Fachthemen

Pflegezeit und Familienpflegezeit

Immer mehr Menschen in Deutschland werden pflegebedürftig, viele davon werden zu Hause gepflegt. Durch das Pflegezeitgesetz (PflegeZG) und das Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) soll die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege verbessert werden.
Stand: Januar 2022
Der Gesetzgeber hat zwei gesetzliche Regelungen geschaffen, um die Vereinbarung von Beruf und familiärer Pflege zu verbessern: Das Pflegezeitgesetz und das Familienpflegezeitgesetz.

1. Das Pflegezeitgesetz (PflegeZG)

1.1 Anspruch bei kurzfristiger Arbeitsverhinderung

Im Rahmen der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung haben Beschäftigte das Recht, bis zu zehn Arbeitstage der Arbeit fernzubleiben, wenn dies erforderlich ist, um für einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in einer akut aufgetretenen Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen. Der Beschäftigte muss dem Arbeitgeber unverzüglich die voraussichtliche Dauer der Verhinderung mitteilen und auf Verlangen des Arbeitgebers eine ärztliche Bescheinigung über die Pflegebedürftigkeit und die Erforderlichkeit vorlegen. Der Arbeitgeber ist zur Fortzahlung der Vergütung nur verpflichtet, soweit sich eine solche Verpflichtung aus anderen gesetzlichen Vorschriften oder auf Grund einer Vereinbarung ergibt. Der Beschäftigte hat seit 1. Januar 2015 einen Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld – vergleichbar dem Kinderkrankengeld – als Lohnersatzleistung für bis zu zehn Arbeitstage.

1.2 Anspruch auf Pflegezeit

Das PflegeZG enthält ferner einen Rechtsanspruch für Beschäftigte auf vollständige oder teilweise Freistellung von der Arbeitsleistung von bis zu sechs Monaten, wenn sie einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen. Der Anspruch besteht nur bei Unternehmen mit in der Regel mehr als 15 Beschäftigten. Die Inanspruchnahme der Pflegezeit setzt die Pflegebedürftigkeit (siehe oben) eines nahen Angehörigen voraus. Der Beschäftigte hat die Inanspruchnahme der Pflegezeit gegenüber seinem Arbeitgeber spätestens zehn Tage vor Beginn schriftlich anzukündigen. Hierbei hat der Beschäftigte zu erklären, für welchen Zeitraum und in welchem Umfang er Pflegezeit beansprucht. Bei nur teilweiser Freistellung muss eine schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und dem Beschäftigten über die Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit erfolgen. Der Arbeitgeber hat hierbei den Wünschen des Beschäftigten zu entsprechen, es sei denn, dass dringende betriebliche Gründe entgegenstehen. Der Beschäftigte erhält einen Anspruch auf ein zinsloses Darlehen.

2. Familienpflegezeitgesetz (FPfZG)

Bei der nach dem Familienpflegezeitgesetz eingeführten Familienpflegezeit handelt es sich um einen förderfähigen Anspruch auf teilweise Freistellung, wenn Arbeitnehmer einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen. Die Höchstdauer beträgt 24 Monate, die verringerte Arbeitszeit muss wöchentlich mindestens 15 Stunden betragen. Der Beschäftigte muss seine Absicht dem Arbeitgeber spätestens acht Wochen vor dem gewünschten Beginn schriftlich ankündigen und gleichzeitig erklären, für welchen Zeitraum und in welchem Umfang innerhalb der Gesamtdauer die Freistellung von der Arbeitsleistung in Anspruch genommen werden soll. Dabei ist auch die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit anzugeben.
Wird die Familienpflegezeit nach einer Freistellung zur Pflege oder Betreuung desselben pflegebedürftigen Angehörigen in Anspruch genommen, muss sich die Familienpflegezeit unmittelbar an die Freistellung anschließen. In diesem Fall soll der Beschäftigte möglichst frühzeitig erklären, ob er Familienpflegezeit in Anspruch nehmen wird, spätestens drei Monate vor Beginn der Familienpflegezeit. Dies gilt auch umgekehrt: Möchte der Beschäftigte eine Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz an eine Familienpflegezeit anschließen, ist die Freistellung in unmittelbarem Anschluss an die Familienpflegezeit zu beanspruchen und dem Arbeitgeber spätestens acht Wochen vor Beginn der Freistellung schriftlich anzukündigen.
Arbeitgeber und Beschäftigte haben über die Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit eine schriftliche Vereinbarung zu treffen. Hierbei hat der Arbeitgeber den Wünschen der Beschäftigten zu entsprechen, es sei denn, dass dringende betriebliche Gründe entgegenstehen. Arbeitnehmer erhalten einen Anspruch auf ein in monatlichen Raten auszuzahlendes zinsloses Darlehen während der Freistellung. Die Regelung gilt nicht für Betriebe mit in der Regel 25 oder weniger Beschäftigten. PflegeZG und FPfZG bestehen nebeneinander, sind aber so miteinander verzahnt, dass die Dauer der Reduzierung der Arbeitszeit auch bei Kombination beider Ansprüche insgesamt maximal 24 Monate beträgt.

3. Begriffsbestimmungen

Beschäftigter

Zu den Beschäftigten im Sinn des Pflegezeitgesetzes zählen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die zur Berufsausbildung Beschäftigten sowie arbeitnehmerähnliche Personen und Heimarbeiter. Das Gesetz sieht die Erfüllung einer Wartezeit nicht vor, es gilt unabhängig von der jeweiligen Beschäftigungsdauer.

Naher Angehöriger

Zu den nahen Angehörigen zählen Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Stiefeltern, Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer ehe- oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, Geschwister, Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten, Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Lebenspartner, eigene Kinder, Adoptiv- und Pflegekinder sowie die des Ehegatten oder Lebenspartners (nicht: des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft), Schwieger- und Enkelkinder.

Pflegebedürftigkeit

Pflegebedürftig sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maße Hilfe bedürfen. Es muss mindestens Pflegestufe I (§§ 14, 15 SGB XI) vorliegen, wobei diese noch nicht festgestellt worden sein muss.

4. Urlaubsanspruch

Gemäß § 4 Abs. 4 PflegeZG kann der Arbeitgeber den Erholungsurlaub, der dem Beschäftigten für das Urlaubsjahr zusteht, um ein Zwölftel für jeden vollen Kalendermonat der vollständigen Freistellung kürzen.

5. Kündigungsschutz

Von dem Zeitpunkt der Ankündigung, höchstens jedoch zwölf Wochen vor dem angekündigten Beginn, bis zum Ablauf der Pflege- bzw. Familienpflegezeit kann der Arbeitgeber den Beschäftigten grundsätzlich nicht kündigen. In Ausnahmefällen kann der Arbeitgeber dennoch kündigen, wenn er vorher die Zustimmung bei der für den Arbeitsschutz zuständigen Landesbehörde (Gewerbeaufsichtsamt) eingeholt hat.

6. Unabdingbarkeit

Zuungunsten des Beschäftigten darf nicht von den Vorschriften des Pflegezeitgesetzes bzw. Familienpflegezeitgesetzes abgewichen werden.

7. Befristete Verträge zur Vertretung

§ 6 Abs. 1 PflegeZG regelt, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages mit einer Vertretungskraft für die Zeit, in der Beschäftigte kurzzeitig an der Arbeitsleistung verhindert sind oder Freistellung in Anspruch nehmen, sachlich gerechtfertigt ist. Die Dauer der Befristung des Arbeitsvertrages muss kalendermäßig bestimmt oder bestimmbar sein oder den vorgenannten Zweck zu entnehmen sein. Über die sich grundsätzlich aus dem Pflegezeitgesetz ergebende Höchstdauer hinaus kann die Befristung ausnahmsweise sogar um die für die Einarbeitung notwendige Zeit verlängert werden. Wird die Freistellung vorzeitig beendet, kann der Arbeitgeber den befristeten Arbeitsvertrag unter Einhaltung einer Frist von zwei Wochen kündigen. Das Kündigungsschutzgesetz findet hier keine Anwendung. Diese Regelung gilt für das Familienpflegezeitgesetz entsprechend.

8. Weitere Informationen

Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Angelegenheiten
Sibille-Hartmann-Straße 2 - 8
50969 Köln
Informationen finden Sie auch auf der Seite des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer IHK – nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.