Urlaub
Bei der Rechtsprechungsübersicht handelt es sich lediglich um eine kleine Auswahl von interessanten Entscheidungen, die nur zum Teil obergerichtliche Rechtsprechung beinhaltet. Trotz sorgfältiger Erstellung übernimmt die IHK keine Haftung dafür, dass die einzelnen Entscheidungen inhaltlich richtig und vollständig wiedergegeben wurden.
- Verfall und Verjährung des Urlaubsanspruchs
- Urlaubskürzung bei “Kurzarbeit auf 0”
- Keine Abrundung von bruchteiligen Urlaubstagen
- Altersstaffelung bei Urlaubsansprüchen
- Nach sechs Monaten voller Jahresurlaub
- Voller Urlaubsanspruch?
- Urlaub beim Wechsel in Teilzeit
- Urlaubsabgeltung bei Tod des Arbeitnehmers
- Gesetzlicher Urlaubsanspruch auch bei Pflegezeit
- Widerruf eines genehmigten Urlaubs nur im Notfall
- Berücksichtigung von Urlaubsschichten im Arbeitszeitkonto
- Verfall des Urlaubs bei Langzeiterkrankten
Verfall und Verjährung des Urlaubsanspruchs
Urteile des Bundesarbeitsgerichts – BAG – vom 20. Dezember 2022; Az.: 9 AZR 245/19 und 9 AZR 266/20
Das Bundesarbeitsgericht hat Ende 2022 in zwei Urteile zum Verfall und zur Verjährung von Urlaubsansprüchen entschieden und dadurch die Hinweisobliegenheiten für Arbeitgeber im Zusammenhang mit Urlaubsansprüchen verschärft.
Eine Entscheidung betraf einen schwerbehinderten Arbeitnehmer, der von Dezember 2014 bis August 2019 arbeitsunfähig war und deshalb keinen Urlaub nehmen konnte. Er machte den Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2014 geltend. Dieser sei – so der Arbeitnehmer – nicht 15 Monaten nach Ende des Urlaubsjahres verfallen, da der Arbeitgeber ihn nicht auf seinen Urlaubsanspruch und einen möglichen Verfall hingewiesen habe. Zudem sei keine Aufforderung erfolgt, den Urlaub zu nehmen.
In der zweiten Entscheidung forderte eine Arbeitnehmerin nach Ende ihres Beschäftigungsverhältnisses die Abgeltung von 101 Urlaubstagen aus den Vorjahren. Die Ansprüche seien nicht verfallen, da der Arbeitgeber in keinem der betroffenen Jahre die Arbeitnehmerin über ihren konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und aufgefordert hatte, den Urlaub zu nehmen. Deshalb seien die Ansprüche auch nicht verjährt.
In beiden Fällen folgte das Gericht den Auffassungen der Kläger, wonach die Ansprüche im laufenden Arbeitsverhältnis weder verfallen noch verjähren können, solange seitens des Arbeitgebers keine vollständige Belehrung über den jeweils konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen erfolgt ist und solange der Arbeitnehmer nicht aufgefordert wurde, den Urlaub zu nehmen.
Allerdings machte das Bundesarbeitsgericht eine Einschränkung für den Fall einer Langzeiterkrankung. Hier ist es nicht möglich, den Urlaub anzutreten, auch wenn eine Belehrung und Aufforderung durch den Arbeitgeber erfolgen würde. Deshalb verfällt der Urlaub in diesem Fall, wenn der Arbeitnehmer seit Beginn des Urlaubsjahres durchgehend bis zum 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres aus gesundheitlichen Gründen daran gehindert war, den Urlaub anzutreten.
Die Problematik der fehlenden Belehrung und Aufforderung setzt sich auch bei der Verjährung fort: Die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren beginnt nach Auffassung des BAG nicht mit dem Ende des Urlaubsjahres, sondern erst mit dem Schluss des Jahres, in welchem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch nicht genommen hat.
Eine Entscheidung betraf einen schwerbehinderten Arbeitnehmer, der von Dezember 2014 bis August 2019 arbeitsunfähig war und deshalb keinen Urlaub nehmen konnte. Er machte den Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2014 geltend. Dieser sei – so der Arbeitnehmer – nicht 15 Monaten nach Ende des Urlaubsjahres verfallen, da der Arbeitgeber ihn nicht auf seinen Urlaubsanspruch und einen möglichen Verfall hingewiesen habe. Zudem sei keine Aufforderung erfolgt, den Urlaub zu nehmen.
In der zweiten Entscheidung forderte eine Arbeitnehmerin nach Ende ihres Beschäftigungsverhältnisses die Abgeltung von 101 Urlaubstagen aus den Vorjahren. Die Ansprüche seien nicht verfallen, da der Arbeitgeber in keinem der betroffenen Jahre die Arbeitnehmerin über ihren konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und aufgefordert hatte, den Urlaub zu nehmen. Deshalb seien die Ansprüche auch nicht verjährt.
In beiden Fällen folgte das Gericht den Auffassungen der Kläger, wonach die Ansprüche im laufenden Arbeitsverhältnis weder verfallen noch verjähren können, solange seitens des Arbeitgebers keine vollständige Belehrung über den jeweils konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen erfolgt ist und solange der Arbeitnehmer nicht aufgefordert wurde, den Urlaub zu nehmen.
Allerdings machte das Bundesarbeitsgericht eine Einschränkung für den Fall einer Langzeiterkrankung. Hier ist es nicht möglich, den Urlaub anzutreten, auch wenn eine Belehrung und Aufforderung durch den Arbeitgeber erfolgen würde. Deshalb verfällt der Urlaub in diesem Fall, wenn der Arbeitnehmer seit Beginn des Urlaubsjahres durchgehend bis zum 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres aus gesundheitlichen Gründen daran gehindert war, den Urlaub anzutreten.
Die Problematik der fehlenden Belehrung und Aufforderung setzt sich auch bei der Verjährung fort: Die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren beginnt nach Auffassung des BAG nicht mit dem Ende des Urlaubsjahres, sondern erst mit dem Schluss des Jahres, in welchem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch nicht genommen hat.
Urlaubskürzung bei “Kurzarbeit auf 0”
Urteile des Bundesarbeitsgerichts – BAG – vom 30. November 2021; Az.: 9 AZR 225/21 und 9 AZR 234/21
Fallen aufgrund von Kurzarbeit einzelne Arbeitstage vollständig aus, ist dies bei der Berechnung des Jahresurlaubs zu berücksichtigen. Geklagt hatte eine Verkaufshilfe einer Bäckerei, die mit ihrem Arbeitgeber eine 3-Tage-Woche vereinbart hatte. Aufgrund Arbeitsausfalls durch die Corona-Pandemie führte der Arbeitgeber Kurzarbeit ein. Dazu wurde eine Kurzarbeitsvereinbarung getroffen, auf deren Grundlage die Verkäuferin in den Monaten April, Mai und Oktober 2020 vollständig von der Arbeitspflicht befreit war. Die obersten Arbeitsrichter errechneten ausgehend vom vertraglich festgelegten Urlaubsanspruch eines Vollzeitbeschäftigten zunächst einen Jahresurlaub von 14 Arbeitstagen für die Verkäuferin. Der kurzarbeitsbedingte Ausfall ganzer Arbeitstage habe aber eine Neuberechnung gerechtfertigt. Denn Arbeitstage, die wegen einzelvertraglich vereinbarter Kurzarbeit wegfallen, seien weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht Zeiten mit einer Arbeitspflicht gleichzustellen. Die Neuberechnung des Urlaubsanspruchs ergab 10,5 Urlaubstage.
In einem Parallelverfahren befanden die Erfurter Richter, dass dies auch gilt, wenn die Kurzarbeit aufgrund einer Betriebsvereinbarung eingeführt wurde.
In einem Parallelverfahren befanden die Erfurter Richter, dass dies auch gilt, wenn die Kurzarbeit aufgrund einer Betriebsvereinbarung eingeführt wurde.
Keine Abrundung von bruchteiligen Urlaubstagen
Urteil des Bundesarbeitsgerichts – BAG – vom 23. Januar 2018; Az.: 9 AZR 200/17
Hat ein Arbeitnehmer einen Urlaubsanspruch von weniger als einem halben Tag, bleibt dieser bruchteilige Anspruch bestehen. Eine Abrundung findet nicht statt. Das hat das Bundesarbeitsgericht im Fall einer Bürokauffrau entschieden, die nach mehrfacher Elternzeit und anschließender Arbeitsunfähigkeit am Ende des Arbeitsverhältnisses Abgeltung der bestehenden Urlaubsansprüche verlangte. Dazu gehörte unter anderem ein Anspruch auf 6,25 Urlaubstage aus dem Jahr 2008. In seiner Begründung weist das Gericht darauf hin, dass dieser Anspruch weder auf volle Tage aufzurunden noch abzurunden sei. Das Gesetz biete hierfür keine Grundlage. Sofern nicht tarif- oder arbeitsvertragliche Regelungen abweichende Regelungen enthielten, verbleibe es bei dem bruchteiligen Urlaubstag. Die Regelung im Bundesurlaubsgesetz (vgl. § 5 Abs. 2 Bundesurlaubsgesetz) schließe Bruchteile von Urlaubstagen nicht aus. Ihr sei im Umkehrschluss lediglich zu entnehmen, dass ein geringerer als halber Urlaubstag nicht aufzurunden sei, nicht aber, dass er ersatzlos entfalle.
Altersstaffelung bei Urlaubsansprüchen
Urteil des Bundearbeitsgerichts – BAG – vom 15. November 2016; Az.: 9 AZR 695/15
Ein Arbeitgeber kann seine Arbeitnehmer wegen ihres Alters unterschiedlich behandeln, wenn er damit ein legitimes Ziel im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes verfolgt und das Mittel zur Zielerreichung angemessen und erforderlich ist. Das hat das Bundesarbeitsgericht im Fall einer Physiotherapeutin in einem Klinikunternehmen entschieden, die vom Arbeitgeber einen im Manteltarifvertrag festgelegten Zusatzurlaub von zwei Tagen für über 50 Jahre alte Arbeitnehmer forderte, obwohl sie dieses Alter noch nicht erreicht hatte.
In seiner Begründung weist das Gericht darauf hin, dass eine unterschiedliche Behandlung aufgrund des Alters zulässig sei, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sei. Das sei im Hinblick auf das konkret angestrebte Ziel zu beurteilen. Die eingesetzten Mittel seien nur dann angemessen und erforderlich, wenn sie die Zielerreichung erlaubten, ohne zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen der benachteiligten Arbeitnehmer zu führen. Berufe sich der Arbeitgeber bei unterschiedlicher Behandlung auf die Verfolgung eines legitimen Zieles, sei er darlegungspflichtig für das legitime Ziel und die Angemessenheit und Erforderlichkeit der eingesetzten Mittel. Dem genüge die allgemeine Geltendmachung, dass die Regelung dem Schutz älterer Arbeitnehmer diene, nicht. Da der Arbeitgeber hierzu substantiiert nichts vorgetragen habe, habe die Arbeitnehmerin daher Anspruch auf zwei zusätzliche Urlaubstage, auch ohne die Altersgrenze erreicht zu haben.
In seiner Begründung weist das Gericht darauf hin, dass eine unterschiedliche Behandlung aufgrund des Alters zulässig sei, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sei. Das sei im Hinblick auf das konkret angestrebte Ziel zu beurteilen. Die eingesetzten Mittel seien nur dann angemessen und erforderlich, wenn sie die Zielerreichung erlaubten, ohne zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen der benachteiligten Arbeitnehmer zu führen. Berufe sich der Arbeitgeber bei unterschiedlicher Behandlung auf die Verfolgung eines legitimen Zieles, sei er darlegungspflichtig für das legitime Ziel und die Angemessenheit und Erforderlichkeit der eingesetzten Mittel. Dem genüge die allgemeine Geltendmachung, dass die Regelung dem Schutz älterer Arbeitnehmer diene, nicht. Da der Arbeitgeber hierzu substantiiert nichts vorgetragen habe, habe die Arbeitnehmerin daher Anspruch auf zwei zusätzliche Urlaubstage, auch ohne die Altersgrenze erreicht zu haben.
Nach sechs Monaten voller Jahresurlaub
Urteil des Landesarbeitsgerichts – LAG – Rheinland-Pfalz vom 22. September 2016; Az.: 2 Sa 29/16
Scheidet ein Arbeitnehmer nach erfüllter Wartezeit in der zweiten Jahreshälfte aus dem Arbeitsverhältnis aus, besteht Anspruch auf ungekürzten Vollurlaub hinsichtlich des gesetzlichen Mindesturlaubs.
Eine Abweichung zuungunsten des Arbeitnehmers ist weder durch Vertrag noch durch tarifliche Regelung zulässig. Das hat das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz im Fall einer schwerbehinderten Steuerfachangestellten entschieden, deren Arbeitsvertrag den Jahresurlaub bei nicht ganzjähriger Tätigkeit nur anteilig vorsah. Als die Arbeitnehmerin nach sieben Monaten aus dem Unternehmen ausschied, gewährte der Arbeitgeber nur anteilig den gesetzlichen Mindesturlaub.
In seiner Begründung weist das Gericht darauf hin, dass nach dem Bundesurlaubsgesetz (§ 4 BUrlG) beim Ausscheiden nach erfüllter Wartezeit in der zweiten Jahreshälfte Anspruch auf ungekürzten Vollurlaub bestehe, unabhängig davon, ob das Arbeitsverhältnis zum Jahresbeginn bereits bestanden habe. Der Arbeitnehmerin stehe auch ein Anspruch auf Abgeltung des Zusatzurlaubs für schwerbehinderte Menschen in Höhe von fünf Arbeitstagen zu. Dafür sei unerheblich, dass sie nicht bereits bei ihrer Einstellung sondern erst nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses auf die Schwerbehinderteneigenschaft hingewiesen habe.
Eine Abweichung zuungunsten des Arbeitnehmers ist weder durch Vertrag noch durch tarifliche Regelung zulässig. Das hat das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz im Fall einer schwerbehinderten Steuerfachangestellten entschieden, deren Arbeitsvertrag den Jahresurlaub bei nicht ganzjähriger Tätigkeit nur anteilig vorsah. Als die Arbeitnehmerin nach sieben Monaten aus dem Unternehmen ausschied, gewährte der Arbeitgeber nur anteilig den gesetzlichen Mindesturlaub.
In seiner Begründung weist das Gericht darauf hin, dass nach dem Bundesurlaubsgesetz (§ 4 BUrlG) beim Ausscheiden nach erfüllter Wartezeit in der zweiten Jahreshälfte Anspruch auf ungekürzten Vollurlaub bestehe, unabhängig davon, ob das Arbeitsverhältnis zum Jahresbeginn bereits bestanden habe. Der Arbeitnehmerin stehe auch ein Anspruch auf Abgeltung des Zusatzurlaubs für schwerbehinderte Menschen in Höhe von fünf Arbeitstagen zu. Dafür sei unerheblich, dass sie nicht bereits bei ihrer Einstellung sondern erst nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses auf die Schwerbehinderteneigenschaft hingewiesen habe.
Voller Urlaubsanspruch?
Urteil des Bundesarbeitsgerichts – BAG – vom 17. November 2015; Az.: 9 AZR 179/15
Bei einem mit Wirkung zum 1. Juli eines Jahres begründeten Arbeitsverhältnis entsteht nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) in diesem Jahr kein Vollurlaubsanspruch. Das hat das Bundesarbeitsgericht im Fall eines Diensthundeführers entschieden, dessen Arbeitsverhältnis am 1. Juli 2013 begann und bis zum 2. Januar 2014 dauerte.
Da er während dieser Zeit keinen Urlaub hatte, zahlte der Arbeitgeber für den tarifmäßigen Urlaubsanspruch von 26 Tagen anteilige Urlaubsabgeltung für 13 Urlaubstage, errechnet aus sechs Monaten Beschäftigung. Der Arbeitnehmer forderte Abgeltung für weitere 13 Urlaubstage. In seiner Begründung weist das Gericht darauf hin, dass der volle Urlaubsanspruch erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben werde. Diese Formulierung („nach“) zeige, dass der volle Urlaubsanspruch nicht bereits mit sechsmonatigem Bestehen erworben werde und der Ablauf der Wartezeit und das Entstehen des Vollurlaubsanspruchs nicht zusammenfallen.
Die gesetzliche Regelung des Bundesurlaubsgesetzes gehe nicht davon aus, dass ein Arbeitnehmer, der bei einem Arbeitgeber vom 1. Januar bis zum 30. Juni und bei einem anderen Arbeitgeber vom 1. Juli bis zum 31. Dezember beschäftigt werde, zweimal den vollen Urlaubsanspruch erwerbe.
Da er während dieser Zeit keinen Urlaub hatte, zahlte der Arbeitgeber für den tarifmäßigen Urlaubsanspruch von 26 Tagen anteilige Urlaubsabgeltung für 13 Urlaubstage, errechnet aus sechs Monaten Beschäftigung. Der Arbeitnehmer forderte Abgeltung für weitere 13 Urlaubstage. In seiner Begründung weist das Gericht darauf hin, dass der volle Urlaubsanspruch erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben werde. Diese Formulierung („nach“) zeige, dass der volle Urlaubsanspruch nicht bereits mit sechsmonatigem Bestehen erworben werde und der Ablauf der Wartezeit und das Entstehen des Vollurlaubsanspruchs nicht zusammenfallen.
Die gesetzliche Regelung des Bundesurlaubsgesetzes gehe nicht davon aus, dass ein Arbeitnehmer, der bei einem Arbeitgeber vom 1. Januar bis zum 30. Juni und bei einem anderen Arbeitgeber vom 1. Juli bis zum 31. Dezember beschäftigt werde, zweimal den vollen Urlaubsanspruch erwerbe.
Urlaub beim Wechsel in Teilzeit
Urteil des Bundesarbeitsgerichts - BAG - vom 10. Februar 2015; Az.: 9 AZR 53/14
Die Kürzung von Resturlaub nach der Reduzierung der Wochenarbeitstage ist unzulässig, so die Richter des Bundesarbeitsgerichts. Geklagt hatte ein Arbeitnehmer, der ab Juli von einer Vollzeittätigkeit und einer Fünftagewoche in eine Teilzeitbeschäftigung an vier Wochentagen gewechselt hatte. Von Januar bis Ende Juni hatte er keinen Urlaub genommen. Der Arbeitgeber wollte den tariflichen Urlaubsanspruch von 30 Tagen in diesem Jahr nach dem Wechsel in die Teilzeit auf einen Anspruch von insgesamt 24 Tagen kürzen. Diese Berechnung widerspricht dem europäischen Recht. Deshalb hat das BAG dem Arbeitnehmer für das erste Halbjahr 15 Tage und für die zweite Jahreshälfte 12 Tage zugesprochen, also insgesamt 27 Tage.
Urlaubsabgeltung bei Tod des Arbeitnehmers
Urteil des Europäischen Gerichtshofs – EuGH – vom 12. Juni 2014; Az.: C-118/13
Bei Tod eines Arbeitnehmers geht dessen Abgeltungsanspruch für nicht genommenen Urlaub auf die Erben über. Dies entschied der Europäische Gerichtshof im Fall eines türkischen Arbeitnehmers, der vor seinem Tod 140 Urlaubstage angesammelt hatte, da es in der Firma üblich war, nicht genommenen Urlaub über Jahre anzusammeln. Seine Witwe verlangte vom Arbeitgeber die Urlaubsabgeltung in Geld. Das Landesarbeitsgericht legte den Fall dem Europäischen Gerichtshof vor, der der Witwe Recht gab und damit die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kippte.
Gesetzlicher Urlaubsanspruch auch bei Pflegezeit
Urteil des Bundesarbeitsgerichts – BAG – vom 06. Mai 2014; Az.: 9 AZR 678/12
Arbeitnehmer haben auch bei Ruhen des Arbeitsverhältnisses aufgrund von Pflegezeit einen Anspruch auf ihren vollen gesetzlichen Jahresurlaub. Dies hat das Bundesarbeitsgericht im Falle einer Arbeitnehmerin entschieden, deren Arbeitsverhältnis aufgrund einer 9-monatigen Pflegezeit ruhte. Das Gericht wies darauf hin, dass der Mindesturlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz unabdingbar sei und nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen, z. B. bei Elternzeit, gekürzt werden dürfe. Da es keine solche Regelung im Pflegegesetz gäbe, sei eine Kürzung des Urlaubsanspruchs durch den Arbeitgeber nicht möglich.
Widerruf eines genehmigten Urlaubs nur im Notfall
Urteil des Landesarbeitsgerichts – LAG – Köln vom 27. September 2012; Az.: 6 Sa 449/12
Hat ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer Urlaub genehmigt, kann er diesen nur bei einem Notfall widerrufen. Ein personeller Engpass erfüllt diese Voraussetzung nicht. Das hat das Landesarbeitsgericht Köln im Fall einer Verkäuferin in einem Bekleidungsunternehmen entschieden, die ihren genehmigten Urlaub nach einem Widerruf des Urlaubs anlässlich eines verkaufsoffenen Wochenendes durch den Arbeitgeber nicht unterbrochen hatte. Der Arbeitgeber sah hierin eine Arbeitsverweigerung und nahm das zum Anlass für eine fristlose Kündigung. In seiner Begründung weist das Gericht darauf hin, dass der Arbeitgeber einen einmal genehmigten Urlaub nur in einem Notfall widerrufen könne, wenn eine zwingende Notwendigkeit vorliege. Ein personeller Engpass erfülle nicht die Voraussetzung einer solchen Notlage. Auch ohne den Einsatz der Arbeitnehmerin habe der Arbeitgeber sein Ladengeschäft öffnen können. Da kein zwingender Grund für den Widerruf des Urlaubs vorgelegen habe, stelle die Weigerung, den Urlaub zu unterbrechen, keine Pflichtverletzung dar. Die Arbeitnehmerin sei daher der Arbeit berechtigt ferngeblieben. Die fristlose Kündigung sei unwirksam.
Berücksichtigung von Urlaubsschichten im Arbeitszeitkonto
Urteil des Bundesarbeitsgerichts – BAG – vom 19. Juni 2012; Az.: 9 AZR 712/10
Wenn ein Arbeitgeber mit einem Arbeitnehmer eine Vereinbarung über die Berücksichtigung von Soll-Arbeitsstunden mit einer geringeren Ist-Stundenzahl für Urlaubsschichten auf dem Arbeitszeitkonto trifft, ist dies unwirksam. Das hat das Bundesarbeitsgericht im Fall eines Werksfeuerwehrmannes bei einem Chemieunternehmen entschieden. In dem Arbeitsvertrag war mittels einer Berechnungsformel geregelt, dass nach einem 24-Stunden-Schichtsystem gearbeitet werden sollte, für Urlaubsschichten dem Arbeitskonto aber lediglich 19,4 Stunden gutgeschrieben werden. Der Arbeitnehmer verlangte eine Gutschrift von 24 Stunden pro Urlaubsschicht. In seiner Begründung weist das Gericht darauf hin, dass die Regelung mit einer Berechnungsformel für die Gutschreibung mangels ausreichender Transparenz unwirksam sei. Aber selbst bei transparenter Formulierung wäre sie unzulässig, weil sie von zwingenden Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes abweiche (vgl. §§ 1, 3, 13 Abs. 1 Nr. 3 BUrlG). Denn Arbeitnehmer hätten Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub, für dessen Dauer der Anspruch auf Vergütung weiter bestehe. In das Arbeitszeitkonto seien daher infolge der urlaubsbedingten Freistellung ausgefallene Soll-Arbeitsstunden als Ist-Arbeitsstunden einzustellen. Die durch den Urlaub ausgefallene Arbeitszeit gehöre zum unabdingbaren Teil der Bezahlung. Dieser Zeitfaktor könne auch von den Tarifvertragsparteien nicht zulasten des Arbeitnehmers verändert werden.
Verfall des Urlaubs bei Langzeiterkrankten
Urteil des Europäischen Gerichtshofs – EuGH – vom 20. Januar 2009; Az.: C-350/06
Urteil des Europäischen Gerichtshofs – EuGH – vom 22. November 2011; Az.: C-214/10
Urteil des Bundesarbeitsgerichts – BAG – vom 07. August 2012; Az.: 9 AZR 353/10
Urteil des Europäischen Gerichtshofs – EuGH – vom 22. November 2011; Az.: C-214/10
Urteil des Bundesarbeitsgerichts – BAG – vom 07. August 2012; Az.: 9 AZR 353/10
Der Europäische Gerichtshof stellte fest, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei Ablauf des Bezugszeitraums und/oder eines im nationalen Recht festgelegten Übertragungszeitraums nicht erlöschen darf, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugszeitraums oder eines Teils davon krankgeschrieben war und seine Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende seines Arbeitsverhältnisses fortgedauert hat, weshalb er seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht ausüben konnte.
In einer weiteren Entscheidung vertrat der EuGH dann die Auffassung, dass eine tarifliche Bestimmung, nach der Ansprüche auf Erholungsurlaub im Fall einer Langzeiterkrankung spätestens 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfallen, nicht gegen Unionsrecht verstoße. Daraufhin hat das Bundesarbeitsgericht Folgendes entschieden:
Ist ein Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen an seiner Arbeitsleistung gehindert, verfallen seine gesetzlichen Urlaubsansprüche aufgrund unionsrechtskonformer Auslegung des § 7 Abs. 3 Satz 3 Bundesurlaubsgesetz 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres. Damit verfällt der Urlaub mit Ablauf des Urlaubsjahres oder des Übertragungszeitraumes nicht, wenn der Arbeitnehmer ihn wegen Krankheit nicht nehmen konnte und die Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses fortdauert. Dies betrifft den gesetzlichen Mindesturlaub und den Zusatzurlaub schwerbehinderter Arbeitnehmer. Dieser wegen Krankheit nicht genommene Urlaub verfällt jedoch spätestens 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres. Nach dem Bundesarbeitsgericht können die Parteien hinsichtlich des Verfalls des über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden Mehrurlaubs Abweichendes vereinbaren, also kürzere Verfallfristen. Allerdings müssen sich aus dem Arbeitsvertrag deutliche Anhaltspunkte ergeben, dass zwischen dem gesetzlichen und dem übergesetzlichen Urlaubsanspruch unterschieden werden soll. Wird im Arbeitsvertrag nicht differenziert, gilt die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch für den vertraglich gewährten Mehrurlaub. Auch dieser verfällt dann erst 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres.
In einer weiteren Entscheidung vertrat der EuGH dann die Auffassung, dass eine tarifliche Bestimmung, nach der Ansprüche auf Erholungsurlaub im Fall einer Langzeiterkrankung spätestens 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfallen, nicht gegen Unionsrecht verstoße. Daraufhin hat das Bundesarbeitsgericht Folgendes entschieden:
Ist ein Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen an seiner Arbeitsleistung gehindert, verfallen seine gesetzlichen Urlaubsansprüche aufgrund unionsrechtskonformer Auslegung des § 7 Abs. 3 Satz 3 Bundesurlaubsgesetz 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres. Damit verfällt der Urlaub mit Ablauf des Urlaubsjahres oder des Übertragungszeitraumes nicht, wenn der Arbeitnehmer ihn wegen Krankheit nicht nehmen konnte und die Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses fortdauert. Dies betrifft den gesetzlichen Mindesturlaub und den Zusatzurlaub schwerbehinderter Arbeitnehmer. Dieser wegen Krankheit nicht genommene Urlaub verfällt jedoch spätestens 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres. Nach dem Bundesarbeitsgericht können die Parteien hinsichtlich des Verfalls des über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden Mehrurlaubs Abweichendes vereinbaren, also kürzere Verfallfristen. Allerdings müssen sich aus dem Arbeitsvertrag deutliche Anhaltspunkte ergeben, dass zwischen dem gesetzlichen und dem übergesetzlichen Urlaubsanspruch unterschieden werden soll. Wird im Arbeitsvertrag nicht differenziert, gilt die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch für den vertraglich gewährten Mehrurlaub. Auch dieser verfällt dann erst 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres.