Recht

Telefonwerbung

Werbung ist im geschäftlichen Verkehr unerlässlich. Ohne sie besteht kaum eine Möglichkeit, potenzielle Kunden auf das eigene Waren- oder Dienstleistungsangebot aufmerksam zu machen.
In Deutschland hat die Telefonwerbung einen bedeutenden und stets wachsenden Umfang, obwohl sie von Anfang an sehr restriktiv behandelt wurde. Das Besondere an dieser Werbeart besteht darin, dass der Verbraucher und ggf. seine Bedürfnisse und Wünsche direkt und individuell angesprochen werden und eine gewisse Dringlichkeit und Notwendigkeit des angebotenen Geschäfts vermittelt wird. Somit kann der Werbende die potenziellen Kunden gezielt beeinflussen und auch Kundenkreise erschließen, die für schriftliche Werbung teilweise oder ganz unerreichbar sind. Unternehmen, die nur mittels Telefon ihre Ware oder Dienstleistungen anbieten, sparen zusätzlich die Kosten eines ladengebundenen oder vertretergebundenen Vertriebs. Dies und die stets sinkenden Telefongebühren stellen einen zusätzlichen Anreiz für solche Art der Werbung dar.
Allerdings ist Werbung nicht in jeder Form zulässig. Untersagt sind unlautere Werbemethoden gemäß § 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Hierzu zählen unzumutbare Belästigungen durch Telefonwerbung gemäß § 7 UWG.
Am 04.08.2009 ist das Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen in Kraft getreten. Das Gesetz erweitert den Schutz von Verbrauchern vor unerlaubten Telefonanrufen. Bereits in der Vergangenheit hatte die Rechtsprechung in Einzelfällen unter Bezugnahme auf allgemeine wettbewerbsrechtliche Grundsätze Telefonwerbung bis auf wenige Ausnahmen untersagt. Bei Verstößen gegen die Regeln der Telefonwerbung drohen empfindliche Sanktionen. Die Neuregelungen zu unerlaubter Telefonwerbung haben wir hier aufgeführt. 
Anrufe zu Werbezwecken ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des angerufenen Fernsprechteilnehmers sind grundsätzlich unzulässig. Dies gilt sowohl bei Telefonanrufen gegenüber Verbrauchern als auch gegenüber Gewerbetreibenden.
Wichtig ist auch, dass unter einer "Einwilligung" nur die vorher erteilte Einwilligung verstanden wird. Bei Verbrauchern ist seit 04.08.09 eine ausdrückliche Einwilligung erforderlich. Die nachträglich oder am Anfang des Gespräches erteilte Genehmigung des Empfängers lässt den Wettbewerbsverstoß nicht entfallen. Der Empfänger muss sich bewusst für diese Werbemöglichkeit entscheiden. Dazu braucht man eine Willenserklärung (Einverständnis mit der Datenverarbeitung), eine „spezifische Angabe” (z.B. ein spezielles Feld zum Ankreuzen) und für den konkreten Fall Kenntnis der Sachlage. Hierbei müssen alle Unternehmen namentlich genannt werden, die von der Genehmigung umfasst werden sollen. Letztlich muss die Einwilligung in freier Entscheidung und ohne Zwang erfolgen.
Es ist nicht zulässig die Einwilligung so weit zu formulieren, dass nicht erkennbar ist, wem und zu welcher Werbung der Verbraucher die Erlaubnis erteilt.
Eine Einwilligungsklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs) ist unzulässig. Danach reicht es nicht aus, dem Kunden nur die Möglichkeit der Streichung einer entsprechenden Klausel zu geben, sondern er muss ausdrücklich auf seine Wahlmöglichkeit hingewiesen worden sein.
Die ausdrückliche Einwilligung kann z.B. dadurch geschehen, dass im Rahmen eines Gewinnspiels die Option "Diese Angaben dürfen zu Werbezwecken genutzt werden" aktiv durch den Gewinnspielteilnehmer angekreuzt wurde. Auch bei Geschäftsbeziehungen kann eine Wahlmöglichkeit durch Ankreuzen bestehen, der Nutzung für Werbezwecke zuzustimmen oder sie abzulehnen.
Bei Anrufen bei Gewerbetreibenden gilt die Ausnahme, dass eine sogenannte mutmaßliche Einwilligung des Angerufenen ausreichend ist. Eine mutmaßliche Einwilligung darf angenommen werden, wenn aufgrund konkreter Umstände ein sachliches Interesse des Angerufenen gerade an dieser Art der Kontaktaufnahme besteht. So darf aus einer bestehenden Geschäftsbeziehung zwischen Unternehmern auf eine mutmaßliche Einwilligung geschlossen werden, wenn die telefonische Werbemaßnahme in einem sachlichen Zusammenhang mit den bereits bestehenden Geschäften besteht. Besonders schwache Geschäftsbeziehungen reichen allerdings nicht aus.
Ein kostenloser Eintrag eines Unternehmens in die Suchmaschine eines Unternehmensverzeichnisses lässt z.B. nur ein Anruf zur Überprüfung zu, ob das Unternehmen mit den eingespeicherten Daten einverstanden sei. Ein gleichzeitiges Angebot eines erweiterten kostenpflichtigen Eintrags ist hingegen unzumutbar belästigend.
Für Existenzgründer ist es besonders schwierig, Telefonwerbung im gewerblichen Bereich zu betreiben, da sie sich nicht auf bestehende Geschäftskontakte berufen können. Hier sind vor allem die Umstände vor dem Anruf und Art und Inhalt der Werbung von Bedeutung. Wichtig sind:
Verwendbarkeit des Produktes im Kernbereich des angerufenen Unternehmens (z.B. nicht im Kernbereich: Büromaterial braucht jeder Unternehmer; im Kernbereich: Gebrauchwagenangebot an einen Gebrauchtwagenhändler),
  1. besondere Eilbedürftigkeit (z.B. Angebot von leicht verderblichen Edelfischen an ein Restaurant),
  2. objektive Günstigkeit des Angebots,
  3. Verfügbarkeit des Produktes – erhöhter Bedarf (z.B. aktuelle Produkte kurz nach Markteinführung für einen Wiederverkäufer, der an einer schnellen Lieferung und schneller Verfügbarkeit interessiert sein dürfte).
Grundsätzlich unerlaubt sind Werbeanrufe, die allein auf die Gewinnung neuer Aufträge zielen. Der Anrufer trägt grundsätzlich das Risiko der subjektiven Fehleinschätzung. Er kann aber das Risiko dadurch minimieren, dass er in Zweifelsfällen auf andere Weise ( z.B. brieflich oder durch persönliche Vorsprache) einen geschäftlichen Kontakt herstellt und sich das Einverständnis mit Telefonanrufen geben lässt.
Bei Verbrauchern ist eine bestehende Geschäftsbeziehung hingegen nicht ausreichend. So hat beispielsweise das OLG Frankfurt a.M. mit Urteil vom 21. Juli 2005 entschieden (AZ: 6 U 175/04), dass selbst im Rahmen eines Versicherungsverhältnisses eine Einwilligung des Versicherungsnehmers für Versicherungsänderungen oder neue Angebote nicht darin gesehen werden kann, dass der Kunde bei Abschluss des Versicherungsvertrages ohne nähere Erläuterungen seine Telefonnummer mitgeteilt hat.
Für Unternehmer stellt sich die Frage nach der praktischen Umsetzung der Neuregelungen. Unter Umständen müssen bisherige Marketingstrategien überdacht und neue Konzepte entwickelt werden, um wettbewerbskonform potentielle Kunden zu erreichen. Idealerweise sollten Unternehmen zuerst potentielle Kunden anschreiben und sie zu einer schriftlichen Einwilligung in Telefonanrufe bewegen. Ob diese Vorgehensweise sich rechnet, bedarf der wirtschaftlichen Abwägung im Einzelfall.