Verbraucherstreitbeilegung
Europaweit besteht die Pflicht, Streitschlichtungsstellen einzurichten. Was bedeutet das für Unternehmer?
Stand: Februar 2025
Der Weg zum Gericht ist für Unternehmer und Verbraucher häufig aufwändig und teuer. Die Schlichtungsstellen sollen es Verbrauchern und Unternehmern erleichtern, Streitigkeiten außergerichtlich beizulegen, wobei arbeitsvertragliche Streitigkeiten ausgenommen sind. Die Verbraucherschlichtung bietet für beide Seiten eine günstige Alternative. Für die Unternehmer sind besonders die dadurch entstandenen Informationspflichten zu beachten.
1. Online-Streit-Plattform (ODR-Verordnung) wird zum 20.07.2025 eingestellt
Die Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (ODR-Verordnung, ODR-VO) war eine Verordnung der Europäischen Union (EU) über die alternative Streitbeilegung für den elektronischen Geschäftsverkehr zur Förderung des Wachstums und des Vertrauens in den Binnenmarkt. Deshalb hatte die Europäische Kommission zu diesem Zweck eine „Online-Streit-Plattform“ als zentrale Anlaufstelle für Verbraucherbeschwerden eingerichtet. Die wird nun zum 20.07.2025 eingestellt. Das ergibt sich aus der Verordnung (EU) 2024/3228, die am 19. Dezember 2024 verabschiedet wurde. Grund dafür ist die geringe Nutzung der Plattform.
Bis 20. März 2025 können noch Beschwerden eingereicht werden. Abgestellt wird die Plattform zum 20. Juli 2025, sämtliche Daten werden dann gelöscht. Die Kommission ist verpflichtet, betroffene Nutzer über die Einstellung zu informieren und ihnen den Abruf ihrer Daten zu ermöglichen. Händler, die den Link in ihrem Impressum oder an anderer Stelle auf ihrer Website eingebunden haben, sollten diesen zum 20.07.2025 entfernen. Andernfalls könnte es zu rechtlichen Unsicherheiten oder Abmahnungen kommen. Bislang war es umgekehrt: Viele Online-Händler wurden in der Vergangenheit abgemahnt, weil sie den Link entweder nicht zur Verfügung gestellt haben oder der Link nicht anklickbar war.
2. Das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG)
Unabhängig von der Abschaltung der OS-Plattform bleiben aber die Informationspflichten nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) weiterhin bestehen.
Das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz ist 2016 in Kraft getreten. Alle Verbraucherverträge gemäß § 310 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), das heißt Verträge zwischen Verbrauchern und Unternehmern, sind von dem Gesetz erfasst (unabhängig davon, auf welchem Weg sie abgeschlossen wurden) und demnach auch von den Informationspflichten gemäß der §§ 36 und 37 VSBG.
2.1 Pflicht aus § 36 VSBG
Unternehmen, die auch mit Verbrauchern Verträge schließen, müssen diese gemäß § 36 Abs. 1 VSBG in ihren AGB und auf der Webseite leicht zugänglich, klar und verständlich darüber informieren,
- inwieweit sie bereit oder verpflichtet sind, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen, und
- über die jeweilig zuständige Verbraucherschlichtungsstelle, wenn sie sich zur Teilnahme an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle verpflichtet haben oder gesetzlich verpflichtet sind.
Gesetzliche Verpflichtungen, an Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen, existieren bisher nur für einzelne Branchen (z. B. Banken und Versicherungen). Es kommt also grundsätzlich auf den Unternehmer selbst an, ob er an einem solchen Verfahren teilnehmen möchte oder nicht.
Achtung: Auch wenn ein Unternehmer nicht dazu bereit ist, an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen, muss er auf seiner Webseite darauf hinweisen. Eine Ausnahme von dieser Informationspflicht gilt nur für Unternehmen, die zum 31. Dezember des Vorjahres zehn oder weniger Beschäftigte (hier zählen die Köpfe, nicht die Arbeitszeit) hatten.
Der Text könnte folgendermaßen lauten: „Wir sind weder verpflichtet noch bereit, an Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen.“
Gemäß § 36 Abs. 2 VSBG müssen Unternehmer – soweit sie eine Webseite unterhalten – auf ihrer Webseite die Informationen zur Verfügung stellen und – soweit sie AGB verwenden – die Informationen auch dort angeben. Deshalb müssen diese Informationen sowohl im Impressum der Website (oder in einem eigenen Button „Verbraucherstreitbeilegung“) als auch in den AGB bereitgehalten werden.
Zur Klarstellung:
Diese Pflicht gemäß § 36 VSBG entfällt nur dann gänzlich, wenn das Unternehmen unter zehn Beschäftigte hat und nicht bereit ist, an einem Streitbelegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.
Diese Pflicht gemäß § 36 VSBG entfällt nur dann gänzlich, wenn das Unternehmen unter zehn Beschäftigte hat und nicht bereit ist, an einem Streitbelegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.
2.2 Pflicht aus § 37 VSBG
Außerdem sind alle Unternehmer, die auch mit Verbrauchern Verträge schließen, gemäß § 37 Abs. 1 VSBG dazu verpflichtet, einen Verbraucher nach Entstehen einer Streitigkeit auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle hinzuweisen (mit Name, Anschrift und Website) sowie darüber zu informieren, ob sie bereit sind, an der Schlichtung teilzunehmen. Diese Informationen müssen in Textform erfolgen, also z. B. per Mail. Hier gibt es keine Ausnahme für Kleinbetriebe.
3. Schlichtungsstellen
Hier finden Sie eine aktuelle Liste der anerkannten Schlichtungsstellen.
Die Universalschlichtungsstelle des Bundes am Zentrum für Schlichtung e.V. mit Sitz in Kehl, https://www.verbraucher-schlichter.de, wurde durch den Bund eingerichtet. Bis 31.12.2019 hieß sie Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung e.V.
Haben Sie Fragen rund um die Plattform, Schlichtungsstellen und Verbraucherrechte, dann können Sie sich an das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland wenden. Die Beratung ist kostenlos. Erreichbar ist das Zentrum unter 07851 991 480 oder Sie schreiben eine Mail an info@cec-zev.eu.
Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer IHK – nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.