Novellierung Berufsbildungsgesetz (BBiG)

Die Novellierung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG)


Mehr Attraktivität, Flexibilität, internationale Anschlussfähigkeit und eine Entlastung des Ehrenamtes in der Beruflichen Bildung – das sind wichtige Ziele, die mit dem modernisierten Berufsbildungsgesetz (BBiG) erreicht werden sollen. Die neuen Regelungen sind zum 1. Januar 2020 in Kraft getreten. Wir stellen die wichtigsten Neuerungen vor.

Mindestausbildungsvergütung

Für alle Auszubildenden, deren Ausbildungsbetriebe keiner Tarifbindung unterliegen, gilt künftig eine Mindestausbildungsvergütung. Diese kann unterschritten werden, wenn ein geltender Tarifvertrag eine geringere Vergütung vorsieht.  
Betroffen sind alle Ausbildungsverträge, die ab dem 1. Januar 2020 beginnen. Die Höhe der Vergütung berechnet sich jeweils auf der Basis des Jahres des Ausbildungsbeginns mit gesetzlich festgelegten jährlichen Steigerungssätzen.

Beginn der Ausbildung
1. Ausbildungsjahr
 
2. Ausbildungsjahr
+ 18%
3. Ausbildungsjahr
+ 35%
4. Ausbildungsjahr
+ 40%
2020
(01.01. – 31.12.2020)
515 €
608 €
(515 € + 18%)
695 €
(515 € + 35%)
721 €
(515 € + 40%)
2021
(01.01. – 31.12.2021)
550 €
649 €
(550 € + 18%)
743 €
(550 € + 35%)
770 €
(550 € + 40%)
2022
(01.01. – 31.12.2022)
585 €
690 €
(585 € + 18%)
790 €
(585 € + 35%)
819 €
(585€ + 40%)
2023
(01.01. – 31.12.2023)
620 €
732 €
(620€ + 18%)
837 €
(620€ + 35%)
868 €
(620€ + 40%)
Ab 2024
Wie die Mindestausbildungsvergütung sich in den Folgejahren entwickelt, gibt das Bundesministerium für Bildung und Forschung jeweils im November des jeweiligen Vorjahres bekannt.
Die Tarifbindung eines Betriebs hat jedoch immer Vorrang.
So ist die Ausbildungsvergütung auch angemessen, wenn eine nach § 3 Tarifvertragsgesetz für den Ausbildenden bindende tarifliche Vergütungsregelung besteht, die die vorgenannte jeweilige Mindestvergütung unterschreitet (§ 17 Abs. 3 BBiG). Soweit der Ausbildende in den Geltungsbereich eines Tarifvertrags fällt, dieser für den Ausbildenden jedoch nicht bindend ist, ist die Ausbildungsvergütung gem. § 17 Abs. 4 BBiG angemessen, wenn die Ausbildungsvergütung die tariflich geregelte Vergütung um nicht mehr als 20 Prozent unterschreitet (auch wenn dieser Betrag höher ist als die Mindestausbildungsvergütung).

Teilzeitausbildung jetzt für alle

Die durch die BBiG-Novelle 2005 erstmals gesetzlich geschaffene Möglichkeit der Teilzeitsausbildung wird nun durch eine eigene Vorschrift in § 7a BBiG mit erleichterten Voraussetzungen gestärkt. Durch diese Gesetzesänderungen soll die Teilzeitberufsausbildung nunmehr allen Auszubildenden offen stehen. Der Nachweis eines Grundes, wie beispielsweise Kindererziehung oder die Pflege von Angehörigen ist nicht mehr zu erbringen. Eine inhaltlich mit der Vollzeitausbildung vergleichbare Ausbildung wird durch die entsprechend verlängerte Ausbildungsdauer gewährleistet. Voraussetzungen für eine Ausbildung in Teilzeit ist die Zustimmung des Ausbildungsbetriebs.

Gleichstellung voll- und minderjähriger Auszubildender bei Freistellung und Anrechnung

Erwachsene Auszubildende werden jugendlichen Auszubildenden bei der Freistellung für Berufsschul- und Prüfungszeiten gleichgestellt.
Beginnt der Berufsschulunterricht vor 09:00 Uhr, so darf auch ein volljähriger Auszubildender zukünftig nicht mehr vorher in seinem Ausbildungsbetrieb beschäftigt werden.
Ein Auszubildender ist von seinem Ausbildungsbetrieb freizustellen:
  • für die Teilnahme am Berufsschulunterricht
  • an einem Berufsschultag mit mehr als fünf Unterrichtsstunden von mindestens je 45 Minuten, einmal in der Woche
  • in Berufsschulwochen mit einem planmäßigen Blockunterricht von mindestens 25 Stunden an mindestens fünf Tagen
  • an dem Arbeitstag unmittelbar vor dem Tag der schriftlichen Abschlussprüfung
Neu ist außerdem, dass in den letzten drei genannten Fällen die durchschnittliche tägliche bzw. wöchentliche Ausbildungszeit angerechnet wird. Dies gilt auch für Minderjährige nach § 9 JArbSchG.

Neuer Musterausbildungsvertrag

Aufgrund der gesetzlichen Änderungen wird der DIHK den Musterausbildungsvertrag überarbeiten. Das neue Muster samt Ausfüllhilfe finden Sie in Kürze auf unserer Homepage.

Berufe durchlässiger gemacht

Bei aufeinander aufbauenden Ausbildungsberufen mit gestreckter Abschlussprüfung ist es künftig möglich, dass Auszubildende, die die Abschlussprüfung eines drei- oder dreieinhalbjährigen Ausbildungsberufs nicht bestanden haben, auf Antrag den Abschluss des zweijährigen Ausbildungsberufs erwerben können. Dafür müssen sie im ersten Teil der Abschlussprüfung mindestens ausreichende Leistungen erreicht haben.
Hinweis: Abhängig von der genauen Formulierung eines in einem Ausbildungs- oder geltenden Tarifvertrages vorgesehenen Anspruchs auf Übernahme in ein Arbeitsverhältnis nach erfolgreichem Abschluss der Berufsausbildung, kann der Auszubildende diesen Anspruch auch für den Fall der Zuerkennung des zweijährigen Berufes geltend machen.
Darüber hinaus werden Auszubildende vom ersten Teil der Abschlussprüfung oder Zwischenprüfung eines drei- oder dreieinhalbjährigen Ausbildungsberufes befreit, wenn sie die Abschlussprüfung des zweijährigen Berufes bestanden haben.
Beide Varianten setzen voraus, dass die jeweiligen Ausbildungsordnungen die Durchlässigkeit ausdrücklich vorsehen. Bestehende Ausbildungsordnungen müssen daher noch angepasst werden, bevor die neuen Regelungen greifen können.

Moderne Bezeichnungen für Fortbildungen eingeführt

Das neue Berufsbildungsgesetz führt die Abschlussbezeichnungen „Geprüfter Berufsspezialist“, „Bachelor Professional“ und „Master Professional“ für die Fortbildungsabschlüsse ein. Die neuen Begriffe bringen die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung zum Ausdruck und unterstreichen die Praxisnähe und besonderen Fähigkeiten von Industriemeistern, Fachwirten oder Bilanzbuchhaltern. Der Zusatz „Professional“ gewährleistet die Abgrenzung zu akademischen Abschlüssen. Die neuen Bezeichnungen sind zudem ein wichtiger Beitrag zur Gleichwertigkeit beruflicher mit akademischer Bildung, zum internationalen Nachweis der beruflichen Handlungsfähigkeit und unterstützen die Mobilität unserer Fachkräfte.
Die Verwendung der neuen Bezeichnungen setzt voraus, dass Bezeichnungen der Abschlüsse in den einzelnen Fortbildungsordnungen angepasst werden. Es wird daher noch nicht möglich sein, die neuen Bezeichnungen unmittelbar zum 1. Januar zu erhalten.

Prüferehrenamt entlastet

Die IHK-Organisation hat sich besonders für Entlastungen der ehrenamtlichen Prüferinnen und Prüfer eingesetzt – mit Erfolg. Künftig dürfen zwei anstelle von drei Prüfungsausschussmitgliedern die Ergebnisse schriftlicher Prüfungen bewerten, wenn der gesamte Ausschuss das vorher entsprechend beschließt. Für praktische Prüfungen gilt diese Regelung nur dann, wenn es sich um keine flüchtigen Prüfungsleistungen handelt.

Freistellung von Prüfern geregelt

Bisher war die Freistellung von Prüferinnen und Prüfern für ihre ehrenamtliche Tätigkeit im Berufsbildungsgesetz nicht geregelt. Mit der Neufassung des Gesetzes sind Prüferinnen und Prüfer freizustellen, wenn der Ausübung des Prüferehrenamtes keine wichtigen betrieblichen Gründe entgegenstehen.