Verhalten bei Ladendiebstahl

Ladendiebstähle verursachen jährlich in der Einzelhandelsbranche in Deutschland Schäden in Höhe mehrerer Milliarden Euro - nach Zahlen des Handelsforschungsinstituts EHI (Bezugsjahr 2024) rund 4,2 Milliarden Euro. Wie verhalten Sie sich richtig bei einem Ladendiebstahl? Was darf unternommen werden, was lieber nicht?

Taschenkontrolle

…ist nur bei Einwilligung des Kunden erlaubt!
  1. Die Kontrolle der von den Kunden mitgeführten Taschen durch das Ladenpersonal ist nur dann zulässig, wenn der Kunde in die Durchsuchung einwilligt.
  2. Pauschale Taschenkontrollen sind unzulässig.
  3. Auch Hinweisschilder mit den Aufdrucken wie „Sehr geehrte Kunden, wir bitten Sie höflich, Ihre Taschen hier an der Information vor dem Betreten des Marktes abzugeben, andernfalls weisen wir Sie höflichst darauf hin, dass wir an den Kassen ggf. Taschenkontrollen durchführen müssen”, stellen keine Rechtsgrundlage zur Taschenkontrolle dar.
  4. Besteht ein konkreter Straftatverdacht und der Kunde verweigert die Durchsuchung seiner Tasche oder Kleidung, sollte die Polizei verständigt werden, um den Sachverhalt aufzuklären. Zum Festhalten bis zum Eintreffen der Polizei siehe unten.

Festhalten bei Tatverdacht

…ist nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt!
  1. Ein auf frischer Tat betroffener, d. h. ertappter Ladendieb kann bei Fluchtverdacht, oder wenn seine Identität nicht sofort festgestellt werden kann, durch jedermann vorläufig festgenommen werden, (sog. „Jederman-Festnahmerecht”) um ihn an die Strafverfolgungsbehörden zu übergeben (§127 StPO – Einzelnorm).
  2. Bei der Festnahme, d. h. beim Festhalten, ist auf die Verhältnismäßigkeit der Mittel zu achten. Nur wenn es der Bedeutung der Sache angemessen ist, darf ein Dieb zu Fall gebracht, am Boden fixiert oder sogar gefesselt werden.
  3. Ob ein Festnahmerecht bei bloßem Tatverdacht besteht, ist strittig. Grundsätzlich darf in das Freiheitsrecht eines Bürgers nur eingegriffen werden, wenn dieser alle Merkmale einer Straftat erfüllt hat. Je konkreter der Tatverdacht ist, desto eher wird man in der Praxis ein Festnahmerecht zubilligen müssen.

Richtiges Verhalten nach der Tat

  • Beobachten Sie den Dieb und verfolgen Sie den Dieb auf kurze Distanz.
  • Stellen Sie sicher, dass der Täter den Laden nicht verlassen kann.
  • Wenn Sie glauben, einen Diebstahl beobachtet zu haben oder einen ernsthaften Verdacht hegen, so sprechen Sie denjenigen diskret an und bitten ihn in Ihr Büro. Vermeiden Sie dabei die Worte „Dieb“ und „Diebstahl“.
  • Lassen Sie den Verdächtigen vorangehen, damit er mögliches Diebesgut nicht unbemerkt beseitigen kann.
  • Bleiben Sie ruhig, sachlich und höflich.
  • Achten Sie darauf, dass stets ein Alarmkopf oder mindestens ein Telefon im Büro zur Verfügung steht und voll funktionstüchtig ist.
  • Vermeiden Sie unbedingt jeglichen Körperkontakt und jedwede Aggression gegenüber der verdächtigen Person.
  • Sollte der Tatverdächtige flüchten oder sich nicht ausweisen wollen, so dürfen Sie ihn vorläufig festnehmen, müssen jedoch danach die Polizei verständigen. Achtung: Sind Ihnen die Personalien des Täters bekannt, machen Sie sich bei einer vorläufigen Festnahme strafbar. Lassen Sie den Dieb in diesem Fall laufen und zeigen ihn an.
  • Ziehen Sie einen Zeugen hinzu. Befragen Sie diese umgehend und lassen Sie schnellstmöglich ein Gedächtnisprotokoll durch den Zeugen verfassen.
  • Fertigen Sie Fotos des Diebes mit Ihrem Smartphone an.
  • Fordern Sie die freiwillige Herausgabe der gestohlenen Ware. Ansonsten dürfen Sie die Ware mit Gewalt abnehmen (§§ 859, 860 BGB). Behalten Sie auch nicht von Ihnen stammende Ware ein. Die Aushändigung ist Aufgabe der Polizei! Achtung: Taschen und Jacken dürfen nur im Einverständnis durchsucht werden, ansonsten ist dies die Aufgabe der Polizei. Weitere körperliche Untersuchungen werden nur von der Polizei unternommen
  • Sobald sich ein Tatverdächtiger oder ein Täter nicht ausweisen kann, rufen Sie die Polizei, auch sobald Ihnen etwas merkwürdig vorkommt und Sie unsicher werden. Zudem ist die Polizei dringend von Nöten, wenn der Tatverdächtige oder Täter aggressiv wird, renitent ist und offensichtlich lügt, es sich um einen Wiederholungstäter handelt oder der Wert der abhanden gekommenen Ware sehr hoch ist.
  • Kommt der Dieb der Herausgabe nach, so müssen Sie ihn gehen lassen. Eine Strafanzeige und ein zeitlich begrenztes Hausverbot werden empfohlen. Zudem können Sie auch Schadenersatz und die Fangprämie vom Täter einfordern. Üben Sie keine Selbstjustiz.
  • Gibt der Dieb die Tat zu, so fertigen Sie ein Protokoll (mit Personalien, Tatbestand, Zeugen u. ä.) an. Ziehen Sie die Polizei zur Anzeigenaufnahme hinzu.
  • Ist der Täter minderjährig, also unter 14 Jahren, sind die Eltern zu informieren und aufzufordern ihr Kind im Laden abzuholen. Ist dies nicht möglich, sollte die Polizei informiert werden, damit diese den Täter später entweder nach Hause bringt und die Eltern informiert oder die Eltern den Täter auf dem Revier abholen müssen.
  • Grundsätzlich sollte jeder Ladendiebstahl angezeigt werden, auch bei Kindern oder alten Menschen. Auch der Versuch eines Diebstahls ist strafbar.

Fangprämie

  1. Der Einzelhändler darf keine Kosten für Überwachungs- oder Sicherungsmaßnahmen von dem Ladendieb verlangen.
  2. Eine vor dem Diebstahl ausgesetzte Fangprämie ist vom Ladendieb jedoch zu erstatten. Als angemessen sind pauschalierte Beträge von 25,00€ oder auch 50,00 € anzusehen. Die Obergrenze bildet der Wert der Ware. Ersatzfähig kann auch eine höhere Prämie gezahlt werden, wenn es sich um besonders wertvolle Waren handelt. In diesem Fall muss die Prämie aber deutlich geringer sein als der Warenwert.
  3. Die Fangprämie ist vom Ladendieb nicht unverzüglich zu zahlen. Hinweisschilder mit dem Aufdruck „Die Fangprämie ist sofort zu entrichten” sind nicht rechtsverbindlich.
  4. Die Fangprämie ist auch bei einem vorgegebenen „bloßen Vergessen des Bezahlens der Ware” vom Kunden zu entrichten.

Anzeige stellen

Als Download finden Sie eine Hilfestellung zur Anzeigenaufgabe und ein Muster. Das Stellen einer Anzeige ist ebenfalls online möglich: Link zur Online-Anzeige In den Gesprächen mit der Polizei haben wir jedoch erfahren, dass bei der so genannten “E-Anzeige” oftmals nicht ausreichend Informationen übermittelt werden oder die übermittelten unzureichend sind. Achten Sie daher auf größtmögliche Sorgfalt beim Aufgeben einer “E-Anzeige”.
Sollte die gestohlene Ware einen Wert von weniger als 30 Euro haben, müssen Sie mit Ihrer Anzeige zusätzlich einen “Strafantrag” stellen bzw. das auf der Anzeige vermerken, damit der Ladendiebstahl auch tatsächlich verfolgt wird und nicht aufgrund einer juristischen Bagatellgrenze fallengelassen wird.
Weitere Informationen finden Sie bei der Polizeilichen Kriminalprävention des Bundes und der Länder