Regionale Konjunktur

Wenig Spielraum für Investitionen

Das Jahr 2023 startete für Ostbayerns Wirtschaft erstaunlich positiv. Im Herbst zeichnete sich indes ein düsteres Investitionsklima ab. 

Inlandsmarkt als Stütze zu Jahresbeginn

Die Konjunkturlichter der regionalen Wirtschaft waren bei der Umfrage zu Jahresbeginn 2023 wieder weitestgehend auf grün. „Die Geschäftslage über alle Branchen hinweg zeigt sich zum Jahresbeginn erfreulich positiv, die negativen Erwartungen haben sich mit Ausnahme einiger Hotel- und Gastronomiebetriebe nicht erfüllt“, berichtete IHK-Präsident Michael Matt.
Dabei wirkte in den letzten Monaten vor allem der inländische Markt als Stütze. Ein Drittel der 300 von der IHK befragten Unternehmen aller Größen und Branchen meldete mehr Aufträge. Trotzdem: Die Unsicherheiten und Belastungen der Firmen beim Thema Energiepreise und -bezug zeigten sich deutlich in den Umfragedaten: 80 Prozent meldeten erhöhte Stromtarife. Neben den Gaspreiserhöhungen sahen sich zehn Prozent der Firmen mit der Kündigung ihrer Gasverträge konfrontiert. Trauriger Spitzenreiter dabei war der Handel mit 25 Prozent. Anschlussverträge gab es nur bei zwei Drittel aller Befragten. Als Antwort auf die Energiekrise wollten 62 Prozent der Firmen in eine eigene Energieversorgung investieren.
Die Angaben zum Auftragsvolumen der letzten Monate aus dem Ausland waren über alle Industriebetriebe gesehen negativ. Dem entgegen standen in der amtlichen Statistik Umsatzanstiege im Export, die überwiegend dem hohen Inflationseffekt zuzurechnen waren.
Bei den Geschäftserwartungen für die nächsten Monate lag der Saldo noch über alle Branchen gesehen weiterhin im negativen Bereich. Es zeigte sich jedoch eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Herbst 2022, der die schlechteste Konjunktur-Prognose seit 2009 aufwies.

Stagnation im Frühjahr

„Insgesamt gesehen stagniert die Geschäftslage bei den Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistungen“, berichtete IHK-Präsident Michael Matt aus der Konjunkturumfrage Frühjahr unter 270 Unternehmen aller Branchen und Größen. Deutlich wurde auch: Während das Inlandsgeschäft rückläufig war, ging es auswärts nach langer Durststrecke wieder aufwärts. „Die heimische Wirtschaft zeigt sich resilient gegenüber den geopolitischen Ereignissen, aber hierzulande muss die Politik die Weichen auf Wachstum stellen“, mahnte Matt.
In der Industrie ging der Bestand an Aufträgen gegenüber dem Frühjahr 2022 deutlich zurück. Eine Ausnahme bildeten Hotels, Gastronomiebetriebe und Reisebüros. Der Post-Corona-Reiselust taten die Inflation und die gestiegenen Kosten keinen Abbruch. Dabei war das Reisen deutlich teurer geworden.
Im Wohnungsbau meldeten sieben von zehn Betrieben einen Einbruch. Angesichts der gestiegenen Bauzinsen warteten die Bauherren ab. Auch beim Wirtschaftsbau ging es nur schleppend voran. Das spürte wiederum die Baunebenbranche. Eine leichte Entspannung vermeldete der Bau zwar bei der Material- und Rohstoffknappheit. Dennoch wurde der Preisanstieg nicht gestoppt: Drei Viertel der Bauunternehmen planten eine Kostenweitergabe an ihre Kunden.
Mehr Freude konnte den Konjunkturexperten der IHK künftig wieder der Außenhandel bereiten. „Die globale Konjunktur lief in den letzten Monaten zäh. Der Auslandsumsatz der regionalen Exporteure stagnierte inflationsbereinigt im ersten Quartal 2023. Aktuell steigen die Erwartungen unserer Unternehmen an das Exportgeschäft aber wieder“, zeigt sich IHK-Präsident Michael Matt zuversichtlich. Die Märkte in Nord- und Südamerika stabilisierten sich, das zeigten die Angaben zum deutlich angestiegenen Auftragsvolumen aus diesen Ländern. Einen Auftragsrückgang mit chinesischen Partnern vermeldeten wiederum 55 Prozent der exportierenden Betriebe.
Die Energiemärkte beruhigten sich seit Jahresbeginn. Der Anteil an Unternehmen, denen steigende Energiepreise massive Sorgen bereiteten, ging in Folge von 45 auf 34 Prozent zurück. Mit leichtem Rückgang blieb der Fachkräftemangel die größte Herausforderung bei den Betrieben.
Die Angaben der Unternehmen ließen ahnen, dass ein Ende der Preissteigerungen noch nicht in Sicht ist. 55 Prozent planten Erhöhungen. Aktuelle politische Beschlüsse, z.B. zu den Themen Gebäudeenergie und Energieeffizienz, bewerteten die Befragten als praxisfern und schwer zu finanzieren, zudem schaffen sie Unsicherheit und ließen keine Investitionsplanungen zu. Die Betriebe meldeten auch eine finanzielle Belastung durch die Tarifabschlüsse.

Bei den Firmen schlug die Stimmung um

Ostbayerns Mittelstand fühlte sich bei der Konjunkturumfrage im Herbst von der Politik zunehmend im Stich gelassen. „Unsere Unternehmen bleiben nur dann wettbewerbsfähig, wenn der Bund und die wiedergewählte Landesregierung endlich wieder für ein besseres Investitionsklima sorgen“, befand IHK-Präsident Michael Matt bei der Vorstellung des IHK-Konjunkturberichts. An der Umfrage beteiligten sich 270 Unternehmen aller Größen aus Industrie, Handel und Dienstleistungen in der Region. „Akute Hindernisse stellen nach Aussage der Betriebe die Mauterhöhung, die CO2-Bepreisung mit ihrem aufwendigen Meldeverfahren und die Überbesteuerung der Firmen etwa bei einer Betriebsübergabe dar“, berichtete Matt und mahnte, dass Wirtschaftspolitik nicht zum bürokratischen Selbstzweck dienen dürfe. Vor allem der Mittelstand fühlte sich abgehängt.
Der Anteil der Unternehmen, die ihre Geschäftslage als „gut“ einschätzten, ging auf 41 Prozent zurück. Stabil zeigten sich die unternehmensnahen Dienstleister, die gegenüber der Frühjahrsumfrage bei der Lagebeurteilung als einzige Branche zulegen konnten. Die Konsumzurückhaltung schlug noch nicht in allen Branchen durch. Insbesondere im Tourismus und Gastro-Bereich zeigten sich weiterhin Nachholeffekte nach der Pandemie. Industrie und Handel schwächten sich aber ab. Als Nachwehe der Krisenzeit beobachteten die Konjunkturexperten der IHK einen sogenannten Lagerhaltungszyklus: Die Auftragslage war rückläufig, denn zunächst wurden die angestauten Lager geleert.
Auch wenn sich der regionale Bau in Summe überraschend widerstandsfähig zeigte, bei einem Fünftel traten Kapazitätsüberhänge auf.
Industrie und Großhandel meldeten neben dem Inlandsrückgang auch weniger Auslandsaufträge. Trotzdem setzten die exportorientierten Unternehmen für die nächsten Monate verglichen mit den Vorumfragen verstärkt auf Aufträge aus dem Ausland.
Die Anzahl der Firmen ohne akuten Personalbedarf erhöhte sich laut IHK-Konjunkturbericht leicht von 25 auf 27 Prozent. Die Unternehmen wollten ihre Arbeitskräfte überwiegend halten. Denn das Matching auf dem Arbeitsmarkt wird zunehmend schwierig: Die Anzahl der Befragten, die offene Stellen längerfristig nicht besetzen konnten, stieg innerhalb eines Jahres von 59 auf 64 Prozent. Mit Blick auf das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz will fast jedes zweite Unternehmen in der Region dem Arbeitskräftemangel durch Einstellung von Arbeitskräften aus dem Ausland begegnen.
Die Geschäftserwartungen der von der IHK Befragten sanken in allen Branchen erneut unter den langjährigen Durchschnitt.