Eine Frau für alle Fälle

Erst ein Zufall brachte Ursula Hammerbacher zurück zum elterlichen Büromöbelhersteller in Neumarkt. Sie hatte Landwirtschaft studiert und ihr Bruder sollte die Familientradition im Unternehmen fortsetzen. Heute formen beide nicht nur ein Power-Duo, sondern bilden bereits ein Kleeblatt gemeinsam mit der nachfolgenden Generation.
Organisch von 4,5 auf mehr als 200 Mitarbeitende gewachsen – das ist die beeindruckende Bilanz, die die Hammerbacher GmbH aus Neumarkt mit Blick auf die vergangenen drei Jahrzehnte vorlegen kann. 75 Mitarbeitende sind dabei im Stammhaus beschäftigt, weitere 125 im eigenen Werk in der Slowakei. Und allen schwierigen Marktbedingungen zum Trotz setzt der Büromöbelhersteller weiterhin auf Wachstum und hat dazu gerade eine neue, nachhaltige Firmenzentrale mit Logistikzentrum gebaut. „Das mag für viele sehr optimistisch klingen“, sagt die geschäftsführende Gesellschafterin Ursula Hammerbacher. „Aber wir in der Möbelindustrie sind den Strukturwandel quasi gewohnt, hat er doch schon Ende der 70er und erneut in den 90er Jahren stattgefunden.“
1984 habe ihr Vater die Produktion abreißen und buchstäblich aus der Garage heraus weitermachen müssen. Während dieser und der folgenden harten Jahre war Ursula Hammerbacher ein Stück entfernt. Sie hatte gerade dem elterlichen Betrieb den Rücken gekehrt, da vereinbart war, dass ihr Bruder übernehmen würde. Die junge Frau folgte ihren Interessen und studierte Landwirtschaft, steuerte danach das Berufsziel Steuerberaterin an. Ein Anruf, man bräuchte doch nicht nur einen Holzingenieur, sondern auch eine Kauffrau, war es, der Ursula Hammerbacher vor mehr als 30 Jahren zurück ins elterliche Unternehmen brachte.

Harmonische Zusammenarbeit

Das war 1993. Seit 1995 ist Hammerbacher in der Geschäftsführung, es folgte die Beteiligung und mit ihr die Frage, die sich viele Familienunternehmen stellen: Parität ist gewünscht, aber was passiert bei 50/50, wenn man sich einmal nicht einig ist? Bernhard Hammerbacher, Ursula Hammerbachers Bruder und Mitgesellschafter-Geschäftsführer, wollte dennoch auf gleiche Anteile setzen. Das sei bis heute kein Problem, wie Ursula Hammerbacher berichtet. Inzwischen hat sich der Kreis der Familienmitglieder in der Unternehmensführung noch erweitert: Die beiden Söhne von Bernhard Hammerbacher sind bereits dabei. Auch Ursula Hammerbacher hat zwei Söhne, die aber gerade erst am Anfang ihrer Karrieren stehen.
„Von außen betrachtet würde wohl kaum jemand vermuten, welche Kommunikations- und Logistikprozesse wir abdecken.“

Ursula Hammerbacher

Um das Unternehmen erfolgreich in die Zukunft zu führen, setzen die Hammerbachers vor allem auf den Service als Unterscheidungsmerkmal. „Nur 50 Prozent unseres Geschäfts machen Büromöbel aus, der Rest ist Logistik“, erklärt Ursula Hammerbacher. Für die großen Wiederverkäuferkunden liefern die Neumarkter die Ware an deren Endkunden aus und stellen die Schnittstellen bereit. Dazu beschäftigt der Betrieb allein fünf Informatiker in Neumarkt. „Von außen betrachtet würde wohl kaum jemand vermuten, welche Kommunikations- und Logistikprozesse wir abdecken“, erklärt die Kauffrau. „Unser Versprechen ist: Alles, was du heute bestellst, verlässt innerhalb von 48 Stunden unser Haus. Deshalb haben wir ein riesiges Lager, eine hohe Fertigungstiefe in unserem Werk in der Slowakei und keine Stückzahl-1-Produktion.“ Der Trend gehe weg vom sechs Ordner hohen Schrank, insgesamt würden Stauraummöbel weniger nachgefragt. „Die Wohnlichkeit hat auch in die Büros Einzug gehalten. Man möchte oftmals etwas, das schmückend an der Wand steht“, so Hammerbacher. Die Leute sollen durch ein angenehmes Ambiente wieder ins Büro zurückgeholt werden.

Mehr Büromobiliar durch Homeoffice

Dabei gelte eine oftmals gehörte, vermeintliche Wahrheit nicht: Das Homeoffice reduziert nicht den Markt an Büromobiliar, im Gegenteil. „Durch zwei Arbeitsplätze benötigt man nun eben nicht 100, sondern 160 Prozent Schreibtische“, sagt Hammerbacher. Die verbreitete Praxis von zwei Bildschirmen erfordere große Schreibtische, außerdem sollten sie oftmals per Elektromotor verstellbar sein. Ihr eigenes Lieblingsmöbel sind Akustikpaneele, die am Schreibtisch befestigt werden können oder an Wand und Decke hängen: die Kombination aus schöner Optik und hoher Funktionalität überzeugt die Fachfrau persönlich, aber auch strategisch. Denn für das künftige Wachstum der Firma sollen Zusatzprodukte sorgen, wie Lampen oder möglicherweise Loungemöbel.

Führung als zentrale Aufgabe

Dabei ist die Entwicklung von Produkten und Services nur ein Teil ihrer Aufgabe als Geschäftsführerin, wie Hammerbacher betont. Eine ebenso große Herausforderung sei die Führung der Mitarbeitenden. „Wir wollen ein Team sein, in dem niemand wichtiger ist als der andere, denn nur dann greifen die Räder ineinander“, so Hammerbacher. Erreichen ließe sich diese Unternehmenskultur nur dadurch, dass man präsent und ansprechbar sei. Wenn jeder an seinem Platz das tue, was er oder sie tun soll und nicht auf die anderen warte, funktioniere es im Übrigen nicht nur im Unternehmen gut, sondern auch gesamtgesellschaftlich, ist sich die Unternehmerin sicher.
Autorin: Alexandra Buba