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Forderungsdurchsetzung in der EU

Das Merkblatt gibt einen Überblick, auf welche Art und Weise eine Forderung im europäischen Ausland gerichtlich tituliert und durchgesetzt werden kann.
Stand: Januar 2019
Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, mittels aktueller Rechtssetzungsakte auch auf europäischer Ebene effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten. Das Merkblatt gibt einen Überblick, auf welche Art und Weise eine Forderung im europäischen Ausland gerichtlich tituliert und durchgesetzt werden kann.

1. Deutscher Vollstreckungstitel

Mit einem deutschen Titel, sei es ein Urteil, Vollstreckungsbescheid oder dergleichen, lässt sich eine Forderung in der Europäischen Union ohne weiteres vollstrecken. Grundlage hierbei ist die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO), bekannt auch als so genannte Brüssel I-Verordnung. Sie trat am 1. März 2002 in Kraft und ist überall in der EU mit Ausnahme Dänemarks (dort gilt die Vorläuferregelung des EuGVÜ) direkt anwendbar.
Vorteil eines deutschen Titels ist, dass das gerichtliche Verfahren in Deutschland geführt werden kann, auch wenn es sich um einen ausländischen Schuldner handelt. Voraussetzung dabei ist jedoch, dass ein deutsches Gericht für das Verfahren international zuständig ist. Ziel der Verordnung ist es, die für die Anerkennung und rasche Vollstreckung der Entscheidungen eines Gerichts eines Mitgliedstaates notwendigen Formalitäten mittels eines unkomplizierten, einheitlichen Verfahrens zu vereinfachen.
Soll eine deutsche zivilgerichtliche Entscheidung beispielsweise in Frankreich vollstreckt werden, so hat der Gläubiger derzeit nach der EuGVVO verschiedene Stadien zu durchlaufen. Dabei ist zunächst zwischen der Anerkennung und Vollstreckung einer Entscheidung zu unterscheiden.

1.1 Anerkennung

Die Anerkennung einer in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidung über Zivil- und Handelssachen – wie im oben genannten Beispiel der in Deutschland ergangenen Entscheidung – erfolgt grundsätzlich aufgrund dieser Verordnung automatisch und bedarf keines besonderen Verfahrens. Es gibt allerdings einige Gründe, nach denen eine Anerkennung versagt werden kann. Dazu gehören die Unvereinbarkeit mit der öffentlichen Ordnung (ordre public) oder die Unvereinbarkeit mit einer im Anerkennungsstaat ergangenen Entscheidung. Die Partei, gegen die sich die Anerkennung richtet, kann die Anerkennung jedoch anfechten.

1.2. Vollstreckung eines Titels

Die in einem Mitgliedstaat ergangene und dort vollstreckbare Entscheidung kann in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckt werden, wenn der Berechtigte sie in diesem Land für vollstreckbar erklären lässt. Dazu muss er einen Antrag an das zuständige Gericht stellen und eine Ausfertigung der Entscheidung beifügen, die anerkannt werden soll. Sind die Voraussetzungen erfüllt, wird die Entscheidung für vollstreckbar erklärt. Nur besondere Gründe führen dazu, dass die Vollstreckbarerklärung versagt werden darf. Die Vollstreckung wird dann nach dem Recht des Landes durchgeführt, in dem vollstreckt werden soll.

2. Europäischer Vollstreckungstitel

Ergänzend zu den Urteilen in einem Mitgliedstaat ist der Zusatz als Europäischer Vollstreckungstitel möglich. Bei dem Europäischen Vollstreckungstitel handelt es sich um einen Zusatz, der für inländisch erlangte Titel eine zusätzliche Bestätigung als Vollstreckungstitel bedeutet. Voraussetzung ist aber, dass zunächst in einem nationalen Verfahren ein Titel gegen den Schuldner erlangt wird, z. B. ein deutsches Urteil.
2005 wurde in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union – mit Ausnahme Dänemarks – ein Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Geldforderungen in Zivil- und Handelssachen eingeführt. Gläubiger mit einem in Dänemark ansässigen Schuldner müssen den im Inland erlangten Titel beim zuständigen dänischen Gericht für vollstreckbar erklären lassen.
Bei Schuldnern in allen anderen europäischen Mitgliedsstaaten empfiehlt es sich, einen europäischen Vollstreckungstitel zu beantragen. Dieser ermöglicht es, dass Entscheidungen über eine unbestrittene Forderung in einem anderen Mitgliedstaat automatisch anerkannt werden, ohne dass es dort ein Zwischenverfahren gibt und ohne dass die Anerkennung angefochten werden kann.
Ein Verfahren mit dem europäischen Vollstreckungstitel setzt dabei folgendes voraus:
  • unbestrittene Forderung
Eine unbestrittene Forderung ist nicht zu verwechseln mit einer gerichtlich festgestellten berechtigten Forderung. Eine unbestrittene Forderung im Sinne der EU-Verordnung liegt nur dann vor, wenn der Schuldner ihr im Gerichtsverfahren entweder nicht widersprochen hat oder ihr ausdrücklich durch Anerkenntnis oder durch vor einem Gericht geschlossenen Vergleich zugestimmt hat oder die Forderung ausdrücklich in einer öffentlichen Urkunde anerkannt hat. Ferner ist auch dann von einem fehlenden Widerspruch auszugehen, wenn der Schuldner nicht zur Gerichtsverhandlung erscheint oder einer Aufforderung, schriftlich mitzuteilen, ob er sich zu verteidigen beabsichtigt, nicht nachkommt.
  • Ausstellung als Europäischer Vollstreckungstitel
Der Europäische Vollstreckungstitel kann bei der Stelle, der auch die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung des Titels obliegt, beantragt werden. Dafür gibt es auf dem „Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheides“ eine entsprechende Möglichkeit zum Ankreuzen. Eine Bestätigung erfolgt nur bei Vorliegen einer unbestrittenen Forderung. Der Schuldner wird hierzu nicht angehört, er hat jedoch die Möglichkeit, den Widerruf der Bestätigung zu beantragen. Die Kosten für die Ausstellung der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel hat der Antragsteller zu tragen. Die Gebühr beträgt 15 Euro, im arbeitsgerichtlichen Verfahren 12 Euro.

3. Deutsches Mahnverfahren in grenzüberschreitenden Fällen

3.1. Durchführung eines deutschen Mahnverfahrens in grenzüberschreitenden Fällen

Die Möglichkeit der Durchführung eines deutschen Mahnverfahrens in grenzüberschreitenden Fällen haben Sie immer dann, wenn Deutschland mit dem anderen Staat die Zustellung eines Mahnbescheides in eben diesem Staat vereinbart hat.
Dies gilt zurzeit für die folgenden Länder:
Belgien
Bulgarien
Dänemark
Estland
Finnland
Frankreich
Griechenland
Irland
Island
Israel
Italien
Lettland
Litauen
Luxemburg
Malta
Niederlande
Norwegen
Österreich
Polen
Portugal
Rumänien
Schweden
Schweiz
Slowakei
Slowenien
Spanien
Tschechische Republik
Ungarn
Vereinigtes Königreich
Zypern
Befindet sich Ihr Schuldner in einem dieser Staaten, können Sie ein grenzüberschreitendes Mahnverfahren durchführen. Möglich ist dies auch, wenn der Schuldner zwar nicht selbst in einem der genannten Staaten greifbar ist, aber dort einen Zustellungsbevollmächtigten bestellt hat. Zustellungsbevollmächtigte können etwa sein: Rechtsanwälte, Steuerberater und sonstige Personen, bei denen man aufgrund des Berufs von erhöhter Zuverlässigkeit ausgehen darf.
Scheidet ein grenzüberschreitendes Mahnverfahren demgegenüber aus, können bzw. müssen Sie Ihre Forderung im Klagewege durchsetzen. Dies ist, wenn die Forderung wahrscheinlich nicht bestritten wird, ärgerlich. Man muss aufgrund der fremden Rechtsordnung des anderen Staates Rechtsbeistand hinzuziehen. Zeitaufwändige und teure Zustellungen sowie ein oftmals langwieriges Gerichtsverfahren kommen hinzu.

3.2. Zuständiges Gericht

Die deutschen Gerichte werden hier nur dann tätig, wenn sie für die „Hauptsache“ (also das, worüber Sie sich mit Ihrem Gegner vor Gericht streiten würden) „international zuständig“ sind. Lässt sich dies bejahen, muss man noch herausfinden, welches Gericht innerhalb Deutschlands das für den konkreten Fall zuständige Mahngericht ist.
3.2.1 Vertragliche Vereinbarung oder Allgemeine Geschäftsbedingungen
Die internationale Zuständigkeit klärt, ob überhaupt deutsche Gerichte für die Entscheidung zuständig sind. Eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte besteht dann, wenn die Parteien dies wirksam schriftlich vereinbart haben. Die Schriftform ist auch gewahrt, wenn die Geschäftspartner den Gerichtsstand sich gegenseitig per E-Mail bestätigen oder wenn auf eine mündliche Vereinbarung eine Bestätigung per E-Mail oder per Brief erfolgt. Allgemeine Geschäftsbedingungen können ebenfalls Klauseln zum Gerichtsstand enthalten. Oft sind solche Klauseln unklar formuliert. Häufig anzutreffen ist etwa: „Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Regensburg“. Erheblich mehr Rechtssicherheit schafft die Formulierung: „Ausschließlicher Gerichtsstand für alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag ist für beide Teile Regensburg“.
Beachten Sie zudem eine beliebte Falle: Mit einer Gerichtsstandsvereinbarung legen die Parteien für etwaige Streitigkeiten einen bestimmten Ort fest. Dies kann aber auch mit einer „Erfüllungsortvereinbarung“ im Vertrag erreicht werden. Wenn es etwa harmlos heißt „Erfüllungsort ist Warschau“, kann vor einem dortigen Gericht auch geklagt werden. Oft soll an dem vereinbarten Erfüllungsort nämlich gar nicht geleistet werden, er ist bloßes Mittel einer verdeckten Gerichtsstandsvereinbarung. Geschieht dies zu offensichtlich, will der Europäische Gerichtshof solche Konstruktionen aber nicht zwingend anerkennen.
3.2.2. Gesetz
Eine deutsche internationale Zuständigkeit ergibt sich weiterhin aus gesetzlichen Regeln. Sie sind äußerst kompliziert, weshalb Sie meistens nicht umhinkommen, juristischen Sachverstand hinzuzuziehen. Verhältnismäßig einfach ist es noch, wenn es um einen anderen EU-Mitgliedstaat geht. Besonders praxisrelevant ist der Gerichtsstand des Erfüllungsortes (Art. 5 Nr. 1 EuGVVO).
Er kommt nur für Ansprüche aus Verträgen in Betracht. Bei Kauf- und Dienstleistungsverträgen ist Erfüllungsort der Ort, an dem die Ware bzw. die Dienstleistung nach dem Vertrag zu liefern bzw. zu erbringen war. Beauftragt z. B. ein französisches Unternehmen für das Design seiner Produkte eine Agentur in Regensburg, ist Regensburg auch der Ort, an dem die Dienstleistung erbracht werden muss (es sei denn, es ist etwas anderes vereinbart). Zahlt der französische Auftraggeber nicht, kann die Agentur vor einem Gericht in Regensburg ihr Honorar einklagen. Eine deutsche internationale Zuständigkeit liegt also vor.
3.2.3. Allgemeiner Gerichtsstand
An welches einzelne deutsche Gericht Sie Ihren Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids richten müssen, hängt davon ab, wo Sie und Ihr Antragsgegner ihren allgemeinen Gerichtsstand haben. Der allgemeine Gerichtsstand richtet sich bei Personen nach deren Wohnsitz. Bei Unternehmen stellt man auf den Sitz ab. Dies ist im Zweifel der Ort, an dem es seine Verwaltung hat.
Die verschiedenen Varianten können Sie der folgenden Übersicht entnehmen:
Antragsteller hat allg. Gerichtsstand in Deutschland (häufigster Fall)

Nicht der Antragsteller, aber der Antragsgegner hat allg. Gerichtsstand in Deutschland
Keiner von beiden hat Gerichtsstand in Deutschland
Amtsgericht an dem Ort des allg. Gerichtsstandes des Antragstellers bzw. in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein das jeweils eingerichtete zentrale Mahngericht;
für Bayern das Amtsgericht Coburg.
Amtsgericht an dem Ort, an dem sich auch das Gericht der Streitsache nach den Regelungen über die internationale Zuständigkeit befindet.

Ist kein deutsches Gericht international zuständig, können Sie in aller Regel am Wohnsitz Ihres Schuldners im Ausland das Mahnverfahren durchführen. Das bedeutet zunächst, dass Sie das Verfahren vor einem Ihnen fremden Gericht durchführen müssen. Hierfür benötigen Sie stets anwaltliche und sprachkundige „Vor-Ort“-Hilfe, um die ausländischen Dokumente richtig auszufüllen und zustellen zu können. Andererseits hat dies auch seine Vorteile: grenzüberschreitende Zustellungen und Vollstreckungen sind dann entbehrlich, da hier lediglich eine gewöhnliche Inlandszustellung erforderlich wäre. Ebenso könnte die Vollstreckung innerstaatlich erfolgen, da das Vermögen des Schuldners in aller Regel dort liegen wird.

3.3. Verfahren nach Antragsstellung

Auch für das Mahnverfahren in grenzüberschreitenden Fällen kann der für inländische Verfahren eingeführte amtliche Vordruck „Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides“, den Sie im Schreibwarenhandel erhalten, verwendet werden.
Der Mahnantrag kann ebenso im Internet ausgefüllt werden. Anzugeben ist (unter der Zeilennummer 45 des Vordrucks) das Gericht der Streitsache. Erforderlich ist auch eine Begründung, warum das von Ihnen angegebene Gericht zuständig ist. Soweit sich diese Zuständigkeit – wie oben unter Ziffer 3.2. beschrieben – aus einer Gerichtsstandsvereinbarung oder einer Erfüllungsortvereinbarung ergibt, fügen Sie die entsprechende schriftliche Vereinbarung Ihrem Antrag hinzu. Ansonsten müssen Sie die internationale Zuständigkeit – unter Einholung von Rechtsrat – gesondert begründen.
Notwendige Übersetzungen veranlasst das Gericht. Da der Schuldner die Annahme des Mahnbescheids verweigern kann, wenn er die deutsche Sprache nicht beherrscht, ist eine Übersetzung in aller Regel erforderlich. Soweit möglich, sollten Sie Ihrem Antrag auch eine Übersetzung streitentscheidender Passagen hinzufügen, z. B. aus Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder einem Vertrag.
Das Mahngericht prüft Ihren Antrag auf Vollständigkeit und leitet die Zustellung im Ausland ein. Dann kommt es auf die Reaktion des Schuldners an. Zahlt er (und zwar auch die Verfahrenskosten), ist der Fall erledigt. Ansonsten kann er gegen den Mahnbescheid Widerspruch einlegen. Dazu hat er mindestens zwei Wochen Zeit, längstens jedoch bis das Gericht einen Vollstreckungsbescheid erlassen hat. Der Widerspruch führt dazu, dass es zu einem normalen gerichtlichen Streitverfahren kommt.
Reagiert der Schuldner jedoch nicht, müssen Sie innerhalb von sechs Monaten nach Zustellung des Mahnbescheids einen Vollstreckungsbescheid beantragen. Über die erfolgreiche Zustellung werden Sie mit einer „Zustellungsnachricht“ informiert, der Sie auch das genaue Datum der Zustellung entnehmen können. Außerdem erhalten Sie dabei einen bereits mit Geschäftsnummer, Betreff und Rücksendeanschrift versehenen „Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheides“. Erfahrungsgemäß dauern die Rücklaufzeiten der Zustellungsnachricht sehr lange. Dann ist es ratsam, den Erlass eines Vollstreckungsbescheids zu beantragen, bevor der Zustellungsnachweis zurückgekommen ist. Bei Verstreichen der Sechs-Monatsfrist verliert der Mahnbescheid nämlich seine Wirkung.
Im anschließenden Vollstreckungsverfahren prüft zunächst das deutsche Gericht, ob der Mahnbescheid für vollstreckbar erklärt werden kann, d. h. insbesondere ob die erwähnten Fristen eingehalten sind. Ist dies der Fall, muss das deutsche Gericht das zuständige ausländische Gericht einschalten. Dieses entscheidet dann, ob die deutsche Vollstreckbarkeitserklärung auf sein eigenes Staatsgebiet ausgedehnt werden kann. Dieses lange Verfahren können Sie mit dem Europäischen Vollstreckungstitel – wie unter Ziffer 2 beschrieben – vermeiden.

3.4. Kosten des Verfahrens

Die Kosten des Mahnverfahrens hat grundsätzlich der Schuldner zu tragen. Für sämtliche Kosten müssen Sie als Antragssteller in Vorleistung gehen. Dazu zählen bei einem grenzüberschreitenden Mahnverfahren zunächst die Übersetzungskosten mit einem Richtwert von 200 bis 300 Euro. Hinzu kommen die Zustellungskosten für den Mahnbescheid. Sie variieren je nach Staat zwischen 50 bis 150 Euro. Außerdem erhebt das Amtsgericht eine Prüfgebühr in Höhe von 20 Euro. Gleiches gilt dann für den Vollstreckungsbescheid. Die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel kostet wie erwähnt 15 Euro. Sie ist damit aber erheblich billiger als das ansonsten einschlägige Anerkennungsverfahren im Ausland, für das Sie wegen der dafür notwendigen Zustellungen in diesem Land überdies einen ausländischen Rechtsanwalt einschalten müssen. In jedem Fall kommen noch die Gerichtskosten nach Wert Ihrer Forderung hinzu.
Fazit
Ein grenzüberschreitendes Mahnverfahren lohnt sich nur dann, wenn bei Ihrem Schuldner über die eigentliche Forderung hinaus genügend Vermögen zur Deckung der Verfahrenskosten vorhanden ist. Alternativ sollten Sie immer überlegen, ob er nicht auch im Inland Vermögen besitzt, in das Sie vollstrecken können.

4. Europäisches Mahnverfahren

Das Europäische Mahnverfahren kann seit dem 12.12.2008 durchgeführt werden. Rechtsgrundlage ist die EG-Verordnung Nr. 1896/2006.
Das Europäische Mahnverfahren ist eine zusätzliche Möglichkeit, seine Forderungen gegen Schuldner in einem anderen EU-Mitgliedstaat (außer Dänemark) durchzusetzen. Daneben bleibt das gewohnte nationale grenzüberschreitende Mahnverfahren – wie unter Ziffer 3 erläutert – möglich. Der Gläubiger kann frei wählen, welchen Antrag er stellt.
Das Europäische Mahnverfahren läuft ähnlich ab wie das Mahnverfahren nach deutschem Recht. Statt eines Mahnbescheids erlässt das Gericht einen Europäischen Zahlungsbefehl. Die Einspruchsfrist für den Schuldner beträgt 30 Tage ab Zustellung. Legt er Einspruch ein, findet ein normaler Zivilprozess statt. Zuständig ist in diesem Fall das Gericht des Ursprungsmitgliedstaates. Geschieht dies nicht, wird der Europäische Zahlungsbefehl für vollstreckbar erklärt. Der vollstreckbare Zahlungsbefehl entspricht dem deutschen Vollstreckungsbescheid.
Für die Zwangsvollstreckung in einem anderen Mitgliedstaat ist eine Umschreibung als Europäischer Vollstreckungstitel nicht mehr erforderlich. Die Zwangsvollstreckung richtet sich nach dem Recht des Staates, in dem vollstreckt wird. Für die Anträge gibt es eigene Formulare. Sie haben den Vorteil, dass man viele Angaben per „Schlüsselzeichen“ eintragen kann. Das ermöglicht nicht nur eine automatische Erfassung bei Gericht, sondern vereinfacht die Übersetzung. Deshalb fallen die Auslagen für Übersetzungen im Vergleich zum herkömmlichen Mahnverfahren etwas geringer aus. Die Gerichtsgebühren sind dagegen genauso hoch. Die jeweiligen Formulare, Hinweise zur Höhe der Gebühren und Informationen über notwendige Übersetzungen bzw. in den einzelnen Ländern akzeptierte Amtssprachen sind hier abrufbar.
In Deutschland ist für die Abwicklung des Europäischen Mahnverfahrens allein das Amtsgericht Wedding zuständig. Weitere Auskünfte erteilt das Amtsgericht Wedding unter der Info-Telefonnummer 030 90 156-0.

5. Europäisches Mahnverfahren für geringfügige Forderungen

Damit gibt es eine Alternative für Verfahren, bei denen um nicht mehr als 2.000 Euro gestritten wird und die Parteien sich in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten (außer Dänemark) befinden. Das Verfahren hat den Vorteil, dass statt eines Schriftsatzes ein Klageformular benutzt wird. Eine Vertretung durch einen Anwalt ist nicht erforderlich. Das gesamte Verfahren wird vorwiegend schriftlich mit standardisierten Formularen durchgeführt. Die Formulare sind hier hinterlegt.
Ob ein deutsches Gericht oder dasjenige am Firmensitz des Vertragspartners zuständig ist, richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften (näheres dazu unter Ziffer 3.2). Ist die Zuständigkeit ermittelt, finden Sie hier die Adresse des Gerichts.
Nach Eingang des Klageformblatts wird dem Beklagten dieses mit dem Antwortformblatt zugestellt, welches binnen 30 Tagen nach Zustellung an das Gericht zurück gesendet werden muss. Nach diesen 30 Tagen kann das Gericht entweder ein Urteil fällen oder zu weiteren Angaben auffordern oder auch eine mündliche Verhandlung (z. B. per Videokonferenz) ansetzen. Die Kosten des Verfahrens trägt grundsätzlich die unterliegende Partei. Ein im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangenes Urteil wird in jedem Mitgliedstaat anerkannt und vollstreckt. Es bedarf keiner Vollstreckbarerklärung und die Anerkennung kann nicht angefochten werden. Hier zeigt sich nun der Vorteil gegenüber einem nationalen Gerichtsverfahren. Vollstreckt wird das Urteil nach dem Recht des Mitgliedstaates, in dem vollstreckt werden soll, also dort, wo der Schuldner seinen Wohnsitz hat.

Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer IHK – nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.