Grenzregion zeigt Mut zur Transformation

Der 6. Bayerisch-Tschechische Innovationstag der IHK Regensburg für Oberpfalz / Kelheim und des Beratungsbüros Bezirk Oberpfalz hat die Grenzregion Bayern-Böhmen als Labor für Europas Zukunft präsentiert.
FURTH IM WALD. Rund 150 Gäste aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik kamen beim 6. Bayerisch-Tschechischen Innovationstag in Furth im Wald zusammen, um über die Fragen der Transformation zu sprechen – von den Chancen Künstlicher Intelligenz (KI) über den Strukturwandel der Industrie bis hin zu den Potenzialen einer grenzenlosen Zusammenarbeit. Gleich zu Beginn machten die Keynotes von Uta Anders, CFO der Krones AG, und Senta Čermáková, Board Member bei Czechitas, deutlich, wie stark der Wandel in Unternehmen spürbar ist. Anders stellte die Frage, wie Firmen in Zeiten permanenter Unsicherheit Orientierung geben können, während Čermáková aufzeigte, dass KI längst nicht mehr nur Faszination auslöst, sondern tiefgreifende Veränderungen in Organisationen und Geschäftsprozessen anstößt.
Europäische Idee statt Separatismus
In der anschließenden Podiumsdiskussion wurde der Blick bewusst auf die Region gelenkt. Franz Löffler, Bezirkstagspräsident der Oberpfalz, betonte die Bedeutung der Grenzlage für den europäischen Zusammenhalt: „Europa wird nicht in Brüssel gemacht. Europa wird hier vor Ort gemacht – in den Regionen, in den Kommunen, bei uns in Bayern und Böhmen. Wenn wir nicht den Mut haben, aus unseren Stärken heraus Neues zu wagen, dann verlieren wir nicht nur an Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch an Selbstvertrauen.“ Auch Martin Rybár, Stellvertretender Hauptmann der Region Pilsen, mahnte, dass die Grenzregion ihre Rolle offensiv annehmen müsse: „Wir dürfen uns nicht damit zufriedengeben, wo wir heute stehen. Zufriedenheit mit dem Status quo führt zu Stagnation und am Ende zum Niedergang. Wir müssen die Besten sein wollen, sonst verlieren wir den Anschluss.“
Für die IHK machte Hauptgeschäftsführer Dr. Jürgen Helmes deutlich, dass gerade die Verknüpfung von bayerischen und tschechischen Stärken den entscheidenden Unterschied machen könne: „Unsere Lage ist ein strategischer Vorteil, wenn wir sie aktiv nutzen. Wir haben hier das Potenzial, eine europäische Modellregion zu sein – mit starken Unternehmen, gut ausgebildeten Fachkräften und einem einzigartigen Netzwerk über Grenzen hinweg. Es liegt an uns, diese Kräfte zu bündeln und zu zeigen, dass wirtschaftliche Zukunft nicht im Gegeneinander, sondern im Miteinander gestaltet wird.“
Innovationskraft beiderseits der Grenze
Ein lebendiges Bild dieser Zusammenarbeit lieferten die Start-ups, die ihre Ideen beim Kongress präsentierten. Acht junge Unternehmen aus Bayern und Böhmen zeigten, wie Innovation in der Praxis aussieht – von hydroponischen Gärten in Möbelstücken bis hin zu Drohnentechnologie für Umwelt- und Sicherheitsanwendungen. Im anschließenden Voting kürte das Publikum die Sieger: Wflow aus Tschechien überzeugte mit seiner KI-gestützten Buchhaltungsplattform, die Prozesse von der Belegerfassung bis zum Abschlussbericht automatisiert und damit Unternehmen erheblich entlastet. RocketMIND aus Deutschland begeisterte mit einem digitalen Konzept zur Förderung mentaler Stärke bei Kindern, das App, Gamification und ein physisches Gadget kombiniert.
Zusätzlich wurde ein Sonderpreis vergeben: RocketMIND erhielt das Angebot, am renommierten Silicon Valley Programm des Technologietransferzentrums Kemnath teilzunehmen – gesponsert von der Teleskopeffekt GmbH. Diese Auszeichnung würdigte nicht nur die Innovationskraft des Start-ups, sondern auch das Potenzial, auf internationalen Märkten sichtbar zu werden.
Der Nachmittag richtete den Blick auch auf die großen strukturellen Fragen Europas. Dr. Philipp V. Ramin von i40 – the future skills company warnte eindringlich vor der Gefahr, dass Deutschland und Europa in einer „Mid-Tech-Falle“ steckenbleiben könnten, wenn nicht mehr Mut in DeepTech-Investitionen fließe. Luboš Malý von Red Button stellte fünf Schritte vor, mit denen Menschen in Unternehmen selbst zu Treibern von Veränderung werden. Reinis Vicups vom TIKI-Institut für angewandte KI zeigte schließlich, wie Künstliche Intelligenz Geschäftsprozesse im Backoffice revolutionieren kann – ein Bereich, in dem Automatisierung bislang kaum eine Rolle spielt, der aber enorme Potenziale birgt.
Mut muss sein
In der abschließenden Diskussion zwischen Ramin, Malý und Vicups wurde schnell deutlich, dass die eigentlichen Hürden der Transformation weniger in der Technik, als vielmehr in Strukturen und Einstellungen liegen: Europa verfüge über ausreichend Wissen und Technologien, scheitere jedoch häufig an einer klugen Ressourcenverteilung und an entschlossenem Management. Deutlich wurde auch, dass Wandel nur gelingt, wenn Mitarbeitende aktiv eingebunden werden und eine Kultur entsteht, in der Eigenverantwortung und Experimentierfreude nicht nur erlaubt, sondern gezielt gefördert werden. Enorme Potenziale liegen in der Automatisierung von Geschäftsprozessen – gerade in administrativen Bereichen, in denen bislang noch viele Routinen manuell erledigt werden. Einig war sich das Podium darin, dass Europas Innovationsproblem nicht durch fehlende Technologien verursacht wird, sondern durch eine Mentalität, die zu oft im Abwarten und Verwalten verharrt.
Der Innovationstag in Furth im Wald hat gezeigt, dass die Grenzregion Bayern-Böhmen bereit ist, genau hier anzusetzen: Mit klaren Worten, mutigen Ideen und konkreten Projekten präsentierte sie sich als Modellregion für Europa.