Beschlüsse von Meseberg: "Bundesregierung ist zu kurz gesprungen"

Nach monatelangen Streitereien traf sich die Bundesregierung Ende August zur Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg. Im Fokus standen die strukturellen Probleme. IHK-Präsident Manfred Schnabel kommentiert die Ergebnisse: 
Der Wohlstand des Landes beruht auf der Stärke der heimischen Wirtschaft. Daher ist es gut und richtig, dass sich das Bundeskabinett als Ganzes in Meseberg mit den strukturellen Problemen beschäftigt hat, die eine wirtschaftliche Dynamik derzeit ausbremsen. Leider ist die Bundesregierung dabei zu kurz gesprungen.
Die im Wachstumschancengesetz vorgesehenen Entlastungen gehen in die richtige Richtung. Viele Effekte, wie beispielsweise die steuerliche Forschungsförderung, können aber erst langfristig wirken. Die verbesserten Abschreibungsbedingungen für den Wohnungsbau werden in jedem Fall nicht reichen, um das Angebot deutlich auszuweiten. Denn sie führen zu keiner nachhaltigen Senkung der Baukosten, die stark von Material- und Personalkosten, hohen Zinsen und Auflagen getrieben werden. Keine Relevanz haben diese Änderungen außerdem für die Bauinvestitionen außerhalb des Wohnungsbaus, beispielsweise für Hallen oder Produktionsgebäude. Zudem: Die Maßnahmen zielen im Kern alle auf Unternehmen, die prinzipiell investieren können. Betriebe, die momentan aus den unterschiedlichsten Gründen zu kämpfen haben, beispielsweise weil sie unter den Folgen der Pandemie oder unter den aktuell hohen Strom- und Personalkosten leiden, haben wenig vom Wachstumschancengesetz.
Offen blieb die Bundesregierung eine Antwort auf die Frage, wie die Energiepreise auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau gesenkt werden können. Die Unternehmen haben auch nach Meseberg keine Verlässlichkeit darüber, wie die nicht wettbewerbsfähigen Strompreise gesenkt werden können. Dieses Problem verschärft sich noch in der mittel- bis langfristigen Perspektive. Doch ohne eine klare Perspektive wird Deutschland bei vielen Investitionen das Nachsehen haben. Schnell umsetzbar wäre ein Absenken der Steuern und Abgaben auf Strom. Das würde die Wirtschaft in der Breite entlasten. Zudem ist klar, dass wir rasch mehr Erzeugungskapazitäten brauchen, um das Stromangebot zu erhöhen.
Die Maßnahmen des Zukunftsfinanzierungsgesetzes sind richtig, entfalten ihre Wirkung aber ebenfalls erst langfristig. Hinzu kommt: Der stärkste Wachstumsbremser derzeit ist eine überbordende und widersprüchliche Regulatorik. Hier ist überhaupt keine Besserung erkennbar. Noch nicht einmal bei der Bürokratie, dem Aufwand, um regulatorische Vorgaben gerecht zu werden, konnte sich das Kabinett auf konkrete Maßnahmen einigen. Zudem liegt die Zuständigkeit in weiten Teilen bei der EU oder den Bundessländern.
Mannheim, 30. August 2023