten und gaben konkrete Gestaltungsimpulse für die Praxis.
Anschließend diskutierten im Podium Mandy Pfeifer (SPD, MdL), Dr. Daniel Trepsdorf (Die Linke, MdL), Tony Könn (Leiter Fachdienst Hauptverwaltung und Digitalisierung, Stadt Schwerin) und Peter Todt (Geschäftsbereichsleiter der IHK zu Schwerin), über die Herausforderungen und Gestaltungsansätze der digitalen Transformation im öffentlichen Sektor. Peter Todt brachte praxisnahe Perspektiven aus der Wirtschaft ein und betonte besonders die Bedeutung klarer Zuständigkeiten sowie einer leistungsfähigen digitalen Infrastruktur.
Moderiert wurde die Diskussion von Prof. Dr. Thomas Freiling (HdBA), der die vielfältigen Beiträge strukturiert zusammenführte. Die Runde machte deutlich, dass erfolgreiche Transformation nur durch sektorübergreifende Zusammenarbeit, Offenheit für Veränderung und ein gemeinsames Verständnis für digitale Innovation gelingen kann.

Schülertag - Zukunft beginnt im Klassenzimmer

Der Freitag im Capitol Schwerin war den Schülerinnen und Schülern gewidmet.
Mit einem Vortrag zur Fusionsforschung (Wendelstein 7-X) durch Dr. Ralf Kleiber vom Max-Planck-Institut für Plasmaphysik Greifswal und einer anschließenden Filmvorführung und Diskussionen wurde die junge Generation direkt angesprochen.
Der Dokumentarfilm „Atomkraft forever“ setzte sich kritisch mit der Rolle der Kernenergie in Deutschland auseinander. Er zeigt die Spannungen zwischen politischem Anspruch, gesellschaftlicher Debatte und praktischer Umsetzung beim Ausstieg aus der Atomkraft. Dabei werden sowohl die technischen Herausforderungen wie Endlagerung und Rückbau als auch die sozialen und wirtschaftlichen Folgen beleuchtet. Die Botschaft des Films ist, dass die Energiezukunft komplex bleibt und ein offener Diskurs über Chancen und Risiken notwendig ist. Er regt dazu an, Verantwortung und Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt der Diskussion zu stellen.
Weiterhin erhielten die Schülerinnen und Schüler nicht nur spannende Einblicke in die Arbeit der Gesellschaft für regionale Teilhabe und Klimaschutz (gtk), sondern auch konkrete Hinweise auf berufliche Perspektiven in der Region. Robert Clermont machte deutlich, dass die Energiewende vielfältige Ausbildungs- und Karrierechancen eröffnet – von technischen Berufen im Bereich erneuerbare Energien über Projektentwicklung bis hin zu kaufmännischen Tätigkeiten im Klimaschutzmanagement. Annemarie Borck, Communication Expert bei der Ypsomed AG in Schwerin, stellte das Unternehmen vor und zeigte, wie auch im Bereich Medizintechnik regionale Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen.
Rund 300 Schülerinnen und Schüler nahmen teil – ein starkes Signal für die Begeisterung junger Menschen für Wissenschaft und Technik.

Schweriner Innovationspreis 2025

Kurzvorstellung der Preisträger

Lars Emmerich, M. Sc., Wirtschaftsinformatik (WINGS-Fernstudium, Hochschule Wismar)
Arbeit: Entwicklung einer Strategie für ein Parkleitsystem zur Verkehrsflussoptimierung und effizienten Auslastung von Parkplätzen in einer Tourismusregion anhand eines Praxisbeispiels
  • Praxisbeispiel: Insel Sylt
  • Ziel: Effiziente Steuerung von Verkehrsströmen und smarter Einsatz von Parkflächen
  • Besonderheit: Verbindung von Datenanalyse und Smart-City-Konzepten
Lea Sophie Möller, B. A.,Architektur (Hochschule Wismar, Master-Studium)
Arbeit: Der ehemalige Papageienpavillon im Zoo Rostock
  • Untersuchung historischer Bauwerke und deren Umnutzung
  • Beispiel: Papageienpavillon als Veranstaltungsraum
  • Beitrag: Verbindung von Architekturgeschichte und moderner Nutzungskonzepte
Maik Riebort, M. A., Architektur (Hochschule Wismar)
Arbeit: Architektur im Moor: Strategien für nachhaltiges Bauen in MV
  • Fokus: Nachhaltigkeit und regionale Bauweisen
  • Beispiel: Langhaus im Peenetal bei Menzlin
  • Besonderheit: Innovative Ansätze für Bauen im sensiblen Ökosystem Moor
Paul Richard Rudolph, M. Eng. , Bauingenieurwesen (Hochschule Wismar)
Arbeit: Horizontalfilterbrunnen und ihre geothermische Nutzung
  • Thema: Nutzung von Horizontalfilterbrunnen für Geothermie
  • Praxisbezug: Zusammenarbeit mit der Firma Anger
  • Beitrag: Neue Ansätze für nachhaltige Energiegewinnung im Bauwesen
Alle Arbeiten zeigen eindrucksvoll die Vielfalt und Innovationskraft der Hochschule Wismar.
Sie verbinden regionale Praxisbeispiele mit zukunftsweisenden Technologien und nachhaltigen Konzepten.
Herzlichen Glückwunsch an die Preisträgerin und Preisträger!