Pro und Contra: Ausbildungsplatz garantiert?

Pro

Die Diskussion um eine Ausbildungsgarantie erhitzt die Gemüter. Ergibt sich aus den Zahlen die Notwendigkeit eines solchen Schrittes oder haben wir es mit einem kurzzeitigen Corona-Effekt zu tun?
Beide Fragen sind nicht zentral. Zwei andere sind es: Welchen Stellenwert haben junge Menschen in unserem Land? Und wie wollen wir die Herausforderungen der Transformation stemmen? Ausbildung hat nichts mit Zahlen zu tun, sondern mit Lebensqualität.
Sind junge Menschen nur eine Ressource für die Wirtschaftsprozesse auf denen (noch) unser Wohlstand basiert oder haben wir es mit Individuen zu tun, denen die Gesellschaft einen guten Start ins Leben bieten will – unabhängig davon, was sie später einmal erreichen?
Wäre es nicht schön, wenn das Fachkräftepotenzial sich verbreitern würde und Arbeitnehmer und Arbeitgeber sich aus einem größeren Angebot an Arbeitskräften einerseits und Arbeitsplätzen andererseits das für sie passende heraussuchen könnten? Wenn durch gut ausgebildete Fachkräfte die Entgelte und damit die Einnahmen der Sozialversicherungen steigen würden? Jeder junge Mensch muss einen Ausbildungsplatz bekommen können, der seinen Fähigkeiten entspricht und auch seine Wünsche berücksichtigt. Sich darauf zu verständigen ist nicht nur ein Gewinn für unsere Jugend, sondern auch für die Unternehmen. Langfristig muss unsere Gesellschaft innovativ und wettbewerbsfähig bleiben, gerade in Zeiten von Digitalisierung und ökologischem Wandel.
Eine Ausbildungsgarantie sagt: Ihr seid uns wichtig!

Contra

Bereits heute gibt es mehr unbesetzte Ausbildungsstellen als Bewerber in der Metropolregion. Damit haben wir faktisch eine Ausbildungsplatzgarantie. Die Brisanz liegt dabei in der Passung des vorhandenen Ausbildungsplatzangebots zu den ausbildungsplatzsuchenden Personen.
Deshalb muss noch mehr für die Berufsorientierung der Schüler getan werden, gerade in Zeiten der Pandemie ist das eine Herausforderung. Ein wichtiger Schritt war die Einführung des Unterrichtsfachs WBS. Hier gilt es, die Lehrkräfte gezielt zu schulen, damit sie der Aufgabe überhaupt gerecht werden können. Speziell an Gymnasien könnten hier noch stärker Perspektiven aufgezeigt werden, um die Schüler für eine duale Ausbildung zu begeistern. Eine wesentliche Bereicherung für den Unterricht und für die Unterstützung der Lehrkräfte sind in jedem Fall die Ausbildungsbotschafter der IHK. Aber auch die Ausbildungsbetriebe sind in der Pflicht, zusätzliche innovative Ideen und Angebote für Schüler zu entwickeln. Ein Beispiel dafür das MINT5-Praktikum des NETZWERK AUSBILDUNG, dem Ausbildungsverbund von Freudenberg, Heidelberger Druckmaschinen, John Deere, MVV und Roche. Die Stärkung der Berufsorientierung an Schulen und die Berufsfindung über Angebote der Betriebe führt zu möglichst passgenauen Ausbildungsverhältnissen.
Bei mehr Beratung und Orientierungsangeboten braucht es keine Ausbildungsplatzgarantie, weil es im Interesse der Betriebe liegt, vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und der Demografie den eigenen Nachwuchs zu stärken.