Nr. 4920242
Regionalbüro Pilsen

Services für Sie

Markteintrittsberatung

  • Firmengründung 
  • Geschäftspartner- und Lieferantensuche
  • branchenspezifische Marktrecherchen und individuelle Fachstudien
  • Standortinformationen
  • Erstinformationen zu rechtlichen und steuerlichen Fragen
  • Publikationen zum tschechischen Markt
  • Fördermittelberatung
  • Kommunikation mit den tschechischen Behörden und Kommunen

Technologietransfer - regional und  grenzüberschreitend

  • Kooperationspartner der Westböhmischen Universität
  • Schnittstelle zu Wissenschaftlern und Forschungsinstituten in Tschechien
  • Informations- und Matchingveranstaltungen
  • individuelle Kontaktvermittlung

Fachkräftegewinnung und –qualifizierung

  • Informationen zum Arbeitsmarkt in Tschechien
  • individuelle HR Studien
  • Entsendung von Mitarbeitern
  • Partner der Karrieremesse an der Westböhmischen Universität
  • Kontaktveranstaltungen für Studenten
  • Exkursionen zu Unternehmen im IHK-Bezirk
  • Pilotprojekte in der Dualen Berufsausbildung in Tschechien
  • Marketingaktivitäten an Berufsschulen und bei Berufsmessen

Netzwerk und Plattform

  • Organisation regelmäßiger Netzwerktreffen (General Manager Roundtable, Personalleiterkreis)
  • Informationsveranstaltungen zu aktuellen Wirtschafts- und Managementthemen

Politikberatung und Interessensvertretung

  • Vernetzung  von Politik (Verkehrsleitbild, Industriestandortkarte, Bildungskooperationen, Fachkräftemarketing)
  • Mitglied in der Strategiegruppe Berufliche Bildung der Region Pilsen
  • Organisation von Delegationsreisen
Region

Regionalbüro Pilsen

Ihre IHK in Pilsen

Tschechien ist ein hochinnovativer Wirtschaftsstandort mit langer Industrietradition. Die Pilsener Region gilt neben Prag als Boomregion des Landes. Pilsen ist wirtschaftsstark, interessant für internationale Investoren und es verfügt über eine weit differenzierte und hochwertige Bildungs- und Wissenschaftsinfrastruktur. Das bietet Chancen für Ostbayern. Rund 400 Unternehmen aus der Oberpfalz und dem Landkreis Kelheim sind bereits in Tschechien aktiv und profitieren von der Nähe zu den Nachbarn. Viele dieser Firmen unterhalten sogar eigene Standorte in Tschechien. Sie nutzen Synergien zwischen Firmensitz und Niederlassung – bei Produktionsprozessen, in der Fachkräfteausbildung, im Know-how-Transfer.
Die IHK Regensburg für Oberpfalz / Kelheim unterstützt ihre Mitgliedsunternehmen mit ihrem Regionalbüro in Pilsen persönlich und unbürokratisch. Das Büro bietet nicht nur Markteintrittsberatung, sondern ist darüber hinaus Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, gibt Impulse zur Fachkräftesicherung und bietet sich als Netzwerkplattform an. Seit über zwei Jahrzehnten ist die IHK im Bezirk Pilsen präsent und Partner für Unternehmen, Politik und Institutionen. Dazu nutzt sie auch das Netzwerk der Deutsch-Tschechischen Industrie- und Handelskammer (DTIHK). Das IHK Regionalbüro Pilsen ist die erste Adresse für wirtschaftliches Engagement in Westböhmen.

So erreichen Sie uns

Regionalbüro Pilsen der IHK Regensburg und der AHK Tschechien.
Regionální kancelář Plzeň Obchodní a průmyslové komory Regensburg a Česko-německé obchodní a průmyslové komory.

Riegrova 206/1 | 301 00 Plzeň
Tel. +420 601203469
wohlrabova@regensburg.ihk.de

Unsere Partner vor Ort

  •  Deutsch-Tschechische Industrie-  und Handelskammer Prag (AHK Tschechien)
  •  Deutsche Botschaft Prag
  • Wirtschaftskammer der Tschechischen Republik
  • Confederation of Industry of the Czech Republic
  • Bezirk Pilsen
  • Stadt Pilsen
  • Westböhmische Universität Pilsen
  • Business and Innovation Centre Pilsen
  • Regionale Entwicklungsagentur des Pilsner Bezirks
  • Wirtschaftskammer Plzensko
  • CzechInvest – Investment and Business  Development Agency
  • Assoziation der Wirtschaftskammern  Westböhmen
  • Regionale Wirtschaftskammer des  Bezirks Pilsen
  • Junior Chamber International Czech Republic
  • Bayern Handwerk International 
  • TANDEM – Koordinierungszentrum  Deutsch-Tschechischer Jugendaustausch
Auf einen Blick

Informationen zur Region Pilsen

Auf einen Blick 

7.561 km2 Fläche
573.634 Einwohner
270.000 Beschäftigte
23 902 CZK Bruttolohn
5,48% (II.Q 2014) Arbeitslosigkeit
326.000 CZK BIP pro Einwohner (2014)
141 568 Wirtschaftssubjekte davon 14 952 Handelsgesellschaften (2014)

Regionale Besonderheiten

Die Region Pilsen ist Drehscheibe im grenzüberschreitenden Wirtschaftsraum Ostbayern-Westböhmen. Mit einem Bruttoinlandsprodukt von mehr als 40 Milliarden Euro ist die Region Pilsen-Oberpfalz ein Wirtschaftsstandort von europäischem Format. Pilsen ist das wirtschaftliche Kraftzentrum der Region, hier leben mehr als 30 Prozent der Menschen. Pilsen ist aber nicht nur die Industriemetropole Westböhmens, sondern auch Universitäts- und Bezirkshauptstadt.
Viele tschechische Traditionsmarken kommen aus Pilsen und tragen den Namen der Region in alle Welt: innovative Straßenbahnen und Schmiedeteile von Skoda, Spirituosen von Stock, das weltberühmte Pilsner Urquell und der Bohemia Sekt. Pilsen ist mittlerweile aber ein international gesuchter Produktions- und Entwicklungsstandort. Rund 1/3 der etwa 300 deutschen Unternehmen in der Region Pilsen sind Niederlassungen ostbayerischer Industrie- und Dienstleistungsunternehmen. Der Industriepark Borska Pole am westlichen Stadtrand von Pilsen ist mittlerweile die erfolgreichste Industriezone Tschechiens und beherbergt Technologieunternehmen aus Deutschland, Japan, USA und Großbritannien.
Wichtiger Impulsgeber für die Entwicklung der Region ist die Westböhmische Universität. Mit 9 Fakultäten, etwa 60 Instituten – ein großer Schwerpunkt liegt auf den Ingenieurwissenschaften – und fast 15.000 Studenten ist die Universität ein wichtiger Partner der Wirtschaft vor Ort.
2015 war Pilsen die Kulturhauptstadt Europas und präsentiert sich als moderne, aufstrebende Stadt mit beeindruckender kultureller Vielfalt.

Unternehmensauswahl


Baubranche

Berger Bohemia a. s.
Plzen
Bau von Straßen
Streicher, s.r.o. Plzen
Stenovice
Rohrleitungstiefbau, Brunnenbau und Kläranlagenbau
Prvni SaZ Plzen, a.s.
Plzen
Bau von Bahnverkehrsstrecken


Elektrotechnik/Elektronik

Brush SEM, s.r.o.
Plzen
Herstellung von Elektromotoren, Generatoren und Transformatoren
Škoda Electric, a.s.
Plzen
Herstellung von Elektromotoren, Generatoren und Transformatoren
e m z Hanauer, s.r.o.
Cernosin
Herstellung von Haushaltsgeräten
Murr CZ, s.r.o.
Stod
Herstellung von Elektrizitätsverteilungs- und -schalteinrichtungen
Rosenberg s.r.o
Klenci pod
Cerchovem
Herstellung von Elektromotoren, Ventilatoren, Klimaanlagen


Maschinenbau

Daikin Industries Czech Republic, s.r.o.
Plzen
Herstellung von kälte- und lufttechnischen Erzeugnissen, nicht für den Haushalt
Dioss Nýřany, a.s.
Nyrany
Herstellung von Pumpen und Kompressoren
Doosan Škoda Power, s.r.o.
Plzen
Herstellung von Verbrennungsmotoren und Turbinen (ohne Motoren für Luft- und Straßenfahrzeuge)
Škoda Machine Tool, a.s.
Plzen
Herstellung von Werkzeugmaschinen für die Metallbearbeitung

Wichtige deutsche Investoren im Bereich Maschinenbau

BHS Corrugated Fertigungs, Montage, Service, s.r.o.
Tachov
Maschinen und Anlagenbau
GTW Bearings, s.r.o.
Prisov
Herstellung von Lagern, Getrieben, Zahnrädern und Antriebselementen
Hansa Česko, s.r.o.
Kralovice
Herstellung von Armaturen
Christ CAR Wash, s.r.o.
Plzen
Herstellung von Waschanlagen
MDS Engineering, k.s.
Plzen
Maschinen- und Anlagenbau, Präzisionsmaschinenbau
 AZ-Czech, s.r.o.   
Meclov
Herstellung von Werkzeugen
                                                      

Automotive

Faurecia Plzeň, s.r.o.
Plzen
Herstellung von Seating Systems für Kraftwagen
Škoda Transportaion, a.s.
Plzen
Herstellung von Niederflurstraßenbahnen, elektronischen Lokomotiven, S-Bahn-Einheiten, U-Bahnen
Suspa CZ, s.r.o.
Bor
Herstellung von Ersatzteilen für die Autoindustrie
Grammer CZ, s.r.o.
Tachov
Herstellung von Seating Systems für Kraftwagen
Alfmeier CZ, s.r.o.
Plzen
Herstellung von Konponenten für die Automobilindustrie

Kunststofftechnik

Gerresheimer Horsovsky Tyn, s.r.o.
Horsovsky Tyn
Produktion von Kunststoffteilen für die Pharma-Industrie
Inotech CR, s.r.o.
Tachov
Herstellung von Kunststoffwaren für Automotive, Telekommunikation, Kosmetik
Technicke plastove systemy, s.r.o.
Dysina
Herstellung von sonstigen Kunststoffwaren


Holzindustrie

Colloredo-Mannsfeld, s.r.o.
Zbiroh
Erbringung von Dienstleistungen für Forstwirtschaft und Holzeinschlag
Jerome Colloredo-mannsfeld
Zbiroh
Holzeinschlag
LST, a.s.
Trhanov
Erbringung von Dienstleistungen für Forstwirtschaft und Holzeinschlag


Handel

M.A.T. Group, s.r.o.
Plzen
Großhandel mit Metall- und Kunststoffwaren für Bauzwecke sowie Installationsbedarf für Gas, Wasser und Heizung
Profi Schierer, s.r.o.
Plzen
Großhandel mit Holz, Baustoffen, Anstrichmitteln und Sanitärkeramik
K+B Expert, s.r.o.
Plzen
Einzelhandel mit elektrischen Haushaltsgeräten


Dienstleistung

ČSAD autobusy Plzen, a.s.
Plzen
Personenbeförderung im Nahverkehr zu Lande (ohne Taxis)
Aimtec, a.s.
Plzen
Erbringung von Beratungsleistungen auf dem Gebiet der Infomationstechnologie
Kerio Technologies, s.r.o
Plzen
Programmierungs-
tätigkeiten
Nakladatelstvi Fraus, s.r.o.
Plzen
Verlegung von Büchern
Skoda ICT, s.r.o.
Plzen
Erbringung von Beratungsleistungen auf dem Gebiet der Informationstechnologie
Openmatics, s.r.o.
Plzen
Programmierungs-
tätigkeiten
Konplan, s.r.o.
Plzen
Unternehmensnahe Dienstleistungen im Bereich Konstruktion und Engineering
AKKA Czech Republic s.r.o.
Plzen
Ingenieurbüros
ZF Engineering Plzen, s.r.o.
Plzen
Ingenieurbüros


Ernährungswirtschaft

Bohemia Sekt, s.r.o.
Stary Plzenec
Herstellung von Traubenwein
Chodovar, s.r.o.
Chodova Plana
Herstellung von Bier
Plzeňský Prazdroj, a. s.
Plzen
Herstellung von Bier
Stock Plzeň-Božkov, s.r.o.
Plzen
Herstellung von Spirituosen


Keramik

Lasselsberger, s.r.o.
Plzen
Herstellung von keramischen Wand- und Bodenfliesen und -platten
Steatit, s.r.o.
Klenci pod Cerchovem
Herstellung von Isolatoren und Isolierteilen aus Keramik


Bayern-Čechy - Ausgabe Mai 2024

„Wir sind erwachsen geworden.“

Seit 2022 ist Rudolf Špoták Hauptmann der Pilsener Region, zuvor war er seit 2020 Stellvertreter für dieses Amt. Im September dieses Jahres wird er sich erneut zur Wahl stellen. Der im grenznahen Domažlice aufgewachsene und noch immer dort lebende 40-Jährige steckt viel Energie in das Zusammenwachsen Westböhmens mit den Ostbayerischen Nachbarn.
Herr Hauptmann, bitte ziehen Sie eine Zwischenbilanz. Was prägte Ihre Amtszeit bislang?
Rudolf Špoták: Ich wurde zum Regionspräsidenten ernannt, als eine Krise langsam endete und die nächste begann. Wir mussten nach der Corona-Pandemie die Wirtschaft neu starten und gleichzeitig eine große Flüchtlingswelle bewältigen, die wegen des Ukrainekriegs auf uns zurollte.
Dabei zeigte Tschechien von Beginn an weitreichende Solidarität mit der Ukraine. Auch scheint die Integration der vielen Geflüchteten besser zu klappen als in Deutschland, oder?
Es gibt auch bei uns in Tschechien vieles, was wir besser hätten machen können, aber die Ukraine ist uns gesellschaftlich und kulturell nahe. Das ist ein Vorteil für die Integration der Geflüchteten. Was die Spitzenpolitik macht, ist das eine. Ich war zwei Monate nach Beginn des Krieges mit einem Hilfskonvoi selbst in der Ukraine, den wir gemeinsam mit den Partnern in der Oberpfalz, darunter auch der IHK, auf die Beine gestellt hatten. Es macht mich stolz zu sehen, wie gut wir mit unseren bayerischen Nachbarn heute zusammenarbeiten.
Das sollte nach nunmehr drei Jahrzehnten offener Grenze auch nicht weiter wundern.
Zwischen Bayern und Tschechien gibt es heute keine Grenze mehr. Wir sind wirtschaftlich und kulturell zusammengewachsen. Ich traue mich zu sagen, dass wir in den letzten 20 Jahren einen unglaublichen Fortschritt bei der Integration unserer Nachbarregionen erzielt haben. Im europäischen Kontext ist die grenzüberschreitende Kooperation zwischen Deutschland und Frankreich unser Vorbild. Man muss sich aber vor Augen führen, dass sich die Zusammenarbeit dort bereits seit Ende des Zweiten Weltkriegs entwickeln konnte.
Wie haben Sie selbst in den 1990er Jahren als Gymnasiast im grenznahmen Domažlice die Nachbarn in Bayern wahrgenommen?
Da meine Oma zur Hälfte Deutsche war und wir deshalb in Deutschland Verwandte hatten, war es für mich einfach, Kontakte zu knüpfen. Die Region, die jahrzehntelang an der Grenze des Eisernen Vorhangs lag, wurde auf einmal attraktiv. Wir wussten nicht, was wir mit der ganzen Freiheit anfangen sollen und waren überrascht, was man alles im demokratischen Deutschland machen konnte. Gleichzeitig haben sich die Deutschen gewundert, was in Tschechien alles möglich war. Es war eine wilde Zeit und fühlte sich an, als ob Ihre Eltern es Ihnen das erste Mal erlauben, in die Disco zu gehen.
Die Industriestadt Pilsen hat seither eine enorme Transformation hingelegt.
Richtig, in der Diskothek der frühen 90er hatten wir verdrängt, dass unsere Wirtschaft nicht zukunftsfähig war. Pilsen bestand im Wesentlichen aus der Škoda- Fabrik, und die war ein sozialistischer Staatsbetrieb. Mit dem Erwachsenwerden merkten wir Ende der 90er Jahre, dass unsere Wirtschaft darniederlag. Uns wurde klar, dass in der westlichen Welt nichts umsonst ist. Aber wir hatten hier einen Grund, auf dem wir bauen konnten, vor allem tolle Menschen, tolle Fachkräfte. Wir konnten die Industrie so entwickeln, wie sie heute dasteht.
Wurden das sehr ländlich geprägte Umland der Stadt Pilsen und die Grenzregion auf tschechischer Seite dabei abgehängt?
Während mit der Stadt Pilsen ein bedeutender Ballungsraum entstand, passierte im ländlichen Raum nicht viel. Das führte zu einem immer größer werdenden Unterschied. Vor uns stehen nun zwei Herausforderungen: Wir müssen Industrie und Innovationen auf dem Stand des 21. Jahrhunderts halten und uns im Sinne der europäischen Integration weiterentwickeln. Nur so werden wir weltweit bestehen können. Und wir dürfen es nicht zulassen, dass die Menschen vom Land nur besser leben können, wenn sie in die Metropolen ziehen.
Ist vor diesem Hintergrund die gescheiterte Ansiedelung einer VWGigafactory für die Batterieproduktion in Líně bei Pilsen eine vertane Chance?
Die Region Pilsen wird mit dem Verlust leben können. Es ist Tschechien- und EU-weit gesehen aber eine vertane Chance für die Wirtschaft. Wenn man auf die europäische Landkarte blickt, wäre die Lage in der Region Pilsen ideal gewesen. Die Investitionsentscheidung gegen die Batteriefabrik traf der VW-Konzern aufgrund der aktuellen Lage. Ob das eine vertane Chance war, werden wir erst in einem Jahrzehnt wissen…
Tschechien insgesamt und die Region Pilsen im Speziellen sind ja sehr Automotive-lastig und hängen an der deutschen Automobilindustrie. Ist das gesund, oder sollte man sich breiter aufstellen?
Das sollten Sie auch international betrachten. Solange die EU der Automobilindustrie in Zukunft weiterhin eine hohe Bedeutung beimisst, ist das für die Automotive- Industrie in der Region Pilsen nicht bedrohlich. Denn die Unternehmen in der Region Pilsen haben sich auf die Produktion von Teilen spezialisiert, die nicht von einer Antriebsart abhängig sind. Wenn aber die größten Produzenten in Deutschland, Frankreich und Italien auf dem Weltmarkt unter Druck stehen und mehr auf Teile aus Asien setzen, ist das für Tschechien ein Problem, ja.
Tschechiens Ingenieure haben sich aber immer wieder neu erfunden. Stimmt Sie das zuversichtlich?
Bei Forschung und Innovation können wir immer mithalten. Andererseits gibt es bei uns in der Region viele Firmen, die Ersatzteile für den Automobilbereich produzieren. Da sind wir sehr abhängig.
Mit welchen Argumenten umwerben Sie potenzielle Investoren?
Wir brauchen hier keine Firmen mehr, die wie in den 90ern wegen billiger Arbeitskraft zu uns gefunden haben. Wir brauchen Firmen, die auf unsere Kompetenz in der Innovation und Forschung setzen. Ein enormer Vorteil ist unsere Lage. Wir liegen mitten in Europa, von uns aus ist man in einer Stunde in Prag und in drei Stunden in München…
…mit dem Auto ja, aber mit dem Zug ist das Richtung München so eine Sache. Wie viele Absichtserklärungen müssen für eine vernünftige Bahnverbindung zwischen München und Prag über Regensburg und Pilsen noch unterzeichnet werden?
In den letzten 35 Jahren gab es viele Themen, bei denen die deutsche Seite für die Tschechische Republik ein Vorbild war. Aber der Bahnausbau geht definitiv in Tschechien schneller voran.
Was wünschen Sie sich von der bayerischen Seite?
Von der bayerischen Seite wünsche ich mir den genannten Ausbau der Bahnverbindung.
Ist das alles?
Die meisten Themen müssen wir gemeinsam weiter vorantreiben. Das betrifft als erstes die Bereiche Gesundheitswesen und Pflege. Wir haben ein Krankenhaus in Domažlice auf tschechischer Seite, zwölf Kilometer von der Grenze entfernt. Wir haben ein Krankenhaus in Zwiesel, zehn Kilometer von der Grenze entfernt. Es muss doch möglich sein, dass die Notfälle von beiden Seiten der Grenze aufnehmen können! Ich wünsche mir noch mehr Kooperationen, wie die zwischen der Pflegeschule in Bad Kötzting und dem Krankenhaus Domažlice. Hier können die bayerischen Pflegeschüler jetzt ein Praktikum in Tschechien absolvieren. Ich möchte auch mehr Vernetzung im Rettungswesen erreichen. Bei der Polizei klappt die Zusammenarbeit schon ganz gut. Die Feuerwehr ist in Deutschland aber anders strukturiert als bei uns. Und schließlich wünsche ich mir mehr Zusammenarbeit im Schulwesen. Sowohl bei den Grund- und Mittelschulen als auch bei den Universitäten. Da haben wir schon einiges erreicht, aber ich glaube, wir können mehr.
Also noch viel Arbeit für Sie.
Die Grenzschließung während der Corona- Pandemie hat gezeigt, dass die Oberpfalz und die Pilsener Region gar nicht mehr ohneeinander existieren können. Man erkennt beim Blick aus dem Auto oder dem Zug heute nicht mehr, ob man auf der bayerischen oder der tschechischen Seite ist. Ich glaube auch, dass unsere Verbindungen noch nie so freundschaftlich und konstruktiv waren wie jetzt. Daran sollten wir weiterarbeiten.

Das Gespräch führte Peter Burdack.
IHK vor Ort in Pilsen
Bei allen Fragen zu wirtschaftlichen Themen im Nachbarland hilft das gemeinsame Regionalbüro Pilsen der IHK Regenburg für Oberpfalz / Kelheim und der Deutsch-Tschechischen IHK gerne weiter.
Pressemeldung

Tschechiens Profis für die Produktion

Ostbayerns und Westböhmens Industriebetriebe sind eng vernetzt und sie weisen ähnliche Strukturen auf. Sie stehen ebenso vor denselben Herausforderungen, etwa beim Engpass an qualifiziertem Personal. „Bei nahezu jedem Gespräch mit deutschen wie auch tschechischen Unternehmern über zukünftige Investitionen steht am Ende die Frage nach den Fachkräften, deren Befähigung und Motivation“, sagte der Hauptgeschäftsführer der IHK Regensburg für Oberpfalz / Kelheim während einer Feierstunde in Pilsen, bei der zwölf Absolventinnen und Absolventen für die Teilnahme an der beruflichen Weiterbildung Industrial Professional (IHK) ausgezeichnet wurden.
Seit 2016 konnte die IHK-Akademie in Ostbayern GmbH mit der Deutsch-Tschechischen IHK (DTIHK) über 120 tschechische Produktions-Führungskräfte erfolgreich qualifizieren. Die in Tschechien noch einmalige berufsbegleitende Aufstiegsfortbildung orientiert sich am Modell des deutschen Industriemeisters und fokussiert auf digitale Produktion und neue Arbeitswelten. Die teilnehmenden Führungskräfte lernen, wie sie ihre Teams bei der Transformation zur Industrie 4.0 mitnehmen.
Vor allem die Niederlassungen deutscher Unternehmen in Tschechien setzen bislang auf den Industrial Professional mit IHK-Zertifikat, weil sie um die Vorteile der Industriemeister-Weiterbildung aus Deutschland wissen. „Mit seinem Überblick und Prozessverständnis, seinem Organisationstalent, seinem Wissen und seinen Führungsqualitäten nimmt der Meister die Schlüsselfunktion in einer modernen industriellen Fertigung ein“, erklärte Helmes bei der Verleihung.

Mehr betriebliche Ausbildung am Horizont

Noch immer fehle es Tschechien an einem modernen und an der betrieblichen Praxis orientierten Ausbildungssystem. Der Geschäftsführende Vorstand der DTIHK Bernard Bauer aus Prag machte in seinem Grußwort den Unternehmen Hoffnung: „Das tschechische Industrie- und Handelsministerium bereitet ein Gesetz vor, das die Einführung der Meisterprüfung vorsieht.“ Wann und in welcher Form das Vorhaben umgesetzt werde, sei zwar noch offen. „Aber klar ist immerhin schon jetzt: Tschechien will Ihrem Beispiel folgen, verehrte Meister!“, freute sich Bauer.
Auch Tschechiens Generalkonsulin in München, Dr. Ivana Červenková, wünschte sich bei der Feier, dass das gute Beispiel aus Pilsen Schule macht. Sie betonte die vielen wirtschaftlichen Kooperationen zwischen ihrem Land und Bayern. „Der Qualifizierungslehrgang Industrial Professional für Meister und Führungskräfte in der Produktion ist ein Beispiel für die hervorragende wirtschaftliche Zusammenarbeit.“
(15.04.2024)
Bayern-Čechy - Ausgabe März 2024

Auf der Spur des Luchses

Das Wirtschaftsjahr 2023 war in Tschechien erneut in vielerlei Hinsicht schwierig. „Die negativen Auswirkungen der Energiekrise, die anhaltend hohe Inflation – all dies hat dazu geführt, dass die reale Wirtschaftsleistung noch nicht das Niveau vor der Covid-Pandemie erreicht hat“, berichtet Karla Stánková vom IHK-Regionalbüro in Pilsen. Der Automotive-Sektor ist die Leitbranche in Tschechiens Industrie und steht massiv im Umbruch.
Angesichts jüngster Krisen etwa in den Lieferketten und technologischer Revolutionen wie der E-Mobilität suchen die Automobilisten Tschechiens nach Zukunftspfaden. Am 18. Juni werden sie in Pilsen bei der jährlichen Konferenz „Trends in Automotive Logistics TAL“ die Chancen der digitalen Transformation ihrer Branche diskutieren. Das Industrie und Ingenieursland Tschechien muss sich neu erfinden, denn: „Das bisherige Wirtschaftsmodell stößt an seine Grenzen. Mit reinen Produktionsstätten internationaler Konzerne lässt sich in Zukunft nur wenig Wertschöpfung generieren“, urteilt Germany Trade and Invest. Schmerzlich ist vor diesem Hintergrund die Entscheidung des VW-Konzerns, nahe Pilsen nun doch keine Gigafactory zur Produktion von Elektrobatterien zu bauen. Tschechiens Regierung rang zwei Jahre lang vergeblich um die Ansiedelung. Vielleicht ebnet das aber auch gerade Westböhmens Wirtschaft den Weg, sich zukunftsweisend auszurichten?

Inflationsrückgang erwartet

IHK-Expertin Stánková blickt verhalten optimistisch auf das neue Jahr. „Vieles deutet darauf hin, dass wir die Talsohle durchschritten haben und eine wirtschaftliche Erholung einsetzen wird.“ Tschechiens Ökonomen rechnen mit einem BIP-Wachstum von plus 1,1 Prozent. Die Inlandsnachfrage dürfte vom Verbrauch der privaten Haushalte getragen werden, denn das Land erwartet einen deutlichen Rückgang der Inflation auf drei bis vier Prozent und ein solides Lohnwachstum. „Der Außenhandel dürfte wieder eine Schlüsselrolle spielen“, vermutet Stánková. Hier geht der Blick unweigerlich zu den deutschen Nachbarn, bei denen sich aus tschechischer Sicht Stagnation breit macht. Und dennoch: „Der deutsch-tschechische Handel wird auch 2024 das Zugpferd des tschechischen Außenhandels bleiben.“
Nach schwierigen Jahren hofft auch Stánková auf eine Neuausrichtung der Wirtschaft. „Wir müssen mehr investieren, Innovationen vorantreiben und unsere Wirtschaft robuster für die Zukunft machen.“ Sie zeigt sich zuversichtlich, dass das gelingen kann – mit Anspielung auf die heimische Tierwelt: „Tschechien ist zwar kein Tigerstaat, aber das Land des Luchses. Der ist anpassungsfähig und findet immer seinen Weg.“
Autor: Peter Burdack
IHK vor Ort in Pilsen
Bei allen Fragen zu wirtschaftlichen Themen im Nachbarland hilft das gemeinsame Regionalbüro Pilsen der IHK Regenburg für Oberpfalz / Kelheim und der Deutsch-Tschechischen IHK gerne weiter.
Weiterbildung in Tschechien

Zertifikatslehrgang Industrial Professional

Der Lehrgang „Industrial Professional“ orientiert sich an den fachlichen und personenbezogenen Anforderungen eines Industriemeisters. Die Weiterbildung vermittelt Know-how vor allem in Organisation und Personalführung. Der „Industrial Professional“ soll als berufserfahrene Fachkraft in der Lage sein, die Verantwortung für Organisationseinheiten und Projekte in der industriellen Produktion oder produktionsnahen Bereichen zu übernehmen. Er kann eine Gruppe führen, motivieren und Konflikte konstruktiv lösen.
Die Weiterbildung ist ein Intensivtraining mit hohem Praxisbezug. Theoretische Unterrichtseinheiten wechseln mit praktischen Übungen. Diese werden teilweise videounterstützt, um einen maximalen Lerneffekt zu erzielen.
Zum Unterrichtskonzept gehört auch der moderierte Erfahrungsaustausch in einzelnen Unternehmen, bei dem die Meisterschüler unternehmensbezogene Themen präsentieren und Problemlösungen diskutieren können.

Inhalte

Hard Skills 

Grundlagen der Wartung und des Arbeitsschutzes
  • Wartung in Fertigungsorganisationen allgemein
  • Mechanische Maschinen und Einrichtungen
  • Hydraulische Einrichtungen
  • Pneumatische Vorrichtungen
Grundlagen der Produktionsleitung
  • Produktionsprozess im Betrieb und die Rolle des Meisters
  • Produktionsvorbereitung, Produktionsleitung und Produktionsplanung
  • Kenntnisse im Qualitätsmanagement
Arbeitsgesetzbuch
EDV-Wissen

Soft Skills 

Persönlichkeit und Position des Meisters
Geschicklichkeit im Gespräch und effektive Kommunikation
Mitarbeitermotivation
Leitung und Mitarbeiterführung
Time Management und Festlegung von Prioritäten
Präsentationstechnik

Abschlussprüfung

Der Kurs endet mit einer IHK-Zertifikatsprüfung.
Am Ende des Kurses findet eine Abschlussprüfung statt, mit der Fachkenntnisse und Fertigkeiten überprüft werden. Diese Prüfung besteht aus einem schriftlichen Teil und der Präsentation einer Projektarbeit, die im Kurs erarbeitet wird. Die Lektoren, gegebenenfalls in Kooperation mit teilnehmenden Unternehmen, werten die Ergebnisse aus.

Dauer des Lehrgangs und Veranstaltungsort

Der Lehrgang umfasst 112 Unterrichtsstunden in Form eines Intensivtrainings und Erfahrungsaustauschprogramm bei jeweiligen Unternehmen (moderierte Diskussion unternehmensbezogener Themen und Problemlösungen).
Die Weiterbildung erstreckt sich über einen Zeitraum von einem Jahr.
Die ganze Weiterbildung wird in Westböhmen realisiert. Die Unterrichtssprache ist Tschechisch
Alle Informationen zum Lehrgang inkl. Kosten und Teilnehmerzahl finden Sie in dieser Informationsbroschüre Industrial Professional (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 966 KB).
Pressemeldung

Bildung, Forschung und Wirtschaft grenzenlos vernetzen

Es ist heute selbstverständlich, dass junge Menschen aus Tschechien und Deutschland im Nachbarland einen Studienaufenthalt absolvieren. Ebenso ist die Wirtschaft beider Länder eng miteinander vernetzt. Westböhmische Forschung und ostbayerische Investoren kooperieren seit Jahren. Darüber hinaus sind tschechische Fach- und Arbeitskräfte vom grenznahen bayerischen Arbeitsmarkt nicht mehr wegzudenken.
Ein Treffen hochrangiger Vertreter von Ostbayerns und Westböhmens Wirtschaft, Universitäten und Hochschulen gab am Montag in Pilsen den Anstoß, die gegenseitige Vernetzung auf eine neue Ebene zu heben. „Wir wollen die Vision einer gemeinsamen Technologie- und Bildungsregion Ostbayern-Westböhmen in die Tat umsetzen“, sagte der Hauptgeschäftsführer der IHK Regensburg für Oberpfalz / Kelheim Dr. Jürgen Helmes beim Treffen mit Rektoren und Vizerektoren von Westböhmischer Universität, Universität Regensburg, den Ostbayerischen Technischen Hochschulen Regensburg und Amberg-Weiden sowie der Technischen Hochschule Deggendorf. „Wir teilen mit Ostbayern eine 200 Kilometer lange Grenze. Allein deswegen sollten wir auf allen Feldern von der Wirtschaft über die Kultur bis zur Bildungs- und Forschungslandschaft noch intensiver zusammenarbeiten“, so Gastgeber Prof. Miroslav Lávička, Rektor der Westböhmischen Universität.

Doppelte Studienabschlüsse und gemeinsame Ressourcennutzung

Um die gemeinsame Region auch für auswärtige Studierende attraktiv zu machen, können sich die Teilnehmenden die Einführung von Double Degrees – doppelte Studienabschlüsse – ostbayerischer und westböhmischer Hochschulen vorstellen. Rektor Lávička hob hierbei die Bedeutung englischsprachiger Studiengänge hervor. Anders als in Bayern würden in Tschechien Studiengebühren erhoben, wenn ein Studiengang nicht in der Landessprache durchgeführt wird. Das sei vor allem im Wettbewerb um junge Menschen aus anderen EU-Ländern ein Standortnachteil, den es zu beheben gelte.
Neben der Bildungskooperation stufen die Teilnehmenden das Potenzial zur gemeinsamen Nutzung von Ressourcen in Forschung und Entwicklung zwischen den Hochschulen Ostbayerns und Westböhmens als hoch ein. „Je mehr unsere Universitäten und Hochschulen miteinander kooperieren, umso attraktiver wird die gesamte Nachbarregion für Studierende und Lehrende, für Fachkräfte und für Akademiker. Hiervon wiederum profitiert unsere Wirtschaft“, zeigte sich IHK-Hauptgeschäftsführer Helmes motiviert von dem Termin.
Wie deutsche Wirtschaft und tschechische Wissenschaft bereits erfolgreich zusammengewachsen sind, das zeigte sich bei einem anschließenden Betriebsbesuch bei ZF Engineering in Pilsen, zu dem auch weitere Unternehmensvertreter deutscher Investoren in Pilsen vertreten waren. Geschäftsführer Dr. Mathias Eickhoff führte vor Augen, wie sehr sein Unternehmen von der Kooperation mit der Westböhmischen Universität beim Technologietransfer und bei der Fachkräftegewinnung profitiert. Über 900 Entwicklerinnen und Entwickler sind für ZF am Standort in Pilsen tätig.
(31.10.2023)

Bayern-Čechy - Ausgabe Januar 2024

Wie weiter wachsen?

Mit weit über 60 Milliarden Euro Wirtschaftsleistung pro Jahr ist der Wirtschaftsraum Oberpfalz/ Kelheim – Pilsen eine europaweit wettbewerbsfähige Grenzregion, und das trotz seiner ländlichen Lage. Ihn weiterzuentwickeln, ist eine Gemeinschaftsaufgabe von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
Babylon war einmal einer der mächtigsten Stadtstaaten im antiken Zweistromland. Das heutige Babylon ist ein unbedeutender Weiler zwischen Bayern und Böhmen – ein paar Tankstellen, Einkaufsläden und das Spielcasino im nahen Folmava sind von den wilden Neunzigerjahren übriggeblieben, als der Grenzsteifen ein heruntergekommener Verheißungsort für konsumund erlebnissüchtige Ostbayern war. Rechts der Staatsstraße 26 finden Ortskundige einen hübschen Naturbadesee, der noch aus der tschechoslowakischen Vorkriegszeit stammt. Links davon erhebt sich das verwunschene Čerchov-Massiv, ein Wanderparadies für Grenzgänger und tschechische Pilzfreunde. Spätestens an dessen Fuß wähnt man sich im geschliffenen Weiler Bystřice, dem früheren Fichtenbach, am Ende der Welt. Dabei ist drum herum viel mehr los, als es den Anschein hat.
Die Nachbarregionen Oberpfalz und Pilsen haben in den vergangenen 33 Jahren eine wirtschaftliche Erfolgsgeschichte geschrieben, der selbst die Corona-Delle mit zeitweise geschlossenen Grenzen nichts anhaben konnte. „Die Region ist dank ihrer Industriestruktur gut aufgestellt, obwohl sie sehr ländlich geprägt ist und infrastrukturelle Defizite beim Verkehr und bei der Digitalisierung aufweist“, sagt der Experte für Border Regions Prof. Dr. Tobias Chilla von der Universität Erlangen. Anhand des BIP-Wachstums kann man den, wie der Geograph sagt, externen Schock der Corona-Pandemie gut nachvollziehen.

Grenzgebiete haben aufgeholt

Gerade die grenznahen ländlichen Gebiete Ostbayerns und Westböhmens haben im europäischen Vergleich aufgeholt. Zwischen 2012 und 2018 stieg das BIP dort um bis zu 140 Prozent. Rund 150 deutsche Unternehmen produzieren, forschen und entwickeln heute in der Nachbarregion Pilsen. Sie haben mehr als 40.000 Arbeitsplätze geschaffen. Und aus keinem Nachbarland pendeln mehr Menschen nach Deutschland täglich ein als aus Tschechien. Insgesamt sind das fast 31.000 Menschen (Stand 2021), von denen wiederum 13.000 Pendlerinnen und Pendler täglich den Oberpfälzer Arbeitsmarkt verstärken. Das kommt auch dem ostbayerischen Einzelhandel zugute. Aufgrund des großen Wettbewerbs hierzulande ist es für Tschechen günstiger, auf dem Nachhauseweg in Bayern einzukaufen. Wer das nicht glaubt, der kann in einem kürzlich erschienenen Onlinevideo mit Tschechiens Ministerpräsident Petr Fiala in Waldsassen in den Supermarkt gehen und den Preisvergleich machen.
Die tschechischen und bayerischen Nachbarn profitieren enorm voneinander, auch wenn ihnen das nicht immer bewusst sein mag. Hier setzt auch der Wirtschaftsgeograph Chilla an. Er sieht das Potenzial, die Vernetzung der Region auf eine nächste Stufe zu heben und bezeichnet dabei die Achse zwischen Regensburg und Pilsen als „Role Model“ mit Luft nach oben. Gerade Pilsen und Regensburg seien durch ihre Wirtschaftskraft und Attraktivität Zugpferde, die die gesamte Grenzregion voranbringen. Was sind nun die Herausforderungen in dieser Grenzregion? Wohin steuert sie und welche Weichenstellungen sind für die Zukunft notwendig?

Achillesferse Infrastruktur

Einen enorm hohen Nachholbedarf sehen Experten und die regionale Politik bei der Infrastruktur. Und auch selbst fragt man sich als Bahnreisender, warum die Verbindung Prag – München als derzeit unzuverlässigste Strecke in ganz Bayern gilt. Die Antwort ist schnell gefunden – sie liegt an der maroden Gleistechnik auf deutscher Seite, während man auf tschechischer die Schiene zweispurig bis an die Grenze elektrifiziert hat. Bedauerlicherweise blieben im letzten Jahrzehnt von mehreren hochrangig besetzten deutsch-tschechischen Eisenbahnkonferenzen nur Absichtserklärungen übrig. Internationale Touristen, welche diese Relation in den Sommermonaten zuhauf nutzen, landen da mal schnell im Nirgendwo. Immerhin verbindet die Autobahn A6/D5 seit nunmehr fast zwei Jahrzehnten die Nachbarn schnell und zuverlässig miteinander. Noch mehr Chancen würden sich durch regionale, grenzüberschreitende ÖPNV-Konzepte auftun.
Infrastruktur heißt im 21. Jahrhundert jedoch umso mehr, Digital- und Energienetze auszubauen, und dies sollte konsequent über die Grenze hinweg getan werden. Je mehr man im bayerischen Grenzraum nach Osten geht, umso schwächer wird das Mobilfunknetz, bis man im Funkloch landet. Wenn man dann ein paar Schritte weitergeht, erreicht einen mit Glück bereits das tschechische Netz. Mit dem 5GCorridor Munich-Prague soll das besser werden. 2020 haben Bayern und Tschechien die Absichtserklärung geschlossen, dass sie Hochgeschwindigkeits-Mobilfunknetze der fünften Generation (5G) gemeinsam errichten wollen.
Für die Sicherstellung der Energieversorgung von morgen wiederum böte der Grenzraum etwa ein erhebliches Flächenpotenzial für Windkraft und Photovoltaik. Limitierender Faktor sind der unzureichende Netzausbau auf beiden Seiten sowie die fehlenden grenzüberschreitenden Netze – nur bei Waidhaus verbindet eine Höchstspannungs-Trasse die Leitungen miteinander.

Neue Produkte für den Arbeitsmarkt

Immer öfter wird bei den Unternehmen in Bayern und Tschechien der Arbeitsund Fachkräftemangel zum Hemmschuh für Investitionen und Wachstum. Die Arbeitslosenquoten lagen selbst während der Corona-Krise nie wesentlich über dem Status Vollbeschäftigung. Da würde es schon per se nichts bringen, wenn zum Beispiel die bayerische Seite im großen Stil Fachkräfte aus Tschechien abwerben würde, wie von der tschechischen Politik ab und an befürchtet. Für die heimatverbundenen Grenzpendler aus Tschechien sind die ostbayerischen Arbeitgeber vor allem dank der geografischen Nähe interessant. Je weiter man sich in Westböhmen wiederum Pilsen nähert, umso mehr pendeln die Menschen dorthin.
Den Arbeitsmarkt beiderseits der Grenze stärken, das gelingt aus Sicht der Experten dann, wenn man gemeinsame Angebote schafft und darüber spricht. Mehr international ausgerichtete, gemeinsame Studiengänge oder betriebliche Ausbildungsmöglichkeiten im grenzüberschreitenden Kontext wären Produkte, mit denen die Nachbarregion am europäischen Arbeitsmarkt punkten könnte. Es sollten auch alle Möglichkeiten der Anwerbung von Fachkräften aus Drittstaaten ausgeschöpft und bürokratische Hürden bei der Integration von Geflüchteten und Zuwanderern aus dem Weg geräumt werden. Das wären Maßnahmen, welche der Region zum einen ein Profil geben und zum anderen ein Ansatz für ein professionelles Marketing, das den im Rest Europas oft unbekannten Grenzraum Ostbayern-Westböhmen attraktiv macht.

Gemeinsame Technologie- und Bildungsregion

Die IHK Regensburg und die Deutsch-Tschechische IHK haben mit ihrem Regionalbüro in Pilsen eine gemeinsame Ansiedlungs- und Bildungspolitik für die Nachbarregion im Blick. Die Anstrengungen richten sich auf die Verzahnung des Angebots der Hochschulen sowie der betrieblichen Aus- und Weiterbildung. Ein Beispiel ist die einjährige berufsbegleitende Qualifizierung zum Industrial Professional, welche die IHK in Westböhmen auf den Markt gebracht hat. Und als kooperatives Ausbildungsmodell bezeichnet man es, wenn deutsche Investoren in Tschechien in ihren Niederlassungen mit den örtlichen Berufsschulen zusammen junge Menschen fürs Berufsleben qualifizieren. Vor Ort klappt das seit Jahren sehr gut. In Prag stößt man aber auf taube Ohren, wenn man die Spitzenpolitik nach einer landesweiten Einführung der betrieblichen Ausbildung fragt.
Wie kann man die grenzüberschreitende Kooperation dennoch auf eine neue Stufe heben? „Wir wollen die Vision einer gemeinsamen Technologieund Bildungsregion Ostbayern-Westböhmen in die Tat umsetzen“, berichtet der Hauptgeschäftsführer der IHK in Regensburg Dr. Jürgen Helmes von einem Kick-off der Universitäten und Hochschulen der Oberpfalz und der Region Pilsen im Herbst 2023. „Wir teilen mit Ostbayern eine 200 Kilometer lange Grenze. Allein deswegen sollten wir auf allen Feldern von der Wirtschaft über die Kultur bis zur Bildungsund Forschungslandschaft noch intensiver zusammenarbeiten“, so Prof. Miroslav Lávička, Rektor der Westböhmischen Universität. Es mag heute zwar selbstverständlich sein, dass junge Menschen aus Tschechien und Deutschland im Nachbarland einen Studienaufenthalt absolvieren. Die Region würde jedoch noch mehr profitieren, wenn man zum Beispiel doppelte Studiengänge ostbayerischer und tschechischer Hochschulen in englischer Sprache anböte. Das lockt auswärtige Studierende in die Region, denen man im nächsten Schritt die hervorragenden beruflichen Perspektiven hier aufzeigen kann.

Grenzüberschreitende Vernetzung

Neben der Bildungskooperation ist das Potenzial zur gemeinsamen Nutzung von Ressourcen in Forschung und Entwicklung zwischen den Hochschulen Ostbayerns und Westböhmens groß. „Je mehr unsere Universitäten und Hochschulen miteinander kooperieren, umso attraktiver wird die gesamte Nachbarregion für Studierende und Lehrende, für Fachkräfte und für Akademiker. Hiervon wiederum profitiert unsere Wirtschaft“, weiß Helmes. Und es wirke auch nach innen. Bildung und Gleichwertigkeit der Berufsund Lebenschancen spielen für den Chamer Landrat und Oberpfälzer Bezirkstagspräsident Franz Löffler eine entscheidende Rolle. „Junge Leute wollen die Möglichkeiten ihres Berufs ausschöpfen. Denen müssen wir zeigen, dass sie das in der Region auch erreichen können.“
Dass die Oberpfalz und die Region Pilsen auf regionaler Ebene gut miteinander können, zeigt die grenzüberschreitende Vernetzung auch auf anderen Gebieten, in der Kultur oder etwa bei den Rettungsdiensten. Beim Gesundheitssystem wollen die Nachbarn nun noch weiter gehen, etwa die Notaufnahmen auf beiden Seiten der Grenze besser miteinander verzahnen. „Wenn es nur an uns liegen würde, wären wir hier schnell, aber das hängt auch immer an Prag und Berlin,“ merkt der Hauptmann der Region Pilsen Rudolf Špoták an.
Zum Glück machen Feuerwehr und Sanitäter an der Grenze heute nicht mehr halt. Ostbayerische und Westböhmische Nachbargemeinden führen gemeinsame Feuerwehrübungen durch. Bei Bier und Würsteln kommen sich spätestens danach die Nachbarn näher. Das trägt auch über Verständigungsprobleme bei der Sprache. Leider wurde es vor allem auf bayerischer Seite bis heute versäumt, die tschechische Sprache als Wahlpflichtfach auf die Lehrpläne zu bringen. Dabei wäre gerade die Sprache ein Schlüssel für das bessere Verständnis voneinander, wie das die Nachbarregionen zwischen Westdeutschland und Frankreich seit Jahrzehnten vor Augen führen.
Es gibt viele Baustellen, auf denen die Vernetzung zwischen Ostbayern und Westböhmen vorangetrieben werden sollte. Das weiß auch IHK-Hauptgeschäftsführer Helmes. „Europa findet hier bei uns in den Grenzregionen statt. Nicht Brüssel, sondern wir vor Ort müssen das europäische Haus bauen.“
Autor: Peter Burdack
IHK vor Ort in Pilsen
Bei allen Fragen zu wirtschaftlichen Themen im Nachbarland hilft das gemeinsame Regionalbüro Pilsen der IHK Regenburg für Oberpfalz / Kelheim und der Deutsch-Tschechischen IHK gerne weiter.
Kooperationsvereinbarung

Wissens- und Wirtschaftsraum über die Grenze vernetzt

09.04.2019
Der ostbayerisch-westböhmische Fach- und Führungskräftemarkt und die Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sollen weiter zusammenwachsen. Die IHK Regensburg für Oberpfalz / Kelheim und die Deutsch-Tschechische Industrie- und Handelskammer (DTIHK) haben deshalb am 08. April 2019 mit der Westböhmischen Universität in Pilsen eine Kooperationsvereinbarung unterschrieben. „Das ist eine einmalige Chance, den gemeinsamen Wirtschaftsraum Ostbayern-Westböhmen in Europa als innovative und wettbewerbsfähige Grenzregion zu positionieren“, sagte der Präsident der IHK Regensburg Michael Matt bei der Unterzeichnung mit IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Jürgen Helmes, DTIHK-Präsidenten Jörg Mathew sowie DTIHK-Vorstandsmitglied Bernard Bauer und dem Rektor der Westböhmischen Universität Dr. Miroslav Holeček. „Die Zusammenarbeit mit bayerischen Unternehmen und Institutionen bei der angewandten Forschung, dem Technologietransfer und der Mobilität von Studierenden ist für die Weiterentwicklung der Westböhmischen Universität sehr wichtig“, erklärte Rektor Holeček. Für ihn sind IHK und DTIHK die Schnittstelle in die Wirtschaft. Die Uni Pilsen wiederum ebnet den Firmen den Weg zur Wissenschaft.

Mehr Deutsch für tschechische Absolventen

Schon seit einigen Jahren realisieren DTIHK und IHK über ihr gemeinsames Regionalbüro in Pilsen mit der Westböhmischen Universität gemeinsame Veranstaltungen und Projekte. Zum Beispiel treffen sich Ostbayerische Mittelständler mit Niederlassungen in der Region Pilsen zu Netzwerktreffen mit den Forschern der Westböhmischen Universität, um neue Produktionstechnologien kennenzulernen. Die Uni Pilsen mit ihrem starken technischen Profil erhofft sich jetzt noch mehr Kontakte in die Wirtschaft. IHK Präsident Michael Matt sieht darin ein „Win-win für die Firmen und für die Uni“.
800 Unternehmen aus Ostbayern unterhalten Beziehungen ins Nachbarland, über 150 Betriebe haben sogar Niederlassungen hier. Dabei rücken die Absolventinnen und Absolventen der Uni Pilsen besonders in den Fokus der deutschen Investoren. Hier mangelt es jedoch mitunter an Deutschkenntnissen. Auch dieses Manko wollen Uni, IHK und DTIHK im Rahmen der Kooperation anpacken und darüber hinaus den jungen Tschechen zeigen, welche Karrierechancen sich für sie bei den Nachbarn ergeben.