Fachthemen

Abmahnung im Wettbewerbs-, Marken- und Urheberrecht

Das „Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“, mit dem vor allem rechtsmissbräuchliche Abmahnungen erschwert wurden, ist im Dezember 2020 in Kraft getreten.
Stand: Januar 2024

1. Das Gesetz gegen Abmahnmissbrauch

Überblick über die Regelungen:
  • Abmahnungen müssen bestimmte Informationen enthalten.
    Der Abmahner muss genaue Angaben machen zu seiner Identität, seiner Berechtigung, der Rechtsverletzung und evtl. Kosten.
  • Strengere Voraussetzungen für Abmahnbefugnis von Mitbewerbern
    Nur gelegentliche Geschäftstätigkeit, Schein-Onlineshops etc. reichen für eine Mitbewerber-Eigenschaft ausdrücklich nicht aus.
  • Strengere Voraussetzungen für Abmahnbefugnis und neue Aufsicht für Wettbewerbs- / Wirtschaftsverbände
    Wettbewerbsvereine müssen jetzt auch in eine Liste beim Bundesamt für Justiz eingetragen werden und dafür einige Voraussetzungen erfüllen.
  • Der Anspruch des Abmahners auf Erstattung von Abmahnkosten (v. a. Anwaltskosten, Kostenpauschale bei Verbänden) wird beschränkt.
    Bei Verstößen gegen Informationspflichten im Online-Handel und gegen Datenschutzvorschriften können die Verbandskostenpauschale oder Anwaltskosten nicht mehr verlangt werden.
  • Abgemahnte erhalten Gegenansprüche bei unberechtigten Abmahnungen.
    Bei missbräuchlichen Abmahnungen muss der Abmahner dem Abgemahnten die Anwalts- oder Gerichtskosten zur Abwehr der Abmahnung ersetzen.
  • Vertragsstrafen werden in ihrem Umfang und ihrer Höhe begrenzt.
    Mitbewerber können bei einer Erstabmahnung von Verstößen gegen Informationspflichten im Online-Handel oder gegen Datenschutz-Vorschriften keine Vertragsstrafe mehr ansetzen. Im Übrigen ist die Vertragsstrafe bei „Bagatellverstößen“ auf 1.000 Euro gedeckelt.
  • Der sog. „fliegenden Gerichtsstand“ (die Zuständigkeit jedes deutschen Gerichts für Wettbewerbsverstöße im Internet) wird aufgehoben.
    Abmahner können in bestimmten Fällen nicht mehr ohne weiteres vor das Gericht gehen, das in ihrem Sinne entscheidet, sondern müssen am Sitz des Abgemahnten klagen.

2. Was ist eine Abmahnung?

Wer in unzulässiger Weise (z. B. irreführend) wirbt oder Informationspflichten nicht einhält (z. B. als Online-Händler), muss damit rechnen, kostenpflichtig abgemahnt zu werden – egal, ob man sich damit bewusst einen Wettbewerbsvorteil verschaffen will oder aus schlichter Unwissenheit handelt. Genauso riskiert man eine Abmahnung, wenn man fremde Schutzrechte (Marken-, Patent-, Gebrauchsmuster-, Design- oder Urheberrechte) verletzt, weil man – bewusst oder unbewusst – zum Beispiel fremde Namen, Logos, Produkte, Texte oder Bilder genutzt oder kopiert hat.

Wie sieht eine Abmahnung aus?

In einem Brief wird dem Abgemahnten unmissverständlich mitgeteilt, dass sein (Werbe-) Verhalten wettbewerbswidrig ist oder dass er die Schutzrechte eines anderen verletzt hat. Er wird dazu aufgefordert, das beanstandete Verhalten zu unterlassen und innerhalb einer vorgegebenen Frist eine strafbewehrte Unterlassungserklärung zu unterschreiben und die Abmahnkosten zu bezahlen. Bei Schutzrechtsverletzungen wird außerdem meistens noch ein Schadenersatzanspruch angekündigt und Auskunft über den Umfang der Rechtsverletzung verlangt.

Formelle Anforderungen - was muss eine Abmahnung beinhalten?

  • Name oder Firmenname des Abmahnenden, bei einer Vertretung (z. B. durch einen Anwalt) zusätzlich Name oder Firmenname des Vertreters
  • Anspruchsberechtigung: die genauen Voraussetzungen der Berechtigung zur Abmahnung
  • Rechtsverletzung: Welches Recht / welche Vorschrift ist verletzt und warum?
  • Aufwendungsersatz: ob und in welcher Höhe Kosten für die Abmahnung (z. B. Anwaltskosten) geltend gemacht werden und wie sich ihre Höhe zusammensetzt. Gegebenenfalls muss auch ein Hinweis erfolgen, wenn der Anspruch auf Aufwendungsersatz gesetzlich ausgeschlossen ist.

Von wem kann eine Abmahnung kommen?

Die Abmahnung kommt meist in einem anwaltlichen Schreiben im Auftrag eines Mitbewerbers (bei Marken-, Design-, oder Patentverletzungen im Auftrag des Schutzrechtsinhabers). Bei Wettbewerbsverstößen kann das Schreiben auch von einem Verband oder Verein (Wettbewerbs- oder Verbraucherschutzverein) kommen.

Was ist der Zweck einer Abmahnung?

Unterzeichnet der Abgemahnte die Unterlassungserklärung und stellt das rechtswidrige und bemängelte Verhalten ein, ist der Anspruch des Abmahners erfüllt und eine gerichtliche Auseinandersetzung wird vermieden.
Ziel der außergerichtlichen Abmahnung ist es vor allem, teure und langwierige Gerichtsverfahren zu vermeiden. Unternehmen sollen wettbewerbsrechtliche Verstöße und Verletzungen von Schutzrechten möglichst schnell und kostengünstig abstellen können, ohne gleich gerichtlich klagen zu müssen. Die Abmahnung ist grundsätzlich ein sinnvolles Instrument zur Selbstregulierung der Wirtschaft. Speziell bei wettbewerbsrechtlichen Verstößen hat sich der Gesetzgeber in Deutschland bewusst gegen eine behördliche Verfolgung entschieden, sondern die Unternehmen sollen Wettbewerbsstreitigkeiten möglichst pragmatisch und kostengünstig untereinander regeln können.

Problem: Missbräuchliche Abmahnungen

Einen unangenehmen Effekt bekommt die Abmahnung jedoch durch missbräuchliche Serienabmahnungen, von denen vor allem der Online-Handel bei Wettbewerbsrechtsverstößen betroffen ist. Dabei werden massenhaft gleichlautende Abmahnungen an viele Unternehmen verschickt, dem Abmahnenden geht es weniger um die Herstellung rechtmäßiger Zustände, sondern um die Einkünfte aus Abmahnkosten und Vertragsstrafen.

3. Wer darf abmahnen?

Das Gesetz gegen Abmahnmissbrauch regelt die Abmahnbefugnis für Mitbewerber und Wettbewerbsvereine / Wirtschaftsverbände:
Mitbewerber (meist mit Anwalt)
Ein Mitbewerber muss schon bisher nachweislich die gleichen Produkte anbieten und die gleichen Kundenkreise ansprechen wie Sie und er muss tatsächlich auf dem Markt aktiv sein. Außerdem muss er „in nicht nur unerheblichem Maß und nicht nur gelegentlich ähnliche Waren oder Dienstleistungen vertreiben oder nachfragen“. Es reicht also im Zweifel nicht aus, wenn der Abmahner z. B. selbst erst seit kurzem auf dem Markt ist und / oder kaum Produkte anbietet. Diese Voraussetzungen muss der Abmahner nachweisen können.
Achtung: Auch der Rechtsanwalt, der ihn vertritt, muss selbst eine Zulassung besitzen.
Wettbewerbsvereine / Wirtschaftsverbände
Diese müssen auch weiterhin eine „erhebliche“ Anzahl an Mitgliedern (d. h. Unternehmen) in derselben Branche und auf dem gleichen Markt wie der Abgemahnte nachweisen.
Nach dem Gesetz müssen Wirtschafts- oder Wettbewerbsverbände außerdem in eine Liste, die sog. „Liste der qualifizierten ‎Wirtschaftsverbände“ beim Bundesamt für Justiz, eingetragen sein (ähnlich wie bisher schon die Verbraucherverbände). Für eine Eintragung müssen die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:
  • mindestens 75 Mitglieder (egal aus welcher Branche),
  • Wahrnehmung satzungsgemäßer Aufgaben seit mindestens einem Jahr vor Antragstellung (keine Neuverbände),
  • strukturelle und finanzielle Kapazität, die sicherstellt, dass satzungsgemäße Aufgaben auch zukünftig sachgerecht wahrgenommen werden können und dass Ansprüche nicht vorwiegend für die Einnahmen aus Abmahnungen oder Vertragsstrafen geltend gemacht werden,
  • ordnungsgemäße Vermögensverwaltung (keine Zuwendungen an Mitglieder aus Verbandsvermögen, keine unangemessen hohen Zuwendungen oder Vergütungen an verbandsfremde Dritte)
Verbraucherschutzverbände
Diese müssen in die Liste klagebefugter Verbände nach Unterlassungsklagegesetz (UKlaG) beim Bundesamt für Justiz eingetragen sein.
Bei Verletzung eines Schutzrechts (z. B. Marken-, Patent-, Urheberrecht) darf nur der nachweisliche Inhaber des verletzten Schutzrechts abmahnen.
Praxistipp: Oft findet man im Internet schon Informationen zum Abmahner oder Erfahrungsberichte von Abgemahnten, z. B. ob dieser schon für massenhafte Abmahnungen bekannt ist, ob es Indizien für Rechtsmissbrauch gibt, ob der Abmahner verhandlungsbereit ist etc.
Vereinzelt gibt es sogar betrügerische Abmahnungen mit gefälschter Identität eines „echten“ Rechtsanwalts – diese Fälle sind selten, dann handelt es sich meist um Phishing-Mails. Auch hier findet man oft schon entsprechende Warnungen und Informationen im Internet.

4. Welche Kosten entstehen bei einer Abmahnung?

Eine Abmahnung bringt in der Regel unangenehme Kosten mit. Sofort wird normalerweise ein „Aufwendungsersatz“ fällig, also die Erstattung der Kosten z. B. für den Anwalt des Abmahners (meist zwischen 300 und 800 Euro) oder die Kostenpauschale eines abmahnenden Vereins / Verbands (meist zwischen 150 - 350 Euro). Später können dann Vertragsstrafen anfallen, falls man erneut den abgemahnten Fehler begeht. Diese liegen jedes Mal bei ca. 3.000 bis 5.000 Euro.
Jedoch sind Kostenansprüche  und Vertragsstrafen in einigen Fällen eingeschränkt. Diese entfallen bei Abmahnungen wegen Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten im Internet („im elektronischen Geschäftsverkehr oder Telemedien“) oder gegen Datenschutzrecht (DSGVO, BDSG), wenn der Abgemahnte weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigt.
Anwalts- oder Verbandskosten können in diesen Fällen also nicht geltend gemacht werden.
Beispielsverstöße:
  • Impressumspflicht,
  • Widerrufsbelehrung,
  • Fehler beim Hinweis oder Link auf die Online-Streitbeilegungsplattform,
  • Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen (z. B: Lieferzeiten, Garantien, Produkteigenschaften),
  • Preisangaben (Grundpreis, Versandkosten, MwSt-Hinweis)
  • Datenschutzerklärung

Vertragsstrafen

Mahnt ein Mitbewerber zum ersten Mal einen der oben genannten Verstöße ab und der Abgemahnte beschäftigt in der Regel nicht mehr als 100 Mitarbeiter, dann kann er keine Vertragsstrafe geltend machen.
Außerdem: Generell darf eine Vertragsstrafe nicht mehr als 1.000 Euro betragen, wenn der Verstoß als „Bagatelle“ einzustufen ist (d. h. „der Verstoß beeinträchtigt angesichts seiner Art, seines Ausmaßes und ‎seiner Folgen die Interessen von Verbrauchern, Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern ‎in nur unerheblichem Maße“). Hier muss die Rechtsprechung allerdings noch klären, welche Verstöße darunter fallen.

Gegenansprüche des Abgemahnten bei unberechtigten Abmahnungen

Der Abgemahnte kann seine Kosten für die Abmahnverteidigung (Anwaltskosten, Gerichtskosten) vom Abmahner ersetzt verlangen, wenn die Abmahnung unberechtigt ist. Unberechtigt ist die Abmahnung z. B., wenn der Abmahner gar nicht berechtigt ist, der behauptete Rechtsverstoß nicht vorliegt oder die Formalien der Abmahnung nicht eingehalten wurden.
Ausnahme: Wenn der Abmahner die fehlende Berechtigung zum Zeitpunkt der Abmahnung nicht erkannt hat / nicht erkennen konnte. Dabei ist seine persönliche Kenntnis nicht entscheidend, sondern nur eine objektive Betrachtung von außen.
Beispiel: Abmahnung wegen fehlender Impressumsangaben im Onlineshop. Der Online-Händler ist aber eine Privatperson, muss also kein Impressum haben, weshalb die Abmahnung nicht berechtigt ist. Für einen objektiven Betrachter sah das Angebot aber gewerblich aus (z. B. wegen der großen Menge an Waren), seinen Status als Privatperson konnte der Händler nur durch Vorlegen interner Informationen beweisen. In diesem Fall hätte der Abmahner also objektiv nicht erkennen können, dass hier kein Rechtsverstoß vorlag. Der Abgemahnte hat also keinen Gegenanspruch.
Fazit: Ein Gegenanspruch besteht nicht bei jeder Abmahnung, die sich als unberechtigt herausstellt, sondern nur bei Vorsatz / Rechtsmissbrauch oder grob fahrlässigem Verhalten des Abmahners. In der Praxis wird ein Gegenanspruch also vor allem bei rechtsmissbräuchlichen Abmahnungen bestehen.

5. Abmahnung erhalten – Was tun?

Wenn Sie eine Abmahnung im Briefkasten oder im E-Mail-Postfach findet, sollten Sie immer sofort handeln – und zwar auch dann, wenn Sie die Abmahnung für unseriös oder unberechtigt halten (z. B. weil Sie den Rechtsverstoß gar nicht begangen haben). Das Schreiben einfach zu ignorieren, kann weitreichende Folgen haben – man riskiert ein unnötiges Gerichtsverfahren und hohe Kosten.
Aber Vorsicht: Niemals übereilt eine Unterlassungserklärung abgeben oder etwas bezahlen. Wichtig ist nur, innerhalb der Frist überhaupt zu reagieren.
Gehen Sie deshalb in folgenden drei Schritten vor:

Schritt 1: Genaue Prüfung der Abmahnung

Zuerst sollte man die Abmahnung „auf Herz und Nieren“ prüfen. Nach der Prüfung kann man entscheiden, wie man auf die Abmahnung am besten reagiert.

Schritt 2: Frist prüfen – notfalls Verlängerung erbitten.

  • Fristende prüfen: Prüfen Sie als allererstes, bis zu welchem Datum Sie eine Unterlassungserklärung abgeben müssen. Denn bis dahin müssen Sie auf jeden Fall reagieren. Das Datum steht normalerweise im Abmahnschreiben.
  • Wenn nötig Fristverlängerung: Wenn Ihnen der (oft kurze) Zeitraum für die Prüfung der Abmahnung, Rechtsrat einholen und ggf. die Fehlerbehebung nicht ausreicht, sollten Sie mit dem Absender der Abmahnung eine angemessene Fristverlängerung für die Abgabe der Unterlassungserklärung vereinbaren – und sich diese schriftlich bestätigen lassen.
Achtung: Sobald die Unterlassungserklärung unterschrieben wurde, ist sie wirksam. Ab diesem Zeitpunkt müssen die abgemahnten Rechtsverstöße vollständig beseitigt oder korrigiert worden sein. Andernfalls wird sofort die Vertragsstrafe fällig.
  • Wenn nötig, gesonderte Nachfrist für Korrekturen:
Falls auch eine Fristverlängerung zur Abgabe der Unterlassungserklärung nicht ausreicht, kann man eine gesonderte, längere Nachfrist für die notwendigen Korrekturen vereinbaren und schriftlich bestätigen lassen. Die Korrekturen sollte man dann am besten von einem Rechtsanwalt überprüfen lassen

Schritt 3: Geeignete Reaktionsmöglichkeit auswählen

Je nachdem, was die Prüfung in Schritt 1 ergeben hat – Abmahnung berechtigt oder unberechtigt / zweifelhaft – gibt es folgende Reaktionsmöglichkeiten:
  • Unterlassungserklärung unverändert abgeben und zahlen (selten)
  • Abmahnung als unberechtigt zurückweisen und nichts zahlen
  • Unterlassungserklärung konkretisiert / modifiziert abgeben und zahlen (seltener: nicht zahlen)
  • Einigungsstelle für Wettbewerbsstreitigkeiten anrufen und nicht zahlen
Für erste Hinweise steht auch Ihre zuständige IHK, HWK oder ein Branchenverband (bei dem Sie Mitglied sind) zur Verfügung. Im Übrigen sollte man sich Zweifelsfällen an einen spezialisierten Rechtsanwalt (Fachanwalt für „Gewerblichen Rechtsschutz“ oder für IT-Recht, letzterer vor allem für Onlineshops) wenden.

6. Wie kann man auf eine Abmahnung reagieren?

Der folgende Handlungsleitfaden gibt einen Überblick, wann welche der genannten Reaktionsmöglichkeiten geeignet ist. Das hängt davon ab, ob die Abmahnung berechtigt oder unberechtigt / zweifelhaft ist.

Fall 1: Abmahnung ist berechtigt

Eine Abmahnung ist als solche nur dann berechtigt, wenn mindestens folgende Punkte bejaht wurden:
  • Der Abgemahnte ist der richtige Ansprechpartner.
  • Der geschilderte Sachverhalt trifft zu.
  • Das beanstandete Verhalten ist tatsächlich rechtsverletzend / rechtswidrig.
  • Der Abmahner ist zu der Abmahnung berechtigt.
  • Es besteht kein Verdacht auf Rechtsmissbrauch.
Dann sollten Sie trotzdem nicht sofort die Unterlassungserklärung unterschreiben oder bezahlen. Denn auch hier kann es noch Fehler zu Ungunsten des Abgemahnten geben. Der folgende Handlungsleitfaden gibt einen Überblick:
a) Korrekt vorformulierte Unterlassungserklärung, keinerlei Beanstandungen: Unterlassungserklärung abgeben und zahlen (selten)
Das ist der seltenste Fall und nur dann zu empfehlen, wenn:
  • die Abmahnung inhaltlich ohne Zweifel berechtigt ist,
  • keine Zweifel an der Seriosität und Anspruchsberechtigung des Abmahners bestehen,
  • die Unterlassungserklärung ausreichend konkret und mit angemessener Vertragsstrafe formuliert ist und die verlangten Abmahnkosten nicht überhöht sind.
b) Zu ungenau / zu weitgehend gefasste Unterlassungserklärung: Unterlassungserklärung verändert (konkretisiert) abgeben und zahlen
Das heißt: Das zu unterlassende Verhalten muss konkreter formuliert werden. Hierzu ist auf jeden Fall anwaltlicher Rat einzuholen. Falls nötig, sollte man versuchen, vom Abmahnenden eine Fristverlängerung bekommen.
c) Überhöhte Vertragsstrafenforderung: Unterlassungserklärung modifizieren (hier v. a. „Hamburger Brauch“) und zahlen
Verhandeln über die Höhe der Vertragsstrafe ist selten erfolgreich und ohne anwaltliche Unterstützung auch nicht zu empfehlen. Auf keinen Fall sollte man die Höhe eigenmächtig senken oder die Vertragsstrafe ganz streichen. Damit würde man eine einstweilige Verfügung oder Klage riskieren.
In der Praxis ist es inzwischen üblich, die Vertragsstrafe offen zu formulieren, also ohne von vornherein einen konkreten Betrag festzulegen. Die dafür übliche Formulierung bezeichnet man als sogenannten „Hamburger Brauch“, sie ist von den Gerichten anerkannt, der Abmahnende muss sie akzeptieren.
Hinweis: Eine überhöhte Vertragsstrafenforderung kann auch ein Indiz für Rechtsmissbrauch sein.
d) Abmahnkosten überhöht: Unterlassungserklärung abgeben (ggf. modifiziert) und Kosten nicht oder nur teilweise bezahlen
Hier kann man versuchen, die Kosten herunterzuhandeln, das ist manchmal, aber nicht immer erfolgreich. Notfalls kann man die Zahlung der Abmahnkosten ganz oder teilweise verweigern (dies in einem Begleitbrief kurz begründen) und trotzdem die Unterlassungserklärung (ggf. modifiziert) abgeben. Natürlich kann der Abmahner diese Kosten dann einklagen, dann sind aber der Streitwert und die damit verbundenen Gerichts- und Anwaltskosten wesentlich niedriger als bei einer vollen Unterlassungsklage. Und man könnte so die angemessene Kostenhöhe gerichtlich prüfen lassen.

Fall 2: Abmahnung ist unberechtigt oder es bestehen Zweifel

Unberechtigt ist die Abmahnung, wenn die Prüfung einen der folgenden Einwände ergibt:
  • Der Abmahner hat keine Abmahnbefugnis (z. B. kein Konkurrenzverhältnis, keine oder zu geringe Geschäftstätigkeit, ein Verein erfüllt die gesetzlichen Voraussetzungen nicht).
  • Der Rechtsverstoß wurde nicht von Ihnen / Ihrem Unternehmen begangen.
  • In dem vorgeworfenen Verhalten liegt kein Rechtsverstoß.
  • Die Abmahnung erfolgt rechtsmissbräuchlich.
Je nachdem, ob Sie diese Einwände nachweisen können oder nicht, ergeben sich die folgenden Reaktionsmöglichkeiten:
a) Abmahnung nachweislich unberechtigt: Abmahnung als unberechtigt zurückweisen und nicht zahlen (eher selten)
Das ist grundsätzlich nur dann zu empfehlen, wenn es eindeutige Nachweise für einen der oben genannten Einwände gibt. Andernfalls hat man das Risiko eines Gerichtsverfahrens, dessen Ergebnis man kaum abschätzen kann. Das Risiko für den Abgemahnten sind die höheren Gerichts- und Anwaltskosten, falls er den Prozess verliert.
b) Abmahnung zweifelhaft – kein Nachweis
Wenn Sie vermuten, dass einer der oben genannten Zurückweisungsgründe vorliegt, aber dies nicht eindeutig nachweisen können oder wenn die Rechtslage unklar ist, bieten sich der Regel zwei Reaktionsmöglichkeiten:
Unterlassungserklärung „modifizieren“ und zahlen
In Zweifelsfällen kann man zur Vermeidung eines Gerichtsverfahrens zumindest die Unterlassungserklärung in „modifizierter“ Form abgeben und sich auf diese Weise für eine eventuelle spätere gerichtliche Klärung wenigstens eine „Tür offenhalten“.
Tipp: In einem kurzen Begleitschreiben sollte man auf seine Zweifel hinweisen und damit die Modifizierungen begründen.
Einigungsstelle für Wettbewerbsstreitigkeiten anrufen
Falls man sowohl ein Gerichtsverfahren als auch die Abgabe einer (modifizierten) Unterlassungserklärung scheut und dennoch eine Klärung sucht, bietet sich in manchen Fällen die Einigungsstelle für Wettbewerbsstreitigkeiten als eine Art außergerichtliche Schlichtungsstelle an, die bei den IHKs geführt wird. Das Verfahren ist gebührenfrei. Ziel ist die Diskussion der streitigen Fragen zur Abmahnung, das Ausräumen von Zweifeln und eine außergerichtliche Einigung.
Der Abmahner kann trotzdem parallel vor Gericht gehen. Das Risiko besteht vor allem dann, wenn der Abmahner ausdrücklich den Vorschlag für ein solches Einigungsverfahren ablehnt oder wenn er als „unseriös“ bekannt ist.

7. Welche Indizien sprechen für eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung?

Rechtsmissbräuchliche Abmahnungen sind unzulässig. Für Betroffene ist es im Einzelfall jedoch schwer festzustellen oder gar, ob eine Abmahnung rechtsmissbräuchlich ausgesprochen wurde. Im Zweifel sollten sich betroffene Unternehmen zunächst an ihre zuständige IHK wenden, diese hat eventuell aktuelle Informationen zu dem Abmahner. Im Übrigen sollte ein Fachanwalt für Wettbewerbsrecht hinzugezogen werden.
Folgende Indizien deuten nach dem Gesetz „im Zweifel“ auf einen Rechtsmissbrauch hin:
  • Die Abmahnung dient vorwiegend dazu, Geldeinnahmen zu erzielen durch Geltendmachung von Ansprüchen auf Aufwendungsersatz oder Vertragsstrafenforderungen,
  • ein Mitbewerber mahnt serienweise ab, d. h. verschickt Abmahnungen in „erheblicher“ Anzahl immer wegen derselben Verstöße und die Anzahl steht außer Verhältnis zum Umfang der eigenen Geschäftstätigkeit oder es ist anzunehmen, dass der Abmahnende das wirtschaftliche Risiko nicht selbst trägt (d. h. er könnte für die Anzahl der Abmahnungen die anfallenden Anwalts- und oder Gerichtskosten nicht selbst tragen),
  • ein Mitbewerber setzt den Gegenstandswert (als Grundlage für das Anwaltshonorar) für eine Abmahnung unangemessen hoch an,
  • es werden offensichtlich überhöhte Vertragsstrafen gefordert,
  • die Formulierung der vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung geht offensichtlich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinaus,
  • mehrere Verstöße eines Unternehmens werden einzeln abgemahnt, obwohl sie zusammen in einer Abmahnung hätten abgemahnt werden können,
  • ein Verstoß, für den mehrere Personen / Unternehmen verantwortlich sind, wird ohne sachlichen Grund nicht gegen alle zusammen geltend gemacht.
Wichtig: Schon eines dieser Indizien reicht allein aus, um einen Abmahnmissbrauch nahezulegen, die Indizien müssen also nicht gesammelt vorliegen. Dennoch stellen diese Indizien noch keinen endgültigen Beweis für Rechtsmissbrauch dar, sondern nur eine Vermutung, die der Abmahner ggf. widerlegen kann.
Zweifelsfälle
Nicht gesetzlich festgelegte Indizien, aber dennoch Grund zum Zweifel kann man in folgenden Fällen haben:
  • Keine oder keine wesentliche Geschäftstätigkeit des Abmahnenden
  • Der Abmahnende verschickt eine große Anzahl Abmahnungen, die Bagatellverstöße betreffen.
  • Die Abmahnung ist gemeinsam in einem Dokument zusammen mit der Kostenübernahmeerklärung formuliert. Im Regelfall handelt es sich um zwei getrennte Dokumente, die in einem Brief verschickt werden können. Gleichzeitig setzt der Abmahnende die gleiche Frist für die Unterzeichnung der Unterlassungserklärung und die Übernahme der Abmahnkosten und schließt eine Fristverlängerung bereits in der Abmahnung aus.
  • In der Unterlassungserklärung legt der Abmahnende den Gerichtsstand an seinen eigenen Sitz – zum Nachteil des Abgemahnten.
  • Die Vertragsstrafe erscheint unangemessen niedrig.
  • Die Vertragsstraferklärung sieht vor, dass der Abgemahnte verschuldensunabhängig für Verstöße haftet (z. B. auch für einen Druckfehler in einer Zeitungsanzeige).
  • Die Unterlassungserklärung ist weit gefasst und dabei unbestimmt und allgemein gehalten.

Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer IHK – nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.