Physik ersetzt Chemie bei Lebensmitteln
Das vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) geförderte WIR-Projekt “Physics for Food” ist nach achtjähriger Laufzeit erfolgreich abgeschlossen.
Auf einer Abschlussveranstaltung im November 2025 stellten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Projektverantwortliche zentrale Erkenntnisse und konkrete Transferansätze vor. Das Projekt wurde von der Hochschule Neubrandenburg und dem Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie initiiert.
Ziel des Verbundes war es, physikalische Verfahren für eine nachhaltige Lebensmittelwertschöpfung zu entwickeln - von der Saatgutbehandlung über Anbausysteme, Lagerung und Verarbeitung bis hin zu Konzepten für moderne Gewächshäuser und umweltfreundliche Wasserkreisläufe.
Das Projekt wurde initiiert von der Hochschule Neubrandenburg und dem Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e.V. (INP). Die vorgestellten Ergebnisse zeigen, wie physikalische Verfahren Qualität sichern, Ressourcen einsparen und neue Wege für eine nachhaltige Lebensmittelproduktion eröffnen:
Physikbasierter Pflanzenschutz im Feld
Plasmabehandlungen reduzierten krankheitsverursachende Erreger auf Saatgut ebenso wirkungsvoll wie chemische Beizen. In Feldversuchen stieg nach der Behandlung der Feldaufgang von Wintergerste um 10 - 40 Prozent, der Kornertrag erhöhte sich um rund fünf Prozent. Zudem wurde im Oktober 2025 ein am INP entwickeltes Verfahren zur Dekontamination als europäisches Patent erteilt.
Es zeigte sich, dass Plasmaverfahren als Baustein im integrierten Pflanzenschutz eingesetzt werden können. Sie tragen dazu bei, Pflanzenwachstum zu fördern und Stress zu reduzieren. Feldstudien belegten Unterschiede im Blattbefall und im Ertrag einzelner Varianten, was Hinweise auf stabile Anwendungen in der Praxis liefert.
Schutz von Lagergetreide und alternative Verfahren zur Schädlingsbekämpfung
Schimmelpilze und Schadinsekten wie der Kornkäfer wurden mithilfe von Plasma im Labor inaktiviert.
Lupinensamen während der Behandlung in einem Plasma-Reaktor.
Darauf aufbauend entstanden ein Förderband, auf dem das Korn direkt mit Plasma behandelt werden kann sowie eine Variante für den Einsatz von plasmabehandelter Luft in Silos. In einem realen Praxisversuch mit einem 30-Tonnen-Getreidesilo konnten die Behandlungsparameter optimiert werden.
Landwirte und Landwirtinnen zeigen großes Interesse an chemiefreien Alternativen für die Kornlagerung, was sich in einer hohen Akzeptanz der Technologie widerspiegelt.
Wasseraufbereitung mit physikalischen Methoden
Für die Behandlung von Ab- und Prozesswasser wurden stationäre und mobile Demonstratoren entwickelt — etwa für die Nutzung in der Lebensmittelindustrie und im landwirtschaftlichen Feld. Die Kombination aus Filtration, Ultraschall, Ozon, UV und Plasma erwies sich als wirkungsvoll zur Reduktion von Schadstoffen und Mikroorganismen. Beispiele stammen aus der Zusammenarbeit mit der Zuckerfabrik Anklam und der Störtebeker Braumanufaktur.
Es entstand ein großskaliges hydroponisches System für mehr als 3.000 Pflanzen, in einer sogenannten Vertical-Farming-Anlage. Dort werden Plasmaverfahren unter produktionsnahen Bedingungen untersucht. Ergebnisse zeigen: Plasmabehandeltes Wasser erreicht hygienische Standards vergleichbar mit konventionellen chemischen Mitteln, kann Stickstoffdünger ersetzen und fördert die Pflanzenentwicklung.
Transfer in die Realwirtschaft
Physikalisch erzeugtes Plasma ist
- chemie- und rückstandsfrei,
- ressourcenschonend
- und damit umweltfreundlich.
Unter Landwirtinnen ud Landwirten besteht ein hohes Interesse an neuen physikalischen Methoden. Die Anwendungsnähe und Tauglichkeit zum Transfer in die Wirtschaft standen von Anfang an im Fokus von Physics for Food. Forschung und Entwicklung erfolgten in enger Zusammenarbeit mit Unternehmen. Mit einer staatlichen Förderung durch das EXIST-Programm werden die Ergebnisse zur nachhaltigen Behandlung und Lagerung großer Getreidevolumina in Silos in eine marktfähige Technologie umgesetzt und ein Unternehmen in Brandenburg gegründet.
Das Projekt zeigt, dass interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zielgerichtete Innovationen ermöglicht. Gleichzeitig wurde im Küstenhinterland eine starke Kompetenz für physikalische Verfahren in der Land- und Ernährungswirtschaft aufgebaut. Dafür stehen unter anderem zwölf weiterführende Verbundprojekte sowie rund 30 neue regionale und überregionale Kooperationen, die aus dem Bündnis hervorgegangen sind.
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