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Mahnung und Verzug

Wenn Sie Ihre Leistung erbracht haben, steht Ihnen auch die Vergütung zu. Wie Sie richtig mahnen und wann der Vertragspartner mit der Zahlung in Verzug ist, erfahren Sie hier.
Stand: Januar 2024
Außenstände belasten die Liquidität des Unternehmens. Sie führen zu Zinsverlusten und verursachen Kosten. Darüber hinaus besteht die Gefahr eines Forderungsausfalls. Für jedes Unternehmen ist es daher von großer Bedeutung, Außenstände möglichst schnell und ohne Verluste zu realisieren. Voraussetzung dafür ist ein effektives, auf Kundenerhaltung ausgerichtetes Mahnwesen. Wenn Schuldner auf außergerichtliche Mahnschreiben nicht reagieren, ist die Einleitung gerichtlicher Maßnahmen (gerichtlicher Mahnbescheid oder Klage) zur Erlangung eines „Vollstreckungstitels“ möglich. Ein Vollstreckungstitel ist erforderlich, wenn Maßnahmen zur Zwangsvollstreckung durchgeführt werden sollen.

1. Außergerichtliches Mahnverfahren

Um Zahlung verlangen zu können, muss zunächst ein Anspruch bestehen und die Forderung muss fällig sein. Die Fälligkeit ergibt sich entweder aus vertraglichen Vereinbarungen oder, wenn nichts vereinbart ist, aus gesetzlichen Regelungen.
§ 271 BGB regelt für alle Vertragsarten grundsätzlich, dass die Zahlung sofort nach Erbringung der Vertragsleistung fällig wird, wenn nichts anderes vereinbart wurde. Bei einigen Vertragstypen, wie beispielsweise im Werk- oder Dienstvertragsrecht, gibt es speziellere Fälligkeitsregelungen. Beim Werkvertrag ist die Vergütung grundsätzlich bei der Abnahme des Werkes zu entrichten. Beim Dienstvertrag ist die Vergütung nach der Leistung der Dienste zu entrichten; wenn sie nach Zeitabschnitten bemessen ist, ist sie nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten. Häufig vereinbaren die Vertragsparteien jedoch abweichend von den gesetzlichen Regelungen im Vertrag oder in den allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass der Zahlungsschuldner noch mehrere Tage oder Wochen nach Rechnungsdatum zahlen kann.
Für das B2B-Geschäft, also für Verträge zwischen Unternehmern gilt: Die Zahlungsfristen, die die Geschäftspartner vereinbaren, sollen maximal 60 Tage betragen, § 271a Abs. 1 BGB. Nur wenn ausgeschlossen ist, dass dies nicht grob unbillig für den Vertragspartner ist und dies ausdrücklich vereinbart wird, ist eine längere Frist möglich. Grobe Unbilligkeit liegt vor, wenn der Anspruch ungerecht oder unangemessen ist und deshalb dem Vertragspartner nicht zugemutet werden kann.
Für öffentliche Auftraggeber (§ 98 Nr. 1 bis 3 GWB) gilt ein noch strengeres Fristenregime. Die Zahlungsfrist von 60 Tagen ist die absolute Höchstgrenze. Mehr als 30 Tage darf die Frist nur betragen, wenn es hierfür eine besondere sachliche Rechtfertigung gibt, § 271a Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Hat der Schuldner versehentlich oder absichtlich die Zahlung trotz Fälligkeit nicht geleistet, wird der Gläubiger ihm im Rahmen des außergerichtlichen Mahnverfahrens zunächst ein Mahnschreiben schicken. Diese Schreiben haben das Ziel, schnell und kostengünstig die offene Geldsumme zu erhalten und den Gläubiger in Verzug zu setzen

1.1 Mahnung

Rechtlich ist die Mahnung eine einseitige, empfangsbedürftige Aufforderung an den Schuldner, die fällige Zahlung zu erbringen. Hierdurch wird der Schuldner grundsätzlich in Verzug (siehe dazu Ziffer 1.2) gesetzt. Allgemein ist zu beachten, dass ein Mahnschreiben die Angabe von Datum und Nummer der Rechnung und des Lieferscheins sowie das Zahlungsziel beinhalten sollte. Dies dient der Eindeutigkeit und bringt dem Schuldner Klarheit darüber, welche einzelnen Rechnungsposten vom Gläubiger angemahnt werden.
Die Mahnung ist an keine besondere Form gebunden. Sie kann zwar grundsätzlich schriftlich, mündlich oder auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Aus Beweisgründen sollte jedoch immer die Schriftform gewählt werden.
Die Anzahl der erforderlichen Mahnschreiben ist nicht festgelegt. Gesetzlich erforderlich ist grundsätzlich nur eine Mahnung. In einigen gesetzlich geregelten Fällen kommt der Schuldner auch ohne Mahnung in Verzug (siehe dazu Ziffer 1.2.2). Bis zu drei Mahnungen je nach Bonität des Kunden entsprechen jedoch der kaufmännischen Gepflogenheit.
Das außergerichtliche Mahnverfahren kann beispielsweise nach folgendem Schema ablaufen:
  • Erste Mahnung: Zahlungserinnerung
Mit diesem Schreiben sollte der Kunde in höflicher Form an die Zahlung der Rechnung erinnert werden. Zweckmäßig wäre es, diesem Schreiben eine Kopie der Rechnung beizulegen, damit der Kunde mit Hilfe der Kopie die Rechnung begleichen kann, falls er diese beispielsweise nie erhalten, verlegt oder verloren haben sollte. Eine Fristsetzung ist nicht erforderlich, ebenso wenig die Androhung bestimmter Folgen. Es genügt, wenn der Gläubiger eindeutig zum Ausdruck bringt, dass er die geschuldete Geldsumme verlangt.
Eine Zahlungserinnerung könnte je nach Einzelfall beispielsweise wie folgt formuliert werden: (Hinweis: Das Muster bietet nur einen Anhaltspunkt.)
Zahlungserinnerung
Rechnung Nr. .... vom ………...
Sehr geehrte ………………….,
auf unsere o. a. Rechnung haben wir noch keinen Zahlungseingang feststellen können.
Falls Ihrer Aufmerksamkeit unsere o. a. Rechnung entgangen ist, haben wir Ihnen eine Kopie unserer Rechnung beigefügt. Wir bitten Sie, die Regulierung nachzuholen und sehen dem Eingang Ihrer Zahlung entgegen.
Sollten Sie zwischenzeitlich bereits Zahlung geleistet haben, betrachten Sie dieses Schreiben bitte als gegenstandslos.
Mit freundlichen Grüßen
  • Zweite Mahnung: ausdrückliche Mahnung
Ist trotz der Zahlungserinnerung innerhalb der nächsten 10 - 14 Tage kein Geld eingegangen, so empfiehlt sich eine zweite Mahnung. Dieses Mahnschreiben wird im Allgemeinen etwas deutlicher formuliert und nennt regelmäßig eine Zahlungsfrist von beispielsweise 10 oder 14 Tagen. Einen Anhaltspunkt bietet folgendes Beispiel:
Mahnung
Rechnung Nr. .... vom ………
Sehr geehrte ………………..,
leider haben Sie auf unsere Zahlungserinnerung vom ……... nicht reagiert. Wir bitten Sie daher, den überfälligen Betrag in Höhe von ………. bis zum ……... auf unser Konto zu überweisen. Sofern Sie den vorgenannten Termin nicht einhalten, werden wir Ihnen Verzugszinsen und Mahnkosten berechnen müssen.
Sollten Sie zwischenzeitlich bereits Zahlung geleistet haben, betrachten Sie dieses Schreiben bitte als gegenstandslos.
Mit freundlichen Grüßen
Wenn das zweite Mahnschreiben jedoch als letzte Mahnung vor Einleitung weiterer rechtlicher Schritte erfolgt, empfiehlt sich als Text jedoch eher eine Anlehnung an den nachfolgend formulierten Vorschlag für das dritte Mahnschreiben.
  • Dritte Mahnung: Androhung weiterer Schritte
Eine dritte Mahnung empfiehlt sich nur, wenn mit einer Zahlung zu rechnen ist oder der Gläubiger das gerichtliche Verfahren aufgrund beispielsweise jahrelanger laufender Geschäfte nicht einleiten möchte. Mit der dritten Mahnung können weitere Schritte bei Nichteinhaltung eines erneuten und letzten Zahlungstermins angedroht werden. Mit der Androhung einer Klage oder eines gerichtlichen Mahnverfahrens kann dem Schuldner der Ernst der Lage deutlich vor Augen geführt werden. Die durch diese Maßnahmen anfallenden Kosten können dem Kunden in Rechnung gestellt werden.
Hier kann folgendes Beispiel einen Anhaltspunkt bieten:
Mahnung
Rechnung Nr. …... vom ……...
Sehr geehrte ………………….,
trotz unserer schriftlichen Erinnerungen vom ……... und vom ……... konnten wir bis zum heutigen Tag keinen Zahlungseingang feststellen.
Zur Zahlung offen sind folgende Beträge:

Rechnungsbetrag:          Euro
Verzugszinsen (... %)      Euro
Mahnkosten:                   Euro
Summe:                          Euro
Wir bitten Sie daher letztmalig, den fälligen Betrag bis zum ……... auf unser Konto einzuzahlen.
Sollte auch dieser Termin ohne Geldeingang auf unserem Konto verstreichen, sehen wir uns gezwungen, ohne erneute Aufforderung gerichtliche Schritte einzuleiten. Beachten Sie bitte, dass dadurch für Sie erhöhte Kosten entstehen würden. Hat sich diese Mahnung mit Ihrer Zahlung überschnitten, bitten wir Sie, dieses Schreiben als gegenstandslos zu betrachten.
Mit freundlichen Grüßen
Selbstverständlich kann im Einzelfall auch anders verfahren werden, indem beispielsweise nur eine oder zwei Mahnungen vor der Einleitung weiterer Schritte übersandt werden. Die Entscheidung über das Vorgehen erfordert jeweils eine Überprüfung des Einzelfalls.
Hinweis:
Verzugszinsen und Mahnkosten können bereits ab Verzugseintritt verlangt werden (siehe dazu unten Ziffer 1.2).

1.2 Zahlungsverzug

Kommt der Zahlungsschuldner in Verzug mit der Begleichung der Geldschuld, so räumt das Gesetz dem Gläubiger einen Anspruch auf Verzugszinsen und Schadenersatz ein.
1.2.1 Verzug durch Mahnung
Zahlungsverzug liegt gemäß § 286 Abs. 1 BGB bei vom Schuldner zu vertretender Nichtleistung trotz Fälligkeit und Mahnung vor. Grundsätzlich setzt der Eintritt des Verzugs also eine Mahnung (siehe oben Ziffer 1.1) voraus. Vom Zeitpunkt des Zugangs der Mahnung können Verzugszinsen verlangt werden. Briefe gehen mit der Aushändigung an den Schuldner zu. Weist der Schuldner auf eine E-Mail-Adresse oder einen Telefaxanschluss hin, dann kann der Schuldner auch auf diesem Weg gemahnt werden. Allerdings muss der Gläubiger den Zugang der Mahnung beweisen.
In einigen gesetzlich bestimmten Fällen kann der Schuldner aber auch ohne Mahnung in Verzug kommen (siehe unter 1.2.2). Das Erheben einer Zahlungsklage oder die Zustellung eines Mahnbescheids stehen einer Mahnung gleich.
1.2.2 Verzug ohne Mahnung
Ein Schuldner kann in einigen gesetzlich geregelten Fällen auch ohne Mahnung in Verzug kommen (§ 286 Abs. 2 und 3 BGB).
Leistungszeit nach dem Kalender bestimmt
Der Schuldner kommt auch ohne Mahnung in Verzug, wenn die Leistungszeit nach dem Kalender unmittelbar oder mittelbar bestimmt ist. Es genügen also auch Fälligkeitsvereinbarungen, die der Geldschuldner eindeutig aus dem Kalender entnehmen kann.
Beispiele:
„14 Tage nach Rechnungsdatum“, „10. März 20XX“, „8. Kalenderwoche“, „Mitte des Monats Y“
Anknüpfung an ein vorausgehendes Ereignis
Eine Mahnung ist auch nicht erforderlich, wenn der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von diesem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt.
Beispiel: „Zahlung zwei Wochen nach Lieferung“
Erforderlich ist aber, dass der Zeitraum zwischen Ereignis und Zahlung für den Schuldner angemessen ist. Die Frist kann also nicht auf beinahe Null reduziert werden.
Erfüllungsverweigerung
Der Schuldner kann auch dann ohne Mahnung in Verzug kommen, wenn er die Zahlung ernsthaft und endgültig verweigert. Dafür genügen nicht bloße Meinungsverschiedenheiten über den Vertragsinhalt oder vom Schuldner geäußerte rechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Forderungsbetrages. Vielmehr muss der Schuldner eindeutig und als sein letztes Wort zum Ausdruck gebracht haben, dass er die offene Forderung nicht erfüllen werde.
Sonstige besondere Gründe
Eine Mahnung ist auch dann entbehrlich, wenn aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist. Dies kann beispielsweise sein, wenn der Schuldner die Zahlung schon angekündigt hat, dann aber trotzdem nicht leistet (so genannte Selbstmahnung). Ebenso bedarf es keiner Mahnung, wenn der Schuldner weiß, dass er eine falsche oder fehlerhafte Leistung erbracht hat (Zahlung an falsche Person bzw. auf falsches Konto oder an falschen Ort) und den geschuldeten Betrag gleichwohl nicht erbringt. Weiterhin kann Verzug ohne Mahnung auch eintreten, wenn der Schuldner durch sein Verhalten den Zugang einer Mahnung verhindert.
„30-Tage-Klausel“
Der Schuldner einer Zahlungsforderung kommt spätestens dann in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet. Der Gläubiger kann aber, wenn er einen früheren Verzugseintritt wünscht, auch vor Ablauf der 30-Tagefrist bereits mahnen.
Eine Rechnung als textliche Fixierung der Zahlungsforderung muss klar erkennen lassen, welcher Geldbetrag als Entgelt für welche Leistung des Gläubigers verlangt wird. Unter der gleichwertigen Zahlungsaufstellung ist ein Schreiben des Gläubigers zu verstehen, aus dem in gleicher Weise die beanspruchte Zahlungssumme ersichtlich ist. Eine Zahlungsaufstellung ist also als Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner zu verstehen, die in ihrer Funktion einer Rechnung entspricht.
Ist der Schuldner Verbraucher, d. h. er schließt den Vertrag nicht zu einem Zweck, welcher der gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit dient (vgl. § 13 BGB), so gilt die 30-Tage-Klausel nur, wenn in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders auf diese Rechtsfolge hingewiesen wird.
Formulierungsbeispiel:
„Können wir innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Rechnung keinen Zahlungseingang feststellen, kommt der Schuldner automatisch in Verzug.“

1.3. Folgen des Zahlungsverzugs

Ist der Schuldner mit der Zahlung in Verzug, kann der Gläubiger Verzugszinsen sowie Ersatz des Verzögerungsschadens verlangen.
1.3.1 Verzugszinsen
Der Gläubiger einer Geldschuld hat ab Eintritt des Verzugs einen Anspruch auf Verzugszinsen. Der gesetzliche Zinssatz liegt derzeit gegenüber Verbrauchern bei fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (§ 288 Abs. 1 BGB). Bei Rechtsgeschäften ohne Beteiligung eines Verbrauchers beträgt der Verzugszins neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (§ 288 Abs. 2 BGB). Der Basiszinssatz des Bürgerlichen Gesetzbuchs wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu festgelegt.
Beispiele für die Berechnung des Verzugszinses anhand des Basiszinssatzes:
Der Basiszinssatz beträgt ab 1. Januar 2024 bis zur Neufestsetzung zum 1. Juli 2024 3,62 Prozent.
Gegenüber Verbrauchern: 3,62 % + 5 % = 8,62 %
Ohne Verbraucherbeteiligung: 3,62 % + 9 % = 12,62 %
Dem Schuldner wird keine Möglichkeit eingeräumt, dem Gläubiger einen geringeren Schaden bzw. Darlehenszinssatz nachzuweisen. Die Vorschrift hat insoweit Strafcharakter. Der Gläubiger hat allerdings die Möglichkeit einen weitergehenden Schaden geltend zu machen. Dies wäre zum Beispiel gegeben, wenn er einen ständigen Kontokorrentkredit in Anspruch nimmt, der mit einem höheren Zinssatz zu verzinsen ist als dem gesetzlichen Zinssatz.
1.3.2 Verzugsschaden
Wenn der Schuldner die Pflicht zur Zahlung der Forderung trotz Fälligkeit und berechtigtem Anspruch nicht begleicht, kann der Gläubiger bei Zahlungsverzug Schadenersatz wegen Verzögerung verlangen.
Der Gläubiger kann vom säumigen Schuldner eine Verzugspauschale in Höhe von 40 Euro verlangen, sofern der Schuldner kein Verbraucher ist. Dies ist im Gesetz in § 288 Abs. 5 BGB geregelt. Die Pauschale kann nicht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen oder vertragliche Vereinbarungen ausgeschlossen werden.
Neben der Verzugspauschale kann der Gläubiger vom säumigen Schuldner auch den Ersatz seiner Schäden verlangen. Zum Verzugsschaden gehören auch die Rechtsanwaltskosten, wenn der Zahlungsschuldner bereits vor Hinzuziehung des Rechtsanwalts in Verzug war. Die Kosten eines vom Gläubiger mit der Forderungseinziehung beauftragten Inkassobüros nach Verzugseintritt stellen ebenfalls einen vom Schuldner zu ersetzenden Verzugsschaden dar. Diese Kosten dürfen jedoch nicht die durch Beauftragung eines Rechtsanwalts entstehenden Kosten übersteigen. Als Verzögerungsschaden können nur die für die Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen geltend gemacht werden können.
Werden Schadensersatzansprüche geltend gemacht, ist die Verzugspauschale auf diese Kosten anzurechnen, § 288 Abs. 5 Satz 3 BGB.

2. Gerichtliches Mahnverfahren

Wenn die Mahnung des Schuldners keinen Erfolg hat, kann der Gläubiger Klage auf Zahlung erheben oder ein gerichtliches Mahnverfahren einleiten. Durch das gerichtliche Mahnverfahren kann sich der Gläubiger (Antragssteller) ohne den aufwändigen Weg eines Klageverfahrens einen Vollstreckungstitel (= Vollstreckungsbescheid) verschaffen. Bei Erhalt des Vollstreckungstitels kann der Gläubiger die offene Zahlungsforderung beim Schuldner durch den Gerichtsvollzieher vollstrecken lassen.
Ein gerichtliches Mahnverfahren hat den Vorteil, dass es schneller und kostengünstiger gegenüber einer Klage ist. Es wird vom Gericht nicht geprüft, ob die Forderung des Gläubigers zu Recht besteht, und es werden keine Beweise erhoben. Wenn mit keinen Einwänden des Schuldners (Antragsgegners) gerechnet wird, ist das gerichtliche Mahnverfahren daher der Klage vorzuziehen.

2.1 Zulässigkeit des gerichtlichen Mahnverfahrens

Das Mahnverfahren ist nur zulässig bei fälligen Ansprüchen auf Zahlung einer Geldsumme.
Das Mahnverfahren ist nicht möglich bei Verbraucherdarlehensverträgen, wenn der Unternehmer seine Zinsforderungen geltend machen will und der effektive oder anfänglich effektive Jahreszins mehr als zwölf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz liegt. Außerdem findet das Mahnverfahren nicht statt, wenn die Zahlung des Schuldners von einer Gegenleistung des Gläubigers abhängt und diese noch nicht erbracht wurde. Ferner ist das Mahnverfahren unzulässig, wenn die Zustellung des Mahnbescheids durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen müsste. Für Mahnbescheide, die im Ausland zugestellt werden müssten, gelten besondere Vorschriften.

2.2 Ablauf des Verfahrens

Der Gang des gerichtlichen Mahnverfahrens ist gesetzlich genau geregelt. Nachfolgend werden zum besseren Verständnis des Verfahrensablaufs die wichtigsten Schritte kurz dargestellt.
2.2.1 Zuständiges Gericht
Generell gilt, dass die sachliche Zuständigkeit für die Durchführung eines Mahnverfahrens ausschließlich beim Amtsgericht liegt. Dabei spielt die Höhe der Zahlungsforderung keine Rolle. Örtlich zuständig ist grundsätzlich das Amtsgericht am Wohnsitz / Sitz des Antragstellers (= Gläubiger). Allerdings werden aufgrund einer Verordnung der Landesregierung für in Bayern ansässige Antragsteller Mahnbescheide zentral ausschließlich vom Amtsgericht Coburg bearbeitet:
Amtsgericht Coburg - Zentrales Mahngericht -
Heiligkreuzstraße 22
96450 Coburg
Telefon: 09561 878-5
Telefax: 09561 87 866 65 und 878 66 66
www.mahngericht-bayern.de
Hat der Antragsteller keinen inländischen allgemeinen Gerichtsstand, das heißt keinen Wohnsitz oder Sitz im Inland, so ist für das Mahnverfahren das Amtsgericht Berlin-Wedding, Brunnenplatz 1, 13357 Berlin, Telefon: 030 90 156-0, Telefax: 030 90 156-664 ausschließlich zuständig.
2.2.2 Mahnantrag
Ein Mahnbescheid kann schriftlich oder auch online beantragt werden.
Schriftlich:
Der Erlass eines Mahnbescheids wird mit dem offiziellen Formular beantragt, das bei den Amtsgerichten oder im Schreibwarenhandel erhältlich ist. Der Antragsteller hat den Mahnantrag vollständig auszufüllen. Er hat den Geldbetrag und die Bezeichnung der Forderung anzugeben, beispielsweise aus Werkvertrag oder aus Kaufvertrag. Die Forderung ist nicht zu begründen. Ferner muss der Antrag die Parteienbezeichnung, ggf. den Prozessbevollmächtigten, enthalten. Neben dem Mahngericht muss zusätzlich das Gericht benannt werden, das für ein streitiges Klageverfahren örtlich und sachlich zuständig ist.
Tipp: Registrieren Sie möglichst sorgfältig Namen, Anschriften, Gesellschaftsformen, Vertretungsberechtigte etc. aller Geschäftspartner. Dies erleichtert das Ausfüllen des Mahnantrags sowie dessen Zustellung. Wenn die Angaben nicht genau bekannt sind, können Sie im Telefonbuch oder Internet (insb. Impressum des Geschäftspartners), beim Gewerbe- oder Einwohnermeldeamt sowie im Handelsregister recherchieren. Den Formularen sind ausführliche Ausfüllhinweise beigefügt. Ansonsten kann auch Hilfe bei den Rechtsberatungsstellen der örtlichen Amtsgerichte oder telefonisch beim Amtsgericht Coburg (Kontakt siehe oben) erhalten werden.
Der Mahnbescheid ist vorschusspflichtig. Die Gebühren richten sich nach der Höhe des Streitwertes, also der offenen Forderung. Der Mindestbetrag liegt bei 36 Euro. Der Antragsteller erhält mit dem Erlass des Mahnbescheids vom Gericht eine Kostenrechnung. Diese kann durch Überweisung oder Erteilung einer Einzugsermächtigung beglichen werden. Bis zum etwaigen Übergang in ein gerichtliches Verfahren ist für die Bearbeitung der Rechtspfleger zuständig. Die Höhe der Gerichtsgebühren ist wiederum vom Streitwert, also von der Höhe der jeweiligen Zahlungsforderung, abhängig.
Schließlich muss der Mahnantrag grundsätzlich handschriftlich unterzeichnet sein.
Tipp: Beim Zentralen Mahngericht Coburg werden Verfahrenshilfen angeboten, wie eine Informationsbroschüre, Ausfüllhilfen, ein Zins- und Kostenrechner.
Online oder mit Online-Unterstützung:
Beim Amtsgericht Coburg können Mahnanträge auf folgenden Wegen online oder mit Online-Unterstützung gestellt werden:
  • Online-Mahnantrag
  • Online-Mahnantrag mit digitaler Signatur
  • Online-Mahnverfahren - Druck auf (normalem) Papier mit Barcode
  • Antragsverfahren für Nutzer spezieller Mahnsoftware - EGVP
  • Antragsverfahren für Nutzer spezieller Mahnsoftware - TAR/WEB
Zum „Mahnverfahren online“ beim zentralen Mahngericht in Bayern gelangen Sie unter Zentrales Mahngericht – Info & Service.
Mit dem interaktiven Formular können Antragsteller aus Bayern ihren Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids im Internet erfassen. Dabei führt das Programm Plausibilitätsprüfungen durch, die zahlreiche, häufig bei der Antragstellung gemachte Fehler von vorn herein ausschließen. Der eigentliche Antrag kann entweder mit digitaler Signatur über das Internet eingereicht oder in ausgedruckter Form auf dem Postwege an das zentrale Mahngericht Coburg übersandt werden.
2.2.3 Mahnbescheid
Wenn alle Voraussetzungen zum Erlass des Mahnbescheids vorliegen, muss das Gericht diesen unverzüglich erlassen. Der Mahnbescheid wird dann dem Antragsgegner zugestellt und der Antragssteller wird darüber informiert. Widerspricht der Antragsgegner dem Mahnbescheid nicht innerhalb von zwei Wochen, ergeht auf Antrag des Antragstellers ein dem Mahnbescheid entsprechender Vollstreckungsbescheid. Mit diesem kann der Antragssteller dann die Zwangsvollstreckung betreiben.
2.2.4 Widerspruch gegen den Mahnbescheid
Der Antragsgegner kann gegen den Mahnbescheid oder gegen Teile schriftlich Widerspruch einlegen. Der Vordruck für das Einlegen eines Widerspruchs liegt dem Mahnbescheid bei. Eine Begründung des Widerspruchs ist nicht erforderlich. Die zweiwöchige Widerspruchsfrist beginnt ab der Zustellung des Mahnbescheids zu laufen. Ein später eingehender Widerspruch ist aber dennoch wirksam, wenn noch kein Vollstreckungsbescheid verfügt ist.
Wird rechtzeitig Widerspruch erhoben und beantragt eine Partei die Durchführung des streitigen Verfahrens, so gibt das Mahngericht den Rechtsstreit von Amts wegen an das zuständige Prozessgericht ab. Erhebt der Antragsteller daraufhin Klage, kann sich der Antragsgegner in diesem Verfahren gegen den behaupteten Anspruch mit sachlicher Begründung zur Wehr setzen. Die Geschäftsstelle des Gerichts, an das die Streitsache abgegeben wurde, fordert sodann den Antragsteller unverzüglich auf, seinen Anspruch binnen zwei Wochen zu begründen.
2.2.5 Vollstreckungsbescheid
Widerspricht der Antragsgegner dem Mahnbescheid nicht oder zu spät, kann der Gläubiger nach Ablauf der Widerspruchsfrist beim Gericht den Vollstreckungsbescheid beantragen. Das Amtsgericht erlässt dann einen Vollstreckungsbescheid auf Grundlage des nicht angefochtenen Mahnbescheids.
Der Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheids muss spätestens sechs Monate nach Zustellung des Mahnbescheids gestellt werden und die Erklärung enthalten, ob und welche Zahlungen inzwischen auf den per Mahnbescheid geltend gemachten Anspruch geleistet worden sind.
Tipp:
Legen Sie sich den Vorgang rechtzeitig auf Wiedervorlage und beantragen Sie möglichst bald nach Ablauf der Widerspruchsfrist den Vollstreckungsbescheid.
Der vom Amtsgericht erlassene Vollstreckungsbescheid dient als eigenständiger und vorläufig vollstreckbarer Titel zur Betreibung des Zwangsvollstreckungsverfahrens.
Der vom Gericht erlassene Vollstreckungsbescheid wird dem Antragsgegner von Amts wegen an die im Mahnbescheid angegebene Adresse zugestellt. Der Antragssteller kann auch Parteizustellung beantragen. Hat der Schuldner in der Zwischenzeit seinen Aufenthalt gewechselt und ist seine neue Anschrift unbekannt und nicht ermittelbar (§ 185 ZPO), so kann das Mahngericht den Vollstreckungsbescheid im Wege der öffentlichen Zustellung durch Aushang einer Benachrichtigung an die Gerichtstafel zustellen.
2.2.6 Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid
Der Vollstreckungsbescheid ist durch den Einspruch im Ganzen oder auch nur teilweise anfechtbar. Der Einspruch erfolgt schriftlich und braucht – wie der Widerspruch gegen den Mahnbescheid – nicht begründet zu werden. Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen. Sie kann nicht verlängert werden. Der Einspruch leitet in das Klageverfahren über. Wird Einspruch erhoben, so ist die Sache von Amts wegen an das im Mahnbescheid genannte zuständige Prozessgericht abzugeben.

2.3 Zwangsvollstreckung

Wenn der Schuldner auch nach Erlass und Zustellung eines Vollstreckungsbescheids nicht bezahlt, kann der Gläubiger zur Eintreibung seiner Geldforderung die Zwangsvollstreckung einleiten. Entsprechendes gilt beispielsweise, wenn der Gläubiger im Klageweg ein Urteil erwirkt hat, welches wie ein Vollstreckungsbescheid einen Vollstreckungstitel darstellt. Bei Verpflichtung zur Zahlung eines Geldbetrages wird sich die Zwangsvollstreckung danach richten, über welche Vermögensgegenstände der Schuldner verfügt. Der Gläubiger kann in das bewegliche und das unbewegliche Vermögen sowie in Geldforderungen vollstrecken lassen.
Seit 1. April 2016 gibt es dafür neue Formulare, die das Bundesjustizministerium zur Verfügung stellt.
Vollstreckung in das bewegliche Vermögen
Zuständig für die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen (z. B. Geld, Auto, Warenlager) ist der Gerichtsvollzieher des Amtsgerichts, in dessen Bezirk die Vollstreckung stattfinden soll. Bei der „Taschenpfändung“ ist der Gerichtsvollzieher zuständig, in dessen Bezirk sich die zu pfändende Sache befindet. Der Gerichtsvollzieher muss dazu vom Gläubiger beauftragt werden. Die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen erfolgt durch Pfändung. Gepfändetes Bargeld erhält der Gläubiger sofort. Andere Gegenstände versteigert der Gerichtsvollzieher öffentlich. Den hierdurch erzielten Erlös erhält der Gläubiger.
Vollstreckung in Grundeigentum
Bei Vollstreckung in das Grundeigentum (z. B. Grundstücke, Häuser, Wohnungen) des Schuldners, kann der Gläubiger beim Vollstreckungsgericht die Zwangsvollstreckung beantragen. Zuständiges Vollstreckungsgericht ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk das Grundeigentum liegt. Die Zwangsvollstreckung kann entweder durch Zwangsversteigerung des Grundeigentums oder aber auch durch Zwangsverwaltung erfolgen. Mit der Zwangsverwaltung bekommt der Gläubiger die Einnahmen aus dem Grundstück, z. B. Pachtzahlungen. Als dritte Möglichkeit kann der Gläubiger eine Zwangshypothek im Grundbuch eintragen lassen, sofern seine Forderung mehr als 750 Euro beträgt.
Zwangsvollstreckung in Geldforderungen
Die Pfändung von Geldforderungen (z. B. Pacht- und Mieteinnahmen, Arbeitsentgelt) erfolgt durch einen so genannten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Vollstreckungsgerichts. Zuständiges Vollstreckungsgericht ist das Amtsgericht, bei dem der Schuldner seinen Wohnsitz/Sitz hat. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss verbietet dem Drittschuldner (Arbeitgeber, Bank, Pächter, Mieter), Zahlungen an den Schuldner zu leisten und beinhaltet zugleich, dass dem Gläubiger das Geld überwiesen wird.
Zum Schutze des Schuldners gibt es Pfändungsfreigrenzen und Vorschriften über unpfändbare Gegenstände. Sinn dieser Schuldnerschutzvorschriften ist es, einen Ausgleich zwischen den Interessen des Gläubigers an dem Zugriff auf das Schuldnervermögen und der Existenzsicherung des Schuldners zu schaffen.

2.4 Europäischer Vollstreckungstitel

Zum 21. Oktober 2005 wurde in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union – mit Ausnahme Dänemarks – ein Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Geldforderungen in Zivil- und Handelssachen eingeführt.
Der Europäische Vollstreckungstitel ermöglicht es, dass Entscheidungen über eine unbestrittene Forderung in einem anderen Mitgliedstaat automatisch anerkannt werden, ohne dass es dort ein Zwischenverfahren gibt und ohne dass die Anerkennung angefochten werden kann.
Ein Verfahren mit dem europäischen Vollstreckungstitel setzt dabei folgendes voraus:
- unbestrittene Forderung
Eine unbestrittene Forderung ist nicht zu verwechseln mit einer gerichtlich festgestellten berechtigten Forderung. Eine unbestrittene Forderung im Sinne der EU-Verordnung liegt nur dann vor, wenn der Schuldner ihr im Gerichtsverfahren entweder nicht widersprochen hat oder ihr ausdrücklich durch Anerkenntnis oder durch vor einem Gericht geschlossenen Vergleich zugestimmt hat oder die Forderung ausdrücklich in einer öffentlichen Urkunde anerkannt hat. Ferner ist auch dann von einem fehlenden Widerspruch auszugehen, wenn der Schuldner nicht zur Gerichtsverhandlung erscheint oder einer Aufforderung, schriftlich mitzuteilen, ob er sich zu verteidigen beabsichtigt, nicht nachkommt.
- Ausstellung als Europäischer Vollstreckungstitel
Dieser muss die Entscheidung über das Vorliegen einer unbestrittenen Forderung bestätigen. Der Europäische Vollstreckungstitel kann bei der Stelle, der auch die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung des Titels obliegt, beantragt werden. Der Schuldner wird hierzu nicht angehört, er hat jedoch die Möglichkeit, den Widerruf der Bestätigung zu beantragen.
Weitere Informationen dazu finden Sie im IHK-Merkblatt "Forderungsdurchsetzung in der EU".

Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer IHK – nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.