Recht

Abhilfeklage: Neue Sammelklage seit Oktober 2023

Die neuartige Form der Abhilfeklage erlaubt qualifizierten Verbraucherverbänden gleichartige Leistungsansprüche von Verbrauchern/innen gegen ein Unternehmen unmittelbar einzuklagen. Kleine Unternehmen werden Verbraucherinnen und Verbrauchern gleichgestellt. Hierzu zählen Unternehmen, die weniger als zehn Personen beschäftigen und einen Jahresumsatz bzw. eine Jahresbilanz von nicht mehr als zwei Millionen Euro aufweisen. Die neue Regelung ist seit 13.10.2023 in Kraft.
Mit der Abhilfeklage können gleichartige Leistungsansprüche von Verbrauchern/innen kollektiv gerichtlich vor dem zuständigen Oberlandesgericht durchgesetzt werden. Anwendungsfälle sind z.B. Entschädigungsansprüche wegen Annulierung desselben Flugs oder Zinsnachzahlungsansprüche wegen einer massenhaft verwendeten unwirksamen Vertragsklausel einer Bank.
Unternehmen können von qualifizierten Verbraucherverbänden verklagt werden, wenn diese glaubhaft darlegen können, wesentlich gleichartige Ansprüche von mindestens 50 betroffenen Verbrauchern geltend zu machen. Es müssen nicht alle betroffenen Verbraucher selbst klagen. Stattdessen können sie sich durch die Anmeldung in das Verbandsklageregister, das beim Bundesamt für Justiz geführt wird, einer eingereichten Klage, anschließen. Wer sich an einer Abhilfeklage beteiligen möchte, muss sich bis zum Ablauf von drei Wochen nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung in das Verbandsklageregister eingetragen haben. Danach ist eine Beteiligung an der Klage nicht mehr möglich.
Hält das Gericht die Klage für begründet, ergeht ein Abhilfegrundurteil. Danach sollen Vergleichsverhandlungen geführt werden. Kommt es nicht zu einem Vergleich, fällt das Gericht ein Abhilfeendurteil. Darin legt es den vom beklagten Unternehmen zu zahlenden Betrag fest. Danach beginnt die Umsetzungsphase. Dabei prüft ein vom Gericht bestellter Sachverwalter die Ansprüche der registrierten Verbraucher und kleinen Unternehmen und verteilt das Geld nach den Vorgaben des Endurteils an die Personen, die sich über das Klageregister angemeldet haben.
Die Verbraucherzentrale Bundesverband hat bereits mehrere Klagen angekündigt. Wir erwarten Klagen auf der Basis des neuen Gesetzes zunächst vor allem im Umwelt- und Finanzbereich.
Praxistipp:
Die Abhilfeklage soll die Justiz entlasten und Verbraucherrechte stärken. Die schon seit 2018 existierende Möglichkeit der Musterfeststellungsklage bleibt bestehen. Nachteil der Musterfeststellungsklage ist, dass das Urteil erstmal zu keiner Handlung oder Unterlassung verpflichtet. Die Feststellungen der Musterfeststellungsklage sind zwar für das Gericht bindend. Jedoch müssen Verbraucher ihre Rechte immer noch individuell vor einem Gericht geltend machen.