Investitionsabzugsbetrag und Sonderabschreibung
Die Regelung des § 7g EStG (Einkommensteuergesetz) soll die Investitionsfähigkeit speziell kleiner und mittlerer Unternehmen erhöhen.
Allgemeines
Die Regelung des § 7g Einkommensteuergesetz (EStG) soll die Investitionsfähigkeit speziell kleiner und mittlerer Unternehmen erhöhen. Sie ermöglicht kleinen und mittleren Betrieben zum einen die Vorverlagerung von Abschreibungspotenzial in ein Wirtschaftsjahr vor Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsgutes. Sofern die Steuersätze in den einzelnen Jahren gleich sind, findet auf diese Weise eine Steuerstundung statt und es ergeben sich Zins- und Liquiditätsvorteile. Erwartet der Unternehmer für die folgenden Jahre einen geringeren Gewinn, kann es aufgrund des progressiven Steuersatzes neben dem Zinseffekt auch noch zu einer Minderung der Steuerlast kommen. Zum anderen sieht § 7g Einkommensteuergesetz (EStG) für kleine und mittlere Betriebe spezielle Sonderabschreibungsmöglichkeiten vor.
Durch das Unternehmenssteuerreformgesetz 2008 wurde die Regelung des § 7 g EStG völlig neu gefasst. Die vorbeschriebenen Effekte werden künftig durch einen sog. Investitionsabzugsbetrag und neue Sonderabschreibungsregelungen erreicht. Die bisherigen Regelungen zur Ansparabschreibung und zu den Sonderabschreibungen sowie die Sonderregelungen für Existenzgründer laufen aus.
Im Zusammenhang mit dem Maßnahmenpaket zur Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung vom 21. Dezember 2008 wurde der Kreis der durch die Norm begünstigten Betriebe zudem als Konjunkturfördermaßnahme zeitlich befristet erweitert.
Inkrafttreten der Neuregelung
Die Neuregelungen für den Investitionsabzugsbetrag sind erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 17. August 2007 enden. Entspricht das Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr, sind die Neuerungen somit ab dem Veranlagungszeitraum 2007 anzuwenden. Ansparabschreibungen, die noch nach altem Recht gebildet wurden, müssen aber nicht zwingend aufgelöst werden. Sie können bis zum Ende der Laufzeit fortgeführt werden.
Die neuen Regelungen zur Sonderabschreibung hingegen sind erstmals bei Wirtschaftsgütern anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2007 angeschafft oder hergestellt wurden.
Begünstigte Betriebe
Wie bereits nach bisherigem Recht dient die Regelung des § 7g EStG speziell der Förderung kleiner und mittlerer Betriebe. Hierfür dürfen die folgenden Betriebsgrößenmerkmale in Wirtschaftsjahren, die vor dem 31. Dezember 2008 enden und nach dem 31. Dezember 2010 beginnen, nicht überschritten werden:
Gewinnermittlungsart | Stichwort | in Euro |
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Bilanzierende Gewerbetreibende
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Betriebsvermögen
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235.000
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Bilanzierende Freiberufler
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Betriebsvermögen
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235.000
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Land- und Forstwirtschaft ohne Einnahme-Überschussrechnung
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Wirtschafts-/ Ersatzwirtschaftswert
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125.000
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Einnahme-Überschussrechner
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Gewinn (ohne Berücksichtigung des Investitionsabzugsbetrages)
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100.000
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Die Betriebsgrößenbegrenzung gilt jeweils betriebs- und nicht personenbezogen. Ist ein Steuerpflichtiger Inhaber mehrerer Betriebe, ist für jeden Betrieb eine gesonderte Prüfung der Betriebsgrößenmerkmale möglich.
Stichtag für die Betriebsgrößenermittlung sind die Größenmerkmale am Schluss des Wirtschaftsjahres, in dem der Investitionsabzugsbetrag in Anspruch genommen wird.
Die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags ist ausschließlich bei Betrieben möglich, die aktiv am wirtschaftlichen Verkehr teilnehmen und eine in diesem Sinne werbende Tätigkeit ausüben. Allerdings ist unter erhöhten Voraussetzungen bereits in Jahren vor der Betriebseröffnung ein Investitionsabzugsbetrag für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines begünstigten Wirtschaftsgutes in Anspruch genommen werden.
Einzelheiten zum Investitionsabzugsbetrag
Der Investitionsabzugsbetrag ermöglicht den begünstigten Betrieben eine Vorverlagerung von Abschreibungspotential in ein Wirtschaftsjahr vor Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsgutes. Die Bildung eines Investitionsabzugsbetrages nach § 7g EStG setzt voraus, dass ein bestimmtes abnutzbares bewegliches Wirtschaftsgut des Anlagevermögens in den dem Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden drei Wirtschaftsjahren "voraussichtlich" angeschafft oder hergestellt werden soll. Der Begriff "voraussichtlich" besagt, dass eine Prognoseentscheidung getroffen werden muss. Ein Investitionsplan oder eine feste Bestellung ist aber nach neuem Recht nicht erforderlich. Auch ist es abweichend von der bisherigen Regelung nicht mehr erforderlich, das jeweilige Wirtschaftsgut individuell genau zu bezeichnen. Es reicht aus, das geplante Wirtschaftsgut seiner Funktion nach zu benennen und die Höhe der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzugeben. Allerdings sind allgemeine Bezeichnungen, aus denen sich die Funktion des Wirtschaftsgutes nicht hinreichend bestimmen lässt (z. B. "Maschinen" oder "Fuhrpark") nicht ausreichend.
Erhöhte Anforderungen gelten, wenn ein Investitionsabzugsbetrag bereits vor einer Betriebseröffnung in Anspruch genommen wird. Dabei wird die geplante wesentliche Erweiterung eines bestehenden Betriebs einer Betriebseröffnung gleichgesetzt. In diesen Fällen kann der Abzugsbetrag nach dem erläuternden BMF-Schreiben vom 20. November 2013 nur in Anspruch genommen werden, wenn die Investitionsentscheidungen hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlagen ausreichend konkretisiert sind. Allerdings hat der Bundesgerichtshof (BFH) mit Urteil vom 20. Juni 2012 (Az. X R 42/11) klargestellt, dass für die Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen nicht erforderlich ist, dass das Wirtschaftsgut, für das ein Abzugsbetrag geltend gemacht wird, verbindlich bestellt worden ist. Allerdings ist nach dem BFH bei noch in Gründung befindlichen Betrieben durchaus eine strenge Prüfung der Investitionsabsicht erforderlich.
Neben der Anschaffung bzw. Herstellung muss der Steuerpflichtige beabsichtigen, das Wirtschaftsgut bis mindestens zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebes ausschließlich oder fast ausschließlich (90 Prozent) zu nutzen.
Von den voraussichtlichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten können bis zu 40 Prozent als Investitionsabzugsbetrag in Anspruch genommen werden. Sofern ein Unternehmer den in den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsgutes enthaltenen Vorsteuerbetrag geltend machen kann, ist hier der Netto-Betrag der zu erwartenden Kosten maßgeblich (§ 9b Abs. 1 EStG).
Die Summe aller am Bilanzstichtag nach § 7g EStG gebildeten Rücklagen darf höchstens 200.000 Euro betragen. Nach unten sind keine Grenzen gesetzt. Die Bildung eines Investitionsabzugsbetrags ist auch dann zulässig, wenn durch ihn ein Verlust entsteht oder erhöht wird. Der Höchstbetrag ist betriebsbezogen. Ist ein steuerpflichtiger Inhaber mehrerer Betriebe, kann der Höchstbetrag somit für jeden Betrieb in Anspruch genommen werden. Wurden bereits nach altem Recht Ansparabschreibungen gebildet, die noch nicht aufgelöst sind, reduziert sich der für den Investitionsabzugsbetrag geltende Höchstbetrag von 200.000 Euro um die noch vorhandenen Ansparabschreibungen.
Achtung: Nach dem erläuternden BMF-Schreiben vom 20. November 2013 kann ein Investitionsabzugsbetrag nur in einem Wirtschaftsjahr geltend gemacht werden (sog. Abzugsjahr). D. h., dass z.B. Bestandteile der berücksichtigungsfähigen Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die wegen des Höchstbetrags nicht im Abzugsjahr abgezogen werden konnten, nicht im Folgejahr geltend gemacht werden.
Ansparabschreibungen konnten nach altem Recht nur für die künftige Anschaffung oder Herstellung von neuen beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens vorgenommen werden. Nach neuem Recht kann ein Investitionsabzugsbetrag nun auch für die geplante Anschaffung gebrauchter Wirtschaftsgüter gebildet werden. Nicht erfasst sind aber weiterhin unbewegliche Wirtschaftsgüter (wie z. B. Grundstücke und Markenrechte) und Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens (Wirtschaftsgüter, die zum Verbrauch oder Absatz bestimmt sind).
Steuertechnisch ist der Investitionsabzugsbetrag außerhalb der Bilanz bzw. außerhalb der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zu berücksichtigen.
Investitionsfrist/Auflösung des Investitionsabzugbetrags
Unterbleibt die beabsichtigte Investition in den dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung folgenden drei Wirtschaftsjahren oder ist diese geringer als geplant, ist die Berücksichtigung des Investitionsabzugsbetrages wieder rückgängig zu machen. Gleiches gilt, wenn die beabsichtigte und die tatsächlich durchgeführte Investition nicht gleichartig sind. Die Korrektur hat auch dann zu erfolgen, wenn der Steuerbescheid des betreffenden Wirtschaftsjahres bereits bestandskräftig geworden ist. Die nach der alten Regelung geltende Verzinsungsregelung, nach der in diesen Fällen ein Gewinnzuschlag in Höhe von 6 Prozent des aufgelösten Rücklagenbetrages erfolgte, ist entfallen. Allerdings kann es durch die nachträgliche Korrektur zu Steuernachforderungen und nebst Verzinsung gem. § 233a Abgabenordnung (AO) kommen.
Erfolgt die geplante Investition innerhalb der Investitionsfrist, ist im Jahr der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsgutes der Investitionsabzugsbetrag gewinnerhöhend außerhalb der Bilanz oder Einnahmen-Überschussrechnung hinzuzurechnen. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten können um bis zu 40 Prozent, höchstens um den Hinzurechnungsbetrag gemindert werden. Bemessungsgrundlage für die Abschreibungen sind die geminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten.
Erfolgt zwar die geplante Investition, wird aber in der Folge die gesetzlich vorgeschriebene Nutzung bzw. der gesetzlich vorgeschriebene Nutzungszeitraum nicht eingehalten, ist sowohl der Abzug des Investitionsabzugsbetrags als auch die außerbilanzielle Hinzurechnung des Investitionsabzugsbetrags sowie die Herabsetzung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten und die Verringerung der Bemessungsgrundlage für die Abschreibungen wieder rückgängig zu machen.
Die Berichtigungen sind auch dann vorzunehmen, wenn die entsprechenden Steuer- oder Feststellungsbescheide bereits bestandskräftig geworden sind.
Die wiederholte Beanspruchung von Investitionsabzugsbeträgen für bestimmte Investitionen nach Ablauf des vorangegangenen Investitionszeitraums ist nur zulässig, wenn der Steuerpflichtige ausreichend begründet, weshalb die Investitionen trotz gegenteiliger Absichtserklärungen bislang noch nicht durchgeführt wurden, aber dennoch weiterhin geplant sind. Das gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige bei der erneuten Geltendmachung die Anzahl dieser Wirtschaftsgüter erhöht oder vermindert.
Die Sonderabschreibung nach § 7 g EStG
Kleine und mittlere Unternehmen, die die o.g. Betriebsgrößenmerkmale am Ende des Wirtschaftsjahres, das dem Wirtschaftsjahr einer Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsgutes vorangeht, nicht überschreiten, können im Jahr der Anschaffung bzw. Herstellung eines neuen oder gebrauchten Wirtschaftsgutes und in den folgenden vier Jahren eine Sonderabschreibung nach § 7 g Abs. 5 EStG von insgesamt bis zu 20 Prozent der Kosten geltend machen.
Die Sonderabschreibung kann neben der normalen Abschreibung geltend gemacht werden. Voraussetzung ist jedoch, dass das Wirtschaftsgut ab dem Tag der Lieferung oder Herstellung mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahres der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des (begünstigten) Betriebs des Steuerpflichtigen verbleiben muss. Außerdem muss der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut in diesem Zeitraum ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich nutzen. Das bedeutet nach Ansicht der Finanzverwaltung, dass das Wirtschaftsgut nicht zu mehr als zehn Prozent außerbetrieblich genutzt werden darf. Dies kann vor allem bei auch privat genutzten Pkws problematisch sein.
Stellt sich später heraus, dass diese Voraussetzungen nicht erfüllt werden, sind entsprechende Steuer- und Feststellungsbescheide zu ändern. Dies gilt auch, wenn sie bereits bestandskräftig geworden sind.
Macht ein Steuerpflichtiger im Investitionsjahr zusätzlich zum Investitionsbetrag eine Sonderabschreibung der bereits um 40 Prozent verminderten Anschaffungs- und Herstellungskosten (s. o.) geltend, beträgt die Gesamtabschreibung bis zum Ende des Erstjahres 52 Prozent zzgl. lineare Afa.