"Solidaritätszuschlag beschädigt Vertrauen in den Wirtschaftsstandort"

Der Bundesfinanzhof hat am 30. Januar 2023 in einem Urteil den Solidaritätszuschlag für verfassungskonform erklärt. Diese Entscheidung ist enttäuschend. IHK-Präsident Manfred Schnabel erläutert, warum:
Die Befreiung von 90 Prozent der Steuerzahler machte die Zusatzabgabe weitgehend zu einer Sondersteuer für Unternehmen und Gewerbetreibende – mit entsprechend negativen Folgen für Investitionen und die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts. So hat das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) Köln in einer Studie festgestellt, dass das Aufkommen aus der Abgabe vor der Änderung zu rund einem Drittel aus unternehmerischer Aktivität bestritten wurde, seither zu mehr als der Hälfte (57 Prozent). Gründe hierfür laut IW: Zum einen wurde der Soli als Aufschlag auf die Körperschaftsteuer beibehalten, so dass Kapitalgesellschaften weiter belastet werden. Zum anderen sind vor allem viele Selbständige und Personengesellschaften betroffen.
Auch wenn die Ausgestaltung nach Auffassung des Bundesfinanzhofs verfassungskonform ist, ändert sich nichts an der negativen Wirkung. Während unsere Wettbewerber wie Frankreich oder die USA Unternehmenssteuern gesenkt haben, hatte die damalige Bundesregierung die Chance auf eine Reform vertan. Bei der Steuerlast von Familienunternehmen liegt Deutschland im internationalen Vergleich auf dem zweitletzten Platz. Noch gravierender ist, dass die dringend notwendige digitale und ökologische Transformation hohe Investitionen erfordert. Was Unternehmen als Zusatzabgabe an den Staat abführen müssen, nimmt ihnen finanziellen Spielraum für Investitionen.
Nach dem heutigen Urteil ruhen nun die Hoffnungen auf dem Bundesverfassungsgericht, das abschließend darüber entscheidet, ob der Solidaritätszuschlag in seiner jetzigen Form verfassungskonform ist.
Es bleibt aber in jedem Fall ein großer Vertrauensverlust in staatliches Handeln und damit in den Wirtschaftsstandort. Der Soli wurde damals zeitlich befristet eingeführt, um die Lasten der Wiedervereinigung zu tragen. Die Weiterführung über das geplante Ende hinaus für einen Teil der Steuerpflichtigen war von diesem Zweck nicht mehr gedeckt. Auch am Bedarf an sich gibt es Zweifel: Die Staatsquote stieg von 2018 bis 2021 um 8,3 Prozentpunkte auf 52,3 Prozent. Statt immer größere Anteile des erwirtschafteten Einkommens für sich zu beanspruchen, sollte der Staat konsumtive Ausgaben reduzieren, um ausreichend Investitionsspielräume zu haben.
 Mannheim, 30. Januar 2023