Anzeigepflicht grenzüberschreitender Steuergestaltungen (DAC 6)

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat am 29. März 2021 ein BMF-Schreiben mit Anwendungshinweisen bei der Meldung von grenzüberschreitender Steuergestaltungen gem. § 138d – k AO veröffentlicht und dabei die von der Mitteilungspflicht ausgenommenen Fallgruppen benannt.

Wen betrifft die neue Regelung?

Die Merkmale einer meldepflichtigen Steuergestaltung umfassen viele alltägliche Geschäftsvorfälle, nicht nur die von großen Unternehmen. Beispielsweise kann eine Auslandsentsendung von Mitarbeitern mithilfe vorformulierter Verträge die Meldepflicht auslösen. Denn eine standardisierte Dokumentation, die nicht individuell angepasst wird, erfüllt die Grundlage für ein Gestaltungsmerkmal. Auch kann eine Umfinanzierung, bei der die deutsche Muttergesellschaft eine Forderung an ihre notleidende ausländische Vertriebsgesellschaft in Eigenkapital umwandelt, unter Umständen meldepflichtig sein. Auslösendes Merkmal ist hierbei die Umwandlung von Einkünften in niedriger besteuerte Einnahmen oder nicht steuerbare Einkünfte.

Was ist DAC 6 und ab wann gilt die Meldepflicht?

Mit dem Ziel Transparenz zu schaffen und aggressive Steuergestaltungen zu vermeiden, trat die EU-Richtlinie 2018/882/EU (besser bekannt als DAC 6) am 25. Juni 2018 in Kraft. Seit Ende 2019 ist sie auch durch das “Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Gestaltungen” im deutschen Recht verankert.
Laut dem Gesetz werden Berater und Banken, sogenannte Intermediäre, aber auch die Unternehmen selbst in die Pflicht genommen, ab dem 1. Juli 2020 Steuergestaltungen innerhalb von 30 Tagen zu melden. Gleichzeitig sind sie bis zum 31. August 2020 verpflichtet, solche Steuergestaltungen rückwirkend zu melden, die seit dem 25. Juni 2018 umgesetzt wurden. Angesichts der Corona-Krise hat es die EU allen Mitgliedsstaaten freigestellt, die Anwendung auf den 1. Januar 2021 zu verschieben. Deutschland will dem Vernehmen nach von dieser Option keinen Gebrauch machen, sodass es bei der Anwendung seit dem 1. Juli 2020 bleibt.
Zusätzlich sind Angaben dazu in der Steuererklärung vorzunehmen. Zum ersten Mal in der Steuererklärung für 2019.
Die Meldung erfolgt elektronisch über eine amtlich vorgeschriebene Schnittstelle an das Bundeszentralamt für Steuern. Dies gilt sowohl für Intermediäre, als auch für Nutzer einer Steuergestaltung.
Die EU ermöglichte den Mitgliedstaaten eine strengere Umsetzung der EU-Richtlinie, weshalb einige Staaten – Deutschland noch nicht – eine Meldepflicht auch für nationale Gestaltungen (z. B. in Polen) beschlossen haben. Wird ein Verstoß gegen die Pflicht festgestellt, droht in Deutschland ein Bußgeld von bis zu 25.000 Euro pro Geschäftsvorfall, in Polen sogar bis zu fünf Millionen Euro.

Steuergestaltungen erkennen, Meldefrist einhalten, Dokumentation aufbewahren

Die Schwierigkeit für Unternehmen besteht darin, meldepflichtige Steuergestaltungen rechtzeitig zu erkennen und hinsichtlich einer Meldepflicht zu bewerten. Zudem müssen sie sicherstellen, dass die Meldung innerhalb von 30 Tagen bei den Finanzbehörden eingeht. Dafür ist der Moment der Auslösung der Meldepflicht relevant, denn bereits vor ihrer Umsetzung kann die Gestaltung meldepflichtig sein.
Weiterhin sollten Geschäftsvorfälle dokumentiert werden, die begründet nicht gemeldet werden. Die Dokumentation kann bei einer späteren Betriebsprüfung als Argumentationsgrundlage dienen.
Anhand der Merkmale einer Steuergestaltung wird deutlich, dass die Meldepflicht nicht nur die Steuerabteilung betrifft, sondern z. B. auch die Personalabteilung (Entsendung) und Finanzabteilung (Kapitalmaßnahmen). Gerade die international aktiven Mittelständler der Region können von der neuen Anzeigepflicht betroffen sein und sollten sich informieren.