Rechtzeitig planen: IHK-Kampagne wirbt für das Thema Unternehmensnachfolge
Dem einen oder anderen sind sie in und um Tuttlingen, Rottweil und Villingen-Schwenningen vielleicht schon aufgefallen: die Großplakate der IHKg, auf denen Unternehmerinnen und Unternehmen für das Thema Unternehmensnachfolge werben. Diese Plakate sind Teil einer großangelegten Kampagne. Thomas Wolf, IHK-Geschäftsbereichsleiter und damit verantwortlich für der Bereich Unternehmensnachfolge, erläutert dazu die Gründe.
„In unserer Region werden momentan rund 1.700 Betriebe, die IHK-Mitglied sind, von Frauen oder Männern über 55 Jahren geführt. Diese Unternehmen werden als nächstes nachfolgerelevant, wenn man von einer typischen Übergabedauer von fünf bis zehn Jahren ausgeht. Doch für Unternehmerinnen und Unternehmer war es noch nie schwieriger, eine geeignete Nachfolge zu finden, als in der heutigen Zeit. Und längst nicht mehr alle Betriebe können familienintern oder an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter übergeben werden.“ Am besten sieht die Situation laut Thomas Wolf dabei noch in der Industrie aus. Hier kommen IHK-Untersuchungen zufolge auf einen potenziellen Nachfolger knapp zwei Unternehmen, die zur Übergabe anstehen.
Für Marlene Roming, Nachfolgeberaterin bei der IHK, sind diese Zahlen alarmierend, denn im Handel und im Gastronomiebereich sieht es noch schlechter aus: „Meist geht es um die Übergabe des Lebenswerkes und viele Inhaberinnen
und Inhaber schieben unserer Erfahrung nach die Nachfolgeregelung für das eigene Unternehmen ohnehin häufig auf die lange Bank.“ Dabei fänden einer Umfrage unter 16- bis 25-Jährigen zufolge zwar mehr als 60 Prozent die Idee eines eigenen Unternehmens ansprechend, aber nur zehn Prozent sehen sich in den nächsten fünf Jahren tatsächlich einen eigenen Betrieb leiten.
Thomas Wolf (rechts), der bei der IHK den Bereich Unternehmensförderung verantwortet und Nachfolgeberaterin Marlene Roming (2. von links) sowie Marcel Trogisch, der die Kampagne mit begleitet, vor einem der Plakate, welche potenzielle Gründungsinteressierte auch die Unternehmensübernahme als Möglichkeit aufzeigen soll.
Doch dieses Ungleichgewicht zwischen Unternehmen und potenziellen Nachfolgern aufgrund des demografischen Wandels sei nur ein relevanter Punkt. „Denn was wir täglich sehen, ist, dass der Übergabeprozess vor allem ausreichend Zeit benötigt, um die vielen Herausforderungen während des Nachfolgeprozesses zu meistern. Doch hier setzen viele Unternehmen zu spät an. Und wenn es bereits am Anfang an möglichen Nachfolgekandidaten fehlt, kann die Zeit schon mal knapp werden. Die rechtzeitige Planung und Umsetzung einer Unternehmensnachfolge ist daher von entscheidender Bedeutung für den langfristigen Erfolg eines Betriebes und somit auch für die Sicherung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen in der Region“, so die IHK-Nachfolgexpertin.
Und Larissa Kratt, ebenfalls Nachfolgeberaterin bei der IHK ergänzt: „Um hier zu sensibilisieren und unsere ganzen Unterstützungsangebot für die Firmen in die Breite zu tragen, gibt es jetzt diese Kampagne. Und das Angebot wächst stetig weiter und umfasst zum Beispiel Publikationen, Einzelberatungen und Arbeitskreise, aber auch diverse Veranstaltungen zum Thema und vieles mehr. Dabei sind wir im Rahmen der Veranstaltungen auch direkt bei Unternehmen zu Gast, die bereits erfolgreich den Nachfolgeprozess durchlaufen haben und nun ihre Erfahrungen hier weitergeben.“
Und beide Nachfolgeberaterinnen sind sich einig, dass die IHK als Partner mit weiteren Akteuren in der Region im Bereich Gründung und Nachfolge ein wertvoller Wegweiser im Nachfolgedschungel ist, etwa um die ersten Hürden zu nehmen und Lösungen zu finden. Denn an talentierten und motivierten Menschen in der Gesellschaft, die das Potenzial haben, erfolgreiche Unternehmerinnen und Unternehmer zu werden und auch einen bestehenden Betrieb übernehmen könnten, mangelt es laut Roming und Kratt eigentlich nicht. Aber ein Unternehmen zu führen, müsse allerdings Spaß machen und hier sei klar die Politik gefragt. Als Top-Thema, das die neue Bundesregierung angehen müsse, nennen die beiden auch hier einmal mehr die Bürokratie, mit der sich Unternehmen täglich auseinandersetzen müssen.