Fortbildungskosten und Rückzahlungsklauseln

Bei der Rechtsprechungsübersicht handelt es sich lediglich um eine kleine Auswahl von interessanten Entscheidungen, die nur zum Teil obergerichtliche Rechtsprechung beinhaltet. Trotz sorgfältiger Erstellung übernimmt die IHK keine Haftung dafür, dass die einzelnen Entscheidungen inhaltlich richtig und vollständig wiedergegeben wurden.

Rückzahlung von Fortbildungskosten

Urteil des Bundesarbeitsgerichts – BAG – vom 01. März 2022; 9 AZR 260/21
Arbeitgeber dürfen Rückzahlungsklauseln für Fortbildungsmaßnahmen vereinbaren, die eine Kostenbeteiligung der Arbeitnehmer vorsehen, wenn diese vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden. Allerdings darf eine solche Klausel nicht nur darauf abstellen, ob der Arbeitnehmer selbst gekündigt hat. Berücksichtigt werden muss zusätzlich, aus welchem Beweggrund die Eigenkündigung erfolgt. Hat der Arbeitgeber kein Interesse mehr am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, weil er z. B. von der Qualifikation des Arbeitnehmers nicht mehr profitiert, kann dies zur Unzulässigkeit der Rückzahlungsvereinbarung führen.
Im entschiedenen Fall hat ein Arbeitnehmer nach einer abgeschlossenen Fortbildungsmaßnahme, die vom Arbeitgeber finanziert wurde, gekündigt, weil er krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage war, seine Arbeitsleistung zu erbringen. In diesem Fall – so urteilten die Erfurter Richter – benachteiligt die Rückzahlungsklausel den Arbeitnehmer unangemessen und ist deshalb unwirksam. Die Klausel muss so formuliert sein, dass der Arbeitnehmer es selbst in der Hand hat, die Rückzahlung durch Betriebstreue zu vermeiden. Liegt der Grund im alleinigen Verantwortungs- und Risikobereich des Arbeitnehmers, kann also eine Rückzahlungsklausel angemessen sein, wenn sie transparent formuliert ist. Diese Voraussetzung ist für Arbeitgeber jedoch nur schwer zu erfüllen.

Erstattung von Weiterbildungskosten

Urteil des Bundesarbeitsgerichts – BAG – vom 06. August 2013; Az.: 9 AZR 442/12
Vereinbart ein Arbeitgeber mit einem Arbeitnehmer eine Weiterbildungsfinanzierung mit Bleibe- und Rückzahlungsklausel, ist diese nur bei ausreichender Transparenz wirksam. Das hat das Bundesarbeitsgericht im Fall eines Krankenhausträgers entschieden, der einem Krankenpfleger eine Weiterbildung zum Fach- und Gesundheitspfleger in der Psychiatrie finanzierte. In der hierüber getroffenen Vereinbarung zur Rückzahlung mit dreijähriger Staffelung befand sich eine Formulierung über die entstandenen Aufwendungen für die Weiterbildung, einschließlich der Lohnfortzahlungskosten. Als der Arbeitnehmer nach bestandener Prüfung im dritten Jahr kündigte, verlangte der Arbeitgeber ein Drittel der von ihm aufgewandten Kosten, die er zunächst mit 9.346 Euro, später mit 8.649 Euro und letztlich mit 6.212 Euro bezifferte. Der Arbeitnehmer verweigerte die Zahlung und berief sich auf Intransparenz der Rückzahlungsklausel. In seiner Begründung weist das Gericht darauf hin, dass in Formularverträgen enthaltene Rückzahlungsklauseln über Weiterbildungskosten nur dann dem Transparenzgebot entsprächen, wenn sie keine vermeidbaren Unklarheiten nach Grund und Höhe enthielten und für den Arbeitgeber keine ungerechtfertigten Beurteilungs- und Gestaltungsmöglichkeiten bestünden. Denn andernfalls könne der Arbeitnehmer sein Zahlungsrisiko nicht hinreichend klar abschätzen. Diesem Maßstab werde die getroffene Vereinbarung nicht gerecht. Sie sei intransparent und benachteilige daher den Arbeitnehmer unangemessen. Es fehle die Bezeichnung, welche konkreten Kosten in welcher Höhe anfallen könnten.

Rückzahlungsklausel bei Zuschuss für Weiterbildung

Urteil des Landesarbeitsgerichts – LAG – Düsseldorf vom 21. Juni 2013; Az.: 10 Sa 206/13
Stellt ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer von der Arbeit frei, um ihm eine Weiterbildung zu ermöglichen, und zahlt neben der Vergütung einen Zuschuss, um später eine Fortsetzung des ruhenden Arbeitsverhältnisses zu erreichen, kann diese Vereinbarung zulässig sein. Das hat das Landesarbeitsgerichts Düsseldorf im Fall einer Arbeitnehmerin in einer Spielothek entschieden, deren Arbeitgeber nach erfolgter Ausbildung zur Fachkraft für Automatenservice die Rückzahlung eines Zuschusses verlangte, weil die Arbeitnehmerin das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der vereinbarten Bindungsfrist von zwei Jahren kündigte. Neben der regulären Vergütung war ein Zuschuss in Höhe von insgesamt 13.800 Euro gezahlt worden, der aufgrund einer gestaffelten Rückzahlungsvereinbarung zurückgezahlt werden sollte. Der Arbeitgeber forderte die Zahlung des anteiligen Zuschusses in Höhe von 4.622 Euro. In seiner Begründung weist das Gericht darauf hin, dass die vereinbarte Rückzahlungsklausel wirksam sei. Sie sei klar und verständlich und benachteilige die Arbeitnehmerin nicht unangemessen. Die Ausbildung sei aufgrund der erworbenen Qualifikation für die Arbeitnehmerin von wirtschaftlichem Vorteil und die anschließende Bindungsdauer von zwei Jahren stehe in angemessenem Verhältnis zu dem erreichten Vorteil. Die Rückzahlungsklausel verstoße auch nicht gegen das Berufsbildungsgesetz (§ 12 Abs. 1 BBiG), weil sie weder eine unmittelbare Beschränkung der beruflichen Tätigkeit nach Beendigung der Ausbildung enthalte, noch eine unverhältnismäßige mittelbare Beschränkung der beruflichen Tätigkeit bewirke. Die Rückzahlungsklausel verstoße auch nicht gegen das Verbot einer Entschädigungszahlung für die Berufsausbildung (§ 12 Abs. 2 BBiG), weil es sich bei dem Zuschuss nicht um Ausbildungskosten gehandelt habe.
Hinweis: Rückzahlungsvereinbarungen unterliegen nach der Rechtsprechung einer Überprüfung nach bestimmten Kriterien. Zunächst ist entscheidend, dass der Arbeitnehmer durch die vom Arbeitgeber finanzierte Qualifizierung einen geldwerten Vorteil erlangt, der für das weitere berufliche Fortkommen hilfreich ist. Ferner muss der Vorteil in einem angemessenen Verhältnis zur Bindungsdauer der Beschäftigung stehen.
Dabei gelten folgende Richtwerte:
Dauer der Qualifizierung von 1 Monat: Bindung bis 6 Monate zulässig
Dauer der Qualifizierung von 2 Monaten: Bindung bis 12 Monate zulässig
Dauer der Qualifizierung von 3 - 4 Monaten: Bindung bis 24 Monate zulässig
Dauer der Qualifizierung von 6 - 12 Monaten: Bindung bis 36 Monate zulässig
Dauer der Qualifizierung von mehr als 24 Monaten: Bindung bis 60 Monate zulässig

Rückzahlung bei Fortbildungskosten

Urteil des Bundesarbeitsgerichts – BAG – vom 28. Mai 2013; Az.: 3 AZR 103/12
Übernimmt ein Arbeitgeber für einen Arbeitnehmer Fortbildungskosten und vereinbart für den Fall einer vorzeitigen Vertragsbeendigung eine Rückzahlungsklausel, darf diese Regelung den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen. Das hat das Bundesarbeitsgericht im Fall eines Piloten entschieden, der für ein Luftfahrtunternehmen Charterflüge im gewerblichen Personenverkehr durchführen sollte. Der Arbeitgeber finanzierte den zwei Monate dauernden Erwerb der Musterberechtigung für ein bestimmtes Flugzeug in Höhe von über 18.000 Euro. Der Arbeitsvertrag sah eine zweijährige Bindungsdauer und für den Fall einer vorzeitigen Vertragsbeendigung eine Rückzahlung der Fortbildungskosten mit zweijähriger Staffelung vor. Noch vor dem Erstflug kündigte der Arbeitnehmer außerordentlich, worauf der Arbeitgeber die Rückzahlung der übernommenen Fortbildungskosten forderte. In seiner Begründung weist das Gericht darauf hin, dass die Rückzahlungsklausel unwirksam sei, weil sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteilige. Denn sie verpflichte den Arbeitnehmer für jeden Fall einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eigenkündigung, ohne danach zu differenzieren, ob der Beendigungsgrund dem Arbeitgeber oder dem Arbeitnehmer zuzuordnen sei. Es sei nicht zulässig, die Rückzahlungspflicht ohne Unterscheidung an das Ausscheiden des Arbeitnehmers durch Eigenkündigung innerhalb der Bindungsfrist zu koppeln. Ausgewogen sei eine Rückzahlungsklausel nur, wenn sie als Gesamtregelung dem Arbeitnehmer die Möglichkeit gebe, die Rückzahlung durch eigene Betriebstreue zu vermeiden. Eine Erstattung der Kosten komme auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer ungerechtfertigten Bereicherung in Betracht.

Rückzahlung von Weiterbildungskosten nur bei transparenter Vereinbarung

Urteil des Bundesarbeitsgerichts – BAG – vom 21. August 2012; Az.: 3 AZR 698/10
Wenn ein Arbeitgeber für einen Arbeitnehmer die Kosten einer Fortbildung übernimmt und später die Rückzahlung der übernommenen Kosten verlangt, setzt ein solcher Anspruch eine transparente Rückzahlungsklausel voraus. Das hat das Bundesarbeitsgericht im Fall eines Ingenieurbüros entschieden, dessen Inhaber mit einem Diplomingenieur eine Vereinbarung über die Fortbildung für die Tätigkeit als Kfz-Prüfingenieur getroffen hatte. Darin war geregelt, dass der Arbeitnehmer bei von ihm zu vertretendem Abbruch für die Kosten der Weiterbildung zu haften habe. Genannt waren dabei Lehrgangskosten, Fahrzeugkosten, Übernachtungskosten sowie Kosten der praktischen Ausbildung, wobei die Bezifferung bei Abbruch der Fortbildung durch den Arbeitgeber erfolgen sollte. Nach viereinhalb Monaten brach der Arbeitnehmer die Fortbildung ab und setzte sie anderweitig erfolgreich fort. Der Arbeitgeber verlangte die Erstattung der von ihm bezifferten Gesamtkosten in Höhe von 7.177 Euro. In seiner Begründung weist das Gericht darauf hin, dass die zwischen den Vertragspartnern vereinbarte Rückzahlungsklausel unwirksam sei, weil sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteilige. Sie sei nicht hinreichend klar und verständlich, denn sie lasse nicht erkennen, mit welchen finanziellen Belastungen und in welcher Größenordnung zu rechnen sei. Eine Rückzahlungsklausel müsse so klar und genau wie möglich Rechte und Pflichten umschreiben. Dem Transparenzgebot sei genüge getan, wenn Erstattungskosten dem Grunde und der Höhe nach im Rahmen des Möglichen angegeben seien. Eine exakte Bezifferung sei nicht verpflichtend, aber Art und Berechnungsgrundlagen seien unverzichtbar. Da die Klausel vorliegend offen lasse, welche Kosten im Einzelnen zu erstatten seien, eröffne sie für den Arbeitgeber einen ungerechtfertigten Spielraum. Das Rückzahlungsverlangen könne auch nicht auf bereicherungsrechtliche Bestimmungen gestützt werden, da trotz unwirksamer Rückzahlungsklausel eine wirksame Fortbildungsvereinbarung bestehe.

Rückerstattung von Weiterbildungskosten vereinbaren

Urteil des Landesarbeitsgerichts – LAG – Rheinland-Pfalz vom 12. Oktober 2011; Az.: 8 Sa 218/11
Finanziert ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer die Kosten einer Weiterbildung, kann ein Rückerstattungsanspruch nur auf der Grundlage einer vertraglichen oder tarifvertraglichen Regelung bestehen. Das hat das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz im Fall einer Pflegefachkraft entschieden, deren Arbeitgeber ihr die Teilnahme an einem Weiterbildungskurs als Pflegedienstleiterin finanziert hatte, ohne mit der Arbeitnehmerin eine Rückzahlungsklausel zu vereinbaren. Noch vor dem Abschluss des Weiterbildungskurses kündigte die Arbeitnehmerin das Arbeitsverhältnis. In einem Rechtsstreit um Lohn- und Urlaubsansprüche erklärte der Arbeitgeber seinerseits die Aufrechnung mit Rückerstattungsansprüchen wegen der von ihm finanzierten Weiterbildung. In seiner Begründung weist das Gericht darauf hin, dass ein Rückerstattungsanspruch das Bestehen einer vertraglichen oder tarifvertraglichen Vereinbarung voraussetze, die vorliegend nicht gegeben sei. Auch ein Rückerstattungsanspruch unter Schadensersatzgesichtspunkten scheide aus, weil die Arbeitnehmerin keine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt und unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist gekündigt habe. Eine Erstattungspflicht bestehe auch nicht unter dem Gesichtspunkt der gesamtschuldnerischen Haftung von Arbeitgeber und Arbeitnehmerin gegenüber dem Veranstalter der Weiterbildung. Denn eine Ausgleichspflicht im Innenverhältnis gelte nur, soweit nichts anderes bestimmt sei. Vorliegend sei aber vertraglich die alleinige Kostentragungspflicht des Arbeitgebers vereinbart worden.